ALPINIST, COBRETTI, ZODIAC / 03.01.10 - Hamburg, Rota Flora

0 Dislike0

So, die Knaller und Raketen sind endlich wieder in den versteckten Schuhkartons der Dreizehnjährigen verschwunden und der Kater vom Silvesterfest ist auch weg, also Zeit mal wieder ein Konzert zu besuchen.

Heute ist es endlich so weit, denn Alpinist und Cobretti wollen heute ihre Wintertour, welche von München nach Graz, dann Prag und schließlich in die Flora führte, beenden. Als Support haben sich die beiden Bands die Bremer Zodiac mit ins Boot geholt, die
ich noch nie zuvor gehört habe, laut Plakat aber im Thrashcore zu Hause sind. Einlass ist zwar gewöhnungsbedürftig früh (17 uhr), aber ist ja auch Sonntag. Also Sachen gepackt und mit zwei Freunden runtergedüst. Selbstverständlich hat das wieder so seine Zeit gedauert, bis man mit dem Auto ein guten Parkplatz fand und so waren wir erst gegen 17.45 an der Flora. Aber da war erstmal gar nichts. 3-4 vereinzelte Menschen zwitscherten da zwar durch die Gegend, aber außer dem Film, der im Nebenraum gezeigt wurde, hörte und sah man nichts. Komisch. Also wieder raus in die
Eiseskälte und zur nächsten Pommesbude gelatscht, um wenigstens die Füße mal wieder ein bisschen aufzuwärmen.

 

Eine Stunde später also wieder zur Flora und es war immer noch nichts los. Hm, wenigstens der Verkaufsstand war schon aufgebaut und wir erfuhren, dass das Konzert um ca. 20.30 anfängt. Also wieder raus in die Eiseskälte, diesmal aber zur Tapasbar gegenüber, aber wieder um die Füße aufzuwärmen. So nun gehts aber endlich los, dass Konzert findet unten im Keller statt, wodurch leider der Sound und auch die Sehmöglichkeit ein wenig beeinflusst wurde.

'Wir sind ZODIAC vom Planeten Jesus Christus! Wir kommen, um eure Ohren mit Taubheit zu strafen!' Die vier Bremer beginnen das Konzert. Das Mikro ist leider ein wenig zu laut, sodass man nicht viel von der Musik mitbekommt, aber was man hört, ist ganz geil. ZODIAC spielen Thrashcore mit eingestreuten Downtempo-Facetten, auf die aber sofort Fullspeedgeschrammel folgt. Der Bassist scheint auch interessante Basslinien einzustreuen, diese kann ich aber leider nur sehen, nicht hören. (Der Bassist war die einzige Person, die ich halbwegs konstant sehen konnte.) Aber auch der Schlagzeuger schafft es aus seinem sehr minimalistischen Drumset das Bestmögliche rauszukitzeln. Der Liederpassagen sind sehr abwechslungsreich und der Sänger versteht es, zwischen hohem Gekreische und tiefen Shouts hin-und-her zu switchen. Die Band geht von der ersten Sekunde gut ab und hie und da nicken auch schon die ersten Köpfe. Schließlich ist die erste Ansage dran, in welcher der Sänger sagt, dass "Leute, die an den Weihnachtsmann glauben, irgendwann in die Klapsmühle gehen... genauso, wie Leute, die denken, sie könnten mit Gedanken etwas bewegen." Ich habe es trotz kräftigem Bemühen leider nicht geschafft, die Ironie rauszuhören und finde diese Aussage sehr zweifelhaft. So steht doch am Anfang jeder Bewegung zu allererst der Gedanke. Naja, egal. ZODIAC spielen erstmal weiter. Nun kommt die zweite Ansage, in der es darum geht, dass "die Welt verdreckt ist, weil zu viele Menschenmaden auf der Welt leben". Ein Raunen geht durchs Publikum. Anscheinend bin ich nicht der einzige, den diese Ansagen tierisch nerven und ich und ein Freund wollten bei der nächsten dummen Ansage hoch und ein bisschen frische Luft schnappen. Zu der kam es aber nicht, im Gegenteil, denn vor ihrem letztem Song sprechen sich Zodiac nochmal für Veganismus/Vegetarismus aus.

