WACKEN XXVIII / 03.08.2017 – Wacken, Tag 2

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Donnerstag, 03. August

Philipp: Irgendein innerer Sinn warnt mich davor, mich einfach unter die Dusche zu stellen und auf den Auslöser zu kloppen. Vielleicht waren es auch die Schreie aus der Kabine nebenan… Jedenfalls ist das Wasser kochend heiß und lässt sich nicht regulieren, offenbar fehlt der Zustrom an kaltem Wasser vollständig. Auf der anderen Seite des Containers ist es zwar immer noch zu heiß, aber noch gerade erträglich. Also beginnt der Tag entspannt mit Käffchen, Frühschoppen, Heavy-Metal-Smalltalk und dem unvermeidlichen Aufbruch zu den Hauptbühnen, die aus unbekannten Gründen in „Faster“, „Harder“ und „Louder“ Stage umbenannt worden sind.


Mudbanger


Bericht von Anke Black, Stefan, Strecker, Rüdiger und Philipp, Fotos von Strecker.



Rüdiger: Der Wetterbericht hat nicht gelogen. Schwere Gewitter, teils mit Sturmböen, Starkregen und Hagel sind für den Vormittag angekündigt und sie kommen. Innerhalb weniger Minuten steht das gesamte Festivalgelände unter Wasser. Ohne Gummistiefel und feste Regenkleidung geht gar nichts mehr, Schwimmflügel können Leben retten. Erst am Nachmittag lassen Regen und Wind spürbar nach, sogar die Sonne schaut ein wenig durch die Wolken. Was bleibt ist der Wacken-Schlamm.

Strecker: Der Tag beginnt sonnig und ich krabbele einigermaßen ausgeschlafen aus dem Schlafsack und besuche das Frühstückszelt. Hier gibt es erst mal einen Kaffee und ein Brötchen. Bis zu dem Beginn der Konzerte wollen wir uns die Zeit mit Schnacken und Vorglühen vertreiben. Mittlerweile ist der blaue Himmel allerdings sehr dunkel geworden und es beginnt zu regnen wie aus Eimern. Wir müssen das Vorglühen unterbrechen und unseren liebevoll geflickten Pavillon festhalten, der zwar den Wassermassen, die da vom Himmel komme, erst standhält, aber im Laufe des Tages aufgibt und irreparabel beschädigt wird. Innerhalb kürzester Zeit entsteht jedoch ein kleiner Bach in unserem Camp und der Wacken-Schlamm ist auch wieder da und einige Wege sind kaum noch begehbar. Nach dem Regenguss können wir die Schäden begutachten und noch etwas trinken, bevor es dann vor die Bühnen und erstmals auf das Hauptgelände geht.


ReindeerNaffin


ROSS THE BOSS


ROSS THE BOSSROSS THE BOSS


Philipp: Ich sehe ROSS THE BOSS solo nun zum fünften Mal, wobei die magischen Auftritte mit Mike Cotoia am Gesang unerreicht bleiben werden. Aber auch in der aktuellen Besetzung mit Marc Lopes macht die Show mit alten MANOWAR-Klassikern Laune, wie man auf dem ROCK HARD FESTIVAL sehen konnte. Seitdem gibt es einen erneuten Line-Up-Wechsel zu vermelden: Rhino ist wieder draußen, dafür sitzt Ross‘ Neffe Lance Barnewold an den Drums. Das Infield ist bereits total gefüllt, der Name MANOWAR zieht also immer noch. Los geht es mit „Blood Of The Kings“, welches sofort von Hunderten, nein eher Tausenden Kehlen mitgeschmettert wird. Zeilen wie „Brothers the battle is raging choose your side“ oder „Til the blood on your sword is a blood of a king!” singt Lopes zwar nicht derart gefühlvoll und originalgetreu wie Cotoia, aber mit Enthusiasmus und durchaus auch mit Power. Er ist halt eher ein Screamer als ein Sänger, was aber die meisten Besucher*innen akzeptieren. Mit „Death Tone“, „The Oath“, „Blood Of My Enemies“, „Kill With Power“, “Sign Of The Hammer”, “Fighting The World”, “Battle Hymn” und “Hail And Kill” folgen weitere Killersongs, die schlicht zum Besten gehören, was im Metalgenre komponiert worden ist. Und das muss ja auch mal gesagt werden, statt sich immer wieder auf den Gesang zu fokussieren: Rein instrumental ist das exzellent gespielt.

