KADAVAR, GRAVE PLEASURES, DEATH ALLEY / 13.10.2017 – Hamburg, Markthalle

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Es ist beeindruckend, wie sich KADAVAR ihren Weg durch das Rock’n’Roll-Universum pflügen. Noch zu Zeiten ihres Debuts hätte ich diesen Stil als (natürlich grandiose) Nischenmusik eingestuft. Nun stehen wir in der ausverkauften (!) Markthalle und nach dem KADAVAR-Auftritt würde ich spontan sagen, dass für diese Band nur noch der Himmel die Grenze ist. Denn: Gut waren sie ja schon immer, aber heute wird man tatsächlich Zeuge davon, wie KADAVAR einen ganzen Quantensprung durchmachen und in allen Belangen sowas von drauflegen!



Zunächst erfreuen DEATH ALLEY Ohren und Augen. Ich mag die Band allein schon dafür, dass ich ihretwegen gerade eine Palette Holsten gewonnen habe. Herr von und zu Lobeck wollte mir auf der Hinfahrt nämlich weismachen, dass DEATH ALLEY heute als zweite Band nach GRAVE PLEASURES auf die Bühne gingen. Aber auch ohne diesen Bonus überzeugen die Freaks aus Amsterdam mit ihrem punked out Proto Metal. Der Sänger tanzt herrlich hektisch und wirbelt schon beim ersten Song mit einem Schellenkranz herum. Seine Präsenz ist derart gut gelaunt und vereinnahmend, dass die ersten Reihen wie auf Knopfdruck zu bangen beginnen. Die personellen Querverbindungen zu GEWAPEND BETON und THE DEVIL’S BLOOD lassen sich durch manisch gezockte Soli und fette Grooves ausmachen, über allem thront eine gewisse hippieske Gelassenheit. Sehr guter Opener!

 
Endlich mal GRAVE PLEASURES sehen! Ich finde es sehr mutig von der Band, dass sie den Namen BEASTMILK über Bord geworfen hat, obwohl der Post Punk-Stil generell schon derselbe geblieben ist. Zwar können weder „Dreamcrash“ noch „Motherblood“ ganz an die „Climax“-Magie heranreichen, beide führen das Konzept jedoch auf gelungene Weise fort. Live wird das noch deutlicher. Die aktuelle Besetzung ist nahe an der Perfektion. Ich höre während des gesamten Auftritts nicht einen einzigen Spielfehler. Da fragt man sich, ob so eine Band mal unzufrieden von der Bühne geht und irgendeine unhörbare Unwucht in der eigenen Performance moniert. McNerney ruft im Opener „Infatuation Overkill“ alle Nuancen seiner Stimme ab – vom tiefen Gothic-Gesang bis hin zur Sirene. Das weicht zwar stark vom Stil der beiden anderen Bands ab, ist aber zu gut gemacht, alsdass es das Publikum kalt lassen könnte. Und so tauen auch die Skeptiker*innen recht schnell auf und lassen sich vom Charme solcher Kompositionen wie „Mind Intruder“, „New Hip Moon“, „Death Reflects Us“ oder „Atomic Christ“ begeistern.

 
Aber Alter, was KADAVAR dann abliefern, schockiert mich geradezu! Hätte ich Drogen genommen, hätte ich den Flash, den dieser Auftritt bei mir auslöst, wohl auf diese geschoben. Hab aber nur Astra getrunken und das als Droge zu betiteln wäre nun wirklich ein Euphemismus. Was ist heute so anders im Vergleich zu den bisherigen – natürlich auch bereits guten – KADAVAR-Konzerten? Es ist zunächst wohl der Sound. So mächtig klang die Band noch nie. Das Schlagzeug donnert, Bass und Gitarre sind so unfassbar heavy, dass ich es kaum fassen kann, und der Gesang dröhnt durch eine gelungen eingepegelte Verzerrung wie aus einer anderen Galaxie direkt ins Hirn. Dann ist das Zusammenspiel der Band schraubstockgleich tight geworden, sodass auch aus alten Songs herausgeholt wird, was bisher nicht zur Gänze erkennbar war. Denn wie unbarmherzig bohrt sich zum Beispiel das Riff von „Forgotten Past“ in die Eingeweide? Auf Platte klingt der doch eher entspannt, heute fliegt mir fast der Kopf weg. Dem ausflippenden Publikum setzt Lupus völlig relaxte Ansagen entgegen: „Joah, Hamburg, habter Bock? Also, wir ham Bock, wa.“ Neue Songs wie „Into The Wormhole“, „Die Baby Die“ oder „Tribulation Nation“ killen live sogar noch mehr als auf dem Album und bestehen neben dem Material der ersten drei Alben („Black Sun“, „All Our Thoughts“, „Doomsday Machine“…) derart gut, dass sie wohl zu Klassikern mutieren werden. Der Bühnenaufbau ist wie gewohnt konzipiert, Tiger verprügelt sein Kit vorne in der Mitte sitzend, während Simon und Lupus ihn flankieren. Sound und Licht sind optimal und ermöglichen das bisher effektivste KADAVAR-Konzert, dem ich beiwohnen konnte. Hammer!

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