ROCK HARD FESTIVAL / 19.05.2013 – Gelsenkirchen, Amphitheater, Tag 3

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Philipp: Sonntag, 10.00 Uhr morgens – Reisegruppe Butterblume ist voll am Start. Das Bier schmeckt bereits, Häuptling singt (immer noch oder schon wieder) – na, dann ab ins Streckermobil und los, schließlich stehen mit ATTIC und GOSPEL OF THE HORNS zwei der größten heutigen Knaller gleich am Anfang!

Alex: Alter, wie die Zeit vergeht! Die ersten beiden Tage sind nur so an mir vorbeigerauscht. Und nun steht bereits der letzte Festivaltag an. Auf dem Parkplatz lässt Herr Wolter seine Veganer-Wurst, diesmal im feisten 4er-Pack, erneut kreisen. Legt eine gekonnt wirkende Knüppeleinlage nach der anderen hin, dass es nur so klatscht. Bruce Lee hätte seine wahre Freude daran gehabt. Ansonsten sind alle entspannt und noch vom gestrigen Tag angetan.

Minze gibt’s heute nicht mehr. Der (reduzierte) Bestand ging locker an den beiden ersten Tagen über den Jordan. Dafür ist noch genügend Bier vorhanden, sodass der letzte Festival-Tag auf die übliche Weise feucht-fröhlich eingeleitet wird,

Ich bin besonders auf ATTIC (D) und ORCHID gespannt. Die Amis haben gerade mit „Mouths Of Madness“ ein überzeugendes 2. Album nachgeschoben, während ATTIC mit ihrem Debütalbum „Invocation“ Ende 2012 für mächtig Furore in der Szene sorgen konnten.

 

KING DIAMOND

Fotos von Oliver "Bomber" Barth und Jasmin Benz

 

ATTIC

ATTIC

 

Philipp: Schon cool, dass ATTIC am selben Tag wie KING DIAMOND spielen. Im Nachhinein kann man dann auch auf Facebook lesen und sehen, wie sich ATTIC über ein vom König mit Grüßen und besten Wünschen signiertes Poster freuen. Morgens zeigt die Band aber erst mal, wie man seine Einflüsse souverän in eigene Songs einfließen lässt und spielt ein weiteres Killerkonzert, wie man es mittlerweile von ihr gewohnt ist. Selbst die Tatsache, dass gleich beide Gitarristen beim ersten Song mit technischen Schwierigkeiten kämpfen müssen, kann ATTIC nicht aus der Ruhe bringen. Zumindest lassen sich die Jungs wie alte Hasen nach vorne nichts anmerken und zocken einfach weiter. Respekt! Die Freaks im Innenbereich des Amphitheaters wirken nicht so, als wollten sie sich ihre Energie komplett für KING DIAMOND aufsparen. Vielmehr geht zu den bereits zu Undergroundhymnen mutierten Knallern „Funeral In The Woods“, „Join The Coven“, „Edlyn“, „Satan’s Bride“ oder „The Headless Horsemen“ hart der Ratz ab. Für Stimmung sorgt auch die Bühnendeko, da man liebevoll schwarze Kerzen, Totenschädel und Seitenaufsteller verteilt hat. Ich mag es auch, wie ATTIC durch gewisse Bewegungsabläufe auf der Bühne die Dramaturgie erhöhen, ohne dass diese dabei zu einstudiert oder gepost wirken. Ein Beispiel: Während eines längeren Intros stehen alle Bandmitglieder mit dem Rücken zum Publikum, um sich dann unter großem Crescendo gleichzeitig umzudrehen, nach vorne zu rennen und am äußersten Bühnenrand mit hochgereckten Gitarren in den Song überzuleiten. Leider ist die Zeit am Ende zu knapp, um noch einen weiteren Song zu spielen, den ATTIC gerade anstimmen wollen. Da achtet die Crew übrigens schon sehr drauf, dass keine Band überzieht – mehrfach wird während des letzten Songs einer Band bereits das Backdrop heruntergefahren.

Strecker: Heute geht es mir richtig gut, die Sonne scheint und eigentlich könnte ich den Tag mit einem Frühschoppen beginnen. Da wir uns aber entschlossen haben, nachts noch zurückzufahren, habe ich den Tag mit ATTIC begonnen und nichts Alkoholisches getrunken. Dafür war ein Teil der Reisegruppe zuständig, der reichlich für mich mitgetrunken hat.

Bereits jetzt ist das Amphitheater sehr gut gefüllt, was vermutlich daran liegt, dass ATTIC musikalisch gut zu King Diamond passen, der später noch spielen soll. Die Band Mercyful Fate ist den ATTIC-Musikern bestimmt nicht unbekannt. Macht aber nichts. Trotz technischen Problemen zu Anfang des Sets bekommt die Band vom Publikum ordentlich Applaus und zum Abschluss des Konzertes gibt es auch massive Zugabeforderungen, die von ATTIC gern erfüllt worden wären. Von den Veranstaltern allerdings nicht und die Musiker müssen von der Bühne geworfen werden. Ich finde so was immer etwas zwiespältig. Einerseits soll der Veranstalter der Band die 5 Minuten mehr an Spielzeit doch gönnen, aber andererseits gibt es auch genug Leute, die rumnörgeln, wenn der Zeitplan nicht exakt eingehalten wird und das Ordnungsamt gibt es natürlich auch noch.