Anke Black: Im Laufschritt geht es, sofern überhaupt möglich in dem Schlick, zu ROSS THE BOSS, denn aus der Ferne dröhnt schon ein Song, den ich in den letzten Wochen gerne mal laut im Auto höre: „Blood of the Kings“. Das macht Lust auf mehr und die Menge scheint es genauso zu sehen. Inbrünstig lauschen und johlen sie zu der herrlich kreischig-schmetternde Stimme von Marc Lopes, vor allem bei Songs wie „Death Tone“, „The Oath“, „Blood of my Enemies“, „Kill with Power“, „Sign of the Hammer“, „Fighting the World“, „Battle Hymn“ oder natürlich auch „Hail and kill“! Ok, im Grunde also zu jedem Song, was wohl am regelrecht antreibenden Charakter des Soundmaterials liegt. Eingängig, melodiös, aber dennoch hart – also ein richtig gutes Paket, welches dem Wackenkunden mit schwungvollem Elan geliefert wird!

Strecker: So ganz verstehe ich es nach wie vor nicht, dass ROSS THE BOSS mit einem Manowar Best of Set auf Tour geht und keine eigenen neuen Songs in die Setlist einfließen lässt. Ist aber auch nicht so wichtig, denn die alten Manowar Songs wie „kill with power“, „sign of the hammer“ und „fighting the world“ machen nach wie vor Spaß und spielerisch ist im Vergleich zu Manowar kein Unterschied auszumachen. Gerade das Fehlen der übergroßen Egos von Eric Adams und vor allem Joey DeMaio macht sich positiv bemerkbar und so wirken ROSS THE BOSS mehr als Band, als es Manowar in den vergangenen Jahren waren. An Sänger Marc Lopes scheiden sich die Geister. Ich finde, dass er die Stücke gut singt und im Vergleich zu dem Konzert auf dem Rock Hard Festival an Souveränität gewonnen hat und sehr entspannt agiert. Dies verdeutlicht auch der kurze Ausflug in die Zuschauermenge zum Ende des Konzertes. Mir hat es gefallen und es war ein gelungener Auftakt in den Konzerttag.

Rüdiger: Musikalisch starten wir mit einem Volltreffer: ROSS THE BOSS

Die deutsch-amerikanische True-und-Heavy-Metal-Band um den ehemaligen Manowar-Gitarristen Ross Friedman herum bringt uns umgehend in den angestrebten Metalrausch.

Marc Lopes kräftiger, gutturaler Gesang unterstützt von Ross Friedmans großartigen, schweren Gitarrenriffs versetzt uns genau wie die vielen tausend Fans umgehend in eine Wacken gemäße Hochstimmung, insbesondere „Fighting the World“, „Battle Hymn“ und „Hail and Kill“ sind echte Highlights.

Stefan: Der Donnerstag beginnt für mich mit dem ehemaligen MANOWAR-Gitarristen ROSS THE BOSS. Nach den großartigen Auftritten im letzten Jahr beim KIT und beim HOA mit dem damals völlig unbekannten Mike Cotoia am Gesang, hatte ich die Tour am Jahresanfang mit runderneuerter Besetzung boykottiert. Diverse Youtube-Clips hatten mich gesanglich doch abgeschreckt! Der neue Sänger Marc Lopes mag zwar showtechnisch ein besserer Frontman sein, aber gesanglich reicht er an seinen Vorgänger absolut nicht heran. Auf Festivals gibt man dem Ganzen aber eine Chance und die gespielten Songs sind sowieso über jeden Zweifel erhaben. Und so ist die Stimmung vom Opener 'Blood Of The Kings' bis zum abschließenden 'Hail And Kill' exzellent und rein instrumental kann man absolut nicht meckern. Marc Lopes ist mit vollem Einsatz dabei, bringt die Songs aber leider nicht so originalgetreu rüber wie Mike Cotoia. Alles in allem aber doch ein sehr unterhaltsamer Auftritt mit meinem persönlichen Highlight 'Sign Of The Hammer'.


