RD-ROCK FESTIVAL 2019 / 24.05.2019 – Hanerau-Hademarschen, Tag 1

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Ohne große Einleitung gleich rein ins Geschehen – JoyBoy und Philipp berichten von der diesjährigen Rd-Rock-Sause:

JoyBoy: Mein erster Marker im Timetable findet sich auf dem Namen HOTEL KEMPAUSKI, die zum allgemeinen Wohlgefallen auf der Zeltbühne ihre grade frisch in Vinyl gepresste Platte sowie zwei Cover zum Besten geben. Durch eine Videoanalyse des Auftritts bin ich mir sicher, dass die Band bereits über mindestens drei echte Fans verfügt. Punchlines wie „Essen, Schlafen, Arbeit – vorbei“ werden entsprechend lautstark weiterverbreitet.

 

Doppelbericht von JoyBoy und Philipp

Philipp: Für mich sind HOT KEMP ebenfalls die erste Band – und sie hauen mich gleich um. Ich hatte zwar ihren Debut-Auftritt auf Schrammis nicht ganz so geheimer Geburtstagsparty gesehen, aber mir den Namen nicht merken können. Umso froher bin ich nun, dass ich nicht sinnlos saufend am Zelt sitzen geblieben bin. Schrammi hat Wut. Zum Beispiel auf DIE KLEMPINS, denen er das Stück „Rechte Spießer“ widmet. Geiler deutscher Punk, der irgendwie den vielseits gehassten modernen „Intellekt-Punk“ (dummer Begriff, mich stört Intelligenz ja eher nicht so) mit Alter-Schule-Aggression verbindet, was auch das BLACK-FLAG-Cover unterstreicht.

                                                                                                         

Philipp: Auch bei der nächsten Band hatte ich keine oder nur höchstens eine verschwommene Erwartungshaltung. Denn die CHARLY SCHRECKSCHUSS BAND habe ich vor ca. 35 Jahren zum letzten Mal gesehen! Eigentlich unfassbar, solche Sätze schreibt man sonst bei Bands wie STATUS QUO, SISTERS OF MERCY oder ZZ TOP. Aber es stimmt, denn die Bluesband gastierte damals auffer Kieler Woche und ein Kumpel hatte mich zum Ort des Geschehens gezerrt. Und ohne Scheiß – heute gefällt mir die Combo noch besser. Vielleicht liegt es daran, dass ich Blues heutzutage generell mehr abgewinnen kann, vielleicht aber auch an der staubtrocken und knackig runtergerotzten Setlist. Meister Schreckschuss spielt im Sitzen und dirigiert launig durchs Geschehen. Ich merke zwar förmlich, dass ihr mir nicht glaubt, aber einige Momente sind dermaßen geil gezockt, dass ich mehrfach ‘ne Gänsehaut bekomme und CHARLY fuckin‘ SCHRECKSCHUSS als einen der Höhepunkte des Festivals bezeichne.  

 

JoyBoy: Auf TEAR THEM DOWN aus Schweden werde ich aufmerksam, weil dort seit einiger Zeit Oskar von THE KENDOLLS den Part des zweiten Gitarristen übernimmt und tatsächlich scheint die Band seitdem einiges an Fahrt aufgenommen zu haben und kann mit einem optimal dosierten Punkrock-Gemisch aus Melodie und Explosivität aufwarten, was die aktuelle Vorab-Single „The Nihilist Tone“ ganz gut wiedergibt. Micha hat am Pult alles im Griff und so ist gut zu hören, dass die Band ganz nebenbei auch sehr, sehr gut ihre Instrumente bedienen kann - bis sie durch einen zwischenzeitlichen Stromausfall etwas ausgebremst wird. Es wird aber schnell ein Weg zur besseren Lastverteilung gefunden, so dass es der einzige mir bekannte Vorfall dieser Art an diesem Wochenende bleibt.

Philipp: Diese Band war mir vorher nicht bekannt, aber zum Glück bekomme ich noch ein paar Songs mit. Ist es übrigens die einzige Band, die nicht aus Norddeutschland (bzw. Schleswig-Holstein, Hamburg, Hannover oder von Rügen) kommt? Egal, TEAR THEM DOWN raspeln schön hart mit fast thrashiger Kante durchs Gestrüpp und machen Bock auf mehr.

