WACKEN OPEN AIR XXIII / 01/02.08.12 – Wacken, Tage 0 & 1

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Satanic Introductions/Anreise:

Philipp: Schock bei Riepen: Keine Minze-Ermäßigung für Strecker! Offenbar eine neue Verkäuferin. Nun, mit dem ihm gegebenen Gleichmut nimmt Strecker diesen ungewohnten Umstand hin. Danach schließen wir unsere Reisevorbereitungen mit dem Erwerb zweier Regiestühle ab – Vandal_innen haben eine Woche zuvor auf dem HEADBANGERS OPEN AIR ganze fünf Exemplare dieser komfortablen Sitzmöbel ruiniert.

Die Anreise mit Streckermobil und Magnus/Adimobil flutscht. Die neuen Akkreditierungsörtlichkeiten sind zwar bereits wohl frequentiert, aber die Schlange erwartungsvoller Journalist_innen schmilzt vor unseren Augen dahin. Netterweise geht ein Mitglied der Wacken-Orga die Schlange ab und bietet allen einen Becher Wasser an – die Sonne brennt schließlich erbarmungslos vom Himmel.

Wir haben Glück und finden noch Plätze auf dem Presse-Campingplatz, welcher dem Backstageeingang am nächsten gelegen ist. Es gibt nämlich noch zwei weitere, die so weit ab vom Schuss liegen, dass der Pressebonus sich nur noch auf Ruhm und Ehre reduziert, nicht aber die kurzen Wege vorweist, die wir gewohnt sind. Dafür müssen wir uns zwar mit dem Metal-Hammer-Team anlegen und ein mitten im Weg aufgebautes Zelt kurzerhand ein paar Meter verpflanzen, doch dann steht unser Camp. Wie es Andi Harkonnen/Sabrina und Toffi später jeweils noch schaffen, direkt in unserer Nachbarschaft unterzukommen, bleibt ein Rätsel. Eine explosive Zeltgemeinschaft ist garantiert!

 

Wacken

Bericht von Toffi, Leif, Strecker, Stefan & Philipp. Bilder von Cindy Gusinski & Andi Harkonnen.

 

 

Philipp: Zunächst steht die traditionelle Dorfbegehung an. Wir treffen heute sogar auf Einheimische, welche entspannt dem Treiben zusehen und nur aus der Fassung zu geraten drohen, wenn jemand ihre Krads angrapscht. Erstaunlich: Der Verkehr fließt flutschig! Hunderte, ja tausende PKW und sonstige Vehikel rauschen an uns vorbei, ohne dass es auch nur einmal zu Stop-And-Go-Situationen kommt. Wir bemerken, dass viele Wackener ihr übliches Sortiment feilbieten: Somit gibt es ein Wiedersehen mit dem „Höllenschiss“. Auch die Jünger von der „Metal Bibel“ waren fleißig und haben frische Exemplare einer neuen Auflage ihres Zentralorgans ausgelegt. Angesichts der  vielen Menschen, die ein Wacken-Shirt tragen, kommt uns die Erkenntnis, dass echte Kuttenträger in der Minderzahl sind. Wir schließen eine hiermit Schwarz auf Weiß dokumentierte Wette: Nächstes Jahr werden wir alle eine Kutte tragen! Geforderter Zeitpunkt der Fertigstellung ist das KEEP IT TRUE 2013. Die gelungenste Kutte mit den truesten Patches und dem schönsten Geruch wird natürlich prämiert. We'll keep you posted.

 

Höllenschiss

 

Philipp: Mittendrin melden sich Dremu-Fotograf Jan ML und Affenmesserkanpf-Leif. Sie wollen mal gucken, wie spontan die Wacken-Orga ist. Matt wird informiert, dass Jans Backstagepass auf Leif umgeschrieben werden soll, da ersterer noch an den Folgen einer OP laboriert. Leif fährt einfach schon mal los. Matt schickt inzwischen eine E-Mail. Und – Respekt angesichts des Reiseandrangs – als Leif am Akkreditierungsbüro ankommt, ist sein Name bereits im System!

Leif: An dieser Stelle noch mal fetten Dank an Matt und Jan für ihren unermüdlichen Einsatz für meine reichlich spät überlegte Spontanaktion! Die erlösende Email mit dem GO kam tatsächlich exakt 8 Kilometer vor’m Wackener Ortsschild…

Strecker: Im Gegensatz zum letzten Jahr verläuft die Anreise in diesem Jahre ohne größere technische Defekte am Streckermobil. Lediglich das Versagen meiner EC-Karte verzögert die Abfahrt. Ein Banküberfall ist vermutlich einfacher, als der Versuch, Geld ohne funktionierende EC-Karte abzuheben.