EUROPE



EUROPE


Philipp: Und weiter geht’s mit EUROPE, die uns 2015 im Zelt mit einem grandiosen Auftritt völlig überrascht hatten. Zu dem Zeitpunkt 2015 war mir gar nicht klar, dass EUROPE (mittlerweile) einen warmen Hardrocksound fahren, der an DEEP PURPLE erinnert. Danach erntete ich das „War Of Kings“-Album ab, welches mittlerweile zahlreiche Runden hinter sich hat. Somit genieße ich heute vor allem die ganz neuen Songs wie „Nothin‘ To Ya“, „Hole In My Pocket“ oder das Titelstück erwähnter Platte. Tempest singt richtig gut, seine Stimme hat in den Jahren an Volumen und Erdigkeit gewonnen. Gern hätte ich auch noch „Days Of Rock’n’Roll“ gehört, aber natürlich muss eine Band wie EUROPE auch alte Klassiker zocken, die in Form von „Rock The Night“, „Scream Of Anger“ (von der zweiten Platte) und dem unvermeidlichen „Final Countdown“ auch kommen. Schmachtfetzen wie „Carrie“ werden weggelassen, sodass dieser Auftritt an den von 2015 anknüpft. Der Erfolg von EUROPE in Wacken hat sicherlich auch die Tür für FOREIGNER und BOOMTOWN RATS geöffnet. Finde ich gut – mehr Spielzeit für Classic Rock, weniger für Plastikschrott!

Anke Black: Als EUROPE loslegen, fühle ich mich durch die sofort zu erkennende Stimme von Joey Tempest und den Sound der Band gleich an alte Zeiten erinnert, in denen ich mit meiner Schwester zu Songs wie „Cherokee“, „Jugdement Day“, „Rock the Night“ oder auch „Ready or not“ so richtig schön abgehottet bin. Die beiden letzten werden sogar gespielt (Juhuuuu!!!) und ich freue mich, die Band hier einmal live sehen zu können. Zwar sind Stücke wie „Firebox“, „Nothin' to Ya“ oder „Last Look at Eden“ nicht ganz so mein Geschmack, doch ist es insgesamt gesehen ein angenehmer Auftritt, der für das Publikum neben schnelleren Nummern wie „Scream of Anger“ und „The Beast“ auch ein paar ruhige Rocksongs wie „Sign of the Times“ oder „Superstitious“ bereithält. In jedem Fall ist ein großes Plus des Festivals, dass man hier so unterschiedliche Bands in so kurzer Zeit erleben kann. In diesem Sinne geht es von Ross The Boss und Europe weiter zur nächsten Richtung: Status Quo….

Rüdiger: Froh gestimmt wechseln wir von der Harder Stage zur Faster Stage. EUROPE, die schon 1979 gegründete schwedische Hard-Rock-Band übernimmt. Die Fans sind von den Darbietungen begeistert, aber mich zumindest kann es nicht anmachen.

Bei aller instrumentalen (Leadgitarre John Norum) und gesanglichen Qualität (Joey Tempest) finde ich die Songs wie bei einer Poprock-Band eher uninspiriert und langweilig, eher echte Abturner. Da bin ich fast zufrieden, als mit „The Final Countdown“ das Ende kommt.

Strecker: Waren EUROPE vor zwei Jahren noch eine der positiven Überraschungen des Festivals, weiß ich in diesem Jahr bereits, was mich erwartet und zwar erdiger Hardrock von einer Band, die deutlich bessere Songs als „the final countdown“ schreiben kann. Ein Großteil der Zuschauer wartet leider nur auf diesen Song und so ist auch nur bei diesem Song die Stimmung gut. Songs wie z.B. „scream of anger“ werden nur nebenbei wahrgenommen. Dennoch zeigen sich EUROPE sehr spielfreudig und gerade Sänger Joey Tempest versucht viel, um das Publikum zu animieren. Meiner Meinung nach hätte das Konzert mehr Aufmerksamkeit verdient.