 

Philipp: Wie schon im letzten Jahr lohnt sich der Gang zur Losbude. Die Gewinnchancen sind sauhoch, außerdem werden alle Einnahmen Organisationen wie SeaWatch gespendet. Die Gewinne stammen aus Bandspenden. Martina und Michelle sacken mehrfach CDs und T-Shirts ein, auf die sie sogar richtig Bock haben.

 

JoyBoy: AFFENMESSERKAMPF markieren dann für mich den Höhepunkt des ersten Abends. Es kommt mir so vor, als hätte ich die Band schon lange nicht mehr so spiel- und redefreudig gesehen. Zu Recht ist das Zelt rappelvoll. Im Gegensatz zu den Banausen von Bierschinken.net können mich alle dargebotenen Schaffensphasen (bei drei veröffentlichten Alben + Demo-EP ist der Begriff vielleicht langsam angebracht) der Band absolut überzeugen. Zum Ausklang huldige ich bis in die Morgenstunden ausgiebig meinen Lieblingsgetränken, dem Pizzastand und dem durchaus talentierten Aftershow-DJ ILL.MANNERED. Sogar „Pretty Fly (for a white guy)“ findet sich auf seiner Festplatte - aus dem wird nochmal was.

Philipp: Eigentlich sind die Wege auffem RD-ROCK ja herrlich kurz. Dennoch lerne ich, dass eine kurze Pause Zelt-Boozing gleichbedeutend mit dem Verpassen mehrerer Bands ist und so gehen uns u.a. FRIEDEMANN und MATULA durch die Lappen. AFFENMESSERKAMPF machen ihrem dritten Namensbestandteil alle Ehre, so angriffslustig erlebt man die Band nicht immer. Gleichzeitig wird deutlich, dass Leif und sogar Torben richtig Spaß zu haben scheinen und den Auftritt genießen. Der Sound im Zelt lässt die notwendigen Nuancen im Spiel erkennen und Hannes‘ angepisste Botschaften kommen gut rüber. „Auf jedem Tiertransporter dieser Welt sind glückliche Schweine dargestellt!“ ICH HAB HASS!

 

Philipp: Das Warten auf THE HIRSCH EFFEKT lohnt sich richtig. Es ist eine von Martinas absoluten Lieblingsbands und so sind wir pünktlich am Start. Die Bühnencrew um Börbel und Jazzy bestätigt später, dass THE HIRSCH EFFEKT ihre komplette eigene Backline dabei haben. Alles sei D.I.Y.-selbstgebastelt, was auch die abgefahrenen Effekte des Gitarristen (und Sängers) Nils Wittrock umschließt. Der Kerl hat wohl auch ein Buch geschrieben, was lesenswert sei („Wer jetzt noch umblättert, ist selber schuld. 10 Jahre The Hirsch Effekt aus der Sicht von mir“). Wie immer verbinden THE HIRSCH EFFEKT Prog-Metal mit Sonstwas-Core und fiesen Elektro-Effekten, mal hysterisch hackend, mal verblüffend melancholisch. Das Buch erläutert vielleicht auch, wie die Band auf ihre zum Teil schon orchestralen Arrangements kommt. Insgesamt harter Tobak, den ich persönlich mir nicht jeden Tag zu Hause anhören mag, der aber live immer wieder begeistert.

 

JoyBoy: So cool das RD-Rock auch insgesamt ist, so läuft dann auf der Party aber wie so oft trotzdem nicht alles cool ab, weswegen ich auf dem Weg zum Zeltplatz schließlich gebeten werde, am Folgetag auf der Bühne die zahlreichen Typen (zu denen ich ja nun auch selbst gehöre) darauf hinzuweisen, dass „Nein“ wirklich „Nein“ bedeutet. Das sorgt dann zu später Stunde nochmal im wahrsten Sinne für etwas Ernüchterung.

 

Tag 2 folgt...

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