RHA., PAAN / 06.04.2014 – Rote Flora, Hamburg

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Noch reichlich entkräftet vom Vorabend – im Gängeviertel stieg die Solisause für eine durch Böllerwurf auf ner Demo verletzte Person mit KOTZEN, SKANKSHOT und NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN und später Trash vom Plattenteller – fällt es mir nicht leicht die Bettwäsche gegen eine Hose zu tauschen und mich vor die Tür zu bewegen, zumal einem der Sonntag mit tristem hamburger Frühlingsgrau hämisch entgegen lacht. Der Kampf gegen den inneren Schweinehund zieht sich dann auch über einige Runden, doch am Ende siegt die Aussicht auf revitalisierenden Krach.


Die Night Owl Nights-Crew hat das Ding heute nachteulenuntypisch aber arbeitnehmerfreundlich auf 17 Uhr angesetzt und tatsächlich soll die Kiste dann auch pünktlich zum Tatort durch sein. Doch zuerst mal Hände geschüttelt und Stempel abgeholt. Der kommt heute minimalistisch als Edding-X, wird aber von Zeit zu Zeit durch TiefInMarcellosSchuld-Dennis in Hasen- und Hundegesichter upgegradet. In Anbetracht der Handbemalung und der körperlichen Verfassung ordere ich am Tresen Spezi und bleibe dabei.


Das Konzert ist heute im kleinen Raum, drüben im Saal werkeln die fleißigen Wichtel der Baugruppe an einer neuen Wand, und RHA. bitten den obligatorischen Halbkreis ein paar Meter aufzurücken, damit alle BesucherInnen Platz finden. Gestartet wird mit einem neuen Song, der sich stilistisch nahtlos ins Programm der Band einfügt. Heiserer Wechselgesang, punktiert mit klar gesprochenen Sätzen, lockeres Uffta-Uffta im fliegenden Wechsel mit infernalischem Trommelgewitter, fiese Gitarren-Schredderei gepaart mit filigranen Soli... RHA. verbinden diverse Elemente aus Punk, Hardcore und Metal zu einem vielleicht nicht einzigartigen aber ungemein vielfältigen Sound, so dass man auch beim drölften Konzert noch neue Details entdecken kann.


Nach drei Songs wagt sich die Band erfreulicherweise an den von mir bereits im Vorfeld sehnlich erhofften knapp 19minütigen Wutklumpen „Refugium“, bei dessen Intro sich direkt Dreiviertel meiner Epidermis zur Gänsehaut kräuseln... Alter, das Teil ist nicht nur musikalisch der Wahnsinn, sondern verdient gleichzeitig auch einen Literaturpreis! Allein die erste Strophe „Ich lebe – Visionen – zusammen – mit dir“ die sich dann im Wechsel zwischen Sänger und Klampfer zu „Ich lebe – nur noch von Zeit zu Zeit. Visionen – ergraut und verblasst. Zusammen – geht niemand allein, doch wie weit ich - mit dir - gehen kann, weiß ich nicht.“ aufdröselt.


Tatsächlich bolzen sie das Biest dann auch souverän über die volle Länge durch, was der Mob teils in Trance, teils ungläubig glotzend, teils wild moschend zelebriert. Die Zugabe fällt leider einer gerissenen Saite zum Opfer, die scheinbar schon seit drei Minuten durch ist, wie der betroffene Gitarrrist mit Grinsen anmerkt. Schade, aber schöner hätte es kaum noch werden können.


Nach kurzer Umbaupause dürfen dann PAAN ran. Auch schon diverse Male live gesehen und immer mindestens gut gewesen. Heute leidet der Gesang merklich hörbar unter den Strapazen der 10tägigen Tour aber davon lassen sich die Jungs nicht unterkriegen und bestechen einmal mehr allein schon durch ihre äußerst knuffige Nerdigkeit. Die Kombination „Meterlange Wursthaare + Oberlippenbärte + Songs namens „Mighty Duck Movies“ + Turnhose + live gesungenes Chewbacca-Jaulen“ kann doch nur gewinnen. PAAN kommen im Vergleich zu RHA. nicht ganz so böllerig daher, sondern bewegen sich eher in einer Welt aus Screamo gepaart mit jazzigem Impro-Gedudel und einem Quentchen Gummizelle. Oder so. Jedenfalls großartig anzuhören und zu schauen, auch wenn die Setlist gefühlt immer die gleiche ist.


Laut eigener Aussage hätten sie beim Merch heute übrigens „fein Senf mit bei“. Außerdem gibt es noch eine große Lobhudelei auf RHA. für die Einladung zur schon fast komplett fertig gebuchten Tour (inklusive Italien-Gigs) und an eine Person namens Micha(?), seines Zeichens eine Art Tour-Mutti/Fahrer/Fotograf/Mischer/Sachenwiederhinsteller. „Wenn ihr euch umdreht, seht ihr ihn am Merch sitzen.“ - Zitat als besagter Mensch gerade beim Filmen/Fotografieren das Bassdrum-Mikro richtet.


Bei PAAN reißt weder eine Saite noch beim Publikum der Geduldsfaden und so gibt es noch was extra auf die Ohren, bevor ich mich zum Merch schiebe, wo das aktuelle Vinyl „Sounds like Chewbacca is taking a shit“ auf KäuferInnen wartet und ich mit der „s/t“ auch endlich meine RHA. LP-Sammlung komplementieren kann. (Klingt übrigens noch deutlich metallischer und brachialer als die Nachfolger, erinnerte beim ersten Hören bisken an EILTANK oder so'n Gefleuch.)


Beim Nachhauseradeln durch die verregnete Stadt, das Vinyl fürsorglich auf dem Rücken unter der Regenjacke eingenistet, fällt es mir dann plötzlich ein...



Diese verfluchten PAAN haben mich um meinen Senf beschissen!

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