Stefan: Rüber geht es zur Faster Stage zu EUROPE. Ihr 2015er Auftritt im Zelt gehörte in dem Jahr zu meinen absoluten Highlights. Seit ihrem Comeback vor einigen Jahren hat sich der Sound von EUROPE etwas von ihrem keyboardlastigen Sound der späten 80er hin zu einem 70er Hardrocksound der Richtung DEEP PURPLE entwickelt. Die Setlist ist dementsprechend ein guter Mix aus neueren Songs wie z.B. 'War Of Kings' oder 'Last Look At Eden' und ihren alten Klassikern wie bspw. 'Scream Of Anger', 'Rock The Night' oder 'Superstitious'. Sänger Joey Tempest scheint kaum gealtert und singt mal wieder klasse. Zum Glück verzichtet die Band auf Schnulzen à la 'Carrie' und überzeugt für mich auf ganzer Linie. Beim abschließenden 'Final Countdown' singt sogar der Typ in Dark Throne-Kutte vor mir inbrünstig mit und zeigt, dass solche altgedienten Bands durchaus öfter in Wacken oder ähnlichen Festivals spielen dürften.

STATUS QUO


STATUS QUOSTATUS QUO


Stefan: Seit 1991 gehe ich auf Konzerte und hab es doch tatsächlich geschafft, STATUS QUO bisher komplett aus dem Weg zu gehen. Meistens war ich wohl zu geizig...keine Ahnung! Zum Glück spielen sie auf ihrer Abschiedstour heute in Wacken. Mittlerweile ist von der klassischen Besetzung nur noch Sänger/Gitarrist Francis Rossi übrig, trotzdem ist die Band verdammt tight und sprüht vor Spielfreude. Es werden alle hinlänglich bekannten Hits gespielt und selbst "In The Army Now" macht heute richtig Spaß! Der Sound könnte allerdings wie eigentlich immer an diesem Wochenende etwas lauter und druckvoller auf der Louderstage sein. Egal. Heute wird eine alte Legende nochmal abgefeiert und mit 2 abschließenden Covern von Chuck Berry ist es dann leider auch schon vorbei. Hätte ich so gut nicht erwartet!

Philipp: Es ist schon kurios, dass man bestimmte Bands jahrelang ignoriert und erst auf einem Festival völlig unerwartet von deren Qualität umgehauen wird. Ich habe mich eigentlich nie immer nur auf ganz „harten“ Kram fokussiert, aber natürlich unterlag auch ich in den Achtzigern der Tendenz, eher neue Extreme auszuloten, statt eben mal STATUS QUO ‘ne Chance zu geben. Und da ein Einzelkonzert der Band nicht gerade günstig ist, war ich auch noch nie auf einer QUO-Show. Zum Glück ergreife ich heute eine der letzten Chancen! Denn die Band ist ja mal der Hammer! Alle Bandmitglieder machen einen fitten Eindruck, sehen in ihren Hemden auch irgendwie cool und schneidig aus. Und was sind die tight! Das macht ja automatisch Spaß, wenn du einer Band zuguckst, die derart gut zusammenspielt. Immer wieder grinsen sich die Musiker an, übernehmen abwechselnd den Leadgesang und genießen ihre Zeit. Der Boogie-Beat shuffelt den Acker ordentlich durch und so erwische ich mich schnell dabei, wie ich zu „Whatever You Want“, „What You’re Proposing“, „Roll Over Lay Down“ oder „Rockin‘ All Over The World“ in den Matsch stampfe und diesen auf alle Umstehenden verteile. Zum Glück merkt das keine*r, da wirklich alle selig grinsend zur Bühne starren. Zum Schluss gibt’s noch zwei Cover von Chuck Berry, geil!

Rüdiger: Zurück zur Harder Stage, hier folgen Urgesteine der Rockmusik: STATUS QUO.

Die Band wurde bereits in den frühen 60er Jahren gegründet und zählt damit zu den langlebigsten und erfolgreichsten Rockgruppen der Welt. Über die Jahre sollen sie ca. 120 Millionen Tonträger verkauft haben.

Ich habe Status Quo bisher noch nicht live erlebt und freue mich auf den Auftritt. Allerdings stelle ich mir die Frage, was eine solch betagte Rock-Formation auf einem Metal-Festival zu suchen hat. Doch schnell wird die Antwort gefunden.