Alex: Es erstaunt mich allerdings ein wenig, dass Attic am gleichen Tag wie der King spielen. Ist der Gesang doch sehr an die königliche Stimme angelehnt. Apropos der King! Gestern soll er schon vor Ort auf dem Gelände gewesen sein. Natürlich nur Backstage. Jedenfalls war überall ein ehrfürchtiges „Der King ist da!“ zu hören. Es gab wohl auch die eine oder andere Audienz beim herrschaftlichen Dänen. Die anderen sind natürlich schon mächtig angefixt, während ich die superbe Show schon letztes Jahr beim Sweden Rock genießen konnte und somit entspannter an die Sache gehe. Dort noch etwas fetter auf der zweitgrößten Festivalbühne präsentiert, konnte mich der olle Dänenkönig in jeder Hinsicht absolut überzeugen.

Pünktlich geht’s zum Endspurt ins Amphitheater. Es ist trotz der frühen Uhrzeit (12 Uhr!) bereits wieder angenehm gefüllt. Scheinbar haben sich die allerorts verkündeten Lobeshymnen über das Debüt-Album von ATTIC prächtig herumgesprochen. Recht so! Die Bands hat’s verdient! Heute ist Sonne pur angesagt, sodass die Pilseken noch schneller ins Blut gehen. Schlau, wie wir nun mal sind, haben wir uns unter das angenehm Schatten spendende Zeltvordach der Bühne gestellt und sind wieder hautnah im Zentrum des Geschehens als ATTIC ihr ca. 45–minütiges Set mit „Funeral in the Woods“ beginnen. Leider ist eine der beiden Gitarre anfangs nicht zu hören, sodass der Start zumindest soundtechnisch (unverschuldet) holprig verläuft. Der Fehler ist zum Glück zügig behoben und die auf der Bühne aufkommende Hektik legt sich schnell wieder. Es folgt die absolute Überhymne „Join The Coven“, neben „Ghost of Orphanage (leider nicht im heutigen Set) mein persönlicher Favorit. Ich fühle mich an die guten alten Tage erinnert, in denen ich als metallischer Jungspund einfach nicht genug von der Mucke kriegen konnte. Jedes Mal wenn ich die Scheibe höre, kommt dieses herrliche Gefühl auf! „Satan’s Bride“ geht schön nach vorne, während „Edlyn“ - schöne getragene Nummer - seine majestätische Wirkung im Rund voll entfalten kann. „In The Chapel“, „The Invocation“, „Evil Inheritance“ als auch das abschließende „The Headless Horseman“ runden den gelungenen Auftritt bestens ab. Wollen mal hoffen, dass die Jungs das Niveau halten bzw. noch ausbauen können. Denn dann steht uns noch großes bevor! Nicht unerwähnt lassen möchte ich noch den geilen Kommentar von Herrn Wolter als Attic die Bühne betreten: „Die sehen ja alle aus wie Jasmin!“ Herrlich. Genauso wie das seltsame Verhalten von dem Typen, der trotz praller Hitze friert und sich ernsthaft einen Hoodie plus Kutte übers Shirt zieht. Unsere grinsenden Mienen und offensichtliche Belustigungen werden von der Spaßbremse dann auch mit genervten Blicken quittiert.

 

Amphi

 

GOSPEL OF THE HORNS

GOSPEL OF THE HORNS

 

Philipp: Yeah, auf diese nach Deutschland emigrierten Australier hatte ich mich bereits im Vorfeld mächtig gefreut, zählen sie doch zu den Bands des diesjährigen Billings, die ich bisher noch gar nicht live sehen konnte. Eine hammergute Black/Thrash-Attacke prasselt auf den gierigen Mob hernieder, der gleich beim ersten Song in wilde Pits ausbricht. Das Ganze wird extrem roh und punkig runtergedroschen, die Geschwindigkeit ist nur dann nicht im oberen Bereich, wenn GOSPEL OF THE HORNS einen ultraschweren Doom-Part einwerfen. Das erinnert mich dann an ganz frühe Verstreter des Doom Death wie GOATLORD und DREAM DEATH. Dazu kommt das fies heisere Gebell von Howitzer – perfekt! Eine Atempause von der Doppelbelastung Gitarre und Gesang gönnt sich der Frontmann lediglich beim Instrumental „Call To Arms“ (argh!). Vor „Vengeance Is Mine“ erfahren wir auch, weswegen sich die linke Pranke seines Sidekicks in Bandagen befindet – der Kerl hatte sich am Vorabend die Hand an einer kaputten Bierpulle aufgeschnitten. Keine Kinder von Traurigkeit also offenbar... Ein echtes Phänomen, dass so viele richtig gute Bands dieses Genres gerade aus Australien kommen. Warum das so ist, weiß ich zwar nicht, aber es fällt auf, dass sie in der Regel schön polterig, ungehobelt und eben nicht zu sauber klingen, seien es jetzt DESTROYER 666, RAZOR OF OCCAM, SADISTIK EXEKUTION oder eben G.O.T.H. Mehr!

Strecker: Nachdem die Bühne wieder frei ist, gibt es GOSPEL OF THE HORNS. Die Bühne soll auch frei bleiben, denn auf irgendwelchen Deko-Krams wird verzichtet und es gibt nur die Musiker und die Musik. Dies reicht aber auch voll und ganz. GOSPEL OF THE HORNS sind sehr agil und sehr eingängig. Bei den Konzerten von Hellish Crossfire und Desaster ist es mir das Fehlen einer zweiten Gitarre nicht so aufgefallen, aber GOSPEL OF THE HORNS werden bei dem Konzert von dem Deströyer 666-Gitarristen unterstützt und mit zwei Gitarren ist der Sound merklich druckvoller.

