LARRY AND BARRY SINGH / 05.04.2014 - Berlin, Monarch

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LARRY AND BARRY SINGH, angekündigt als die indischen, gründäumigen Zwillinge, denen durch Jens Rachut und Gitarristen Andreas Ness ihre Bands wie DACKELBLUT oder OMA HANS weggenommen wurden, luden am Samstag Abend in den Kreuzberger Monarch. Was war zu erwarten? Keine Ahnung, als alter Hobbygärtner konnte man sich aber auf ein ansprechend klingendes Programm namens DSCHUNGELTROPFEN einstellen.

Nach dem großen Oma Hans Matinee im SO36 Ende Februar war man zwar leicht nervös hinsichtlich eines drohenden Ausverkaufs, sodass ich zu den ersten paar verwirrten Nasen gehörte, die zur frühen Stunde aufschlugen. Fehlanzeige, aber Grund genug mal zu sehen, wie das Bier so schmeckt. Resümee: Unüberraschend gut. In der Hoffnung, den einen oder anderen heißen Tipp austauschen zu können, ging ich in aller Ruhe nochmal die neuesten Anpflanz-Strategien und Blumen-Trends des aufkommenden Frühlings durch. Behäbig füllte sich auch der Laden, der mit seinem, einen von allen Seiten betresenden, Tresen und der kleinen Bühne am Ende einer langen Fensterfront aufzufallen weiß. Ich – hellhörig unterwegs – stellte zumindest zu meiner Beruhigung fest, dass ich mit meinem Unwissen, was LARRY AND BARRY SINGH einem vorsetzen werden, nicht allein war.

Der Saal war so mittel und der Tresen eher stark gefüllt als Larry und Barry sich in Form von Jens Rachut und Andreas Ness ohne Eile zwischen die versprengten Gesichter schoben. Man trinkt, man wechselt ein paar Worte und lässt nochmal Fünfe gerade sein. Schwupps, standen die beiden Zwillinge aber auch bald auf der Bühne und Ness arbeitete sich in seinen Gitarrengurt. Rachut rechtfertigt währenddessen die Einladung zu den paar Terminen einer Mini-Tour mit der Notwendigkeit, dass man mittlerweile auch an die Rente denken müsse. Kein Bock auf andere Bandmitglieder und deswegen nur zu zweit unterwegs habe man aber schnell einsehen müssen: Zuhörer und die Zwillinge selbst sehnen sich beim Vortragen aus dem Repertoir DACKELBLUT, OMA HANS und Co. zu Gesang und Klampfe recht schnell ein Schlagzeug herbei! Somit habe Barry sich zu seiner elektrisch verstärkten Gitarre einen Stampfschuh zugelegt, mit dem er kurzerhand einen Schlagzeuger ersetzen könne, indem er diesen rummsend auf den Boden pfeffert. Rachut betont, dass das Publikum sich auch schon ganz schön ins Zeug legen müsse, um sein einen Takt imitierendes Klatschen zu übertönen – Barry versichert, der Taktsicherste sei Larry nicht. Finger an die Klampfe, Stampfschuh im Anschlag und los geht’s!

Den Auftakt machen "Kolbenfresser" und "Sergé Bailmann". Die Gleichung Gesang, Stampfschuh und Gitarre geht auf. Die sägende Symbiose aus der Stimme Rachuts und der Gitarre aus der Hand Ness schafft in ihrer Verdichtung eine behagliche, konzertuntypische Atmosphäre: Der Monarch gibt sich weiterhin in einer lauschigen Bemenschung, die sich um Bühne, Tresen und Stühle lümmeln, um den zwei Brüdern zuzuhören. Man begeht den Abend also gemütlich, während die Zwillinge Auszüge von Dackelblut, Oma Hans und Kommando Sonne-nmilch durch den Saal jagen: "Ideale Fadenkreuze", "Sattelitenhirte" oder "Frisör" klingen vertraut und werden ausgelassen bis euphorisch umjubelt. Einen Seligen hält es zwischenzeitlich auch nicht länger in seinem Schneidersitz und auch ich bin mir langsam sicher, dass ich die erhoffte Fortbildung in Sachen Botanik für diesen Abend besser über Bord werfen sollte. Ebenfalls im Programm dafür "0832" und "Christa". Mitten im langen instrumentalen Part von Dackelbluts "Koch" lässt Ness schlagartig von seiner Gitarre ab und wendet sich schreiend an den noch taktresistent weiterklatschenden Rachut: "Mann ey, jetzt hör mal auf da!" Dieser lässt zurechtgewiesen vom Klatschen ab und übergibt wieder Ness und seinem Stampfschuh das Ruder. Stampftakt sei Dank gelingt der Wiedereinstieg in den Song problemlos – "ein genialer Plan..." Und überhaupt: Der Abend wird dominiert durch das Dackelblut-Repertoire, was wohl auch allen Anwesenden zusagt, wie es mir die zufrieden schmunzelnden Gesichter um mich herum verrieten. Ebenfalls schön, dass das Parkett vor der Bühne nicht nach dem typischen Mustern gefüllt ist, sondern sich Stehende mit Sitzenden abwechseln, das Bierholen nicht zu quetschenden Rückeroberungen des Platzes auffordert und zu guter Letzt der seligste unter den Zuhörenden noch einen Song bekommen sollte. Voraussetzung: Mitsingen! Den Abschluss macht sodann das Funny van Dannen Cover "Nimm deine traurigen Lieder" und der Glückliche auf der Bühne schlägt sich sicher. Am Ende war meine Freude über die aufs Nötigste runterkekochte Auswahl aus dem mittlerweile Jahrzehnte währenden Zusammenspiel zwischen Rachut und Ness groß. Wenn ich die Hoffnung auch nicht aufgeben wollte, musste ich jedoch auch eingestehen, dass es alles in allem eine sehr subtile Veranstaltung von Gärtnern für Gärtner war.

Kommentare   

0 #1 Philipp 2014-04-17 09:15
Erster Artikel, wa? Willkommen! Gelungenes Ding, das Konzert hätte ich gern gesehen.
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