RUSH / 27.09.2004 - HH, Alsterdorfer Sporthalle

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RUSH! Allein der Name dieser Rock-Institution verschafft unzähligen Fans ein wohliges Schauern auf den Bodyhärchen (sofern sie denn noch welche haben – der Trend geht ja zur Ganzkörperrasur). Nu mag sich der eine oder die andere Leser/in wundern, wat zur Hölle so’n Knüppelkopp wie ich bei RUSH will?!? Tscha, hat nicht jede/r von euch die EINE Ausnahme inner Plattensammlung stehen? Die eine Band, die gar nicht zum Rest des Brimboriums aus (in meinem Falle) Heavy Metal, Hardcore, Punkrock, Death Metal oder Doom passt? Bei mir sind es eben RUSH, denen ich seit laaanger Zeit derart verfallen bin, dass ich JEDE Scheibe aus der dreißigjährigen Karriere dieser einzigartigen Band mein eigen nenne. Live sind RUSH aber NOCH eindrucksvoller auf Platte, das konnte ich vor zwölf Jahren bei ihrer letzten Gastspielreise leibhaftig erleben. 12 JAHRE! So lange hatten sich die Kanadier nicht mehr in old europe blicken lassen und WIR ALLE, die wir uns Fans nennen, waren heiß auf das Konz!

 

Da schmiss ich sogar meine Doktrin des Boykotts überteuerter Eintrittspreise um und ließ mir von einer guten Fee das Ticket für den irrwitzigen Preis von 43,- Euro schenken. Das zweitteuerste Einzelticket, dass ich je besessen habe (AC/DC kosteten auf ihrer letzten Euro-Tour 100,- DM)! Aber RUSH sind trotz der 30 Jahre auf ihren Buckeln keine Band, die ihre Besucher mit einer schnöden Stunde abspeist. Nope, satte DREI Stunden woben die Klang-Metzen ihre Magie! So, was soll denn nun so genial an der Band sein? Tut mir Leid, da können Worte nicht beschreiben, was Ohren und Sinne da wahrnehmen. RUSH erschaffen in ihren Songs kleine Klangwelten, malen akustische Bilder, illustrieren Gefühle der Hoffnung, der Verzweiflung oder des puren Vergnügens. Auf die technische Perfektion des Trios gehe ich gar nicht weiter ein, da mein begrenztes musikalisches Begriffsvermögen da eh auf halber Strecke den Geist aufgibt. Ich bin mir sicher, dass Menschen, die so Musiker genannt werden, da noch andere Sachen raushören, die mir völlig entgehen. Aber das ist irgendwie gut so und vielleicht auch im Sinne der Band, denn ihre Songs richten sich keinesfalls an irgendeine Musikerelite oder unterwerfen sich selbstgefälligen Ritualen abgeschmackter Griffbrettwichser.

Recht pünktlich und ohne Vorband startete die Show. Erst gab es ein cooles Intro auf der riesigen Leinwand im Hintergrund, das aus einer Art Filmchen bestand, welches alle Plattencover der Band zusammenfasste. Zum Ende dieses gelungenen Appetizers richtete sich die Kamera auf einen schnarchenden älteren Herren, der plötzlich erschreckt aufwachte und sich fragte, ob er den Gig schon verpasst habe. Das war kein Geringerer als der Schauspieler von „Arthur“ aus „King Of Queens“, der Vater von Ben Stiller! Well, dann zogen RUSH vom Leder und spielten ein instrumentales Medley aus allen möglichen Highlights ihrer Karriere, das die Menge schon gut ausklinken ließ. Und dann begannen sie richtig und zwar mit einem ihrer großartigsten Songs überhaupt: „The Spirit Of Radio“. G.Ä.N.S.E,H.A.U.T.! „One likes to believe / In the freedom of music / But glittering prices / And endless compromises / Shatter the illusion / Of integrity“. Besser kann man die Misere der Musikindustrie nicht auf den Punkt bringen! Sofort fiel der Wahnsinnssound auf, den keine RUSH-Platte ersetzen kann. Und das in der als Sound-Ungetüm verschrieenen Sporthalle! Der Gitarrensound war fett präsent, aber viel schwerer und wuchtiger als auf Konserve und auch Geddy Lees Gesang klang intensiver und besser als z.B. auf „Rush In Rio“. Eine göttliche Achterbahnfahrt durch nahezu alle Perioden der RUSH-Historie nahm in den folgenden Stunden ihren Lauf. Immer unterstützt von einer effektiven Lightshow und zum Teil Filmsequenzen, die aber allesamt NIEMALS die Musik in den Hintergrund drängten. Bestechend dabei die lockere Präsenz der drei Vollfreaks – zwar waren sie teilweise SEHR konzentriert (kein Wunder – Geddy Lee und Alex Lifeson bedienten außer Bass und Gitarre z.T. noch Keyboards, div. Fußschalter UND sangen), grinsten jedoch auch immer wieder genießerisch und tänzelten bei jeder Gelegenheit über die Bühne, sofern die Songs es zuließen. Die drei Stunden wurden zweigeteilt dargeboten, dazwischen gab es eine kurze Pause, die auf der Leinwand von einem ganz langsam dämmernden Sonnenaufgang begleitet und dann schließlich beendet wurde. Jetzt, eine Woche später, kann ich nicht mehr genau zuordnen, welche Songs in welcher Hälfte gespielt wurden, aber zu den totalen Höhepunkten zählten für mich „Red Berchetta“, „The Seeker“, „Working Man“, „Red Sector A“, „The Trees“, „Resist“, „Limelight“, „Subdivisions“ und natürlich das alles überstrahlende Überwerk „2112“. Auch Songs, die ich auf Platte so stark gar nicht finde, überraschten mit packender Instrumentierung, z.B. das herrlich melodische „Earthshine“ oder das schwer rockende „Roll The Bones“. Völlig jenseits dieser Realität war auch Neil Pearts Darbietung in „The Rhythm Method“, hier von einem Drumsolo zu sprechen, wäre wahrlich eine schwere Beleidigung. Ob der Kerl irgendwelche überdimensionalen Extra-Arme hat? Grandios, und ich muss sagen, dass die Tatsache, dass RUSH so selten touren die ganze Show zu etwas besonders Außergewöhnlichem gemacht hat. Wer weiß, ob die jeweils wieder in Deutschland live zu sehen sind? - Beitrag von: Philipp

Kommentare   

+2 #1 Philipp 2020-01-15 12:09
NEIL PEART - R.I.P.!
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