Alex: Ich begebe mich nun nach oben auf die Stufen, um mir GOSPEL OF THE HORNS in Ruhe anzusehen Dort sitzen Rita, Strecker, Häuptling und auch Andi. Der gleich wieder für Chaos bzw. Spaß und herzhaftes Gelächter sorgt. Drei Kerle ziehen für ein Foto blank, an sich nichts Besonderes. Aber einer hat noch Papier in seiner Fuge hängen! Herr Harkonnen II fällt dieser amtliche Fauxpas natürlich sofort auf und gibt ein lautstarkes „Da hängt ja noch Papier am Arsch, Aller!!“ von sich. Dem Spruch lässt er eine zielsichere Bierfontäne aus seinem Rachen folgen, die den Pürzel voll erwischt!!! Tja, da kennt er keine Gnade! Der arme Kerl nimmt’s mit Humor und zieht die Büx lachend wieder hoch.

Es folgt ein wirklich sehr kurzweiliger und äußerst unterhaltsamer Soundcheck von GOSPEL OF THE HORNS, bzw. speziell von deren „Sänger“ Mark Horwitzer! Alter, wie der ein paar Mal ins Mikro keift, ist schon krass. Da kann einem ja Angst und Bange werden. Dat muss man gehört haben! Sehr bemerkenswert auf alle Fälle. Ich frage mich ernsthaft, wie er das auf Dauer durchhält, wenn die Jungs auf Tour sind. Der Mann muss Stimmbänder aus Stahl haben! Gurgelt der Mann evtl. mit Rasierwasser? Man weiß es nicht, aber die Vermutung liegt bei der Stimme doch recht nahe!
Kurz danach legen die Australier dann auch wie’n wahnsinniger Derwisch auf Speed los. Meine Fresse, wat knüppeln die wech! Rotziger geht’s kaum. Black-Trash mit ’ner Riesenportion Punk angereichert, feuert gnadenlos aus den Boxen und spült mir das Hirn frei. Selten so’n intensives und alles gnadenlos wegknüppelndes Geballer gehört. Von der ersten bis zur letzten Minute absolute wilde Raserei. Mir gefällt’s jedenfalls prächtig und ich komme nun so richtig auf Betriebstemperatur. Der Meute unten geht’s genauso, denn dort geht die Post ab! Wirklich beachtlich, diese Intensität über 45 Minuten aufrecht zu erhalten, ohne dabei auch nur ein Millimeter vom Gaspedal zu gehen. Bis dato war mir die Band absolut unbekannt, aber ich werde mich demnächst näher mit der Diskografie von Gospel Of The Horns beschäftigen. Beschlossene Sache! Daumen hoch für die Australier, oder wie es beim Eurovision Song Contest doch so schön heißt: „Australien, 12 Punkte“!

 

ORDEN OGAN

OGEN OGEN

 

Strecker: Ich habe keine Lust auf Hobbit-Metal und lasse ORDEN OGAN ausfallen. War wohl eine gute Entscheidung. Wird mir zumindest nach dem Konzert berichtet.

Alex: Leider stehen nun ORDEN OGAN auf dem Programm und ich muss meine Energie noch für knapp 1,5 Stunden zügeln, bis ORCHID dann endlich loslegen. Also geht’s erst mal raus aus dem Rund, denn das öde Power Metal Geknödel will ich meinen hochsensiblen Lauschlappen nicht antun.

Philipp: Eine Spielart des Metal hat sich gerade in den letzten Jahren zu einer der schlimmsten entwickelt: Bombastischer Power Metal! Mit gesampelten Chören und viel zu viel Bombast zerren ORDEN ORGAN an meinen nerven. Dazu sehen die Typen in ihren Ledermänteln auch scheiße aus. Wär ja sonst egal, fuck lookism und so, aber bei dieser Band kann man mal wirklich jede Facette des Gesamtpakets hassen. Als wäre das nicht alles schon schlimm genug, versucht der Sänger die Festivalbesucher_innen immer wieder zu animieren. Häuptling weist treffend darauf hin, dass er die Ansage der Marke „Piraten-Animation“ (wir sollen alle eine Hand vor das linke Auge legen und „argh“ rufen...) sehr ähnlich aus der Kinder-Erzieher-Ausbildung kenne... Richtig peinlich und musikalisch seelenlose Scheiße.

Andi: Ich geh nicht auf 'n scheiß Heavy Metal Fest, um mir elektronisch aufgesamplete Scheiße anzuhören. In meinen Ohren Epic Fail!

Argh

 

ORCHID

ORCHID

 

Philipp: Auf die Chance, ORCHID endlich einmal live zu sehen, hatte ich mich schon länger gefreut! Laut Götz Kühnemund, der die Band ansagt, seien die Musiker nervös, weil sie bisher ausschließlich vor reinem Doom-Publikum gespielt hätten. Die Nervosität erweist sich als grundlos, denn im Mob herrscht von Anfang an völlige Begeisterung. Dazu trägt neben der wohl besten neuen Doom-Musik seit Jahren auch die tiefenentspannte und supersympathische Art der Band, besonders ihres Sängers Theo, bei. „California hippies brought you sunshine!“, grinst der. Selbst wenn es in Strömen geregnet hätte, hätten Perlen wie „The Mouths Of Madness“ (Theo mit Tamburin), „Eyes Behind The Wall“ (die Atmosphäre im ruhigen Mittelteil, den Theo mit einer Rassel unterstützt!), „Capricorn“, „Silent One“, „Eastern Woman“, „Wizard Of War“ oder „He Who Walks Alone“ Sonne in mein schmieriges Hardcore-Herz gebeamt. Was aber macht ORCHID so besonders? Neben der offensichtlich herausragenden Stimme und dem guten Händchen für großartige Riffs und prägnante Refrains/Gesangslinien ist es meiner Meinung auch die Art, wie Bass und Schlagzeug gezockt werden: Carter Kennedy (d) und Keith Nickel (b) kleben nicht an den Vorgaben der Gitarre, tänzeln vielmehr leichtfüßig – einander aber immer fest umschlungen – auf eigenen Pfaden und brechen gern in wahnwitzige Jams aus. Ich find's sensationell gut!

