GHOST BATH, HERETOIR / 21.05.2017 – Kiel, Schaubude

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Kurz vor neun, die üblichen Verdächtigen hängen vor der Schaubude ab. Es erhebt sich die Frage, welchem Genre mensch die heutige Veranstaltung eigentlich zuordnen möge. Black Metal sei das ja nun eindeutig nicht, meint jemand und erntet Gesichter, die nachdenkliche Zustimmung ausdrücken. Passender erscheine der Begriff Shoegaze. Eigentlich sagt der ja nicht viel über die Musik aus. Oder doch? Zumindest verweigert sich so’n Latschenstarrer gewissen Unterhaltungsnormen. Die reine musikalische Darbietung steht im Mittelpunkt, während Satansquatsch, antikosmische Rituale und geopferte Jungfrauen woanders feilgeboten werden.

HERETOIR eröffnen und werden warm empfangen. Das liegt natürlich auch an der Kiel-Connection, welche der Band anhaftet. Schließlich trommelt Niles und zudem wurde das aktuelle Album „The Circle“ beim ollen Carell im Blastbeat Productions Studio gemischt. Letzterer hat somit auch das Recht, zwischen den Songs mit penetranten Zwischenrufen nach seinen favorisierten Stücken zu verlangen. Seine Begeisterung hat Gründe: HERETOIR killen! Aber auf die ganz nachdenkliche, ja kontemplative Art. Die Shoegaze-Referenz war schon stimmig. In der Tat erscheinen die Musiker nachdenklich und ernst, versinken ganz in ihrem Spiel (und starren dabei auf ihre Schuhe, da bin ich mir sicher). ALCEST-artige Schweberei trifft auf progressiv Verschachteltes. Immer wieder verblüfft die Band mit unerwarteten Wendungen und ganz wichtig ist hier auch, was alles nicht gespielt wird. Ist ja auch eine Kunst für sich, nicht alles vollzuklatschen, sondern auch mal Dynamik zuzulassen, Pausen oder Passagen, in denen man die Besucher*innen fast schon Stille schmecken lässt. Extrem abwechslungsreich, emotional und voller trostloser Schönheit. Ich find’s herrlich und genieße diesen Auftritt. Es ist auch sehr angenehm gefüllt, also keineswegs nervig voll, aber auch nicht gähnend leer.   
 

Was GHOST BATH mit HERETOIR verbindet, ist der depressiv-traurige Anstrich, der auch ihr Songwriting ausmacht. Die Black-Metal-Wurzeln sind bei den Amerikanern noch etwas deutlicher herauszuhören, werden aber natürlich auch hier von Post Metal Klängen überwuchert. Im Gegensatz zu ihren Bühnenvorgängern fällt das Material geradliniger aus. Nach drei Songs ist zu erahnen, wohin die Reise geht. Was aber nicht negativ gemeint ist und durchaus eine Stärke sein kann. Beeindruckend kommt der Gesang, der zwischen heftigem Growls und Kreischattacken pendelt, die Hammer, Amboss und Steigbügel zittern lassen. Der Sänger reißt dabei sein Maul derart weit auf, dass mensch ohne Mühe sein Zäpfchen schwingen sehen kann. Schwermütige Gitarrenleads und ein donnerndes Schlagzeug sind weitere hervorstechende Zutaten, eine gewisse Zerbrechlichkeit wird durch konstantes Headbanging aller Bandmitglieder kontrastiert (ich bin mir sicher, dass man auf den Fotos von Jan ML fast nur Haare sehen wird. Und die geöffnete Luke des Sängers.). Ohne Ansagen präsentieren GHOST BATH ihr Set, welches budentypisch pünktlich um 23:00 Uhr beendet ist. Von beiden Bands hätte ich gern mehr gehört.

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