PANZERBAND, MÜLHEIM ASOZIAL, KACKSCHLACHT / 09.01.2016 – Flensburg, Hafermarkt

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Also, mit DIESER siebenköpfigen Reisegeruppe wäre selbst der Besuch eines strunzlangweiligen Konzertes ein erbauliches Ereignis! Hinfahrt mit dem Regio ist also bereits die halbe Miete. Zwei ebenfalls gut gelaunte Zecher älteren Semesters rufen uns daher auch die Frage zu: „Hey, wohin geht es? Was macht ihr da?“ Meine Antwort „Flensburg! Kackschlacht!“ ergänze ich nach kurzem Überlegen leicht errötend dann doch um ein erläuterndes „Äh, so heißt die Band…“

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Eigentlich wollen wir noch ins TABLEAU, eine Flensburger Kneipe, die vom Bankrott bedroht ist, eimern jedoch dennoch erst mal zum Hafermarkt, um uns ‘nen Stempel auf die Stirn klatschen zu lassen. Das ist ein schlauer Move, denn später wird der HAFERMARKT ausverkauft sein und nicht wenige Besucher*innen ziehen lange Gesichter. Zickzackig geht es danach ins TABLEAU, was sich als sehr gemütlich erweist. Erfreulicherweise legt mit DJ Bert ein alter Bekannter auf (für umme übrigens), der einen erlesenen Musikgeschmack besitzt und uns diesen schönen Abend noch weiter versüßt.


Unser Ziel, pünktlich zu KACKSCHLACHT zurück zu sein, erreichen wir natürlich nicht. Aber wir verpassen sie immerhin auch nicht komplett! Mit dem Braunschweiger Duo haben wir mal mit VLADIMIR HARKONNEN zusammen auffem Flingern Fest im Düsseldorfer AK 47 gezockt. Schon damals hat mich die Band mit ihrem höchst asozialen Gerumpel beeindruckt. Man braucht nur zwei Instrumente, um untight abzuliefern. Ein Bass wär wohl die endgültige Überforderung. Mit jedem Stück wird es enger im Hafermarkt und bereits jetzt steigt der Pogofaktor. Leider versäume ich Idiot es wieder, mir einen KACKSCHLACHT-Tonträger zu holen. Dabei hätte ich Volltreffer wie „Arbeiten/Saufen“, „Ich hau dir aufs Maul“ oder „Fußgänger“ gern mal auch zu Hause gehört. Und erwähnenswert sind nicht nur die Texte, sondern die einheitlich schlichte Covergestaltung ihrer Singles, die immer ein anderes Arschloch mit einem Profilfoto präsentieren (Kohl, Ratze, äh, noch irgendein Typ, der es bestimmt verdient hat). Das Publikum ist übrigens heute genau so pöbelig wie die Bands – jeder Ansagenansatz wird mit Zwischenrufen wie „Halt die Fresse!“ oder „Das Lied war schon immer scheiße“ kommentiert.


Ich bin sicher: Später wird es mal Doktorabeiten über das Phänomen MÜLHEIM ASOZIAL geben. Warum gerade diese Band? Und natürlich werden die Expert*innen sich streiten: Die einen werden die immense Wirkungsmacht der Band auf ihre Optik reduzieren. Vertretbar! Denn diese ist natürlich in ihrer Dialektik zwischen lasziv und sportiv schlichtweg besser durchkonzipiert als alle Bühnenoutfits von Rob Halford zusammen. Und: Die können das tragen. Die wären auch in Jane Fondas Aerobic-Videos nicht negativ aufgefallen. Die anderen werden natürlich schlicht auf die lyrische Ebene verweisen. Legen MÜLHEIM ASOZIAL doch immer den Finger auf die klaffende Wunde. Zitiere Wiener: „Schwierig. Das ist jetzt schwierig, die Kurve zu kriegen. Es geht um die Konflikte, vor denen man auch persönlich immer wieder steht. Auf welcher Seite steht man? Wie positioniert man sich? Und dann die Frage: Bin ich das eigentlich noch? Bin ich das, den ich da im Spiegel seh? Das nächste Lied heißt ‚Scheiße/Geil‘“ Ja, so kann mir mit dem Thema kommen. Punkrock? GEIL! Hundefutter selber essen? GEIL! Den ganzen Tag über Indien quatschen? SCHEISSE! Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der Mob vollständig am Rad dreht und den Hafermarkt fast zerlegt. Mein Überfave „Ey, die Hunde!“ ist auch im Set, ich bin glücklich und nur noch mit debil grinsender Fresse unterwegs.


PANZERBAND. Die Band, die aufgibt. Aber aufgeben werden wir alle mal. Vorher also noch mal Eskalation! Mein erstes PANZERBAND-Konzert ist gleichzeitig ihr letztes. Viel derber, als ich es vom Demo in Erinnerung habe, rotzen uns Bäppo, Micha, Gregor und Max ihre Songbroschen auf die Kutte. Mir sagt besonders der angepisste Gesang zu, das klingt so richtig nach kochendem Blut und Wut, da steigt die Bereitschaft, irgendetwas kaputtzukloppen. Bäppi raspelt die Texte im Stakkato herunter und stiert ansonsten wie irre ins Leere. Vor der Bühne spritzt das Bier, irgendwer scheint IMMER gerade zu schreien und überhaupt gefällt mir das alles sehr. Auch hier werden von Band und Mob ausschließlich Streicheleinheiten ausgetauscht: „Flensburg – du Kackloch / Erstick an deinen Fischbrötchen / Rumregatta, Dampfrundum / Ich bring euch eigenhändig um / Marineschüler beim Weinfest / euch allen wünsche ich die Pest!“ Und so heißt es irgendwann ganz unpathetisch: PANZERBAND sind tot. Bis zur großen Reuniontour 2020 mindestens.


Danach spielt noch eine Electro/Punk-Geschichte, glaub ich. Aber der Rausch der Party reißt mich mit, sodass der Film an dieser Stelle reißt.

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