RIISTETYT, FLEAS AND LICE, BACCHUS TEMPLE ADDICTS / 02.04.04 HH-Lobusch

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Lang und viel wurde schon im Vorfeld über diesen Abend, gesprochen, geschrieben, ...gekrübelt,
über ein halbes dutzend zum Teil hochkarätige Konzerte an einem Abend in einer Region, und jetzt? ...ist er auch schon wieder vorbei, das Hämmern im Kopf, das Pfeifen im Ohr, das Schwindelgefühl, die blauen Flecken, krächzende Stimme und der anhaltende Alkoholpegel aber noch nicht! Nicht nur wegen letzteren bleibt auch mein Dauergrinsen noch eine ganze Weile wie eingemeißelt. Ich denke das an diesem Abend jeder seinen Spaß hatte, egal wo und mit wem. Zudem gehe ich davon aus, das diejenigen, welche sich nicht klonen konnten, durch unsere Korrespondenten von den verschieden Schauplätzen hier auf ausführlichste unterrichtet werden.
Nicht nur „die Geschichte der Menstruation ist eine Geschichte voller Missverständnisse“ wie uns die Scheiß Werbung verrät...anscheinend ist auch das Thema „wer fährt wann mit wem wohin“ nicht minder komplex. Egal, 20:30 startete man nun immerhin zu fünft nach Hamburg, allerdings war man sich über das endgültige Ziel noch nicht so einig, 2x Discharge vs. 3xLobusch aber da ja beides nur ca. 2000m auseinander liegt, sollte auch jeder bekommen wonach er verlangt. Der Beifahrer kramte kurz vor Hamburg dann noch einen coolen alten (87er?) Kieler Tapesampler heraus, welcher eigentlich sehr gut in die Kielography passen würde, nur darf man gespannt sein ob sich denn wer aufrafft und uns noch etwas mehr von seinem Insiderwissen preisgibt. Gegen 21:45 in St.Pauli angekommen, gestaltete sich das Unternehmen bei Discharge am ex-Schlachthof (jetzt Knust) direkt vorbeizuschauen als relativ schwierig, da die fleißigen Freund&Helferleiens bereits begannen wegen dem FC St. Pauli Spiel (1:0 gewonnen) und the fucking Dom die Budapesterstraße zu sperren. Na dann halt nicht! 2x Discharge anner Stresemann abgesetzt. Viel Spass!!! Auf zur Lobusch!

Am kleinen feinen Lobusch angekommen, stellte man fest, das man bei weitem nicht allein mit seiner Entscheidung für o.g. Bands da stand und so konnte man endlich das erste Bier auch schon mit zahlreichen Bekannten anprosten. Bereits nach wenigen Augenblicken und weit bevor die verrückten holländischen Squat-Drunk-Crust-PunX von Fleas and Lice als erstes spielen sollten, war man sich einig die richtige Wahl getroffen zu haben. Das der Name von einem unserer Begleiter sich hervorragend auf das Wort „Alle“ reimt war mir nicht erst seit Höhnies Peine-Flyer klar, aber das er deswegen auch wirklich fast Alle gleich zu kennen scheint wurde einem nach nicht einmal 5 Minuten Türstehen bewusst und war ein Umstand der diesen Abend noch einen zusätzlichen Unterhaltungswert bringen sollte.

