FISTER, CHRCH, SUPERLYNX / 03.05.2017 - Oslo (NOR), Subscene

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Oslo zeigt sich am heutigen Tag von seiner schönsten Seite. Es ist 18:00 Uhr und die Sonne scheint auf uns herab. Zu dem milden Temperaturen gesellt sich eine sanfte Brise, die über den Fjord herüber in die Stadt weht. Was ist also angebrachter, als sich auf den Weg in einen düsteren Schuppen zu machen, in dem gleich dreckiger Sludge und ultraschwerer Doom gespielt wird? Nichts! Also schnell im Discounter ein paar Büchsen Bier aufmunitioniert, über den Preis gestaunt (3 Euro Minimum für nen halben Litter!!!!) und ab geht’s!


Superlynx





Im Subscene, einem Club in bester Innenstadtlage, spielen heute Fister, CHRCH und Superlynx. Letztere Band ist mir noch unbekannt, CHRCH hatte ich mal als Support von Warning in San Francisco gesehen und deren erstes Album „Unanswered Hymns“ mit dem Oberkracher „Stargazer“  danach so oft gepielt, dass daran mehrere Freundschaften zerbrachen – so etwas war mir jemals zuvor nur mit dem Album „Die Auferstehung“ von OHL widerfahren. Zuletzt auf dem Billing stehen Fister, die seit ihrem Demo „Fisted Sister“ stets uneingeschränkt überzeugt haben.


Ich habe mich immer gefragt, was FISTER bedeutet und werde es beim Schreiben dieses Konzertberichts mal auf einer Übersetzungsseite nachschlagen. Komischerweise baut diese sich aber gerade nicht auf. Also warten wir mal ab. Ich tippe auf eine Art Faustkämpfer – vermutlich ein anderes Wort für Boxer. Jemand, der mit seinen Fäusten arbeitet.

Der Eintritt im Subscene ist mit bummelig EUR 15 als günstig zu bewerten, aber gleich nach Betreten der Hütte folgt im wahrsten Sinne des Wortes die Ernüchterung! Der Bums ist all-ages! Oder anders ausgedrückt: Hier gibt’s nichts zu saufen! Zum Glück stimmt der Pegel, aber diesen zu halten ist von nun an unmöglich. Nichtsdestotrotz ist das Personal ausgesprochen freundlich und bietet als Ersatz den besten Kaffee Oslos an. Das Subscene hat vermutlich eine Kapazität von ungefähr 250 und kann als „hyggelig“ bezeichnet werden. Polstermöbel sind vorhanden, alles sauber und nicht so verranzt wie manche Läden hier. Zudem klebt der Boden nicht und es liegt nicht der Geruch von verschüttetem Bier in der Luft – woher sollte das eine wie das andere auch kommen?!?


Superlynx


Superlynx eröffnen den langsamen Reigen. Doom trifft auf Stoner und Psychadellic in einer angenehmen Mischung. Die Dame und die beiden Herrn aus Oslo spielen fette Riffs in typischer Slo-Mo Geschwindigkeit. Jetzt nen Bier dazu wäre jedoch klasse. Über allem schwebt die Stimme von Sängerin/Basserin Pia, die geradezu hypnotisierend wirkt. Mich erinnert die ganze Chose etwas an Acid King, denke aber, Superlynx gehen noch etwas langsamer zu Werke. Im Hintergrund scheppert das Schlagzzeug unentwegt und fette Riffs mit anständig Hall strömen aus den Boxen und laden zum rübeln der Schütte ein – nein, zum schütteln der Rübe. Von allen Bands, die heute spielen, wird dies sicherlich die eingängigste sein.

Der Sound in dem Bums ist nebenbei absolute Spitzenklasse und so sind auch die Feinheiten im Gitarrenspiel jederzeit klar heraus zu hören und verschwinden nicht in einer breiigen Masse. Zum Ende eines viel zu kurzen Sets übernimmt Schlagzeuger Ole das Mikrophone, positioniert sich auf seiner Bass Drum und beweist, dass er mehr kann als nur die Background Vocals zu singen. Das hat schon Baboon Show Qualitäten!

Klasse Band, absolute Überraschung! Ich bin begeistert! Dafür würde ich auch jederzeit nach Hamburg fahren, wie man in Kiel ja so gerne sagt.


ChrchChrch


Chrch next. Ursprünglich unter dem Namen Church gegründet, musste die Band aus Sacramento, CA ihren Namen in Chrch ändern, da die australische Band The Church eine Verwechslungsgefahr sah. Apropos Namen....nein die Übersetzungsseite lädt immer noch. Fister bedeutet bestimmt, dass die Person jemand ist, die voll zupackt. Also auch dahin greift, wo es weh tut. Eine Art ehrlicher Arbeiter oder so. Warten wir noch etwas ab.....

Vor dem Schuppen treffe ich Ben, den Basser von Chrch. Dieser erzählt mir, dass sie bereits einmal im Hafenklang in Hamburg gespielt haben – zusammen mit Behold the Monolith. Wie ich das verpassen konnte, ist mir ein Rätsel – genauso warum es hier nichts zu Trinken gibt. Hamburg und der Hafen hat ihm aber sehr gut gefallen und im Skatepark bei die Rote Flora will er auch mal auf´s Brett steigen. Vielleicht ist Hamburg bei der nächsten Tour wieder auf dem Plan.

Nach angenehm kurzer Umbaupause geht es nun mit Chrch weiter. 2 Alben mit insgesamt 6 Stücken hat die Band bisher veröffentlicht. Unter 12 Minuten läuft hier nichts und gerne werden auch mal 20 in ein Stück investiert.