In Wacken angekommen werden wir von einem leicht überfordert wirkendem Ordner dann mit den Worten „Fahrt mal rauf und versucht euer Glück“ auf den Campingplatz gelassen und ich bin wieder mal überrascht, wie voll es bereits ist. Nach einigen Runden finden wir aber doch noch einen Platz und wir können unsere Zelte aufschlagen.

 

Pressefressen

 

Strecker: Obwohl bereits am Mittwoch Bands auf der Zeltbühne spielen und ich einige davon auch gern gesehen hätte (u.a. Electric Hellride, Hamferö und Warpath), entscheiden wir uns dazu, ein paar Getränke einzupacken und ins Dorf zu gehen und das bunte Treiben zu beobachten. Ist schon lustig anzusehen, wie sich einige Leute zurecht gemacht haben und ich finde es erstaunlich, dass ganz wenig Müll rumliegt. Bei z.B. der Kieler Woche sieht es anders aus. Irgendwann geht es dann zurück Richtung Gelände und wir haben uns noch das Dio Konzert aus dem Jahr 2004 auf der Leinwand angeguckt.

Philipp: Wir treffen uns auf dem Moviefield, wo gerade ein Konzert von DIO vom 2004er Auftritt in Wacken gezeigt wird. Hach, the memories. Ich meine zu sehen, wie sich in der Ferne irgendwelche Kreaturen mit elektrischen Blitzen beschießen. Vielleicht hatte ich auch ein Getränk zuviel.

Skeptisch stellen wir fest, dass die W.E.T.-Stage aus dem Hauptgelände ausgelagert und zusammen mit der neuen Headbanger-Stage in ein gigantomanisches Zelt integriert wurde. Ob die Wege bei unserem straffen Zeitplan zu schaffen sind?

Strecker: Damit wir der akuten Unterminzung entgegenwirken können, geht es dann zurück ins Camp. Eigentlich hätte der Abend jetzt ruhig ausklingen sollen, aber ein ungebetener Gast macht uns einen Strich durch die Rechnung, indem er versucht, uns die Vorzüge des Roskilde und Rock am Ring Festivals zu erklären, ohne dass er eines der Festivals bisher besucht hatte. Anfangs sind wir noch bemüht, unserem Besucher zu antworten, aber irgendwann wird es zu viel und unsere Antworten immer einsilbiger. Leif kommentiert dies mit den Worten „und so ist das Klischee der zurückhaltenden Norddeutschen entstanden“. Irgendwann muss sich unser Besucher mal erleichtern und wir nutzen die Chance und verschwinden in unseren Schlafsäcken.

 

Dorf

 

WACKEN OPEN AIR XXIII / 01.08.10 – Wacken, Tag 1

 

Gelände

 

Philipp: Der nächste Tag beginnt mit einer kalten Dusche. Nein, jetzt echt mal: Ich spreche nicht von kühl oder so, sondern so richtig kalt kalt. Oder wie jemand auf die bange Frage eines vor der Dusche Wartenden antwortet: „Wie kalt? Zwei-Zentimenter-kalt!“ Aus einer anderen Dusche heißt es daraufhin: „Ich korrigiere auf vier Zentimeter“, was ihm von Magnus die Mahnung:“Nun mal nicht angeben!“ einbringt. Toiletten gibt es dieses Jahr übrigens wieder in ausreichender Anzahl, sodass im Gegensatz zum letzten Jahr einer Eilentschlackung nichts im Wege steht. Überhaupt geht überall alles sehr zügig vonstatten. Wacken 2012 ist definitiv nichts für Fans von Warteschlangen.

Nach der Dusche allerdings eine weniger schöne Überraschung: Jemand hat hinters Magnusmobil gekackt! Nicht so nett, zumal Toiletten wie gesagt in ausreichender Zahl und nicht sehr weit entfernt vorhanden sind. Der Delinquent hat sich den Spuren nach ans Auto gelehnt und war laut Magnus zufolge „kein Vegetarier“. Mehr wollt ihr wohl nicht wissen, aber es dauert schon einige Stunden, bis wir vom Sherlock-Holmes-Tunnelblick ablassen, mit dem wir jeden abtasten, der an unserem Camp vobeiflaniert.

