EASTPAK RESISTANCE FESTIVAL / 21.11.2004 - Hamburg, Markthalle

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Die Eastpak Resistance Tour 2004 machte auch in HH halt, wo sie dann semioffiziell in „KARATE KID – Episode 666“ oder wahlweise „The 4-Way-Braveheart-Wall-Of-Death“ umgetauft wurde...Am Start waren (von oben nach unten):
SICK OF IT ALL
7 SECONDS
SLAPSHOT
THE BONES
UNEARTH
WALLS OF JERICHO
DESTINY
CRUSHING CASPARS

8 Bands allesamt nicht gerade sanfter Gangart – sowat kann auch in Stress ausarten. Tat es aber nicht! Da muss man echt mal die Organisation loben, denn reibungslos wurde einem eine Band nach der anderen präsentiert, die Umbaupausen waren wahnsinnig kurz, die Spielzeiten genau richtig bemessen, so dass man sich um 24.20 Uhr nach ca. 6 Stunden fragte, ob der Spuk denn nun schon tatsächlich vorbei sei.Wir schafften es sogar pünktlich zu sein, ich jedenfalls. Denn die anderen Kieler Mitreisenden zogen es vor, vorher noch einen Döner zu verhaften und verpassten so den Beginn der Festivität. Selbst Schuld, denn als erstes spielten die CRUSHING CASPARS aus Rostock und die sind bekanntlich immer ein Garant für eine unterhaltsame Hardcore-Show. Die Rostocker hatten auch für diese frühe Uhrzeit schon eine ganz erkleckliche Anzahl an Fans in der Hütte, gegen Ende ihres Gigs war die Markthalle zumindest nicht mehr so totentanzartig leer, wie man es bei anderen Openern vergleichbarer Festivaltouren schon erlebt hat. Mit „Perfect Racist Asshole“ gab es erfreulicherweise gleich eine klare Ansage gegen rechts – gerade bei Konzerten dieser Größenordnung wird so was leider viel zu selten gemacht. Sänger und Klampfer Snoopy stellte mal wieder seinen Ruf als abartigster Grimassero des Ostens unter Beweis und überhaupt gab es gut was an Bewegung und Action auf der Bühne. Guter Auftakt!

Nun konnte ich zum ersten Mal DESTINY aus Husum live sehen. Schon sehr professionell dargeboten und auch beeindruckend, wie der schmächtige Sänger brutale Growls und melodische Parts gleichermaßen ins Mikro röhrte. Allerdings konnte die Mucke der Band nicht wirklich Akzente in der mittlerweile unüberschaubaren Suppe der Metalcorebands setzen. Brutale Moshwände, Metalsoli, Leit/Lause-Spielchen sind ja nu alles nix Neues mehr. Nicht schlecht, kam insgesamt auch gut an, aber ’ne Band dieser Spielart muss schon was Besonderes haben, um mich wirklich mitzureißen.

Wie zum Beispiel WALLS OF JERICHO! Was für ein Mosh-Orkan hier über uns herniederging ist mit Worten nicht einfach zu beschreiben. Die Riffs ballerten so wüst aus der PA, dass selbst ein Kerry King sich dafür nich hätte schämen müssen. Massive Power und was das beste war – die haben eine saucoole Sängerin am Start, die sich in jeder Sekunde den Arsch aufreißt! Und das auf eine 100%ig natürliche Art – wild tänzelte sie über die Bühne, sprang wie ein Gummiball herum, aber nie aufgesetzt, immer grinsend und mit unendlich Spaß inne Backen. Dazu schrie sie den Saal nieder, als gelte es wahrlich die Mauern vom ollen Jericho einzureißen, die schimmligen biblischen Tröten können jedenfalls nicht viel effektiver gewesen sein... Wenn ich überhaupt Kritik anbringen kann, dann höchstens, dass von den Songs an sich nicht viel hängen blieb. Wurde besonders deutlich im Vergleich zum abschließenden PENNYWISE (oder so)-Cover, das sich richtig inne Ohrmuscheln bohrte.

Gut ging es weiter mit UNEARTH, die ebenfalls für die neue Generation von Metalcore-Bands stehen. Musikalisch sind die zu 95% Metal, viel Hardcore hörte ich da jedenfalls nicht raus, vielmehr eine sehr energische und knallige Neuauflage des Gothenburg-Death Metals a la IN FLAMES. Auch hier immer volle Pulle, immer auffen Kopp, viel Bewegung auf der Bühne und eine insgesamt sympathische Bühnenpräsenz. Man kann es positiv oder negativ sehen, aber wenn dieser Trend dazu führt, dass Metalbands sich auf Dampfhammer-Mucke und eine schweißtreibende Darbietung konzentrieren und statt all der Metal-Klischees aussagekräftige Texte machen, dann kann ich daran nix Schlechtes finden. Man darf dat nur nich als reinen Hardcore oder gar Hardcore/PUNK bezeichnen, denn damit hat diese Musik NICHTS zu tun. Für einen etwas bitteren Beigeschmack sorgten in unseren Augen die zahlreichen „Karate Kids“ im Pit, die teilweise auf den Händen tanzten und ihre Beine durch die Luft schleuderten oder windmühlenflügelartig mit ihren Armen rumschlumbumberten. Hey, jedem das seine, aber wenn ständig jemand ’nen Fuß oder eine Faust an den Kopp kriegt, geht diese Form der Körpertüchtigkeit doch zu weit. Witzischkeit hat seine Grenzen...

