MIDNIGHT PREY, TANITH / 08.11.2019 – Hamburg, Bambi Galore

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Kaum einem Album habe ich dieses Jahr so entgegen gefiebert wie „Uncertain Times“, dem Debüt-Longplayer der Hamburger Heavy-Rocker Midnight Prey. Am 7. November war’s endlich soweit: Winston, Hannes und Friesen luden zur Release-Party ins Bambi Galore – inzwischen DIE erste Adresse für kultige Metalkonzerte in unserer schönen Hansestadt. Schon Wochen im Voraus hatte ich mir den Termin fett im Kalender angestrichen. Und das gleich aus mehreren Gründen: Erstens sind Midnight Prey live eine absolute Macht, die ich mir gar nicht oft genug geben kann. Zweitens wollte ich mir das „Uncertain Times“-Vinyl gerne direkt am Release-Day krallen. Und drittens gab es an diesem Abend noch ein weiteres, ganz besonderes Schmankerl. Midnight Prey teilten sich die Bühne nämlich mit den großartigen Tanith aus New York, die in Hamburg den Auftakt ihrer ersten Europa-Tour gaben!

 

Um kurz nach halb neun ging’s los mit dem mächtigen Speed-Gewitter „The Tower“. Ein wuchtiger Opener mit prophetischer Wirkung. Denn der Sturm, den Midnight Preys Sänger und Gitarrist Winston im catchy Refrain heraufbeschwor („Storm will come, storm will come, to wash away what’s been here...“), sollte dann auch wahrhaftig über die zahlreich vor der Bühne versammelten Headbanger hereinbrechen – eine gute Dreiviertelstunde lang ohne Unterlass! Bei Krachern wie dem hymnischen „Black Forest“, dem auf Deutsch gesungenen „Stoff“ oder dem abwechslungsreichen „The Fall (Into the Atmosphere)“ gab es kein Halten mehr. Elektrizität lag in der Luft; wirbelnde Haare und trommelnde Fäuste ebenso. Ein richtiger Abriss! Mal rumpelten Midnight Prey in bester Venom-Manier nach vorne. Mal ballerten sie heftig wie alte Kreator drauf los. Mal zeigten sie sich wütend wie „No Future“-Punks. Mal jammten sie ausschweifend wie große 70er-Helden. Der knallharte Oldschool-Sound von Midnight Prey sprengt sämtliche Genre-Grenzen! Und manchmal auch Gitarrensaiten: Bei der gefeierten Untergrund-Hymne „Street Mafia“ gab es mittendrin eine kurze Zwangspause, um die Klampfe wieder fit zu machen. Aber kein Problem! Zwei kurze Schlagzeug- und Basssoli später machten die Jungs mit dem hit-verdächtigen Chorus weiter und das ganze Bambi Galore grölte mit ihnen: „Blood stained streets! Street mafia-a-a-ah“! Ein weiteres Highlight war die gleichermaßen simple wie wichtige Ansage zum eindringlichen „Wenn Es von Vorn Beginnt“, dem zweiten Song in deutscher Sprache auf dem neuen Album. „Ich bin kein Freund davon, große Predigten zu halten,“ hieß es mit Blick auf die aktuelle Lage der Nation. „Aber hier passieren Dinge, die wirklich besorgniserregend sind. Denkt immer dran: Wenn es von vorn beginnt, sind wir am Arsch“! Dafür gab’s natürlich Sonderapplaus. Mit „We Lose“ und „Uncertain Times“ bekam die Meute noch zwei weitere Kracher vor den Latz geknallt, ehe das lauthals mitgesungene Manilla-Road-Cover „Necropolis“ einen fulminanten Schlussstrich unter einen absoluten Spitzen-Gig setzte!

 

Selbiges gilt – soviel nehme ich schon mal vorweg – auch für Tanith! Zwar schaltete das amerikanisch-britische Viergespann in Punkto Heaviness locker drei Gänge zurück, dafür aber präsentierte die Band ihre epischen Rock-Songs mit einer geradezu magischen Leichtigkeit und Spielfreude. Optisch wie akkustisch fühlte ich mich weit mehr als nur „11 years back in time“ versetzt. Der geneigte Fan hat’s erkannt: Das war natürlich ein Textzitat aus dem Über-Song „Eleven Years“ von Tanith’s erster EP. Über diese famose Nummer durften wir uns ebenso freuen wie über die treibende A-Seite „Citadel“. Und natürlich boten uns Tanith auch alle Hits ihres ersten Longplayer „In Another Time“ – „Wing of the Owl“, „Under the Stars“ und „Dionysus“ seien hier exemplarisch genannt für die durchweg grandiose Tracklist. Ein Versatzstück des Tanith’schen Sounds, das mir seit jeher extrem gefallen hat, ist der zweistimmige Gesang von Bassistin Cindy Maynard und Gitarrist Russ Tippins; letzteren dürften viele von euch sicherlich durch sein Engagement bei der NWOBHM-Legende Satan kennen. Die beiden harmonieren wirklich perfekt und verleihen den ausgefeilten Kompositionen mit ihren warmen, angenehmen Stimmen zusätzliche Klasse – live genauso wie auf Platte. Auch der komplett gechillte Leadgitarrist Charles Newton und der versierte Schlagwerker Keith Robinson machten ihre Sache ausgezeichnet. Stilistisch fühlte ich mich oft an „Unsung Heroes“ wie Ashbury, Winterhawk oder Legend (US) erinnert. Aber auch „Big Names“ wie Creedence Clearwater Revival, Mountain oder die ganz frühen Styx schossen mir immer wieder durch den Kopf. Da passte auch das Coverstück, mit dem Tanith ihre beeindruckende Performance abschlossen, wie die Faust aufs viel zitierte Auge: bei Uriah Heeps zeitlosem Gassenhauer „Lady in Black“ sang das komplette Bambi Galore aus vollster (wenn auch nicht immer engelsgleicher) Kehle mit!  

 

So unterschiedlich die beiden Gruppen an diesem Abend auch waren, so gleichsam fantastisch waren ihre Auftritte! Wer dabei war, weiß sicherlich, wovon ich rede. Und wer’s verpasst hat, muss sich ebenfalls nicht grämen. Zum einen machen Midnight Preys „Uncertain Times“ und Taniths „In Another Time“ auch zuhause auf dem Plattenteller jede Menge Laune. Zum anderen gibt es schon bald die Möglichkeit zur Wiederholung: Midnight Prey zocken am 20. November mit den italienischen Oldschool-Warriors von Vultures Vengeance erneut bei uns in Norden; genauer gesagt bei dem hamburger HM-Fan-Club Tipsy Apes. Und Tanith werden wir nach diesem bombigen Stelldichein sicher auch wieder hier in Hamburg begrüßen drüfen.

Kommentare   

+2 #3 Matt 2019-11-11 17:42
Yeah welcome to the dreckige side!
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+1 #2 Tooobi_HH 2019-11-11 17:11
Danke, ich freu mich, dass ich jetzt mit an Bord bin!
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+1 #1 Philipp 2019-11-11 12:24
Boah, das hätte ich ZU gerne auch genossen! Beide Bands sind auf ihre Weise super.
Und: Gelungener Einstand, Tobias! Willkommen!
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