Selbst „der Nachbar“, ein Mensch des Kieler Nachtlebens, den garantiert JEDE_R Dremu-Leser_in kennt, gerät unter Verdacht. Der Typ zeltet übrigens auch backstage, mit welcher Berechtigung auch immer. In einer Strandmuschel!

Leif: Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich keine Strandmuschel besitze und auf Z4 untergebracht bin, wo ich zur vermuteten Tatzeit mit den Folgen einer mir bereits Stunden zuvor beigebrachten „Lütje Minze“-Vergiftung ringe. Vielen Dank.

Free Hugs

 

Toffi: Für mich heißt es wegen Job leider erst am Donnerstag anreisen und dann noch mutterseelenallein mit Sack und Pack per Deutsche Bahn und W:O:A-Shuttle. Wie das mal klappen mag? Aber was will ich da überhaupt?! Paar Tage vor Festivalbeginn erreicht mich eine Mail: Wenn ich Bock hab, kann ich mir meinen Kram beim Presse-Check-In abholen. Gruß vom Ex-Arbeitskollegen, der seine Akkreditierung spontan abtreten musste. Geil, dann also nach zehn Jahren mal wieder Wacken.

Dass sich manche Dinge nie ändern, merke ich direkt bei der Abfahrt. Kaum hab ich meine sieben Sachen gepackt, überkommt mich die Vorfreude und vor meinem inneren Auge schlurft da wieder der junge langhaarige Asi in löchrigem Six-Feet-Under-Shirt mit zwei Nummern zu großen Stiefeln zur Bahn. Hätte ein Omen sein können, heute geht’s nämlich optimistisch in Turnschuhen los, was sich tags darauf direkt bitter rächen soll.

Nach einer semientspannenden Reise mit der Deutschen Bahn von Hamburg nach Itzehoe wartet vorm Bahnhof schon ein amtlicher Mob MetallerInnen auf den nächsten Shuttle-Bus und erfüllt gleich die gängigen Klischees. Teils weit gereiste Freaks in ausgewaschenen Bandshirts und mottenzerfressenen Kutten stechen optisch aus dem gemeinen Partyvolk (Wacken-Shirt 2012 bis 20..) heraus, am Infopoint gibt es eher spärliche Infos zur Anreise, dafür aber das offizielle W:O:A-Bier gleich hektoliterweise aus dem Kühlcontainer. Der Mob unterhält sich vorwiegend in Grunzlauten und versehentliches Bierverschütten wird mit entsetztem Gröhlen oder wahlweise absichtlichem Bierverschütten quittiert. Nach einer knappen Dreiviertelstunde verlagert sich das Treiben endlich in den angekarrten Bus, der dann noch eine halbe Stunde nach Wacken gondelt. Ticket kostet neun Euro und gilt bis Sonntag für beliebig viele Hin- und Rückfahrten, vergessene Zahnbürste wäre also nicht weiter dramatisch. Auf der Fahrt kommt draußen der erste Platzregen runter, drinnen fließt weiter Bier. Ein spanisch sprechender Freak quetscht sich eine halbe Flasche Jim Beam mit Cola (mundgemischt) in den Magen, während seine Freundin die in ihrem BH gebunkerte Reisekasse durchzählt. Ähem. Ich finde kurz darauf fünf Euro neben meinem Sitz und beschließe das eingeplante Wochenend-Budget in Saus und Braus zu verprassen.

Am W:O:A-ZOB angekommen erfrage ich den Weg zum Check-In und bekomme als Antwort, dass das am anderen Ende des Ortes sei (tatsächlich ist es mitten in der Pampa) und ich lieber ein Taxi nehmen solle. Glücklicherweise muss auch eine Gruppe Händler dorthin, also gemeinsam das nächste Taxi geentert und ab dafür. Die Uhr zeigt am Ziel rund zehn Euro, geht bei vier Fährgästen schon klar. Pass- und Bändselausgabe geht ohne langes Anstehen, die Leute sind freundlich und hilfsbereit, haben in puncto Wegbeschreibung für gepäckbeladene Fußgänger aber wieder nur maue Antworten parat: „Wo geht’s denn hier zum Presse-Camping?“ - „Da die Straße runter und dann rechts! So etwa 1,5 Kilometer...“ Der Taxifahrer lauert zwar noch an der Parkplatzeinfahrt, aber ich entscheide mich für den Wald- und Wiesenspaziergang. Als ich dann nach gefühlter Tagesreise im Backstage-Camping aufschlage und natürlich wieder keinen Plan habe, wo ich hin muss, erbarmt sich eine höhere Macht und sendet mir Rettung in Form des Streckermobils am Horizont. Mitsamt einer Lücke für mein Zelt. Halleluja!