Strecker: ORCHID zu verpassen kommt überhaupt nicht in Frage und so bin ich rechtzeitig wieder zurück. Der Black Sabbath beeinflusste Retrorock passt ideal zu dem sonnigen Wetter und dies empfinden die meisten Zuschauer ähnlich und die Musiker sind von den Reaktionen sichtlich beeindruckt. Nicht nur für mich hätte das Konzert gern noch etwas länger gehen können. Zumal ich auf die nachfolgenden TANK gut hätte verzichten können.

 

ORCHID

 

Alex: Zu ORCHID stehe ich dann (natürlich) wieder pünktlich unten vor der Bühne. Nun ist das Rund proppevoll. Die Sonne knallt mittlerweile brutalst auf die Köpfe aller Anwesenden. Durch den Einfallwinkel gibt es nur noch sehr wenige schattige Plätze unter dem Zeltvordach der Bühne, sodass man nur so vor sich hinölt. Bier und Sonne bilden somit eine teuflische Allianz und sorgen für erhöhtes Rauschempfinden. Beste Voraussetzung also für kalifornischen Hippies, die Black Sabbath und anderen Altmeistern huldigen. Die Ansage von Götz Kühnemund zu Orchid ist dann schon mal sehr sympathisch und gewährt einen kurzen Einblick in das Befinden der Band. Denn es heißt, dass die Jungs noch nie vor einem reinen Metalpublikum bzw. auf einem reinen Metal Festival gespielt haben und dementsprechend nervös seien. Zu Unrecht, wie sich im Laufe der nächsten 45 Minuten herausstellt. Ab geht die Post mit „Mouths Of Madness“, dem Titeltrack des gerade veröffentlichen Zweitlings. Sänger Theo Mindell begrüßt das Publikum danach mit „California Hippies bringing back the sun to the festival“ Recht hat er! „Eyes Behind The Wall“, „Capricorn“ folgen, bevor „Silent One“ – der beste Song des neuen Albums – mich völlig abheben lässt. Sichtlich gut gelaunt, unterstützt durch einen glasklaren Sound, laden die Kalifornier trotz aller (scheinbarer) Nervosität zu einem Trip in eine vermeintlich längst vergangene Zeit ein. Weben einen wundervollen Soundteppich, auf dem ich es mir bequem mache, mich willig davon tragen lasse. Die psychedelischen, Sabbathtesquen Klänge quellen dermaßen wohltuend aus der PA, dass ich eigentlich auch gar nicht mehr zurück will. „Eastern Woman“, eine granatenstarke Version von „Wizard Of War“ und „He Who Walks Alone“ tun ein Übriges. Ich strecke mich auf dem Teppich entspannt aus. Zu meiner Überraschung war’s das dann aber auch schon. Verdattert werfe ich einen Blick auf mein Handy und stelle mit Erschrecken fest, dass tatsächlich schon 45 Minuten rum sind! Und somit lege ich innerlich ‘ne ziemlich unsanfte Bruchlandung hin, weil mir der wohltuende Klangteppich so unerwartet brutal unterm Arsch weg gezogen wird. Es ist doch ein Jammer! Schöne Dinge vergehen immer so schnell, verfliegen geradezu. Während ätzende und nervende Dinge immer ewig anzudauern scheinen. In diesem Fall hätte man ruhig alle noch anstehenden Bands einfach mal spontan wieder ausladen und stattdessen ORCHID bis 23 Uhr zocken lassen sollen! Jawoll! Besser geht einfach nicht!

 

TANK

TANK

 

Philipp: Bei kaum einer Band gehen die Meinungen derart auseinander wie bei TANK. Das liegt zum Teil daran, dass nicht alle Besucher_innen auf demselben Informationsstand sind. Einige wissen tatsächlich noch gar nicht, dass Algy Ward seit 2008 nicht mehr in der Band spielt und TANK bereits zwei Alben mit dem deutlich melodischeren Doogie White (Ex-RAINBOW) aufgenommen haben! Diese sprechen nach dem heutigen Auftritt gern von einer Enttäuschung. Ich würde das allerdings differenzierter sehen: Ich finde es zwar auch kritisch, dass TANK sich ohne Algy Ward nicht einen neuen Namen zugelegt haben (obwohl Mick Tucker und Cliff-Evans auch seit 1983 und 1984 dabei sind). Aber rein von der Qualität her und losgelöst von der Vergangenheit der Band sind die beiden neuen Alben sehr geil! Gerade „War Machine“ habe ich richtig oft gehört. Es ist eben deutlich melodischer als die alten TANK, darauf sollte man mittlerweile eingestellt sein. Was die Sache auf dem RHF verkompliziert, ist der Umstand, dass Doogie White heute nicht dabei ist und TANK mit dem Gastsänger ZP Theart (Ex-DRAGONFORCE) auftreten. Der Name DRAGONFORCE schreckt natürlich erst mal ab... Aber der Typ macht seine Sache erstaunlich gut und singt die Songs so, wie er sie singen soll. Und das bedeutet aus Sicht der „neuen TANK“ natürlich: so wie Doogie White! „Great Expactations“ hat eine gnadenlos gute Hookline und überzeugt mit zeitlosen 80er Metal-Grooves, „Judgement Day“ ist ein treibender NWoBHM-Knaller, der gut und gern auch auf alten TANK-Scheiben hätte stehen können, mit „Honour And Blood“ (dass Bands in den Achtzigern mit solchen Titeln davongekommen sind!), „Echoes Of A Distant Battle“, „This Means War“ wühlt man im Backkatalog und weitere neue Stücke wie „Phoenix Rising“, „War Nation“ oder „Feast Of The Devil“ überzeugen mich persönlich auch! Leider spielt man heute weder „(He Fell In Love With A) Stormtrooper“ noch „Power Of The Hunter“, die sonst wohl durchaus auch auf der Setlist stehen. Wie bereits einleitend gesagt, streiten sich die Expert_innen danach vortrefflich über den Auftritt. Ich hab ihn genossen, bin jetzt aber auch gespannt, wie Algy Ward mit seiner Version von TANK und der demnächst erscheinenden LP „Breath Of The Pit“ wohl klingt (womit eine ähnliche Situation wie aktuell bei BLACK FLAG und QUEENSRYCHE herrscht – es geht eben immer noch komplizierter...)