Ok, 3 Euro Spende gerne gelöhnt und bald darauf wurde auch die lecker vegane VoKü beiseite geräumt und Fleas and Lice begannen ihr Set, und ja ich muß es zugeben heute war mal wieder einer ihrer Auftritte, welche einem nun nicht gerade vom Hocker hauten. Ich mag Fleas and Lice und habe sie auch schon desöfteren sehen können, dabei konnte man überwältigende aber auch extrem katastrophale Auftritte erleben. Wobei manchmal die Vermutung nahe lag, das ihre Auftritte je nach Eröffnung & von Angebot der lokalen Cocktailbar abhing. Heute Stand der Gig zwar nicht wegen zu starken Alkpegels des Männlein/Weiblein Gesangsduos vor dem Abbruch, eher das totale Gegenteil war heut der Fall, sie wirkten am ersten Tag ihrer Tour ungewöhnlich bzw. zu nüchtern, zu frisch und deswegen vielleicht irgendwie auch abgelenkt, uneingespielt und kurz angebunden. Möglicherweise war man aber auch (besonders Sängerin Esther) mit den Gedanken im nahegelegenen Knust. Nunja gespielt wurden aber eine gute Mischung aus älteren und neueren Knallern, bei der sich der bereits rappelvolle Laden allerdings noch recht im Zaun hielt. Man hatte ja auch noch einiges vor sich bzw. war man noch nicht mit dem Begrüßen der zahlreichen älteren und neuen Bekannten fertig. „Up the Punx“ noch eben mittegeschmettert & dann war’s auch schon bald vorbei.

Mittlerweile drängte sich einem immer mehr ein Gefühl auf, worauf man sonst fast immer ein ganzes Jahr warten musste: warm up fürs intl. ZORRO FEST in Leipzig, welches seit 10 jahren ein absoluter fix Termin der intl. Squat-Crust-Szene ist. Leute aus halb Europa, totales Sprachen Wirrwarr. Klingt zwar übertrieben aber von finnisch über spanisch bis extrem berlinerisch war alles dabei. Als ich einem Berliner mit dem russischen Worten „ja nje panimaju“ deutlich machen wollte, das ich kein Wort von ihm verstehe, schoß ich mir allerdings sogleich ein Eigentor, den nun krammte auch er seine ganzen Russischkenntnisse raus um mich weiter zutexten zu können.

Weiter ging es mit Bacchus Temple Addicts aus der Bretagne, von denen „unserer Begleiter“ natürlich auch wieder jemanden kannte, auch wenn dieser jemand es am Anfang noch (erfolglos) verleugnete. B.T.A. kannte ich bis dato nur vom Namen her und wusste so nicht ganz genau was einem musikalisch erwartete also lauschte ich gespannt den ersten Klängen. „HHHMMM?! NAJA! GANZ NETTER ENGLAND HC-PUNK“ dachten wir uns erst am Anfang. Nicht umwerfend aber, coole Leute und Atmosphäre. Doch plötzlich sprang unverhofft ein schmierig adrett gekleideter (lila Seidenhemd mit Rüschen) glatzköpfiger Herr vom Bühnenrand auf, enterte die Bühne und verteilte aus dem mitgeführten Aktenkoffer (mit Frankreichflagge und der Aufschrift DRUGS) weißes Pulver und bunte Kapseln an die gierige Menge. Mit eingepuderter Nase griff er sich das Mirko und pfegte los. Einfach nur GEIL!GEIL!GEIL! und als dann später eine Hammerversion von „Kill the Poor“ zelebriert wurde schien die Stimmung bereits am Siedepunkt, die Menge am ausrasten und nicht nur meine Stimme hatte ihren ersten irreparablen Dämpfer weg (krächz krächz). Allerdings ging es noch eine ganze Weile so weiter, gepflegter Ausdruckstanz und Mitgegröhle ohne Ende. Wegen einigen Gedächtnislücken fahlen mir nur leider keine weiteren Songtitel mehr ein, weiß nur noch das mind. eine weitere klasse Coverversion gespielt und heftigst mitgeschrien wurde, doch mir will ums verrecken nicht mehr der Titel einfallen(kann wer helfen?). Fazit des Sets (ersten 2-3 Songs) 6 von 10 Punkten aber der Rest mit dem singenden Drogenkurier erhält die volle Punktzahl!