Beginnen Francis Rossi (Lead Guitar, Vocals) und seine Altherrencrew mit Andrew Brown (Keyboard, Guitar), John ‚Rhino‘ Edwards (Bass, Vocals), Leon Cave Drums) und Richie Malone (Guitar, seit Rick Paffits Tod ständiges Mitglied) mit „Caroline“ oder „Rain“ noch etwas verhalten, ist die Stimmung spätestens beim Hit-Medley „What You're Proposing / Down the Dustpipe / Wild Side of Life / Railroad / Again and Again“ kurz vor dem Siedepunkt. Alle stampfen und hüpfen im Matsch, dass es nur so spritzt, und gröhlen die Songs lauthals mit. Mit „In The Army Now“, „Down, Down“ und „Whatever You Want“ spielen sie weitere wohlbekannte Tophits, um das Konzert schließlich mit „Rockin‘ All Over The World“ vor über 70.000 begeisterten Headbangern auf den Höhepunkt zu treiben. Ein Chuck Berry-Medley als Zugabe rundete einen beeindruckenden Auftritt ab. Auch für mich ist Status Quo das erste große Highlight vom W.O.A. 2017.


STATUS QUO


Strecker: STATUS QUO gibt es deutlich länger als mich, die Band war immer präsent und trotzdem ist es das erste Mal, dass ich STATUS QUO live sehe. Nach dem Konzert frage ich mich warum eigentlich. STATUS QUO gehören zwar nicht zu meinen Lieblingsbands, aber gerade live macht es Spaß, Songs wie „Caroline“, „rockin all over the world“ und „down, down“ zu hören. Sänger und Gitarrist Francis Rossi wirkt sehr locker und hat in seinen Ansagen immer den typischen britischen Humor eingebaut. Leider ist der Sound nicht ganz so gut und einige der Ansagen sind schwer bis gar nicht zu verstehen. Trotzdem ist es ein gutes Konzert und die Band wird zu Recht vom Publikum gefeiert.

Anke Black: … Na gut, wenn wir hier schon mal stehen, kann ich mir auch mal STATUS QUO anhören. Hab sie schließlich noch nie gesehen bzw. sehen wollen und an den Ständen ist eh gerade zu viel los. Auch wenn ich jetzt nicht gerade so viel Lust hab auf eine Stunde voll mit Songs im Stile von „Whatever you want“ …. So denke ich noch bis kurz vor dem Auftritt der Band, erst recht, als sie gekämmt und im Hemd auf die Bühne treten. Schnell werde ich jedoch eines Besseren belehrt, denn von Beginn an fühlt sich die Menge von den flotten Rhythmen der Musiker abgeholt, singt und tanzt ausgelassen mit – und F*ck, das ist richtig ansteckend!!! Zwar ist irgendwie immer dieser typische Grundrhythmus zu hören, vor allem in Songs wie „Caroline“, „Something 'bout You Baby I Like“, „Rain“, „Hold you back“ oder „Down down“, aber die Band zeigt eine solche Spielfreude und Zuversicht, dass man gar nicht anders kann, als mitzuwippen. Zugegeben, bei bekannten Stücken wie „In the Army now“, „Whatever you want“ und am Ende noch „Rockin' All Over the World“ lege ich schon mal die ein oder andere Pause ein, doch bin ich insgesamt sehr angetan von dem Auftritt und der Band. Es ist wohl wie mit Foreigner im letzten Jahr: Es ist einfach ehrliche Mucke und dafür sind wir doch alle hier!    

ACCEPT


ACCEPTACCEPT


Rüdiger: Für mich den Abend beschließen sollen die Headliner ACCEPT. Angekündigt hat die Band „Die größte Show ihres Lebens”, bei der sowohl die alten Hits als auch neue Klänge eine Rolle spielen sollen.

Schon zu Beginn gibt es beste Metal-Mucke auf die Ohren. Mit dem hymnischen neuen Song „Die By The Sword“ bringen die Jungs um den großartigen Gitarrist Wolf Hoffmann und Sänger Mark Tornillo ihre Fangemeinde in Hochstimmung, es folgen wie mit „Restless and Wild“ und „Koolaid“ weitere tolle Songs.

Doch dann kommt der zweite Teil. Eben war ich noch im totalen Metalmodus, da verstören plötzlich Klassikklänge meinen Gehörgang. Mussorgski und Mozart, sind das die neuen Klänge bei einem Metal-Festival ? Es bleibt natürlich Geschmackssache und jeder soll hören, was er mag. Aber für mich ist Metal von Grund auf proletarische Musik, wie passt da bürgerliche Klassik dazu ? Für mich nicht.