Zelt aufgebaut, Gepäck verstaut, dann erst mal das Presse- und Bandareal begutachten. Ordentlich angebonzter Krams wie ‘ne „Gosch Sylt“-Pommesbude und gegrillte Fleischlappen aus der „Bullerei“, so nem Gentrifidingsbums-Restaurant in der Sternschanze. Anständiger Falafelstand hätte es jetzt auch getan. (Essensqualität auf dem Hauptgelände später größtenteils unter aller Sau, draußen auf der Händlermeile oder beim Wackinger-Gedöns aber leckere Sachen zu finden!) Witzig, für mich aber eher uninteressant, sind die Zelte der Instrumentenhersteller mit diversen Ausprobierangeboten und ‘ne Leinwand im Pressezelt auf der man Guitar Hero zocken kann. Aber genug geguckt, hier geht es schließlich um Musik! Todesmutig erklimme ich die Fußgängerbrücke zum Festivalgelände und verschwinde für die nächsten drei Tage im Gebräu aus Wahnsinn, Schlamm, Geballer, Bier, Videoleinwänden und knapp 170.000 gen wolkenverhangenen Himmel gereckten Pommesgabeln.

 

Rote Eventküche

 

DANKO JONES

Philipp: Nun aber der erste Einsatz. Der Weg zum bereits erwähnten Zwei-Bühnen-Zelt ist dann doch recht schnell zurückgelegt, wobei es über das Hauptgelände schneller geht als über die geheimen hinteren Backstage-Schleichwege. Man muss dabei das Wackinger-Village durchqueren, in welchem ebenfalls eine Bühne steht. Dort spielen zum Teil sehr schreckliche Bands, zum Teil aber auch gar nicht so uninteressante Ska-/World Music-Klamotten wie PANTEÓN ROCOCÓ. Ein Festival im Festival, für das wir aber nie wirklich Zeit finden. Der totale Untergang ist natürlich die Beergarden-Stage, auf welcher die ganzen Humpa-Humpa-tätarätätä-Bands spielen (ich sag nur – Achtung, stark sein: VOLKSMETAL). Nun, zur Spoken-Word-Performance von DANKO JONES finden sich doch eine ganze Menge Menschen ein. Schön. Vor allem auch angesichts der Tatsache, dass Schlamm-Catching und Titten-Wrestling in diesem Jahr offenbar kaum Besucher_innen ziehen. Wird mir zumindest erzählt. Gut so, einfach nicht hingehen, dann wird der Müll vielleicht irgendwann einfach gestrichen. Angesagt werden alle Bands der beiden Zeltbühnen übrigens von Maschine, dem Sänger der Kieler Band DAS BEBEN. DANKO JONES hat einen Vortrag über KISS vorbereitet, der von einer Power-Point-Präsentation begleitet wird. Das Ding ist extrem nerdig und basiert auf zwei Gags. Erstens behauptet DJ, dass er nach dem Tod von Eric Carr (1991) den alljährlichen Drang gefühlt habe, einen Charakter für KISS zu entwerfen und dass er seit 1992 jedes Jahr eine neue Bewerbung an die Band geschickt habe. Natürlich für den Posten des Schlagzeugers. Dass er dafür keine Fähigkeiten besitze, sei ja wohl nebensächlich. Da Peter Criss der Catman gewesen sei, habe er, DJ, sich zunächst an auf Tierthemen basierenden Charakteren versucht. Es folgen Bilder von Danko Jones mit KISS-Schminke und Rüssel im Gesicht („Danko Elefant“), Danko Jones mit KISS-Schminke und Papageienschnabel usw. Später auch Vermischungen mit populären Gestalten („Blue Man Danko“, „Danko Mortiis“), aber jedes Mal: „Zero response from KISS“. Nun, der zweite Gag besteht aus der bescheuerten These, dass Peter Criss seit über dreißig Jahren tot sei, da er nämlich bei diesem Autounfall 1978 gestorben sei. In der Folge untermauert DJ diese Aussage durch rückwärts abgespielte „hidden messages“, gespiegelte Mini-Details verschiedener Plattencover und aller möglicher irrsinnigen Dinge aus dem KISS-Universum. Schon klar, dass hier die hintergründige Botschaft vermittelt wird, dass jede noch so schwachsinnige Verschwörungstheorie durch Pseudofakten untermauert werden kann. Dennoch insgesamt etwas zu langgezogen für eine Stunde – beide Gags hätte man meiner Ansicht nach auf jeweils fünfzehn Minuten eindampfen können. Also: amüsant, aber kein Burner. Das soll bei HENRY ROLLINS ganz anders aussehen!

