SHINING, SKITLIV, HELLSAW / 05.12.07 - Hamburg, Marx

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Huch!

…wenn die Tour von Endstille mit Dark Funeral hier ihren Platz findet, dürfte das mit dem Konzert von Shining, Skitliv und Hellsaw doch auch kein Problem sein, so denk ich mir.
Dieses Paket sollte auch nur auf den ersten konservativen Blick dem Black Metal zugeordnet werden. Denn was sich an jenem Abend so abspielte, ist meiner Meinung nach alles andere als der typische Ablauf eines Schwarzmetall-Abends.


Vorab sollte erwähnt werden, dass meine Begeisterung und Faszination für die Herren Shining nicht nur auf ihrem musikalischen Genie beruht, sondern auch auf ihrer aussergewöhnlichen Bühnenshow.
Bereits 2006 bot sich mir die Gelegenheit die Schweden live zu betrachten, ebenfalls im Marx. Ich würde soweit gehen und selbigen Gig als das intensivste Konzert meines jungen Lebens betrachten. Für Aussenstehende könnte man es recht treffend als ein Happening irgendwo zwischen David Lynch und GG Allin umschreiben.
Damals machte Mastermind Niklas Kvarforth schon viel Trubel um seine Person, als er zb dem anritzen seiner selbst und seinen Mitmusikern auf der Bühne nicht abgeneigt war. Dieses hervorprovozieren der eigenen Toleranzschwelle, gemischt mit leicht tuckigem Gehabe und einem enorm versprühtem Narzissmus war es, was den Abend vor 2 Jahren aus meiner Sicht einzigartig machte. Irgendwo schrieb danach auch mal jemand im Netz: „Noch nie zuvor stand ich in der ersten Reihe auf einem Konzert und hatte wirklich Angst“.

 
Dementsprechend hoch waren die Erwartungen jedenfalls für dieses Jahr.
Leicht alkoholisiert erreichte man Hamburg in einer ungewohnt großen Gruppe. Dementsprechend schnell ging es dann auch, dass sich selbige in kleineren Grüppchen in der Markthalle verteilte.
Als recht spät die erste Band begann, war unsereins noch der festen Überzeugung es könne sich nur um die verhältnismäßig unbekannten Hellsaw aus Österreich handeln.
Diese Erwartungshaltung wurde sodann widerlegt, als ein Kollege recht gelangweilt die Treppen nach draussen hinunterstieg und meinte ein blond gefärbter Maniac (Ex-Mayhem
--> Wacken 04 --> Schweinekopf im Moshpit --> Erinnerungswürdig) langweile gerade in ein pinkes Hawai Hemd gekleidet das halbe Marx.
Meine Ohren stellten sich auf: Wtf! Hier bietet sich einem mal eben eine rare Allstar Formation an und niemand scheint dies gebührend zu würdigen. Wen interessiert da schon die Musik!? ;) Also fix nach oben und in die eigenwilligen Doom Klänge der Norweger  (welche bisher lediglich eine Demo draussen haben) geschlüpft.
Irgendwo "Allstar" war das ganze deswegen, weil Kvarforth, Skitliv an der Gitarre aushalf. Dank Kapuze und vorübergehendem Mundschutz war dieser allerdings  nicht sofort zu erkennen.
Das Duo verstand sich erstaunlich gut und setzte dem puristischen Gejamme mit einem, in Black Metal Kreisen eher unüblichen Schmatzer zwischen den beiden Hauptakteueren die Krone auf. Mehr Punk denn Metal dacht ich mir. Schön.
War zusammengefasst jedenfalls eine nette Show, wenn auch viel zu kurzweilig. Die Musik ist sicherlich Gewöhnungssache, da sehr schwermütig und improvisiert wirkend. Die absurde Ausstrahlung des „Legenden“-Duos ist aber durchaus sehenswert. Dem ganzen würde ich in anderem Rahmen auf jeden fall erneut beiwohnen.

Nach Skitliv gab’s dann die Ösis von Hellsaw. Zumindest für den größten Teil des Publikums. Ich und ein Kollege zogen es vor die hiesige Norwegisch/Schwedische Elite beim  rumhängen + rummachen in den Markthallen Gefilden zu begutachten und nebenher ein paar überteuerte Astra zu verschlingen.
Der wagemutige Plan doch mal zu versuchen hinterm Merchandise Stand eine Pulle Wein zu erschnorren endete in einem netten Gespräch zwischen mir und dem Bassisten von Skitliv. Dieser gestand relativ schnell ursprünglich auch aus Deutschland zu kommen, nun aber eine neue Existenz in Norwegen zu begründen. Beneidenswert, wie ich manchmal denke…
Es wurde also viel getrunken und geklöhnt, bis Hellsaw irgendwann aufhörten, ohne dass ich sie zu Gesicht bekam.

