DÖDSRIT, MYTERI, NORKH, MØRDER / 31.08.2019 - Kiel, Alte Meierei

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INSIDE INFERNAL CRUST BRIGADE, PART XII

Torsten: Dieses Konzert der Infernal Crust Brigade wirft lange Schatten voraus. Zum einen werden beliebte und bekannte Bands auftreten und zum anderen ist deswegen bei einigen Leuten die Vorfreude echt groß. Wenn die Namen MYTERI & DÖDSRIT fallen, setzt bei manchem/-er akuter Speichelfluss ein. Also Wischlappen und Eimer bereitgestellt und die krustige Sause kann beginnen!

Phliipp: Ja, dass die heutige Veranstaltung kein Sieben-Personen-Konzert wird, ist absehbar. Normalerweise kenne ich 97% der Bands vorher nicht, die Herb bucht, aber der gute Ruf von DÖDSRIT hat sich herumgesprochen, MYTERI waren ja schon hier und mit MØRDER punktet eine regionale Größe, dazu noch Black Metal aus Berlin (NORKH) – der Tresen sollte besser gut besetzt sein…

                                                                                                                                                      

Torsten: Die Kieler Lieblingsrabauken von MØRDER freuen sich, den musikalischen Reigen eröffnen zu dürfen! Die Band war einige Zeit Off-Stage und daher ist Frontfrau Anna etwas nervös. Aber warum? MØRDER brettern wie eh und je ihre geile Crust-Version durch die schon gut gefüllte Halle; da braucht sich wirklich niemand Sorgen machen, dass das nicht hinhaut. Mittlerweile verhaut Nico das Schlagzeug. Und ja, es klingt etwas anders als Krilles Spiel. Aber das ist voll ok und völlig wumpe, denn Nico kann nicht nur Gitarre spielen (ex(?)-Slimer und neuerdings auch bei der V. HARKONNEN-Bruderschaft), sondern bearbeitet auch amtlich die straff gespannten Felle! Good Job, Mate! Ich sitze am Einlass und kriege nicht jede Action mit, aber dass die Reaktionen der Meute vor der Bühne wohlwollend und ausgelassen sind, schwappt locker bis zur Türe. Auch andere Bandmenschen mögen den MØRDER-Sound und lassen das die Band wissen. Ich mag diesen Crunch im Gitarrensound, den dicken Bass und die wohldosierten Harmonien. Anna spricht, schreit, wütet, und begründet ihre Ansichten mal wieder herrlich direkt! Hier passt alles zusammen: Musik (hart), Anspruch (korrekt) und (Band-)Gefühl. Immer wieder ein Vergnügen. Weiter so!

Philipp: In dem Moment wissen wir es nicht, aber dieser Auftritt dürfte dann auch der letzte in der aktuellen Besetzung sein. Denn leider suchen MØRDER mittlerweile ein*n neue*n Sänger*in. Mit einer anderen Stimme wird sich der Klang der Band sicher enorm verändern. Heute gibt’s aber noch die gewohnte Attacke infernalischen Crusts mit Annas fiesem Gesang, der zwischen Screams und Growls pendelt und teilweise so derbe ist, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Zu „Iron Leader“ erzählt Anna, dass sie gerade in Moskau war, um ihre Eltern zu besuchen und schockiert feststellen musste, wie hart Putin dort mit eisernem Besen durchfegt. Die Polizeipräsenz sei wohl unfasslich massiv und unterdrücke jegliche kritische Regung. Umso mehr Respekt habe ich für russische Dissidenten.

 

Torsten: NORKH entern die Bühne als nächstes. Man kann es schon als typisch für die I.C.B. nennen – auf Cruste folgt Black Metal (oder auch andersrum). Heute manifestiert sich das erneut. Das Trio aus Berlin geht auch gleich in die Vollen. Ihr herrlich angerotzter Black Metal paart sich mit hohen Screams und Riffs aus dem Heavy (Proto-) Metal, Crust sowie dem Thrash Metal und macht keine Gefangenen. Der Fronter bölkt richtig schön fies, während hinten vom Drummer unerwartet hohe Schreie nach vorne dringen. N' bißchen muss man sich reinhören, aber nach ein paar Songs läuft die Chose. Zudem versprühen die Jungs so'n "80-er-Charme"; da fühlt man sich gleich wie zu Hause. So muss das! Bevor NORKH NORKH wurden gabs noch ne Death Metal Band, in der man rumdeibelte. NORKH zollen dieser Vergangenheit Tribut und zocken nen coolen Song von damals. Und wenn nun einer denkt "Jetzt is aba Schluß!", der sieht sich getäuscht. Denn die Berliner sind grade in Spiellaune und schütteln noch weitere Songs aus dem satanischen Ärmel. Das gerät für meinen Geschmack fast etwas lang. Die Songs sind mir eben nicht geläufig. Da treten leichte Ermüdungserscheinungen auf. Nichtsdestotrotz haben NORKH eine beachtliche Duftmarke gesetzt! Die aktuelle Veröffentlichung "Tides of Acid//Piles of Dirt" rotiert fleißig im heimischen CD-Player. Ich guck mir die Band gerne wieder an !

