ELUVEITIE, PRIMORDIAL, NEGURA BUNGET, HEIDEVOLK, SÓLSTAFIR / 26.03.12 – Hamburg, Markthalle

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Pagan Metal – ein Begriff, der bei mir hinreichend negative Assoziationen weckt. Vergleichbar mit „Du bist Deutschland“, „Fußball“, „Mario Barth“ oder „bittere Orangenmarmelade“. Zu sehr tauchen vor dem geistigen Auge Trinkhorn schwenkende Ballermann-Metaller, Mittelalter-Rollenspieler_innen, welche Accessoires aus völlig unterschiedlichen Epochen kombinieren, oder „Festival-der-Volksmusik“-Supporter auf… Und SO WAR ES zum Teil dann auch! ABER andererseits sollten ja auch PRIMORDIAL, NEGURA BUNGET und SÓLSTAFIR spielen – gleich drei herausragende Bands, die so gar nicht in oben beschriebenes Korsett gezwängt werden sollten.

SÓLSTAFIR waren dann auch der Grund, weswegen wir uns knallhart früh trafen. Es hieß also im Zeitraffer nach der Arbeit nach Hause, umziehen, Stulle & Bier in die Hand, ab nach Gaarden zum Treffpukt und – aaaaab!

Und was soll ich sagen – wir haben es tatsächlich geschafft, pünktlich vor Ort zu sein. Direkt in die Markthalle gedrängelt (noch nicht mal halb sieben…), die schon erstaunlich voll war, und zu unserer Erleichterung wurden wir vom Intro SÓLSTAFIRs begrüßt. Ich habe SÓLSTAFIR sehr spät entdeckt, erst mit der aktuellen Platte „Svartir Sandar“, die mich mittlerweile hart in den Bann gezogen hat. Kent ihr dat noch, dass ihr als Kind Ohrwürmer von englischen Songs hattet, die auch mitgesungen habt, aber natürlich kein Wort verstanden hattet? (Ich dachte zum Beispiel „Eiken Bugi“ wär ein Eigenname – „Yessir, Eiken Bugi!“ statt „I can Boogie“, hihi). So geht mir das gerade mit „Fjara“ – weiß der Deibel, was die da singen, aber der Song wandert nahezu permanent durch meine Rübe. Die Isländer waren live gar noch besser, brachten ihre Stücke intensiv und gechillt zugleich rüber. Zwei der Kollegen trugen Hüte, wirkten wie in Trance, während sie ihre Instrumente zupften. Den Gesang fand ich erstaunlich kraftvoll und nuanciert. Die meisten Songs waren von erwähnter Platte, die heiß empfohlen sei, wenn man auf melancholische Düstermucke steht. Doom meets Psychedelic meets Punk? War natürlich viel zu schnell vorüber, hätte ich gern länger genossen.

Der absolute Untergang kam in Form von HEIDEVOLK. Gleich beim ersten Song wurden uns sechs Trinkhörner entgegengestreckt, zwei tolle Mannsbilder mühten sich in martialischen Posen ab und sangen in einer Art Pseudo-Mittelhochdeutsch. Wirklich fürchterlich kitschig. Am schlimmsten fand ich wohl die ständigen Publikums-Animationen, welche direkt aus dem Klaus-Meine-Lehrbuch stammten. Jaja, einige gute Riffs mögen vorhanden gewesen sein, aber mehr kann ich mir an positiver Kritik echt nicht abringen. Kam natürlich Bombe bei den Leuten an…

 

Puh, NEGURA BUNGET beruhigten da schnell wieder meine Nerven. NIE werde ich meinen Erstkontakt mit den eigenwilligen Rumänen im Bad Segeberger HaK vergessen. Zwar haben sie seitdem einige Umbesetzungen hinter sich – die völlig einzigartige Atmosphäre haben sie aber ins neue Line-Up hinübergerettet. Ähnlich wie bei SÓLSTAFIR versanken die Musiker_innen in ihrer eigenen Klangwelt, statt ständig „o-ho-ho-„Chöre mit dem Mob zu praktizieren. Geil find ich auch immer, dass strange und selbst gebaute Instrumente eingesetzt werden. Da denkst du noch, woher plötzlich dieses seltsam hölzerne Geräusch herkommt, um dann erst im Nebel verborgen eines langhaarigen und bärtigen Freaks gewahr zu werden, der mit Hämmern ein Holzbrett bearbeitet. Panflöten, so’n krasses Nebelhorn und diverse Perkussion-Instrumente kamen auch wieder zum Einsatz. Fragt mich bloß nicht nach Titeln, aber erkannt hab sich Stücke von der „Om“ (Klassiker!) und der „Virstele Pamintului“.

 

Und dann: PRIMORDIAL. Ich feier die Band schon seit Jahren und habe beim letzten Live-Review bereits in Superlativen geschwelgt. Wie soll ich also verdeutlichen, dass dieser Auftritt NOCH BESSER war? Alan Nemtheanga und seine Mitstreiter ziehen das Ding nun seit über 21 Jahren durch – und von gelangweilter Routine ist keine Spur zu entdecken. Vielmehr legten sich die Iren ins Zeug, als spielten sie ihren allerletzten Auftritt. Man könnte einwenden, dass sich doch auch dieser Sänger in theatralische Posen werfe – aber anders als bei aufgesetzten Rockstar-Spielchen schien Nemtheanga die Stücke zu durchleben, in eindringlicher Gestik und Mimik von Imperialismus und Diktatoren im wahrsten Sinne des Wortes zu „erzählen“. Die Stücke rollten mit Macht über uns herein und bei „The Coffin Ships“, „As Rome Burns“ oder „The Mouth Of Judas“ hab ich vor Begeisterung weiche Knie bekommen. Erfreulicherweise scheinen PRIMORDIAL etwas bekannter geworden zu sein und wurden von deutlich mehr Leuten unterstützt als beim letzten Hamburger Gastspiel.

 

Die meisten Menschen waren jedoch offensichtlich wegen HEIDEVOLK und der nun folgenden KELLY FAMILY gekommen. Sorry, ELUVEITIE hießen sie… Ich musste aber echt an eine Mischung aus Kelly Family und Metalcore denken. Vor fünf Jahren fand ich die Band bei einem Konzert gar nicht schlecht, aber mittlerweile wirkte die Musik extrem überladen und kitschig auf mich. Schlimm auch der Gesang von Daisy Duck, welche außerdem die Fiedel bediente. „Das können die nicht ernst meinen“, sagte mein Kumpel fassungslos angesichts des nöligen Quietschgesangs. Offenbar doch und die volle Hütte klatschte und stampfte begeistert mit… Grau-en-voll! Da gingen wir doch lieber vorzeitig und feierten auf der Rückfahrt die Auftritte von SÒLSTAFIR, NEGURA BUNGET und PRIMORDIAL ab.

 

Kommentare   

-2 #2 Necro Nic 2012-04-05 13:15
Is natürlich ne lustige Mischung für sonen Abend .. wär auch gern dabei geewesen. Aber die Kritik für Eluveitie klingt ja mal ein wenig lieblos und oberflächlich. Sie sind schlichtweg ne klasse Live Band .. ob man mit dem Gedudel was anfangen kann, ist ja bekanntlich Geschmackssache.

Is halt ne Mischung aus standardisierten Schweden Death und Flöten Alarm, aber da gleich mit üblen Vergleichen wie Kelly Family kommen?
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0 #1 Philipp 2012-03-31 11:21
Yeah, Bilder von Jan ML reingewämmst.
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