Interessant finde ich auch die Reaktion von Andi, der TANK bisher gar nicht kannte, sie also zum ersten Mal sieht und damit völlig unvoreingenommen ist:

Andi: Geiles, sympathisches Brett. Memo an mich: Platten verhaften!  

Strecker: TANK haben sich natürlich einen gewissen Status erspielt und auch sehr gute Platten gemacht, aber das Konzert ist einfach nur langweilig und ich glaube, auch die Band ist froh, als sie die Bühne endlich verlassen dürfen.

Alex: Ab geht’s wieder nach oben auf die Stufen. Nun sollen TANK folgen, die für heute auch noch ohne Doogie White (Gesang) angekündigt sind, weil der mit Michael Schenkers Temple Of Rock unterwegs ist. Für den heutigen Gig soll ZP Theart (Ex-DRAGONFORCE) einspringen, was bei mir schon vorab für Übelkeit sorgt. Der Name Dragonforce steht meiner Meinung nach für feistesten Dickdarmzuckungen verursachenden Knödel-Metal der allerübelsten Sorte. Von der Gesangsakrobatik ganz zu Schweigen. Wobei Doogie White den letztjährigen Gig mit Temple Of The Rock beim Schweden Rock mit seiner permanent stimmlichen Schieflage zumindest gesanglich voll versemmelt hat. Ich frage mich, welcher von den beiden wohl das kleinere Übel ist. Aber eigentlich ist es mir auch scheißegal, denn TANK sind ohne Algy Ward einfach nur noch zahnlos, wie ein Löwe auf Kukident. Einfach öde und belanglos sind die Scheiben ohne den kultigen Rotzlöffel am Mikro! Da kann der Herr Wolter alle Veganer-Würste der Welt auf mich niederprasseln lassen. Ist mir sozusagen Wurscht! Er wird meine Meinung nicht ändern! Punkt und Basta!

So sitze ich dann nun ganz unschuldig oben herum und hänge ab, als TANK beginnen. Tja, wat soll ich sagen? Nach fünf qualvollen, nicht enden wollenden Minuten (siehe Orchid) ergreife ich panikartig die Flucht. Man sollte die Band dafür verklagen, dass sie es wagt, auch nur einen einzigen Auftritt ohne Algy Ward zu absolvieren! Geteert, gefedert und dann ab ans Kreuz mit ihnen! Ich kann es hier gar nicht oft genug betonen: TANK ohne Algy Ward ist einfach inakzeptabel, ein absolutes No Go! Ich hab’s ja geahnt und vorher auch schon mehrfach geäußert, bin aber dennoch wider besseres Wissen im Rund geblieben.

 

THRESHOLD

THRESHOLD

 

Philipp: Zeit für einen der ganz großen Höhepunkte des Festivals. Genre- oder Stilbezeichnungen greifen bei THRESHOLD nicht wirklich – es ist schlicht eine Band für Musiclovers. Ich bin durch gleich mehrere glühende Reviews von Konzerten der laufenden Tour angefixt und schon ganz rappelig, bevor es losgeht. „March Of Progress“ ist für mich übrigens das beste Album seit dem fulminanten Debut „Wounded Land“. Damien Wilson springt bereits in der Umbaupause in den Fotograben, begrüßt bekannte Gesichter und schnackt erst mal entspannt mit jedem/jeder, die/der Bock drauf hat. Sieht es zunächst so aus, als würde die Band vor allem ihre eingefleischten Hörer_innen begeistern, muss man nach ein paar Stücken klar sagen, dass THRESHOLD mit die enthusiastischste Publikumsreaktion überhaupt einfahren. Liegt sicher auch daran, dass alle Bandmitglieder die pure Spielfreude ausstrahlen und mit viel Elan zocken. Damien Wilson rennt schließlich bei „Don't Look Down“ von der Bühne durch die Menschenmenge und quer über die Zuschauerränge durch das gesamte Amphithater, welches daraufhin natürlich Kopf steht und mächtig feiert. Aber vor allem sind die euphorischen Reaktionen mit der musikalischen Leistung erklärbar: THRESHOLD kombinieren die Qualität ihrer Studioaufnahmen mit einer unwiderstehlichen emotionalen Tiefe. Es ist die reine Freude, dem Schlagzeuger beim Spielen zuzusehen. Die Band war live schon immer überdurchschnittlich (wer erinnert sich das Konzert der ersten Tour im Logo? Hammer!), aber die jetzige Besetzung schöpft das Potenzial noch weiter aus. Mit „Staring At The Sun“ und „Rubicon“ kommen zwei vielschichtige Stücke, die irrwitzige Ideen und gleichzeitig wunderschöne Melodien beinhalten. Klingt es hippiesk, wenn ich sage, dass mehreren Leuten Tränen in den Augen stehen? Und wenn schon. Magie liegt in der Luft, als Damien die Zeilen „Well you talk of intervention / like a long lost dream / When you talk of intervention / do you start to feel the tension / like a heart of steam“ singt. Fast überflüssig zu erwähnen, dass Damien Wilson nach der Show abermals von der Bühne springt und das direkte Gespräch sucht. Wenn ich irgendeine Kritik an dem Auftritt äußern soll, dann kann ich nur sagen, dass die Playlist leider ausschließlich die letzten vier Alben berücksichtigt. Und eben nichts von den ersten fünf LPs gespielt wird („Sanity’s End“ oder „Paradox“ wären soo geil gewesen!). Aber die nächste Clubtour kommt bestimmt…