Philipp: Bei NORKH geht es mir so wie Torsten später bei MYTERI (siehe unten), denn ich bekomme vom Auftritt nur am Rande etwas mit. Die Leute belagern den Tresen, als gäbe es ab morgen erst mal nichts mehr. Manche sind dazu ja auch sehr mitteilsam und bölken mir durch den Lärm permanent Dinge zu. Ehrlich gesagt verstehe ich kein Wort, nickt aber meist höflich oder schreie „Alles andere wäre Wahnsinn!“ zurück, denn dieser Satz passt fast in jeder Lebenslage und auf nahezu jede Frage, Aussage oder Bestellung. Aber ansonsten klingt das in der Tat ganz geil, was NORKH da produzieren.

 

Torsten: Der letzte Satz oben gilt auch für MYTERI. Beim letztjährigen Auftritt beim Kiel Explode wurde schon ordentlich was gerissen. Da freut man sich umso mehr auf ein neuerliches Wiedersehen und -hören. Allerdings verpasse ich die Schweden so gut wie vollständig, weil ich mit anderen Sachen beschäftigt bin. Als ich den Saal wieder betrete, ist grade alles vorbei... Huch, was'n nu? So lang wie NORKH spielten, so kurz zockten jetzt MYTERI. Ich übergebe zur weiteren Berichtung an Philip. (Ich hoffe, der hat mehr gesehen)

Philipp: Das habe ich, der Auftritt dauerte allerdings nur ca. eine Viertelstunde. Die hatte es in sich und brachte aufs Intensivste die Vorzüge der Band auf den Punkt: Am beeindruckendsten finde ich bei MYTERI, wie die beiden Gitarren diese hochmelodischen Läufe spielen. Bei manchen Songs scheren die Gitarren aus und spielen verschiedene Harmonien, die dir als Zuhörer*in den Verstand abfukken. Dazu der treibende B-Beat-Groove und das barbarische Gebell des Mikro-Meuterers. Ja, aber warum so kurz? Wir hätten uns hier natürlich über sensible Hintergründe nicht geäußert, aber da MYTERI selbst ein Statement dazu veröffentlicht haben, darf man dieses wohl auch wiedergeben: „Although the tour was mostly great we had some setbacks as well. Heres some words from our drummer Erik: “To all people who visited our shows in Dresden and Kiel; We didnt do full sets theese nights. We really wanted to but it wasnt possible. This due to mental health problems. Nine shows in a row was over my capacity right now in my life. I think its really hard to speak of it like this, but important. We need to break the stigma regarding mental health issues:

https://www.breakthestigma.org                   
https://www.kickstarter.com/…/…/own-your-stigma-a-pin-series

All love to my fellow members in Myteri, the guys in Dödsrit, people arranging the shows and audience for being supportive and understanding". Wir wünschen viel Kraft und hoffentlich eine Lösung dieser Probleme.

 

Torsten: Neben MYTERI sind heute vor allem die Crust-/Black Metaller DÖDSRIT der heiße Scheiß! Vielen hier ist die Band geläufig. Mir ist sie bisher nur dem Namen nach bekannt. Doch sobald die Schweden anfangen zu musizieren, wird klar warum diese Band so beliebt ist. Das DÖDSRIT – Gebräu ist höchst atmosphärisch UND verbindet geradezu perfekt Crust und Black Metal. Der Sound der Band läßt sich schon als einzigartig beschreiben; mir ist keine andere Band geläufig, die so klingt wie DÖDSRIT. Die Band hat lange Songs, in denen man schwelgen und sich verlieren kann. Dazu gibt es herrliche Knüppelparts und noch herrlichere melodische Teile. Bei bestem Sound (Ace sei Dank!!!), spärlicher Beleuchtung und viel Nebel entfaltet sich eine ganz spezifische Stimmung, die dich definitiv nicht kalt lässt. Gänsehaut ist garantiert. Diese tollen Gitarrenharmonien bringen dich woanders hin, lassen dich innehalten. Bevor dann die fiese Stimme des Sängers einsetzt, die Drums einen schnelleren Takt vorgeben und du dich unversehens in der Realität wiederfindest. D – Beat sei Dank! ;-)

Philipp: DÖDSRIT beeindrucken mich tief. Ich habe Glück und kann früh am Abend das letzte Exemplar des Debuts abernten (auch nur, weil es versehentlich in der falschen Merchkiste gelandet war), bestelle mir den Nachfolger „Spirit Crusher“ gleich am Tag danach bei Alerta Antifascista. DÖDSRIT lassen die schwarze Flamme lodern. Beim Konzert denke ich manchmal, was die meisten Menschen eigentlich verpassen, die mit solchen Klängen nie konfrontiert werden. Vielleicht ist das auch ganz gut so, diese manchmal besessen erscheinende Tonkunst soll und darf ja niemals Mainstream werden. Selten habe ich eine so perfekt gelungene Blance aus Black-Metal-Raserei und übernatürlich schönen Schwelgemelodien gehört. Dieser Auftritt wird in Erinnerung bleiben.

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