Den dritten Abschnitt dieses „Highlights“ bekommen wir nicht mehr mit. Durch den tiefen Matsch verlassen wir lange vorher das Gelände. Schade, ich hätte mir einen gelungeneren Abschluss vorstellen können. Aber es bleibt mit „Rocking All Over The World“ der Ohrwurm des Tages mir im Gehirn und das ist gut so.

Philipp: Rüdiger hat schon irgendwo Recht. Diese Verbindungen von Metal und Klassik sind unnötig und in meinen Ohren auch selten anhörbar. Es kommt ja schon der Verdacht auf, dass die jeweiligen Musiker*innen sich dadurch höhere Anerkennung versprechen. Aber im Falle Wolf Hoffmann und ACCEPT gab es natürlich schon immer Zitate aus der Klassik, die durchaus gelungen in Songs wie „Metal Heart“ eingearbeitet wurden. Aber der Reihe nach: Der erste Teil beginnt ganz klassisch ohne Klassik, höhö. Die Band haut mit „Die By The Sword“ einen Song von der zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlichten neuen Platte raus. Der spricht mich sehr an, ich erkenne augenblicklich, dass es ACCEPT hier gelungen ist, einen weiteren Volltreffer geschrieben zu haben. Super Refrain mit eingängigen „Hohoho“-Chören und klasse Riffs. Ähnliches gilt für „Koolaid“, der ebenfalls von „Rise Of Chaos“ stammt. Mark Tornillo klingt wie gewohnt super, auch wenn mein Metalheart für ollen Udo schlägt. Der zweite Teil des Konzertes bietet dann Wolf Hoffmann solo mit dem Czech National Symphony Orchestra und halt so Sachen wie Mussorgsky, Chopin, Vivaldi, Beethoven und andere Klassikrüben. Berührt mich nicht so, ist aber, naja, „gut gemacht“, wie man so schön sagt. Die einzige Metalband, die das für mich wirklich packend umgesetzt hat, bleiben MEKONG DELTA. Geiler finde ich dann aber den dritten Teil, der zehn ACCEPT-Songs mit Band und Orchester beinhaltet. Hier ist das Orchester eher eine Ergänzung, die ich zwar nicht gebraucht hätte, die aber auch nicht nervt. Besonders gut kommen „Princess Of The Dawn“, „Stalingrad“ mit der russischen Nationalhymne, „Shadow Soldiers“, „Metal Heart“ und „Balls To The Wall“. Aus der Sicht Wolf Hoffmanns dürfte dieses Experiment funktioniert haben – gönnen wir ihm den Spaß! Nächstes Mal ACCEPT dann wieder auf der Tour ganz „normal“ und mit NIGHT DEMON als Support – yeah!


ACCEPTACCEPT


Anke Black: ACCEPT habe ich bisher noch nicht live gesehen, Herrn Dirkschneider dafür begeistert schon ein paar Mal, sodass ich schon ahne, in welche Richtung es musikalisch wohl gehen wird. Und joar, die ersten Songs sprechen mich durchaus an, auch die metalröhrige Stimme von Mark Tornillo! Als dann aber das Orchester ertönt, steige ich emotional aus – es ist einfach too much. Deshalb freue ich mich auch schon sehr auf Accept alone on Tour!  

Strecker: Der Anfang des ACCEPT Konzerts gefällt mir noch gut. ACCEPT spielen alleine und bieten ihre Songs souverän da. Ich hätte mir zwar etwas mehr Spaß bei der Arbeit gewünscht, aber es ist okay und ein solides Konzert, das nach 30 Minuten bereits vorbei ist. Nach einer kurzen Umbaupause geht es dann mit Wolf Hoffmanns a headbanger´s symphonie weiter. Begleitet wird Wolf Hoffmann von dem Czech National Symphony Orchester. Ich find’s langweilig und bummele Richtung Zelt über das Gelände.