Strecker: Nun folgt Progressive Metal von THRESHOLD. Ich kann nicht sagen, warum, aber für mich funktioniert diese Art von Musik live nur bei sehr wenigen Bands und THRESHOLD gehören nicht dazu. Die Musiker sind zwar bemüht, eine Metal-Show zu spielen und die Zuschauer zu animieren. Trotzdem will der Funke nicht überspringen und so geht das Konzert an mir vorbei.

Alex: Nach überstandener Schnappatmung und wieder einigermaßen beruhigt, begebe ich mich dann wieder vor die Bühne. Nun stehen die englischen Progger THRESHOLD um Sänger Damien Wilson auf dem Programm. Da sich der Auftritt aufgrund technischer Probleme leicht verzögert, ergreift er die Initiative, steigt aufs Absperrgitter und begrüßt unter großem Hallo nun etliche Fans persönlich! Feiner Zug! Überhaupt versprüht er eine äußerst positive Energie, hat dermaßen Spaß in den Backen, dass der Funke schon vor Konzertbeginn überspringt. Allerdings will der im Laufe des ca. 60-minütigen Sets leider überhaupt nicht bei mir zünden. Irgendwie bin ich gerade gar nicht auf Prog eingestellt und so gucke ich mir die Jungs zwar komplett, aber ohne wirkliche Leidenschaft an. Musikalisch gibt’s bei THRESHOLD eh nichts auzusetzen. Besonders Drummer Johanne James ist ein Bank, besticht wie immer durch exzellentes Timung und feinste Grimassen. Cool auch die Publikumseinlage von Damien Wilson, der mitten in einer der üblich ausufernden Instrumentalpassagen, ins Publikum auf die Stufen rennt und dort viele persönlich mit Shakehand begrüßt. Was im Rund natürlich lautstark bejubelt wird. Sound und Lautstärke sind ebenfalls nicht zu bemängeln. Aber es hilft (bei mir zumindest) alles nichts! Und das obwohl ich die Band schon mehrmals live genossen habe, also genau weiß, was mich erwartet. Naja, vielleicht beim nächsten mal wieder?!

 

SEPULTURA

SEPULTURA

 

Philipp: Überraschung! Spätestens nach dem schwachen letztjährigen Auftritt in Wacken mit dieser Trommelgruppe (Les Tambours Du Bronx) hatte ich SEPULTURA abgeschrieben. Doch man soll sich wundern – heute sind sie so gut wie lange nicht mehr. Ich würde sogar sagen, dass ich sie mit Derrick Green noch nie so stark erlebt habe. „Troops Of Doom“, „Refuse/Resist“, „Biotech Is Godzilla“, „War For Territory“, „Arise“, „Ratamahatta“, „Roots Bloody Roots“ etc. knattern schnell und derbe aus der P.A., sodass sich riesige Circle Pits im Innenbereich bilden. Ich mag es auch, dass Andreas Kisser keinen weiteren Gitarristen neben sich stehen hat – mit einer Gitarre klingen die Songs räudiger und weniger überfrachtet. Derrick Green wirkt lockerer und motivierter zugleich (dass er richtig fett Spaß inne Backen haben kann, hatte sein Auftritt mit MUSICA DIABLO auf dem Wilwarin 2010 gezeigt). Aber an dessen Gesang hatte es auch nie gelegen, dass SEPULTURA in den letzten Jahren nicht mehr so zwingend wirkten. Eher die eher schwachen Alben und einige unmotiviert gespielte Konzerte. Heute sind die Bedingungen optimal. Im Amphitheater ist es knackvoll, die Leute haben Bock, das Wetter ist super und SEPULTURA begehen nicht den Fehler, zu viele neue Songs zu spielen. Rita stößt Schrecken erregende Laute hinter mir aus. „Uuuuuuh!“, „Grrrrrrrrrrrr!“, „Hrglarglrrrzzz!“ – was zur Hölle? Doch als ich mich umdrehe, sehe ich, dass dat kein Tobsuchts- oder Erstickungsanfall ist, sondern nur ihre Weise, ihre Begeisterung zum Ausdruck zu bringen.

