THE EXPLOITED, ARRESTED DENIAL, CODE RED / 19.04.2018 – Hamburg, Markthalle
0
0
- Details
- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Dienstag, 24. April 2018 13:25
- Geschrieben von Philipp Wolter
- Zugriffe: 1718
Auf der Toilette fange ich beinahe an zu fantasieren: Die erste Band klingt so dermaßen nach SODOM, dass ich mich frage, ob Onkel Tom hier gerade sein neues Line-Up unter dem Pseudonym CODE RED testet, welches immerhin auch ein Plattentitel der Ruhrpott-Thrasher ist. Ist natürlich Quatsch, CODE RED erweisen sich als Metalband aus Freiburg, die bei näherem Hinhören doch gleichsam punkiger sowie auch grooviger als SODOM klingt. Und unfassbar laut sind sie! Sowas habe ich gerade bei einer Supportband lange nicht mehr erlebt. Die Bässe donnern so sehr, dass sich ein leichter Schmerz im Hirn bemerkbar macht. Geil, steh ich irgendwie drauf. Ohne viel Ansagen wämst sich der Vierer durch ein angenehm langes Set. Insgesamt mag ich meinen Thrash schneller und oldschooliger, aber COD RED sind fucking heavy, da gibt’s mal gar nix.
Sympathiepunkte gibt es für ARRESTED DENIAL gleich im Voraus, trägt einer der Gitarristen doch ein T-Shirt der Kieler Ex-Kollegen von POWER (das mit dem Schriftzug im PANTERA-Stil). Mir sind die Hamburger bisher noch unbekannt, wissen aber mit flotten, oi!-lastigen Punkrockstücken voller „O-ho-ho“- und „A-ha-ha“-Singalongs zu gefallen. Ansagen gegen Rassismus und entsprechende Songs kann es nie genug geben, dazu glänzen ARRESTED DENIAL mit ‘ner gewissen Vielseitigkeit, holen zum Beispiel für zwei Songs den RANTANPLAN-Tröter mit auf die Bühne und entschuldigen sich für diesen Ska-Einschub mit den Worten, dass es gleich bei EXPOLITED ja noch genug Geknüppel gebe.
Ich bin zufällig schon wieder in der Halle, als dieser grobe Knüppel dann auch unerwartet früh gezückt wird. Hat die Band überhaupt einen Line-Check gemacht? Wattie kommt jedenfalls ohne Gesten oder große Ansagen auf die Bühne, schnappt sich sein Mikro und los geht’s mit „Let’s Start A War“. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Markthalle von Song zu Song stetig füllt – manche Besucher*innen scheinen echt erst nach ‘ner Stunde oder so reinzuschneien, bis es wirklich voll ist und vor der Bühne gut der Ratz abgeht. Einige warten bewegungslos auf bestimmte Titel, bei denen sie dann explodieren. Der Reputation und Beliebtheit von THE EXPLOITED scheint die vor Jahren erfolgte Debatte um eine angeblich rechte Gesinnung der Band nicht geschadet zu haben. Geantwortet hatte man darauf mit einem Statement, dass man gegen Faschismus und Rassismus sei, dies aber gleichzeitig mit dem Arsch wieder eingerissen, indem man angebliche „Links-Faschisten“ in den Diss miteingeschlossen hat. Aber wie sieht Wattie nach seinem Herzinfarkt 2014 und weiteren gesundheitlichen Problemen in der Folgezeit eigentlich aus? Gut! Älter, klar, aber tatsächlich auch irgendwie gesünder. Die Augen sitzen nicht mehr ganz so tief in ihren Höhlen, die Stimme ist rotzig-asozial wie gehabt, dazu ballert sich der Ex-Soldat das Mikro an die Bühne, spuckt auf die Bühne und redet unverständliches Zeug in den Ansagen. Der Gitarrensound ist der Hammer und sägt regelrecht. Die Setlist scheint im Vergleich zu meinen letzten EXPLOITED-Konzerten 2005/2006 unverändert. Es gibt halt die volle Ladung Klassiker aus der gesamten Diskographie, alle zu nennen, erscheint überflüssig, aber natürlich sorgen „Fuck The USA“, „Fuck The System“, „Beat The Bastards“, „UK ‘82“, „Punks Not Dead“, „Troops Of Tomorrow“ oder „Massacre“ für größtes Hallo im Pit. Verstecktere kleine Perlen wie „Was It Me“ sind die Ausnahme, neue Songs gibt es gar nicht. Aber Respekt für die Länge der Setlist, die locker 24 Stücke beinhaltet, am Ende natürlich auch das unvermeidbare „Sex & Violence“, welches ein paar Freaks aus dem Publikum grölen dürfen.
powered by social2s