Für einen totalen Stilbruch des Abends waren die BONES zuständig. Da die ja fast jeder mag und man so viel Gutes über sie hört, gab ich ihnen zum wiederholten Male eine Chance. Vielleicht hatten sie ja bei den letzten Malen einen schlechten Tag gehabt oder ein böser Mixer hat ihnen den Sound versaut? Doch es kam, wie ich fürchtete: Schlapp und öde eierten die Rock-Songs aus den Boxen und dazu wurde abgeschmackt mit Cowboy-Hüten und Sonnenbrillen rumgepost. Nee, das lass mal sein, da hör ich mir lieber Axel Rudi Pell an, wenn ich Hardrock hören will...

Was dann bei SLAPSHOT abging, war schon eine faustdicke Überraschung: Die Halle war knackevoll und der Mob ging auf den Minimal-HC der ollen Recken steil, als hätten alle nur auf eine fette Watsche OLD SCHOOL-Hardcore-Power gewartet. Bitte sag mir doch endlich jemand mal, dass dieses Stars & Stripes-Projekt DOCH ein Joke war! Denn so geil UND locker/entspannt UND ein blöder Redneck kann, ja DARF doch eigentlich keiner sein. Und was sagte Choke da? „This next song is dedicated to the idiot americans and our stupid asshole president Bush!“ Hups, vielleicht hat man Choke doch zu voreilig den dumpfen Ami-Patrioten zugeordnet bzw. dabei außer Acht gelassen, dass Patriotismus bei den Amis völlig anders verstanden wird (zum Beispiel bezeichnet sich selbst ein kritischer Filmemacher wie Michael Moore als Patriot)? Jedenfalls hab ich noch nie was von Stars & Stripes gehört, aber was ich von SLAPSHOT bisher gesehen habe, war durchgängig überzeugend. Choke grinste über die Reaktionen des tobenden Mobs und kündigte einen Smasher nach dem anderen an: „Step o­n It“, „Old Tyme Hardcore“, „Hang Up Your Boots“ und besonders schön das Räuspern bei folgender Ansage: „The next o­ne is called - HRRRHM - ‚Crossover Sucks’!“

Gespannt waren wir ja nun auf 7 SECONDS, die unseres Wissens noch nie in HH oder überhaupt im Norden gewesen waren (man korrigiere mich ggf.). Und was soll man sagen – nach einer Phase schwächerer Platten sind die Begründer des PosiCore offenbar wieder mit Volldampf unterwegs. Das Publikum brauchte nur ein paar Songs und ging dann ebenso krass ab wie bei SLAPSHOT! Wer konnte auch der furiosen Geschwindigkeit und den energischen Vocals widerstehen? So eine positive Wucht kennt man heutzutage höchstens noch von IGNITE. Dazu die besten und engagiertesten Ansagen des Abends – so widmete Kevin allen Frauen den Hit „It’s Not Just Boys Fun“, wies dabei auf die beschissenen Macho-Allüren im HC hin, sprach sich gegen Gewalt auf HC/Punk-Gigs aus oder kokettierte mit dem eigenen Alter („We Are Your Parent’s Harcore“). Aber wer einen Song wie „Young Til I Die“ geschrieben hat und den immer noch derart unverbraucht in die Menge hobelt, dem nehmen wir sowat nicht wirklich ab. Sein furioses Ende fand der Auftritt in einer kultigen Version von NENAs (!) wohl größtem Hit: „99 Red Balloons“... Respekt!

Tscha, und dann noch obendrauf SICK OF IT ALL. Die wollten es wohl noch mal allen zeigen und sich von all den Abräumer-Bands vorher nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Jedenfalls befanden sich Lou und Pete Koller mehr in der Luft als auf den Bühnenbrettern, Lou schrie in einer Intensität, dass man sich echt nur wundern kann, woher die JEDEN ABEND diese Energie schöpfen!?! Die Playlist war im Grunde perfekt, brauch ich hier glaub ich nicht noch mal runterbeten, klar, dass alles am Start war, was die Leute hören wollten. Geil aber die Ansage zu „Stood For Nothing“: „Don’t wait for a band to change your life! The o­nly o­ne to change your life is YOURSELF! And remember all the bands waving their flags back in the days – where are they now? They are gone, because they STOOD FOR NOOOOTHING!!!” Wow, der Ratz ging ab, ich war nach einem ausgedehnten Circle Pit schon völlig außer Puste und dann forderte Lou uns wieder zu einem Spielchen auf. Klar, dachten alle, nu kommt die gewohnte „Wall Of Death“. Kam auch, aber Lou änderte kurzerhand die Regeln: Nicht nach links und rechts sollte sich das Publikum spalten, sondern nach hinten und nach vorne. Da stand also ein Pulk Freaks mit dem Rücken zur Bühne, vor sich die „gegnerische Armee“ und Lou forderte in ironisch militärischem Tonfall: „When the song starts push forward, but hold your line!“. Soweit alles klar, doch nun wendete er sich mit einem schelmischen Grinsen zu uns, die sich wohlweislich auf die sicheren Ränge gerettet hatten: „And you people can jump right in too! This is your chance to go down in history in doing the 4-way-braveheart!!” Ein Meer aus aufeinanderprallenden Leibern war die Folge, auch wenn sich die seitlichen „Armeen“ dann doch zurückgehalten haben. Yeah, wieder mal ein völlig geiler Auftritt von SOIA und zack! war das Festival auch schon zu Ende und ich verabschiede mich mit einem fröhlichen DISCO SUCKS – FUCK EVERYTHING!!
www.mad-tourbooking.de - Beitrag von: Philipp

Kommentare   

+1 #1 Philipp 2018-03-21 19:58
7 SECONDS - thanx for the inspiration!
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