2 Gitarristen, 1 Basser und 1 Schlagzeuger sorgen gleich für eine opulente Soundwand, die sich massiv und schwer aus den Boxen zwängt. Blackened Doom oder Doom-Sludge – was auch immer, nur gute Laune Doom für Hippie Freaks ist das hier bestimmt nicht. Dazu kommt der Gesang, der abwechselnd von Sängerin Eva gekrächzt, geschrien oder klar gesungen wird. Je nach Stimmlage setzt sie dazu wirkungsvoll einen Schleier ein, um ihr Antlitz dahinter zu verstecken. Nicht anders mag es klingen und anzusehen sein, wenn man im Moor auf eine Sumpfhexe oder Todesfee trifft und diese einem wüste Verfluchungen entgegenschleudert. Nur die Growls (das Knurren oder umgangssprachlich das Gegrunze) kommen von dem Gitarristen und verstärken damit den morbiden Charme der Vorstellung.

Mit dem anfangs erwähnten „Stargazer“ wird das Set eröffnet. Ist es womöglich ein Fehler, diesen Kracher als erstes an die Ohren der nach Doom hungernden (und teilweise sehr durstigen!) Fans zu bringen? Mitnichten! Das Ding zündet sofort und im Takt bewegen sich die Köpfe des Publikums!

„Die! Die! Die!“, schreit Sängerin Eva - einem Banshee gleich - ins Mikro. Sogleich danach setzt der obergeile Instrumental Part des Liedes ein. Besser geht Doom nicht! Aber auch danach fällt die Qualität nicht ab. Es werden Stücke beider Alben gespielt und keinen interessiert es, wie knapp bemessen der Zeitplan doch ist. Für mich hier noch besser als letzte Jahr in San Francisco – die Gitarristen riffen wie zugekokste Messdiener. Evas Moves sitzen und ihre Performance passt perfekt zu dem sich langsam und basslastig dahin wälzenden Sound.

Hooklines oder Refrains brauchen Chrch nicht, hier muss der Doom nur zäh und langsam aus dem Verstärker kommen. Das macht für mich irgendwie das Wesen dieser Musikrichtung aus – fernab von jedem Kommerz. Super Konzert und das, obwohl ich einen sehr trockenen Hals hatte.


FisterFister


Mighty Fister aus St. Louis, Missouri betreten als nächstes die Bühne. Vorher kam ich mit ihrem Basser/Sänger Ken „Kenny“ Snarzyk am Mercher ins Gespräch, der sich dabei als extrem sympathischer Zeitgenosse heraus stellte. Hier verkaufen die Bands nebenbei alle ihr Merch noch persönlich und einen extra Preisaufschlag für Norwegen gibt es auch nicht.

2015, so erzählt mir Kenny, haben Fister in Hamburg bezüglich eines Konzertes angefragt und dies wurde mit der Begründung abgelehnt, ihr Name sei sexistisch und obszön. Ich erkenne den Grund dafür nicht, die Übersetzungsseite hängt auch immer noch fest. Da eine „Faust“ kein Geschlechtsteil ist, verstehe ich die Aufregung nicht ganz – ist ja keine Pussy oder ein Dick im Namen. Hm...lädt immer noch....

Ich habe schrecklichen Durst, als es erneut dunkel wird im Subscene. Inzwischen würde es hier auch Herb gefallen - Licht ist wirklich nur noch spärlich vorhanden. Sofort knallen die Riffs ins Publikum und Gitarrist Marcus Newstead übernimmt als erstes den Gesang. Der ist aber richtig angepisst, denke ich – vermutlich haben sie ihm bei der Einreise alle Drogen abgenommen. Während dieser seine Texte eher schreit, wird Kenny die seinen anschließend eher grunzen. Die Botschaft – alles ist scheiße, ich werde irgendwann sterben und dann wird mich nicht mal eine Sau vermissen – bringt hier nicht nur einer unters Volk. Dazu scheppern die Becken im Hintergrund und die Basswellen zaubern denen vor den Boxen gleich noch eine neue Frise. Die Geschwindigkeit bleibt meist im langsamen Bereich, Ausbrüche nach oben sind sehr selten. Fister selber bezeichnen ihre Musik als Doom, aber dreckig ist dieser wie Sludge. Slow, deep and hard!

Derweil z.B. Crowbar eine Art von Sludge spielen, den man noch auf der Hochzeitsfeier des besten Kumpels auflegen könnte (also wenn nach dem Fressen das Tanzen beginnt), spielen andererseits Eyehategod doch eine wesentlich schmutzigere Variante der gleichen Musikrichtung. Letzteres trifft auch auf Fister zu. Das ist keine Musik, um Händchen halten oder gemeinsam die Zukunft zu planen – hier werden die Abgründe des Daseins aufgetan. Über ein Effekt-Gerät werden zusätzlich noch Background Geräusche eingespielt und selbst in den kurzen Pausen zwischen den Liedern klingt es unheilvoll aus den Boxen. Das ganze geht gewaltig ab, also praktisch immer rein und raus. So als ob die Musik in den/die Hörer(in) eindringt – das kann bestimmt auch mal weh tun, wenn der/die Hörer(in) nicht aufpasst. Da kommt ja doch ne ganz schöne Masse auf einmal...da sollte Man/Frau schon entspannt sein...also beim Hören.

So, die Übersetzungsseite hat sich aufgebaut. Schauen wir mal, was Fister nun bedeutet....ein Fister ist jemand, der....was für Ferkel! Das ist ja abscheulich! Das abschließende Urteil kann nur lauten: Der ganze Abend war schrecklich und in Norwegen hat es mir überhaupt nicht gefallen!
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