Stefan: Die klassische Musik war bei ACCEPT bzw. Wolf Hoffmann schon immer vorhanden wie z.B. bei "Metal Heart". Fürs diesjährige Wacken haben ACCEPT dementsprechend ein spezielles Konzert angekündigt. Im 1. Teil gibt es ACCEPT pur, den 2. Teil bestreitet Wolf Hoffmann mit Orchester und seiner 'Headbangers Symphony', abschließend gibt es dann nochmal ACCEPT mit Orchester. Über den Sinn der Verbindung von Heavy Metal und Klassik lässt sich sicherlich streiten. Ein wirklicher Fan bin ich davon nicht, weshalb speziell der 2. Part dieses Konzerts so seine Längen hat, auch wenn man Wolf Hoffmann bescheinigen muss, dass er handwerklich über alle Zweifel erhaben ist und sich mit der Materie auskennt. Im 1. Part werden unter anderem 2 neue Songs vom kommenden Album "The Rise Of Chaos" vorgestellt, die neugierig auf dieses machen. Im abschließenden Teil werden dann noch diverse Klassiker wie z,B. "Princess Of The Dawn", "Breaker", "Metal Heart" und natürlich "Balls To The Wall" zum Besten gegeben. Hier funktioniert das Zusammenspiel von Band und Orchester ziemlich gut und die Stimmungskurve geht wieder nach oben. Insgesamt war es interessant, einen derartigen Auftritt mal gesehen zu haben, mehr aber auch nicht!

NAPALM DEATH


NAPALM DEATH NAPALM DEATH


Philipp: Genug Hauptbühnenquatsch – Zeit für Gedengel im Zelt. Dort spielen bereits seit Stunden Extrem Bands und wir haben jetzt leider schon WITCHERY, BRUJERIA, ABORTED, DAWN OF DISEASE… verpasst. Aber zu den Kollegen aus Birmingham stehen wir vor der Bühne und die pusten uns wie erwartet die Birnen frei. Heute erscheinen NAPALM DEATH besonders energiegeladen und toben derart über die Bretter, dass die einzelnen Bandmitglieder einander umrennen. Besonders Barney springt herum wie ein Zitteraal und kreischgrunzt jeden zur Sau. Schade ist es natürlich, dass Mitch weiterhin fehlt, stattdessen spielt John Cooke Gitarre. Da macht man sich schon langsam Sorgen, aber konzentrieren wir auf den Auftritt: Cooke vertritt Mitch würdig und kompetent, Bolzen wie „Continuing War On Stupidity“, „Scum“, „The Kill“, „You Suffer“ oder „Suffer The Children“ zerstören mit rastloser Energie echt alles. Dazwischen noch ein paar Barney-Ansagen mit engagiertem Inhalt, die gerade auf einem Festival wie Wacken wichtig sind. (Überhaupt erfreulich, dass mit WOLFBRIGADE, KREATOR, MEMORIAM und anderen dieses Jahr mehrere Bands dabei sind, die eine kritischere Haltung als der Metaldurchschnitt verkörpern.) Wir sind so begeistert, dass wir uns für den Besuch der Hamburger NAPALM-DEATH-Show in der kommenden Woche entscheiden. Barney wetzt danach übrigens rüber zu VOLBEAT, um dort seinen Gastbeitrag zu leisten.

Strecker: Am Zelt angekommen kann ich noch den Rest von BATUSHKA sehen. Die lustlos wirkende Show und der zu miese und leise Sound können mich allerdings nicht überzeugen und so bin ich froh, als das Konzert zu Ende ist und es mit NAPALM DEATH weitergeht. NAPALM DEATH sind wütend – anders kann ich mir den energiegeladenen Auftritt nicht erklären. Alle Bandmitglieder springen rum und rennen sich gegenseitig über den Haufen. Songs wie „scum“, „suffer the children“ und natürlich „nazi punks fuck off“ werden vehement gespielt und vom Publikum gefeiert. Schönes Konzert und für Philipp und mich Grund genug, um die Woche nach Wacken nach Hamburg zu fahren und NAPALM DEATH noch einmal zu gucken.

Stefan: Viel kontrastreicher kann es kaum werden. Von den letzten Orchesterklängen bei ACCEPT schnell zu NAPALM DEATH ins Zelt. Die Energie, die NAPALM DEATH mal wieder entfachen, ist unglaublich. Gitarrist Mitch Harris ist weiterhin nicht dabei, wird aber von John Cooke mehr als würdig vertreten. Barney ist wie üblich der Hingucker. Sein Stageacting ist absolut einzigartig und wie üblich punktet er mit intelligenten und sympathischen Ansagen. Musikalisch gibt es das absolute Brett und der Auftritt wird zu einem meiner absoluten Highlights des diesjährigen Wacken.