Leif: Peter Criss ist von KISS ist tot - und zwar schon seit 1978! Das behauptet jedenfalls Danko Jones, der seine wahnwitzige Verschwörungstheorie vor den Augen tausender Anwesender durch das Vorlegen zahlreicher „Beweise“ (vorwärts UND rückwärts gespielte Songs, Plattencover, Zeitungsartikel, uneindeutige Credits), vor allem aber durch das Tragen eines BRAUNKARIERTEN LEHRERJACKETS zu untermauern sucht! Was von den übrigen Bandmitgliedern bis heute erfolgreich habe vertuscht werden können, muss aus Sicht des Dozenten endlich ans Tageslicht gebracht werden. Und so redet sich der, offensichtlich mit reichlich geheimem Detailwissen ausgestattete, Kanadier selbst in einen Strudel aus immer abstruseren Hinweisen auf ein vorzeitiges Ableben des Drummers und drückt dabei so dermaßen auf die Worte-pro-Sekunde-Tube, dass auch dem letzten KISS-Nerd im Zelt nach kurzer Zeit der Schädel qualmt. Nach 40 Minuten entlässt er seine z.T. SICHTLICH verstörten Hörer in den ersten Wacken-Tag. Für den ein oder anderen war das wohl ein bisschen viel Information auf einmal…

Strecker: Der Morgen verläuft ganz entspannt und zum Frühstücksbier schmeckt sogar der Kaffee schon. Sehr gut. 

Unser erster Anlaufpunkt ist dann die Headbangers Stage, die in einem riesigen Zelt außerhalb des Festivalgeländes untergebracht ist. Auch in dem Zelt ist die W.E.T. Stage. Diese Änderung gefällt mir gut, da es so möglich ist, die Bands, die auf der W.E.T Stage bzw. Headbangersstage spielen, nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Da konnte man sich die Band auf der Zeltbühne zwar angucken, aber gehört hat man die Band, die auf der Hauptbühne gespielt hat.

Auch in dem Zelt ist der Wrestling Ring untergebracht. Die Wrestling- Veranstaltungen verpasse ich allerdings erfolgreich. War da mal jemand? Gibt es Leute, die sich das angucken?

Der Weg zur Headbangersstage führt durch das Wackinger Dorf und hier können wir dann im Vorbeigehen einen Blick auf Santiano werfen, die erstaunliche viele Zuhörer haben. Wer es mag, dem hat es vermutlich gefallen. Ich will aber weiter ins Zelt und mir die Danko Jones Spoken Words Show angucken.

Die Show fängt dann auch ganz unterhaltsam an. Danko erzählt von seinen erfolglosen Versuchen, Schlagzeuger bei Kiss zu werden und im zweiten Teil der Show wird dann versucht zu beweisen, dass Peter Criss bereits 1978 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist und Kiss seitdem versuchen, dies zu vertuschen. Find ich nicht so gelungen und auf Dauer auch recht langweilig, zumal das Ganze auch recht leblos vorgetragen wird. Wie sich eine Spoken Words Show auch anders gestalten lässt, kommt später.

 

SEPULTURA & LES TAMBOURS DU BRONX

 

SEPULTURA

 

Strecker: Zurück im Camp werde ich dann erst mal von unseren Nachkömmlingen Sabrina und Andi Harkonnen angemault, bloß weil meine Wegbeschreibung zu unserem Camp nicht ganz korrekt war. Statt Campingplatz W, auf dem wir sind, hatte ich Campingplatz Z4 angegeben. Ich wollte zwar sagen Richtung Z4, aber das Wort “Richtung“ habe ich unterschlagen. Dies hat den beiden zwei Stunden weitere Fahrtzeit beschert. Von daher kann ich die etwas angespannte Stimmung mir gegenüber gut verstehen. Nachdem ich die Begrüssungsminze aber verteilt hatte, wird mir verziehen.

Weiter geht es mit SEPULTURA, die von reichlich Percussionspielern unterstützt werden und auch bemüht sind, ein ordentliches Konzert abzuliefern, aber mich kann die Band nicht begeistern und so ziehe ich mich recht schnell wieder zurück.

Philipp: SEPULTURA haben sich also für diesen Auftritt mit dem französischen Percussions-Ensemble LES TAMBOURS DU BRONX zusammengetan. Dreißig Typen, die zur Mucke von SEPULTURA auf Ölfässer einkloppen. Sieht beeindruckend aus, zumal die Trommler einen ziemlichen Zinnober veranstalten, die Fässer hochreißen oder auf die Bühne treten. Leider ist das Gesamtergebnis der schwächste SEPULTURA-Auftritt, den ich je gesehen habe. Und ich habe viele gesehen... Der musikalische Effekt der Trommeltruppe tendiert gen Null – es wird wirklich gar nichts zur Musik der Brasilianer hinzugefügt. Und die spielen ausnahmslos Midtemposongs, was auf Dauer einfach nur langweilt. Das einzig Gute ist Derrick Greens Stimme. Ansonsten kein Vergleich zum Auftritt auf dem Thrashfest (Classics), geschweige denn zu den phänomenalen Gigs der Achtziger. Magnus äußert das vernichtendste Urteil – diese Show habe ihn regelrecht beleidigt. Denn für einen Metalhörer gebe es nichts Schlimmeres als schlecht gespielten Metal.

Stefan: Sepultura liefern den langweiligsten und schlechtesten Auftritt, den ich diesen Jahr in Wacken gesehen habe. Todlangweilige Setlist aus Midtemposongs mit auf Dauer nervigen Tribalgedöns. Schade, wenn man bedenkt, wie gut die Band mal war.

 

U.D.O.

U.D.O.

 

Stefan: Ganz anders hingegen U.D.O. Nachdem ich die Band einige Jahre nicht gesehen habe, weil ich die letzten Alben vor allem vom Sound her nicht besonders gelungen finde, bin äußerst überrascht von diesem Auftritt. Schön auch fast die komplette Besetzung der ersten Alben für einige Songs wiederzusehen. Mit Ausnahme des Duetts mit Doro ein äußerst gelungener Auftritt.

Philipp: Keine Experimente hingegen bei U.D.O. - und ich sage: gut so! Einfach herrlich, wie der Kampfgnom immer noch bei Stimme ist und bei glashartem Sound Klassiker seiner eigenen Band sowie natürlich von ACCEPT in Grund und Boden kreischt. Im Grunde stehen hier ja 50% von ACCEPT auf der Bühne – schließlich ist Ex-Drummer Stefan Kaufmann seit Ewigkeiten an der Gitarre dabei. Daher sind „Screaming For A Lovebite“, „Princess Of The Dawn“, „Head Over Heels“, „Metal Heart“ oder „Balls To The Wall“ keineswegs lediglich gut gespielte Coverversionen. Schön auch, dass sich das U.D.O.-Material dahinter kaum verstecken muss. „Rev-Raptor“, „Thunderball“, „Leatherhead“ oder „The Bogeyman“ machen jedenfalls Spaß. Eine schöne Geste auch, dass zum 25-jährigen Jubiläum der ersten U.D.O.-Scheibe die ehemaligen Bandmitglieder Andy Susemihl, Mathias Dieth und Thomas Smuszynsky auf die Bühne geholt werden, ergänzt von Udos Sohn Sven Dirkschneider am Schlagzeug! Man zockt zusammen „Animal House“, „Heart Of Gold“, „They Want War“ (yeah!) und “Break The Rules”. Zu letzterem Titel gesellt sich auch noch LORDI und schmettert fröhlich mit. Runde Sache also, nur das fiese Duett mit Doro zu „Dancing With An Angel“ hätte echt nicht sein müssen. Alle Gäste erscheinen zum finalen „Balls To The Wall“ ein weiteres Mal auf der Bühne. U.D.O.? Steh ich drauf.

 

CHANNEL ZERO

CHANNEL ZERO

 

Toffi: Während ich mich noch recht orientierungslos mit meinem ersten Bier in den Flossen durch die Fluten der Überreizung treiben lasse, erreicht mich eine SMS von Philipp: „Sind im Zelt, gleich Channel Zero.“ Der Bandname sagt mir nix, aber die Aussicht auf bekannte Gesichter lockt mich schnell ins Zelt, was sich in seiner Größe eher als „zwei große Bühnen, ein Boxring und drei Tresen unter einer Zeltplane“ entpuppt. Krass! Trotz der Überdimensionierung findet man hier aber immer schnell seine Menschen und so ist auch das Dremu-Team schnell erspäht. Von der Mucke bleibt mir im Nachhinein rein garnix hängen, schlecht fand ich es aber glaub ich nicht.

Strecker: Als nächstes gehe ich dann wieder ins Zelt, um mir CHANNEL ZERO anzugucken, die ich bisher noch nicht live gesehen hatte. Channel Zero bieten hochklassigen Thrash Metal und die Belgier haben sichtlich Spaß bei dem Konzert. Hat mir gut gefallen.

Vor dem Zelt treffen wir dann auf einige Bekannte, mit denen wir uns das Gelände und hier vor allem die Getränkestände mal näher begucken. Ein Teil der Gruppe macht sich dann auf den Weg zu VOLBEAT. Ich find die Idee ganz gut, noch etwas bei den Getränkeständen zu bleiben und dann Torfrock und danach Circle II Circle zu gucken. Leider ist die Umsetzung nicht so erfolgreich und wir verlieren uns. Als wir uns dann nach einiger Zeit wieder finden, hatten wir die angestrebten Konzerte leider verpasst und so geht es mit der Begutachtung der Getränkestände weiter und irgendwann zurück ins Camp und ins Bett.

Philipp: Wie sich wohl die reformierten CHANNEL ZERO live präsentieren würden, war im Vorfeld die eine oder andere Diskussion wert. Die ersten beiden Platten gehören für mich zu den besten europäischen Thrashalben, die späteren Sachen berühren mich nicht mehr so. Die Reunion verläuft jedenfalls offensichtlich bisher überaus erfolgreich, die aktuelle Scheibe „Feed ‘em With A Brick“ hat Platin bekommen und auch im Zelt finden sich zahlreiche Interessierte und Neugierige ein. Uns gelingt die Zusammenführung mit Toffi und sowieso treffen wir Bekannte im Dutzend. Wie im Grunde auch erwartet, gibt es von CHANNEL ZERO leider kein Old-School-Set. Im Gegenteil, die Band spielt so gut wie gar keine alten Songs und tatsächlich NICHTS vom Debut. Dennoch gefällt mir der Auftritt! Im Gegensatz zu SEPULTURA werden hier nämlich vornehmlich im Midtempo angesiedelte Stücke mit einem enormen Druck dargeboten. Ausreißer in schnellere Bereiche sorgen zudem für Abwechslung. Die Band wirkt zudem fit und motiviert, der Sänger Franky de Smet van Damme brüllt phonstark. Dass er einen vollen Bierbecher in den Mob kickt, gefällt zumindest einem nicht – und zwar einem Bekannten, der das Ding fast direkt ins Gesicht bekommt...

 

VOLBEAT

VOLBEAT

 

Toffi: Volbeat kannte ich bisher nur aus Radio, Werbung und den verschleierten Erinnerungen an einen suffigen Abend mit Live-DVD bei meinem Arbeitskollegen im Wohnzimmer. Die Band scheint live aber was zu taugen, das Gelände ist unfassbar voll! Ich kämpfe mich eine gefühlte halbe Stunde mit meiner Kamera an den Bühnengraben, nur um dort zu merken, dass die Entfernung über selbigen zu fotografieren viel zu groß ist. Versuch war es wert. Als die Band dann loslegt, finde ich den Sound ziemlich gelungen, nach ein paar Songs wird es mir aber insgesamt zu glattgebügelt und ich besorge mir lieber was für den Magen, wobei ich zufällig eine alte Bekannte entdecke, die an so ‘nem Met-Schiffchen den Tresen schmeißt. Der restliche Auftritt wird erfolgreich versabbelt und danach wackel ich frohen Mutes zurück ins Camp und werde noch am ersten Abend süchtig nach Lütje Minze.