Nach einer zehnminütigen Pausen fangen nun endlich COBRETTI aus Köln an. Auf die bin ich heute Abend besonders heiß, da ich sie in letzter Zeit andauernd höre. Meine Erwartungen werden sogar übertroffen. Zwar klagt der Sänger zwischen den Liedern immer wieder seine tourbedingte ausgelaugte Stimme an, die sich während der Ansagen auch wirklich krank anhört, sich aber normalisiert und sogar richtig gut anhört, während er singt. COBRETTI machen drückenden Hardcore, der teils schön knüppelt und dann aber auch wieder sehr melodisch ist. Sie verstehen es, im richtigen Moment das Tempo rauszunehmen, ohne schleppend zu wirken. Beeindruckend fand ich aber auch das Spiel mit der Rückkopplung, die immer wieder im passenden Moment aufheulten. Leider kann ich zu den einzelnen Personen nur sagen, dass der Sänger ziemlich abging, weil ich COBRETTI noch schlechter sah, da die Flora nun langsam voller wurde. Trotzdem eine hammergeile Show von COBRETTI und das Konzert Ende Februar in der Schaubude zusammen mit TACKLEBERRY wurde nun für mich zum Pflichttermin. Die Kölner spielten leider nur ca.6-8 Lieder, wahrscheinlich wegen der kaputten Stimme des Sängers, von der man sich direkt nach dem Konzert am Merchtisch selbst überzeugen konnte.
Höhepunkt des Konzerts war: Never Again.

Wieder 10 Minuten Pause und dann fingen die großartigen ALPINIST an. Diese Crustband aus Münster sollte jedem ein Begriff sein. Ich habe sie vorher noch nie live gehört
und auch nur das Demotape und die Finsterre-Split zu Hause, wusste also auch nicht, was sie für neues Material haben. Aber die beiden CDs haben mich sehr beeindruckt. Besonders gespannt war ich, ob ALPINIST die perfektionistisch wirkende Aufnahme auch live rüberbringen können. Und sie konnten es. Zwar war der Sound nicht so gut eingestellt, so dass es an manchen Stellen ein bisschen breiig war, aber das schreibe ich nicht der Band zu. Mit ordentlich Schmackes hauen ALPINIST einem die Lieder zwischen die Löffel. Die Band legte gleich voll los und vermied es klugerweise auf die langen ruhigen Intros zu setzen und nagelte stattdessen richtige Crustbretter ins Publikum. Die Köpfe des Publikums bildeten nun eine einheitliche Masse und die Sänger von ALPINIST kreischten bzw. growlten sich den Frust von der Seele. Die Gitarren sind sehr doomig, aber auch sehr melödios und unterstreichen sich sehr gut. Immer wieder wird die Taktart geändert und ich frage mich, wie man sich so etwas merken kann. Als ich nach dem Konzert endlich den Drummer sah, war ich übrigens noch verdutzter, denn dieser sieht aus wie 15-16, ist aber wohl um die 18. Auch sehr interessant war die Benutzung von richtig geilen Effekten, die den sowieso schon abgefahrenen Sound von ALPINIST unterstützten. Die Pausen zwischen den Lieder wurden entweder mit Rückkopplungen überbrückt, oder aber genutzt, um COBRETTI für die Tour zu danken oder um auf antifaschistische Aktionen in Dresden während des diesjährigen Gedenkmarsches der Idioten aufmerksam zu machen. Das nenn ich mal sinnvoll.

Alles in allem ein sehr gelungener Abend, den nur Bernie aus der Egalbar noch verbessern konnte.

Lucas D.

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv