Deville, Skin Tuxedo / 31.08.2018 – Kiel, Schaubude

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„Stoner geht in Kiel immer – trotz des ansonsten schwierigen hiesigen Publikums“, vertraute mir mal Jan ML, Konzertphotograf und Biertrinker aus Leidenschaft, eines Tages an. Dem ist natürlich nicht zu widersprechen. Die Liste der zumeist skandinavischen Bands, die aus dieser (oder einer angrenzenden) Musikrichtung bereits in der Schaubude aufgetreten sind, ist lang: Toke, Year of the Cobra, Salem´s Pot, Mammoth Mammoth, Sasquatch, The Midnight Ghost Train, Black Lung, Avon, Orango, The Devil and the almighty Blues, Lonely Camel, Stonewall Noise Orchestra, Greenleaf...da gab es sicherlich noch einige mehr.


DEVILLE






Wenn ich mich richtig erinnere, war keines dieser Konzerte das, was man heutzutage - nach der erfolglosen WM und der trägen Spielweise unserer Millionäre - generell als „pomadig“ bezeichnet. Kurzum, da war kein Totalausfall dabei. Wiewohl ich die beiden Bands des Abends bisher nicht kenne, kann es demnach nur heißen: Hin da!


Julius Schaubudus, Konzertveranstalter aus Kiel und stets stilsicher in Sachen Ich-trage-nur-Tshirts-von-Bands-die-auch-schon-bei-mir-gespielt-haben with Boots off Style, hat an diesem Abend als erste Band Skin Tuxedo aus Dänemark nach Kiel gelotst.


SKIN TUXEDO


Der sympathische Vierer besteht seit 2012 und hat vermutlich jetzt gleich seinen ersten Auftritt im Ausland vor sich. Hastig paffen alle noch ne Kippe durch und lassen sich für das Photo Album der Band vor der Eingangstür mit dem Handy knipsen. Kurz danach stehen sie bereits auf der Bühne und der bärige Typ am Schlagzeug gibt den Takt vor. Eröffnet wird mit dem Stück „Cycle“ von dem kommenden Album. Am Anfang reagiert das Publikum noch etwas verhalten, aber es dauert nicht lange und die Zurückhaltung löst sich in Wohlgefallen auf. Kein Wunder, die beiden Gitarristen hauen Riff um Riff ins Publikum und hinter ihnen scheppert´s an den Becken. Die Geschwindigkeit ist Mid-Tempo, aber Blast-Beats oder Double Bass würden hier auch nicht passen. Zu melancholisch ist die Stimme des Sängers, dessen Stimmlage auch gerne mal nach oben ausbricht. Nicht nur deswegen erkenne ich gewisse Ähnlichkeiten mit den Queens of the Stone Age und würde Skin Tuxedo eher in die Kategorie des Alternative-Rocks verordnen. Das ist aber eigentlich auch egal, als Support heute eine super Wahl. Bummelig zehn Lieder werden gespielt, von denen einige sicherlich neu sind, andere sich auf den bisher 2 veröffentlichten Alben finden lassen. Dazwischen überrascht der Sänger das Publikum mit seinen perfekten Kenntnissen unserer Sprache.

Ich finde es jedes Mal so...sagen wir mal...putzig, wenn Skandinavier Deutsch sprechen. Es klingt immer so viel weicher, als wenn es z.B. ein Engländer versucht und uns „Krrrrrankkknwagn“entgegen brüllt. Zu gerne erinnere ich mich an Herrn Svensson, der eine zeitlang unter mir wohnte, aber inzwischen - leider überstürzt und ohne sich von mir zu verabschieden - nach Schweden zurück gekehrt ist. Diesen weckte ich unter Anderem einmal mitten in der Nacht dadurch, dass ich mich im Treppenhaus am Geländer hochziehen musste, da nach einem mehrstündigen Aufenthalt bei Meiers meine Beine immer wieder nachgaben. Er hatte seine Wohnungstür nur einen Spalt geöffnet und durch diesen erblickte er, wie ich mich lautstark Stufe um Stufe nach oben zog. Immerhin wollte ich ja ins Bett, da ich in wenigen Stunden wieder zur Arbeit und einen 40-Tonner nach Passau fahren musste. „Slimmm, sooo slimmm“, sagte er leise und kopfschüttelnd. „Alles sooo slimmm“.

Geiler Support aus einem Land, das an guten Bands gar nicht so arm ist. Gorilla Angreb, Saturnus oder auch Nephew müssen hier genannt werden.


DEVILLE



DeVille – benannt nach dem Cadillac – lassen nach kurzer Umbaupause als nächstes die Wände wackeln. Diese waren schon vor einiger Zeit angekündigt, mussten aber das Konzert absagen. Toll, dass dieses nun nachgeholt wird. Das durchaus „schwierige“ hiesige Publikum dankt es ihnen mit zahlenmäßig großer Anwesenheit und einer super Stimmung. Auch der Sound ist heute klasse und prima abgemischt – ich hatte schon befürchtet, durch das Geballer der Infernal Crust Brigade am Vorabend werden mir künftig alle Nuancen schneller Rock- oder Gitarrenmusik entgehen (über dieses Konzert wird hier sicherlich der Wolthers Phillip in den nächsten Tagen noch ausgiebig berichten – außer er hat mal wieder Ladehemmungen oder es „klemmt“ irgendwo).

Zurück zu DeVille: Hier wird schneller zu Werke gegangen und der Gesang ist aggressiver. Der geil bärtige Gitarrist ist nicht verlegen, einen Riff auch mal öfters zu wiederholen und manchmal legt sich auch ein Solo über den fetten Unterbau aus Rhytmus-Gitarre, Bass und schepperndem Schlagzeug. Auf vier Alben haben es die Schweden aus Malmö bisher gebracht und von dem kommenden spielen sie heute abend den Track „Gold Sealed Tomb“. Sänger Andreas Bengtsson lässt es auf seiner weißen Gibson Explorer krachen und „shouted“ die Lyrics ins Publikum. Zwischen den Liedern wird dem Publikum ausgiebig zugeprostet – wir sind hier ja heute, um Spaß zu haben. Nach zehn Liedern ist das Konzert gefühlt zu früh zu Ende, aber eine Zugabe gibt es dann doch noch.

Das war doch alles super! Da hoffen wir doch, Skin Tuxedo und DeVille irgendwann wieder hier in Kiel begrüßen zu dürfen. Und ich bin jetzt gespannt, ob Julius demnächst ein T-Shirt einer dieser Bands trägt.

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