 

VOLBEAT

 

Philipp: Jeder Musiknerd mit Underground-Gen kennt den Effekt: Wird eine Band populär, klingt sie plötzlich auch ungeil. Und VOLBEAT sind natürlich viel zu schnell viel zu bekannt geworden. Aber die Gruppendynamik scheucht mich dennoch aufs Gelände, zudem bin ich interessiert am neuen Line-Up – schließlich spielt jetzt MERCYFUL-FATE-Legende Hank Shermann bei den Dänen. Und was soll ich sagen -VOLBEAT überzeugen mich. Der Auftritt ist rundum gelungen, unpeinlich und höchst unterhaltsam. Großer Bonus: Sänger Michael Poulson hat erfreulicherweise die James-Hetfield-Reminiszenzen aus seiner Stimme verbannt. Zudem wirkt die Band – möglicherweise bedingt durch die Umbesetzung – hungrig und hat Bock. Poulson ist zum souveränen Frontmann gereift, der einen noch unveröffentlichten Song ankündigt und versichert, dieser sei schön kurz, „just like having sex“. Dass sich als Gast Michael Denner als weiterer Gitarrist dazugesellt und das MERCYFUL-FATE-Gitarrenduo somit komplettiert wird, ist eine weitere unangreifbare Geste. Das gilt auch für die Gastauftritte von Mille („Seven Shots“) und vor allem Barney, der seine unnachahmlichen Grunts zum (für mich) besten Song des Auftritts beisteuert, „Evelyn“. Schon klar, dass diese Gastauftritte bewusst auf die Rückgewinnung von Metal-Credibility zielen. Aber diese ist eben auch nicht aufgesetzt, sondern authentisch. VOLBEAT sind in allen Belangen ein würdiger Headliner, der auch Massen vor die Bühne zieht – und diese nach 90 Minuten begeistert zurücklässt.  

Stefan: Ich bin Volbeatfan!!! Jawoll!!! Ich kann diese Einstellung populär = ungeil nicht nachvollziehen, solange eine Band ihre musikalischen Wurzeln nicht vergisst. Der heutige Auftritt untermauert den derzeitigen Status der Band. Ein absolut würdiger Headliner und rundum gelungener Auftritt abgerundet durch einige Gastauftritte von Michael Denner und Mille bei „Seven Shots“ und Barney bei „Evelyn“. Cool auch, dass eine Legende wie Hank Sherman seit Monaten als Gitarrist dabei ist und dabei offensichtlich eine Menge Spaß hat.

 

Typ

FORTSETZUNG FOLGT ...UND WIE!

Kommentare   

+2 #9 DoctorJoyBoyLove 2012-08-26 22:55
So hier nochmal an richtiger Stelle:
Ich weiß ja teilweise, was die Schreiberlinge sonst so für Musik hören und muss mir daher eingestehen mit meiner Einschätzung teilweise falsch zu liegen. Trotzdem packt mich bei der Mucke und den Typen dazu das kalte Grausen.
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+3 #8 DoctorJoyBoyLove 2012-08-26 22:50
Ich als bekennender VOLBEAT-Hasser fühle mich genötigt mich zu erklären: Mir kommen VOLBEAT vor wie ne Band für Leute die auf harte Rock'n'Roll- und Metal-Posen abfahren, denen die coolen Bands in dem Bereich aber zu schwer ins Ohr gehen und deshalb diese radiotaugliche Variante vorziehen. Und ich find den Gesang furchtbar. Das die Populär sind ist für mich nur eine logische Nebenfolge von dem was die machen.
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0 #7 Philipp 2012-08-26 19:45
Text erweitert - Stefan hatte noch was zu sagen.
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+1 #6 Philipp 2012-08-20 18:30
HAHAHA! Aber, aber... da waren die Toiletten ja auch ganz weit weg...
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+1 #5 Ingo.K 2012-08-20 11:15
Tja, Herr Wolter, ist Ihnen die Redensart "the pot calling the kettle black" bekannt? (Dynamo Open Air 1996)
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+2 #4 MetalSon 2012-08-19 17:32
"Nächstes Jahr werden wir alle eine Kutte tragen! Geforderter Zeitpunkt der Fertigstellung ist das KEEP IT TRUE 2013"

Da bin ich mal gespannt, Poser! :lol:
:-*
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0 #3 Philipp 2012-08-19 17:01
Haha!
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+1 #2 DoctorJoyBoyLove 2012-08-19 16:49
Udo und Doro haben echt die hammerharte Kelly Family-Gedächnisballade "Dancing with an Angel" live performt? Wie außerordentlich dumm von mir, das zu verpassen.
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0 #1 Philipp 2012-08-19 16:36
Besten Dank für die Fotos an Cindy und Andi. Cindy hat für OnSkunk geknipst - mehr Bilder hier: http://www.onskunk.de/?site=pics&mode=album&gid=1227
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