So nun war es Zeit für eine absolute Legende welche neben Terveet Kädet und KAAOS zu den wegweisenden Aushängeschildern des Finnish (Tampere) Hardcore wurden, welche von Portland über Sao Paulo bis Tokio zahllose Bands und Leute bis heute begeisterten und vor allem beeinflussen: RIISTETYT!!! Welchen Status diese Bands im Hardcore Punk haben merkte man allein schon daran, das das heutige Publikum nicht nur aus den üblichen Squat-Crusties bestand sondern z.B. auch einige 40-50 jährige Alt-Punkrocker den Weg ins Lobusch und eben nicht nur zu DISCHARGE fanden. Zwar hatte man in den letzten 2-3 Jahren plötzlich unverhofft oft die Möglichkeit einige dieser versoffenen Finnenbands live sehen zu können, nur waren das leider oft auch etwas zwiespältige Erlebnisse. So erinnere man sich z.B. an KAAOS in der Friese/Bremen als der Sänger schon nach wenigen Songs die Segel strich und sich am Bühnenrand sitzend dem Bandbier widmete und so konnte man auch damals ein Phänomen beobachten: das deutsche (Alt)Punks plötzlich der schwierigsten Sprachen mächtig sind und spontan am Mikro aushelfen können. In Bremen war das dann Ingo von der Band BOLZEN. Eins vorweg, auch heute konnte man dieses Phänomen beobachten doch ähnlich wie bei COLERA war das zum Glück nicht notwendig sondern ein Zeichen der puren Begeisterung. Die Songs aufzuzählen würde allein durch ihre Schreibweise den Rahmen sprengen, schließlich wurden fast alle wichtigen alten Hits gemischt mit etwas neueren Songs dargeboten. Anders als bei Fleas and Lice war die Tatsache das es der Anfang der Tour war, ein absoluter Segen, den obwohl sie Alle(?) schon gut einem im Tee hatten blaß einem die Energie und der Sound total um. Von Anfang bis zum Ende, totale Begeisterung auf beiden Seiten. ALTER FINNE!!! VOR DER BÜHNE AUF DER BÜHNE, DER TOTALE HARDCORE ORKAN!!! Permanent sah man unbekannte aber vor allem bekannte Spezies in die Mikros brüllen, bzw. die Mikros ansich reißen. Gegen 2:00 Uhr war dann was die Live-Musik angeht leider Schluß. Nebenbei bemerkt bzw. gefragt, kann es sein, das auf 5 verschiedene bekannte Finnenbands insgesamt nur 10 verschiedene Suffköppe kommen? Oder sehen die alle gleich aus?!

Über das was dann bis 5:30 alles passierte, wie man z.B. die wenigen Meter nach Hause kam, bzw. warum mein Auto auf einmal doch vor der Tür stand, hüllen die dankbar immer größer werdenden Gedächtnislücken den Mantel des Schweigens. Wäre da nicht die stets präsente Digitalkamera. Scheiß-Fortschritt!

Samstag Nachmittag in Kiel am Treffpunkt des Vorabends verabschiedete man sich glücklich, gesättigt (Dank Sol) und noch immer gut unter „gewissen Einfluss“ stehend von der ersten Mitstreiterin (welche hoffentlich gut in Flensburg angekommen ist) machte noch einen kurzen Abstecher nach Gaarden und zu Famila um dann den letzten Beifahrer im Studio termingerecht (jedenfalls stimmte die Zeit auf seiner Armbanduhr, Zeitumstellung hin o. her) und „fit“ zum Einsingen abzusetzten. Viel Erfolg! Dabei erfuhr man das man sich um einen gestern noch abhanden geglaubten Langhaarigen, keine Sorgen mehr machen muss. Denn er lag nicht gestürzt o. gar geschändet in irgendwelchen dunklen Ecken rum sondern verbrachte seinen Abend wohl in Schönberg. Mehr dazu hier an gleicher Stelle?!

Jetzt noch 6 Stunden „gearbeitet“ und gleich geht’s ins Bett.

Ein wirklich lohnender Abend im Lobusch, und jetzt gebe ich an unseren Korrespondenten nach Schönberg oder Rendsburg oder etwa in den Schlachthof ab.

Gute Nacht!

www.lobusch.org
www.fleasandlice.nl
www.riistetyt.com



- Beitrag von: fab
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