KVELERTAK, TEMPEL / 01.05.2018 – Kiel, Pumpe

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Nach drei Alben, elf Jahren Bandexistenz und dem Status als METALLICA-Support könnte bei KVELERTAK doch langsam mal Ruhe einkehren. Oder zumindest etwas Routine. Nicht mehr ganz so durchdrehen, das Crowdsurfing sein lassen, zu Hause warten schließlich kleine Kinder und ein Eigenheim…

Mitnichten. Die norwegischen Würger zünden die Kerze weiterhin an beiden Enden an, zumindest was die Intensität ihrer Bühnenshow betrifft. Allein die letzten Minuten des Auftritts seien hier mal eingangs geschildert: Einer der drei Gitarristen lässt sich rückwärts in die Menge fallen, natürlich Gitarre spielend, er surft bis zum Mischpult, erklettert den Zaun des FoH und zockt von dort aus weiter. Währenddessen schwingt der Bassist Marvin Nygaard eine überdimensionierte Flagge über den Köpfen des Publikums. Das Ding sieht so aus, als sei es eher für die METALLICA-Bühne gemacht und scheint gefühlt die Fläche des Innenraums der Pumpe zu umfassen. Die Instrumente hat die Band mittlerweile z.T. diversen Stagehands und Freaks aus dem Publikum in die Hand gedrückt, es quietscht und rappelt, der Rhythmus pumpt irgendwie trotzdem weiter. In diesem Moment erreichen KVELERTAK ganz sicher 100% der Anwesenden – wo du hinsiehst, erblickst du wahlweise grinsende oder bangende Gesichter.



 
Aber der Reihe nach: TEMPEL beginnen früh, es ist erst 19:30 Uhr und ich stehe bereits in der Halle. Das ist gut so, denn die ebenfalls aus Norwegen/Oslo stammende Band ist ein stimmiger Support. Der Vierer sieht sich als Hardrockband, was man im nachvollziehen kann, wenn man dieses Genre weiträumig definiert. Die Gitarristen spielen fiese Fingerverknotriffs, dies aber auf eine Weise, die geradezu elegant wirkt. Der Sänger und Bassist klingt wie im Endstadium eines Kehlkopfkatarrhs, gönnt sich aber nichts und schreit munter weiter. Ist offenbar sein Stil, bei den Ansagen und in der einzigen clean gesungenen Passage klingt er überraschenderweise fast wie ein Mensch. Der Sound ist gut!
 

In der Pumpe hat sich seit meinem letzten Besuch (DEAD LORD?) einiges getan. Der Tresen wurde renoviert, auch gibt es eine zweite kleinere Schänke kurz vor dem Eingang in die Haupthalle und im Innenraum hängen nun drei Leinwände. Trotz (fast?) ausverkaufter Halle gelingt es aber angenehmerweise mühelos, in die ersten Reihen zu schlendern und das Bühnengeschehen hautnah verfolgen zu können. Licht aus, Eule auffen Kopf und ab! KVELERTAK feuern aus allen drei Gitarren und haben den Mob – gerade für Kieler Verhältnisse – recht schnell auf Betriebstemperatur. Immer wieder faszinierend, wie die drei Gitarristen es schaffen, kein Soundchaos zu erzeugen, sondern ihre jeweilige Aufgabe perfekt ausüben, sich ergänzen, sich Riffs zuspielen oder mit voller Wucht Dissonanzen auftürmen und wieder auflösen. Erlend ist aber zunächst derjenige, der die meisten Blicke auf sich zieht, tobt der Kerl doch brüllend, rotzend und mit Oilenkraft über die Bühne. Nach den ersten paar Songs gibt es auch den ersten Sprung in die Menge, die ihn an den Beinen festhält. Später diven auch immer wieder die Gitarristen in das Meer aus ihnen zugestreckten Pommesgabeln. Der klar definierte Klang ist für die Wirkung der Songs förderlich, die Setlist ist mit Stücken wie „Bruane Brenn“, „Mjöd“, „1985“ (VAN HALEN!), „Ulvetid“, „Svartmesse“, „Offernatt“, „Blodtorst“, endlich mal wieder „Fossegrim“ oder „Kvelertak“ für meinen Geschmack perfekt bestückt und geschickt orchestriert, hämmert die Band den Leuten doch eine stetige Steigerung vor die Augen, so dass am Schluss die eingangs beschriebene Eskalation nur die einzig logische Folge zu sein scheint. Da ich vor der Zugabe kurz meine Jacke hole, kann ich diese Szene schön von hinten beobachten. Am Schluss lässt der Gitarrist einfach seine Klampfe am FoH und surft zurück. Einfach herrlich und ein weiterer Totalabriss von KVELERTAK!

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