Strecker: Ich könnte jetzt natürlich auch sagen, dass SEPULTURA gar nicht mehr SEPULTURA sind und früher in der ursprünglichen Besetzung sowieso alles besser war. Finde ich aber gar nicht. Es ist klar, dass sich die Band seit 1996 verändert hat. Trotzdem, finde ich, wird die Vergangenheit nicht verleugnet und so finden auch heute reichlich alte Songs den Weg in die Setlist. Songs wie „Troops of Doom“ oder „Roots Bloody Roots“ funktionieren auch 2013 noch wunderbar und sorgen für ausgelassene Stimmung im Amphitheater.

 

SEPULTURA

 

MAMBO KURT

Strecker: Zur Überbrückung der Umbaupause wird kurzerhand Mambo Kurt mit seiner Heimorgel auf die Bühne gestellt. Die paar Songs finde ich erträglich und eine bleibende Erinnerung sind auf jeden Fall die erschrockenen Blicke der Leute, die um uns herumstehen, als Häuptling und Andi Harkonnen die Mambo-Kurt-Interpretation von Deichkinds „Remmidemmi“ sehr laut und sehr textsicher mitsingen.

Philipp: Haha, ja. MAMBO KURT hat sich eigentlich bei mir durch seine ständige Präsenz in Wacken ziemlich abgenutzt, aber das andere Ambiente und die Überraschung sorgen dafür, dass der Kurzauftritt ziemlich witzig ist. Man muss es erst mal bringen, einem verstorbenen Musiker wie Jeff Hannemann mit so einer Coverversion zu gedenken! „South Of Heaven“ in der Orgelversion mit Mambo Kurts schnodderig-gelangweiltem Gesang. Bei „Killing In The Name“ lässt der Barde die Orgel mit in der Schleife allein weiterknattern, springt mitsamt Mikro von der Bühne und die Freaks folgen ihm unaufgefordert in einer großen Polonäse. Da er immer das Unerwartete tue, spiele er auf Dorffesten gern SLAYER. Hier nun müsse er zum Ausgleich HipHop spielen… Ergo werden wir mit Dr. Alban und Deichkind gequält, deren Liedgut wie von Strecker beschrieben erschreckend viele Anwesende textsicher mitschmettern können…

 

KING DIAMOND

 KING DIAMOND

 

Philipp: Jahrelang hatte Kim Bendix Petersen aka Kind Diamond das Pech, dass ihm seine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Nach der überstandenen dreifachen Herz-Bypass-OP soll dieses Martyrium nun vorüber sein. Ein Trost könnte es immerhin sein, dass KING DIAMOND und MERCYFUL FATE in den letzten Jahren nicht gerade an Popularität eingebüßt haben, sich sogar vielmehr ein eigenes Sub-Genre im Metal gebildet hat und diverse junge Bands sich berufen fühlen, den Fußstapfen des Meisters zu folgen, man denke nur an IN SOLITUDE, PORTRAIT oder ATTIC. Alles großartige Bands, die dem Grundsound des Dänen jeweils eine eigene Note verpasst haben. Doch heute endlich mal wieder das Original! Die Bühne sieht schon mal klasse aus – über Treppen und mehrere Ebenen können neben der zockenden Band auch diverse Kreaturen aus den Texten wuseln, im Hintergrund hängt ein feister Baphomet, umgedrehte Kreuze sind ein stilistisches Muss - das Ganze erinnert letztendlich an eine Mischung aus satanistischer Kirche und Spukschloss, komplett mit Friedhofszaun drumherum, was ja auch gut zu den Textkonzepten passt. Die Story ist irgendwie eine Kombination aus den verschiedenen Alben, man trifft auf die gute alte Grandma sowie Protagonisten der Abigail-Story wie Miriam Natias. Noch wichtiger sind natürlich die beteiligten Musiker und es ist erfreulich zu sehen, dass mit Hal Patino (b), Andy LaRocque (g) und Mike Wead (g) gleich drei Vollzeitfreaks mit jahrzehntelanger KING-DIAMOND-Vergangenheit dabei sind. Matt Thomson sitzt auch schon seit 13 Jahren an den Kesseln und als Backgroundsängerin haucht Königin Livia Zita bereits seit 2003 dezent Unterstützung ins Mikro.

 

KING DIAMOND

 

