ENFORCER, FINAL CRY / 29.06.2019 – Hamburg, Bambi Galore

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Das titanische Triple “Diamonds” (2010), “Death By Fire” (2013) und “From Beyond” (2015) stellt eine musikalische Großtat dar, die in dieser komprimierten Form seit den 80ern eigentlich keine Band mehr zu vollbringen in der Lage war. Und auch aus dieser Zeit können eigentlich nur MAIDEN mit „Number Of The Beast“, „Piece Of Mind“ und „Powerslave“ mit einer derart hohen Qualitätsdichte genannt werden.  Übertrieben? Zumindest muss man ENFORCER als die führende Band der NWOTHM sehen, sicher dicht gefolgt von NIGHT DEMON und VISIGOTH, die aber ja bisher nur jeweils zwei Alben draußen haben. Witzigerweise erinnert mich auch die Herangehensweise ENFORCERs beim neuen Album „Zenith“ an die großen Metalbands der Achtziger, denn was haben IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST nach „Powerslave“ bzw. „Defenders Of The Faith“ jeweils gemacht? Sie haben ihren Sound erweitert bzw. geöffnet und mit „Turbo“ sowie „Somewhere In Time“ etwas experimentiert. Das hat die Fans zwar zum Teil gehörig vor den Kopf gestoßen (ich selbst war bei VÖ von „Turbo“ am Boden zerstört, haha), aber letztlich gab die Zeit ihnen Recht, für die Entwicklung der genannten Bands waren es letztlich relevante Platten und später kamen mit „Painkiller“ oder „Seventh Son…“ wieder unbestrittene Meisterwerke. ENFORCER wagen mit „Zenith“ Ähnliches, was allerdings in der heutigen Zeit möglicherweise noch mutiger ist, denn erst mal waren PRIEST und MAIDEN riesig und konnten sich zu dieser Zeit so etwas erlauben, zudem ist ja heute die Aufmerksamkeitsspanne der Leute viel geringer – es wird nicht wenige Leute geben, die sich nach „Zenith“ von ENFORCER abwenden. Ich finde das Album sehr gelungen und mag auch die zwei AOR-beeinflussten Songs. Anyway, heute laden die Schweden endlich wieder zur Live-Sause und wir verzichten dafür sogar auf DEMONS & WIZARDS für lau auffer Kieler Woche.

 

Bilder von Jan ML folgen...

                                                                       

Erst gönnen wir uns noch ein wenig Smalltalk und Streetboozing vorm Bambi. The heat is on! Vereinzelt wird die Hoffnung geäußert, dass die Kellerkatakomben kühler sein mögen. Falsch gedacht! Das Konzert wird so derbe heiß und stickig, dass man danach durchgeschwitzt bis auf die Socken ist! Sold-out Heavy Metal Action bei infernalischen Temperaturen.    

 

FINAL CRY gefallen mit akzentuiert gespieltem Thrash Metal, der des Öfteren auch die Grenze zum Melodic Death Metal transzendiert. Besonders die Gitarren erinnern bisweilen an die Göteborger Schule. Dass recht tighte Zusammenspiel überrascht spätestens dann nicht mehr, wenn man weiß, dass FINAL CRY seit fast dreißig Jahren existieren. Der Sänger sei erst nach der aktuellen LP „Zombique“ eingestiegen, erfahre ich; es handelt sich um einen Ami, der sehr gut zur Band passt und bei aller Aggressivität passend melodiös schmettert. Unser PLATTENKISTEn-Homie Christian ist ein ehemaliger „Nachbar“ der Eschershausener und somit ein Insider, der jeden Song kennt und beim Booking des heutigen Abends mitverantwortlich ist. Da FINAL CRY sehr gut ankommen, schimpft auch keiner mit ihm.

 

Aaaah, endlich! Zwar sehe ich heute bereits mein zehntes ENFORCER-Konzert, aber das letzte Mal fand 2015 (im Rock Café Sankt Pauli) statt. Wie immer ertönt zunächst PRIESTs Version von „Diamonds And Rust“ als Intro, bevor das bandeigene Intro den Opener „Die For The Devil“ einleitet. Ein Song, der perfekt für diese Situation komponiert wurde: Eher Midtempo, aber hart pumpend und mit fetten Chören. Olof Wikstrands Gesang klingt stärker denn je (wenn man sich mal die bisherigen Live-Reviews anguckt, war der angegriffen klingende Gesang manchmal ein Kritikpunkt). Überhaupt haben ENFORCER an einigen Stellschauben gedreht: Wo früher teilweise im Geschwindigkeitsrausch Feinheiten untergingen, achtet die Band gerade bei langsameren Songs mittlerweile auf das Tempo, alles klingt etwas akzentuierter, kommt aber dennoch heavy as fuck rüber. Die Chöre klingen teilweise so dick, dass ich nicht sicher bin, ob sie vom Band unterstützt werden. Möglicherweise haben aber Tobias Lindqvist (b) und Jonathan Nordwall (g) ordentlich an ihren Backings gearbeitet, was eine enorme Wirkung haben kann. Insgesamt ist die Setlist eher an den Alben 2 -4 orientiert, von „Zenith“ kommen außer dem Opener noch „Searching For You“, „Zenith Of The Black Sun“ und „One Thousand Years Of Darkness“, glaube ich (ich hätte gern mindestens noch „Forever We Worship The Dark“ gehört). Die Leute drehen komplett am Rad, als ENFORCER ihnen Biester wie „Scream Of The Savage“, „Destroyer“, „Undying Evil“ (ge-i-el!), „From Beyond“, „Live For The Night“, „Death Rides This Night“, “Mesmerized By Fire”, “Run For Your Life” oder “Take Me Out Of This Nightmare” um die Ohren hauen. Häufig wird klischeemäßig vom “Schweiß, der von der Decke tropft” erzählt, hier ist es wirklich mal so. ENFORCER hätten angesichts der Hitze die Notbremse ziehen können, spielen aber die komplette Setlist bangenderweise und mit voller Power. Gerade Jonas Wikstrand gönnt sich keine Schonung und verprügelt sein Kit ohne Erbarmen. Auch die Optik stimmt ja bei den Schweden, das muss unbedingt erwähnt werden. Zum Schluss gibt’s die beiden vielleicht größten „Hits“, nämlich „Katana“ und „Midnight Vice“, bei denen (wie eigentlich das gesamte Konzert über) alle Fäuste oben sind und (mindestens) jeder Refrain mitgebölkt wird.

 

Wat kann man sagen. Das nicht nur wortwörtlich heißeste Konzert, das ich je besucht habe. TOTAL METAL!   

Bewertung: 5 / 5

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