OVERKILL, EXODUS, TORTURE SQUAD, GAMA BOMB / 24.02.2009 – Hamburg, Markthalle

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Da habe ich mich im PORTRAIT-Bericht noch über die frühe Anfangszeit gefreut und musste am nächsten Tag mal wieder erfahren, dass man es auch übertreiben kann: Offiziell war der Scheiß für 20.00 Uhr angekündigt, Bekannte hatten sogar noch am selben Tag bei der Markthalle angerufen und wollten wissen, wann sie spätestens ankommen sollten, wenn sie auch die ersten Bands sehen wollen. Natürlich sei ihnen ein lapidares „Um acht!“ entgegnet worden. Doch Pustekuchen – GAMA BOMB wurden bereits derart zeitig auf die Bretter gescheucht, dass deren Show um 19.55 Uhr beendet war! Das sorgte im Verlauf des Abends noch oft für Verwirrung, denn viele waren heiß auf die UK-Thrasher und hatten den Auftritt wirklich komplett verpasst, waren aber guter Dinge, dass diese halt noch nach TORTURE SQUAD kommen würden…

 

Zum Glück waren wir saufrüh vor Ort und kamen noch in den Genuss von fünf GAMA BOMB-Songs, darunter „Bullet Belt“ und „Hammer Slammer“. Leider waren eben erst 30 Nasen oder so da. Wär ja sonst egal, aber wenn man bedenkt, dass dann zur eigentlich anvisierten Zeit locker 800 Schüttelrüben mehr eingetrudelt waren, isses schon fies. GAMA BOMB ließen sich allerdings den Spaß nicht vermiesen und böllerten, was das Zeug hielt. Der Sänger hat ‘nen geiles Organ, die Riffs zündeten und alles war schnell, schnell, schnell gezockt. Mehr!

TORTURE SQUAD wirkten auf mich persönlich danach zu konstruiert. Klar, da waren gelungene Mitgrölsongs in der Schnittmenge von Death und Thrash Metal dabei, aber der wichtige Funken Wahnsinn bleckte nicht aus der Darbietung heraus. Auch schien jede Geste des Sängers einstudiert – jedes Break oder sonstige Besonderheit wurde von theatralischem Gefuchtel begleitet, was auf Dauer eher albern wirkte.

„Albern“ wäre wohl der letzte Begriff, der einem einfiele, um EXODUS zu beschreiben, die mit „Bonded By Blood“ einen brutalen und wuchtigen Einstieg hinlegten. Messerscharf die Gitarren, im Zusammenspiel ein Fluss, der begeisterte. Man war leider ohne Tom Hunting angereist, der wohl in der Tat schon Urlaub gebucht hatte, als die Band die Tour offeriert bekam. Als Ersatz griff man gleich in die absolute Oberliga und hatte Nick Barker engagiert, der natürlich den Job souverän löste (wobei ich Tom Hunting auf der letzten Tour vom Spiel her etwas lebendiger fand) und sich an einigen Stellen sogar von den Vorgaben löste und hier und da mal ein Fill verlängerte, was die Band aber nicht nervte – im Gegenteil, man grinste sich gegenseitig an und trieb da eher seine Spielchen miteinander. Der große Kritikpunkt Rob Dukes hatte intern nach den Reaktionen auf seine verbalen Entgleisungen offenbar Weisung bekommen, einfach die Schnauze zu halten. Ich glaub, zweimal hätte der auch fast gegrinst!  Zum Beispiel, als die REZET-Jungs auf die Bühne hoppelten und begeistert mitgrölten (bei „Piranha“, wenn ich mich nicht irre). Danach brachen alle Dämme und die Ordner bekamen ordentlich zu tun. EXODUS scheinen so populär wie selten zuvor, die volle Markthalle ging jedenfalls amtlich mit, und das definitiv nicht nur zu den Klassikern wie „Strike Of The Beast“, „The Toxic Waltz“, „Fabulous Disaster“ oder „A Lesson In Violence“, sondern auch zu den neueren Stücken „War Is My Shepherd“ (ein Höhepunkt!), „Blacklist“, „44 Magnum Opus“ und „Cildren Of A Worthless God“. In meinen Augen einer der besten EXODUS-Auftritte bisher, wobei ich Dukes weiterhin zwiespältig finde, auch wenn er stimmlich optimal passt.

OVERKILL konnten an diese Qualität nicht anknüpfen. Sie taten schon das einzige, was angesichts ihres Backkatalogs angeraten war und konzentrierten sich auf ihre absoluten Klassiker. Gespielt wurde mit „Skulls And Bones“ ein einziger Song, der später als 1991 datiert. Das ließ die Stimmung natürlich automatisch auf einem hohen Level verweilen. Aber LEIDER wurden die Songs irgendwie gefühllos runtergehackt, zum Teil einfach zu schnell, zum Teil ohne das Flair der Originalversionen. Ich habe OVERKILL lange Jahre als eine sehr gute Liveband empfunden, aber wenn man diesen Auftritt mal zu der Tour von „The Years Of Decay“ vergleicht, dann ergibt sich ein gigantischer Unterschied. Damals herrschte ein Dampfhammer-Groove, der jeden in der Hütte hat durchdrehen lassen! Jetzt nicht mehr: Die Gesangslinien von Blitz gerieten bei dieser Geschwindigkeit zu verkrüppelten Versionen ihrer Originale, was besonders bei den Strophen auffiel oder beim eigentlich genialen Mittelteil von „Deny The Cross“ (dem heutigen Opener). Das zog sich durch den gesamten Gig, obwohl wie gesagt Klassikeralarm war („Rotten To The Core“, „Fuck You“, „Hammerhead“, „Overkill“, „Horrorscope“, „Elimination“, „E.vil N.ever D.ies“ und so). Richtig gut gerieten meiner Meinung nach lediglich „In Union We Stand“ und „Feel The Fire“. Möglicherweise hat der Gegensatz zu EXODUS die Schwächen im OVERKILL‘schen Spiel heute besonders betont  - dem Gitarrenduo Gary Holt und Lee Altus war nicht ansatzweise etwas entgegenzuhalten. Es bleibt eine dennoch enthusiastisch wirkende Band: Besonders Sänger Blitz wirkt mittlerweile wie der Iggy Pop des Thrash und verrenkte seine drahtige Gestalt bis ins Groteske, um zum Abschluss in die Menge zu springen, was natürlich vom Mob begeistert durch Szenenapplaus honoriert wurde.

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