Aber lassen wir mal das Faktengedöns. Ihr wollt wissen, was es für Metalhungrige auffe Gabel gab? Das ganz feiste und gleichzeitig edle Drei-Gänge-Menu (nur der Gratis-Schnaps danach wurde uns verweigert, aber dazu später)! Mit „The Candle“ präsentiert und DER KING den optimalen Einstieg. Im Rund vor der Bühne ist der Sound von Anfang an grandios (und wird im Laufe des Konzerts gar noch besser). Die ganz zentrale Frage, wie denn der King nun bei Stimme sein möge, löst sich zur Begeisterung, ja Euphorie aller Fans positiv auf: schlicht hervorragend, vielleicht gar besser als früher, zumindest live. Ihr kennt alle diesen Mittelteil mit dem Break? Kommt heute zu und zu geil: Bamm bamm „aaaaaaah“ ratatata „ooooooh“! Der Kollege schwingt seinen Knochenmikroständer und packt gnadenlos die Falsettstimme aus. Ein absoluter Genuss auch die Arbeit des Gitarrenduos LaRocque und Wead. Die Stimmung bleibt auf oberstem Level, als zu „Welcome Home“ die Grandmother im Rollstuhl angekarrt wird. In der Folge wird schnell klar, dass die Playlist nicht einfach auf die bekanntesten Nummern fokussiert wurde, sondern eine Vielzahl von Alben abdeckt. „At The Graves“ (von der „Conspiracy“) lässt den King auf den Friedhof krauten, wo er mitsamt Schaufel gleich verweilt und mit „Up From The Grave“ („The Graveyard“) einen überraschenden Mitsing-Erfolg verbucht. Völlig krank kommt der gestörte "La la la la la la la la"-Part. „Voodoo“ (von der, na, „Voodoo“) bringt komplexe und groovige Rhythmik. „Let It Be Done“ - das unheilige Werk ist vollzogen, der Zaun wird schnell abgebaut. Jetzt wirkt die Bühne deutlich freier und die Lichtcrew des Kings gibt alles, um die Kulissen nach allen Regeln der Kunst effektiv in Szene zu setzen. Mal wird in grellem Weiß arschhart gleißend ausgeleuchtet, mal ein leckeres Blutrot als dominante Farbe gewählt. Das hat Stil. Mehr Optik und Show im eigentlichen Sinne des Wortes als ein Knall-Bumm-Peng-Spektakel. Nach „Dreams“, „Sleepless Nights“, einem kurzen Drum-Solo und „Shapes Of Black“ folgt vielleicht DER Höhepunkt des Sets: Der King fragt uns, ob wir vielleicht auch etwas MERCYFUL FATE-Material tolerieren würden. Fuck, yeah! „Come To The Sabbath“ und „Evil“ lassen endgültig alle am Rad drehen. Besser geht’s nicht! Das wird auch KING DIAMOND selbst in diesem Leben nicht mehr toppen, auch erwähnte Epigonen nicht. Wie sich in diesen Stücken progressives Riffing mit gnadenlos eingängigen Sirenenvovals mixt, das ist Heavy Metal in seiner stärksten Form. „Eye Of The Witch“ beendet das reguläre Set und nun beginnt eine Phase, in der ich marginal ein wenig Kritik übe. Die Band lässt sich zu den folgenden Zugaben jeweils etwas zu lange bitten und hört zehn Minuten vor der offiziell angegebenen Spielzeit auf. Es wären also gut zwei Stücke mehr drin gewesen. Aber gut, angesichts der gerade erst überwundenen gesundheitlichen Probleme verzeiht man das dem KING gern, gerade nach diesem grandiosen Auftritt. Es kommen noch drei Gänsehaut-Garanten, nämlich „The Family Ghost“, „Halloween“ und einer meiner absoluten KD-Lieblinge „Four Horsemen“ (was für ein atmosphärischer Mittelteil! Ich würd jetzt „episch“ brüllen, wenn verfluchte Hipster diesen Begriff nicht so abgenutzt hätten). Tja, vorbei. Aber was für eine Abfahrt!

 

ANDI KING HARKONNEN

(Der King! Oder, nee, warte mal...)

 

Strecker: Nach der einstündigen Umbaupause ist die Bühne für KING DIAMOND fertig. Das Bühnenbild ist mit großer Treppe, Grabsteinen und Gemäuern im Hintergrund schon ziemlich imposant. Das größte Rätsel gibt der Gitterzaun im Bühnenvordergrund auf. Ein Teil unserer Reisegruppe ist der Meinung, dass der Zaun KING DIAMOND vor den Fans schützen soll und ein anderer Teil behauptet, dass es sich um einen Gartenzaun handelt und King Diamond noch Tipps für den Hobby-Gärtner geben wird. Wie eingangs erwähnt, hat dieser Teil der Reisegruppe für mich mittrinken müssen. Los geht das Konzert mit „The Candle“ und einem leider noch nicht so gutem Sound. Dies ändert sich aber sehr schnell und King Diamond ist gut bei Stimme und trifft auch die hohen Töne ziemlich sicher. Die Musiker sind ohnehin richtig gut und es gibt musikalisch nichts zu bemängeln. Die Songs werden visuell durch kleinere Schauspieleinlagen umgesetzt und ich fühle mich ein paar Mal an ein Musical erinnert. Es ist das erhoffte große Konzert zum Abschluss des Festivals. Als Kritikpunkt habe ich nur, dass das Konzert bereits nach 75 Minuten vorbei ist.

 

KING DIAMOND

 

Strecker: Ein Fazit schenke ich mir mal. Schön war das Rock Hard Festival 2013 und ich freue mich schon auf das nächste Jahr.

Philipp: Begeistert springen wir ins Streckermobil, jaulend wie der King, und donnern zurück nach Kiel, nur um dort gleich die gesamte Diskographie des Königs chronologisch durchzuhören. Und die von QUEENSRYCHE. Und die von U.D.O. Und...

Kommentare   

0 #6 Philipp 2013-06-18 05:20
Herrlich. Danke!
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+1 #5 Matt 2013-06-17 20:17
Wohl eher "Pool of Fools". Da isser wieder.
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0 #4 Philipp 2013-06-15 09:59
Der Bericht erscheint auch nicht auf "Home", sondern nur auf "Magazin". Schon wieder! Was sagt der Dremu-Brainpool?
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+1 #3 Philipp 2013-06-14 21:46
Danke für den Link. Scheint leider mindestens ein Vollidiot zu sein.
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+2 #2 HeavyHerb 2013-06-14 18:35
Zu Gospel Of The Horns: der Typ (Houwitzer) hat laut eigener Aussage bei der Faschoband Ravens Wing gespielt. Und stolzer Patriot ist er auch...www.tartareandesire.com/interviews/goth.html
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+1 #1 Philipp 2013-06-14 17:25
Wie ihr seht, ist der Bericht noch nicht ganz vollständig. Alex liefert noch seinen Teil über die drei letzten Bands nach. Der höfliche Fucker wollte euch aber nicht länger warten lassen.
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