NAPALM DEATH


MAYHEM


MAYHEM

Philipp: „Onward To Mayhem“, sagte mal jemand, daher tun wir das jetzt. Tatsächlich hat mich die Band nie richtig interessiert, ich habe nicht mal ihren „Dom Satan Dingsie“-Klassiker. Aber irgendwie komme ich festivalbedingt live nicht an den Norwegern vorbei und daher habe ich sie mittlerweile mehrfach live gesehen. Heute gelingt ihnen im Vergleich zu den bisher von mir gesehenen Auftritten der mit Abstand beste Gig. Die Musiker setzen auf Verhüllung und pointiert eingesetztes Düsterlicht, was der Stimmung förderlich ist. Aber vor allem beißen sie spieltechnisch deutlich entschlossener zu. Der Vortrag fällt rasend schnell aus, die Worte werden mit Hass herausgespien. Attila Csihar hat mich bereits als Sänger von SUNN O))) durch das Hervorbringen unmenschlicher Laute in Staunen versetzt, bei MAYHEM fand ich ihn bisher nicht so eindrucksvoll wie heute. Das Gesamtding ist einfach gelungen, das äußerst gut gefüllte Zelt reagiert dann auch entsprechend. Einige Songs erkenne ich auch, z.B. „Pagan Fears“, Life Eternal“, „Freezing Moon“ oder „Buried By Time And Dust“. Geht!

VOLBEAT


VOLBEATVOLBEAT


Strecker: MAYHEM können mich an diesem Abend nicht abholen und so gehe ich noch mal zurück auf das Hauptgelände, um mir den Rest der VOLBEAT Show anzusehen. Als ich die Band vor ein paar Jahren kennengelernt habe, fand ich die Mischung aus Country und Metal noch reizvoll und gut. Mittlerweile habe ich die Band allerdings überhört und kann auch keine musikalische Weiterentwicklung erkennen. Dies geht offensichtlich vielen Leuten so, denn vor der Bühne ist es überraschend leer geworden. Die vergleichsweise wenigen Zuschauer feiern VOLBEAT richtig ab und singen Songs wie „sad mans tonge“ und „still counting“ lauthals mit. Wie gesagt, mich können die Songs nicht mehr begeistern und so ist der Konzerthöhepunkt die Gesangseinlage von Barney Greenway bei „Evelyn“.


VOLBEAT
 


NILE

Philipp: An NILE scheiden sich die Geister, ich höre dieses Wochenende häufiger auch mal abfällige Kommentare. Klar, im Gesamtchaos der Band lassen sich die Strukturen nicht immer nachvollziehen und dieser Sound kann bestimmt auch stressen. Ich mag den Ansatz der Ägyptenfreaks durchaus – die mystische Atmosphäre, die orientalischen Einflüsse, gleichzeitig ein hohes Brutalitäts-Level, das macht doch Freude. Und so sauge ich mein Bier in mich hinein und wiege mich in den Soundwellen. „Kafir!“, „Slayer Of The Gods“, „Black Seeds Of Vengeance“ und „Defiling The Gates Of Ishtar“ kommen mit Härte, Präzision, Dauerblasts und Frickel-Riffs. Ich schließe mich den Meckerpötten somit nicht an und beurteile den Auftritt als faszinierend.

TBC...

Kommentare   

+1 #2 Andy 2017-10-18 15:42
Siehe zum Beispiel Hellhammers Wiki Seite unter dem Punkt "Controversy":
https://en.wikipedia.org/wiki/Jan_Axel_Blomberg

Mit wenig Hilfe von Google lässt sich aber auch noch einiges Mehr finden.
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+2 #1 Philipp 2017-10-18 11:58
Bezüglich MAYHEM erreichten uns Hinweise, dass die Band bzw. einzelne Mitglieder auch in der jüngeren Vergangenheit durch rassistische Aussagen aufgefallen sind. Dann gehört sie natürlich auffen Müll und nicht auf die Bühne. Für nähere Information oder Quellenverweise sind wir dankbar.
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