ASIPHIL & DIRTY HARRY, BLACK BANG BOMB / 02.10.2015 – Kiel, Hochbunker

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Wer immer für diesen Abend die musikalische Zusammenstellung organisiert hat – ich mag seinen/ihren Humor. Das gestörte Geschredder von BLACK BANG BOMB trifft auf eine Jazzband (?) aus Schwerin und danach soll ein Reggae & Ska Allnighter folgen. Für erwartungsvolle Stimmung sorgen auch Siggi Sicks in täglicher Taktung gepostete Ankündigungen. Schön z.B. diese: „BLACK BANG BOMB sucht noch Stripperinnen für Gig am 2.10 IN KIEL-GAARDEN ...Hochbunker..iltesstrasse 68...Das Motto lautet ,, SPACE INVADERS IN BLACK,,,..kein Casting ,keine Anmeldung,-- es gibt diverse preise zu gewinnen..und Backstage Party Pass..“ Und weiter: „Party on in Gaarden...Black Bang Bomb werden ihre Neue CD - Space Invaders- vorstellen, aufgenommen in den Fortsound Studio Kiel-- in Voller Länge spielen...Rock until You Puke!! And Drink your Face off, Yeah.“


BLACK BANG BOMB




Ein lauer Sommerabend in Gaarden, so könnte man denken, wenn es nicht schon Oktober wäre. Umso entspannter die Stimmung vorm Hochbunker, erste Besucher_innen trudeln ein und es zeigt sich früh, dass der Bunker wieder ein wahrer Freakmagnet ist. Klar erwartet man bei diesem Stilmix heute auch ein bunteres Publikum als beim typischen Affenhardcorekonzi. Aber es ist dennoch bemerkenswert, welch unterschiedliche Subkulturen bzw. deren Vertreterinnen hier heute miteinander Spaß haben.


BBB


Anyway, wer zur Hölle mögen AsiPhil und Dirty Harry sein? Oder heißen sie nu DIE BAND VON LETZTENS? Es befinden sich zwei Gestalten auf der Bunkerbühne, einer zockt Kontrabass, der andere Banjo. Den Kontrabasstypen halte ich zunächst für ‘nen älteren Mann, was aber ein lediglich durch Hut und Mantel im 50er style hergerufener Eindruck ist. Das passt auch zur Mucke, die mal wirklich skurril ist. Könnt ihr euch eine Mischung aus Klezmer und den KASSIERERN vorstellen? In die Richtung geht das schon irgendwie, jedenfalls erinnert AsiPhils Stimme sehr an Wölfi, wobei er ab und zu auch höher singt. Die Stücke scheinen zum Teil wirklich Jazzsongs und Schlager aus den 50ern zu sein, andere sind wohl Eigenkompositionen. AsiPhil guckt beim Singen herrlich traurig, das gefällt mir. Nach ein, zwei Songs entscheidet man sich aber, dass der Sound hier nicht so geil kommt und man lieber später "im Foyer" spiele. Erst mal freue man sich jetzt auf BLACK BANG BOMB. Letztlich zocken AsiPhil und sein Kollege dann doch regulär auf der Bühne (nochmal), ist ja auch alles egal.


BBB



Bis kurz vor Showbeginn haben sich noch keine Stripper_innen für den angekündigten FISTED-SISTER-Aspekt der Konzertdarbietung eingefunden. Siggi bleibt gelassen, das könne seiner Ansicht nach auch spontan und ohne vorherige Absprache erfolgen... Nun, manchmal ist man froh, wenn gewisse optische Bestandteile einer BLACK-BANG-BOMB-Show NICHT stattfinden. Das Gebotene reicht so schon für mehrere schlaflose Nächte. Ich verspüre den suboptimalen Reiz, dem werten Herrn Sick die Leder-Hotpants strammzuziehen, denn das Teil lässt der Fantasie eher wenig Spielraum. Perücke, High Heels, Corpsepaint und grüner Schleim (?) sitzen aber akkurat. BLACK BANG BOMB klingen ja ohnehin schon eher nach Zugunglück als nach Rockband. Im Bunker potenziert sich das infernalische Treiben gar noch, und zwar durch den hier traditionell fürchterlichen Sound. Das schimmelt und bimmelt, hallt und dröhnt. Siggi schreit mit schmerzerzeugendem Kreischen von fiesen Aliens ("Space Invader") und dreckigen Truckfahrern („Dirty Truck Driver“), also Geschichten mitten aus dem Leben gegriffen, während er seinen Bass grobmotorig bearbeitet. Seine Mitmusiker, deren wahre Identitäten der Welt unbekannt sind (aus guten Gründen wahrscheinlich), lassen ebenfalls nichts unversucht, um der Meute eine maximale Dosis an Lärm und Dissonanzen zu verabreichen. Wobei man relativieren sollte, dass frühere Auftritte von SEXX ACTION BABES und BLACK BANG BOMB tatsächlich noch chaotischer klangen. Das kann natürlich Zufall sein, so wie mit den 1000 Affen, der Schreibmaschine und Shakespeare.


Danach dürfen wie erwähnt AsiPhil und Dirty Harry wieder ran. Mir gefällt deren Ansatz immer mehr. Auch was man so von den Texten heraushört, stößt auf Wohlgefallen, z.B. der Song über das ältere Paar, welches sich im Café mit Mokka beschädelt. Sehr besinnlich! Oder das Schicksal vom „Kind im Abflussrohr“ - man wünschte sich doch fast, man kenne die Protagonisten dieser Texte persönlich. Banjo und Kontrabass erzeugen auch ohne Schlagzeug einen ganz eigentümlichen Groove. Man fühlt sich mehrere Jahrzehnte zurückversetzt und beginnt, bisher unbekannte Tanzmoves zu entwickeln, die einem wahrscheinlich ganz archaisch im Blut liegen.


Getanzt werden kann auch danach, denn nun kommt der Ska- und Reggae-Part des Abends. Dieses Angebot nimmt ein Teil des Publikums gern wahr, es darf zwischen Tanzfläche und gut sortiertem Tresen flaniert werden. Erbaulicher Abend, keine Frage!




Kommentare   

+2 #1 DoctorJoyBoyLove 2015-10-06 06:56
Ich bin wirklich dankbar, dass jemand da war, um davon zu berichten.
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