Nun musste man nur noch die gefühlte Stunde bis zum Hauptact über-saufen. Gewisse Leute beherzigten dies auch durchaus gekonnt, so dass sie später Mutterseelenallein während Shining mit dem Kopp auf der Tischplatte pennten. Herzlichen Glückwunsch.

Es ist Halb 12 als Shining anfangen und in knapp 40 Minuten müssen wir uns so dann bereits auf den Weg zum Zug machen. Eine großartige Voraussetzung um diese Band (welche schlussendlich bis 1 gespielt haben soll) ungestört zu geniessen …not!
Auftakt war irgendwas vom aktuellen Werk „Halmstad“. Was für ein Gedröhne, sowohl von der Bühne, als auch in meinem Schädel, dachte ich. Im Nachhinein kam mir der ganze Gig durchaus etwas übersteuert vor.
Egal, es war mal wieder eine Freude diese Band zu sehen. Auch ohne Selbstverstümmelung. Wobei Shining in dieser Hinsicht natürlich irgendwo ein Stück an Menschenverachtung eingebüsst haben ..Schade. Aber nur verständlich, dass solche Shows nicht immer machbar sind. Irgendwann ist wohl einfach keine rote Flüssigkeit mehr vorhanden oder kein Platz mehr zwischen all den Narben.
Dafür gab’s wieder den gewohnt penetranten Narzissmus, welcher vielen Kvarforth unsympathisch werden lässt. Ich hingegen find ihn selten unangebrachter als zu dieser Band.
Er zeigte sich diesmal aber dennoch in einer nicht ganz so authentischen Weise. Nämlich als Herr K. empört hinter die Bühne ging als ein Typ ihn mit einem vollen Bier traf.
In meinem nicht unerheblichen Rausch hielt ich das ganze zunächst für eine einstudierte Vorstellung, quasi als Ersatz für das fehlende Blut oder so. Aber nein, der Gitarrist stürmte sogar von der Bühne nach vorne und bekundete lautstark er wolle den Bierwerfer ausserhalb der Halle haben, ansonsten ginge es nicht weiter ..
Betroffener Schelm hat in seinem Blog bei last.fm später auch davon erzählt, wie er vom Publikum um ihn herum angepöbelt wurde, dass diese doch ihre Show sehen wollen und wie er nur so dämlich sein könnte etc.
Interessante Sache …im Nachhinein. Vor Ort habe ich das ganze wie gesagt nicht allzu sehr realisiert und die knappen 2 Minuten unnötige Action waren auch schnell verflogen. Meiner persönlichen Meinung nach war beides unnötig, sowohl bei so einem doch eher intim gehaltenen Konzert den Asi raushängen zu lassen, als auch die verweichlichte Reaktion seitens der Band.
Das Konzert ging danach aber munter weiter mit so einigen Granaten. Und gerade als ich dazu aufgefordert wurde, den Rückweg zum Zug anzutreten gab’s dann auch noch meinen Favouriten der „Eerie Cold“ …argh, das durfte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
So verstrich die Zeit bis 0:12 Uhr und in 8 Minuten sollte mein Zug fahren.
Da hiess es die Beine in die Hand nehmen und völlig alleine den Rest aufholen. Um Punkt 20 nach kam ich dann auch am Gleis an und hörte bereits die Abfahrtssignale des Zuges.
Unbeeindruckt davon, dass der Schaffner mich noch sieht und somit den Zug wohl kaum losfahren lassen würde, stürze ich mich in Windeseile die Treppen des Hamburger Hbf’s hinunter …

 …heute morgen ist der Gips dann endlich abgekommen und ich kann schon wieder fast selbstständig laufen.

Zum Konzert bleibt noch zu sagen, dass es wie wohl zu erwarten war, in keinerlei Hinsicht an den skandalösen Shining Gig 2006 anknüpfen konnte, diese Band ihren Höhepunkt zudem wohl schon überschritten hat und ausserdem seit dem letztwöchigen Abend noch mehr Leute finden dürften, N. Kvarforth sei ein arroganter, pingeliger Rockstar.

Mich lässt das alles aber doch eher unbeeindruckt. Immerhin handelt es sich hier um eine der besten Bands dieses Planeten...

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