ANTI-FLAG, PIPEDOWN / 24.02.04 - Hamburg, Fabrik

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Dat war eine recht spontane Aktion: Wollte eigentlich nur ein letztes Mal bei 77 reingucken, bevor die Pforten dieses Ladens leider näxte Woche für immer geschlossen werden, da schnackt mich die am Tresen rumlungernde Marion an, ob ich heut Abend nich noch mit zu ANTI-FLAG wolle. Logen wollte ich! Selbst die Eröffnung, dass ein mir sehr vertrauter Helldriver namens Karl-Heinz Stiezel am Steuer sitzen werde, konnte mich nicht abschrecken. Also schnell noch 'nen Döner eingeworfen, die stinkige Konzertbuxe an und los ging's!

Die Fabrik war erwartungsgemäß sehr voll, aber nicht ausverkauft. Der Preis von 10,- Euro anner Abendkasse war für eine derart bekannte Band auch noch in korrekten Dimensionen (Nicht, dass ein höherer Bekanntheitsgrad automatisch zu höheren Ticketpreisen berechtigt). Eine sehr positive Überraschung waren gleich PIPEDOWN. Keiner (von uns) kannte sie, alle wurden überzeugt! Knalliger HardcorePunk, der einerseits was von dem treibenden, melodischen Stoff von ANTI-FLAG hatte, andererseits derbe Hardcore-Attacken mit fiesem Geschrei präsentierte. Ständig in Bewegung und mit kämpferischen Ansagen rissen die Amis das Publikum auch schon gut mit. Da wurde zu mehr Unity aufgerufen, die Faust in Richtung Bush-Regierung geballt und ANTI-FLAG für die Einladung gedankt. Der Sänger erinnerte mich von der Optik her ein wenig an einen jüngeren Jaz Coleman, wie er mit weit aufgerissenen und schwarz umränderten Augen in die Meute starrte. Leider musste er eine bittere Pille verkünden: Justin Sane, Sänger (und Gitarrist) von ANTI-FLAG, sei krank und könne nicht auftreten. Es wurde nicht ganz klar, ob Sane sogar im Krankenhaus war, aber es war wohl eine der zahlreichen Allergien, unter der er leidet. Ich hatte mich schon gewundert, dass heute nirgendwo Schilder hingen, dass man bitte nicht rauchen solle, da der ANTI-FLAG-Sänger eine Rauchallergie habe (find ich übrigens geil, wenn sich die Besucher dann freiwillig daran halten).

Was also taten ANTI-FLAG? Sie zockten trotzdem und zwar zu dritt, den Hauptanteil des Gesangs übernahm der Bassist. Vom ersten Ton an brach in der Fabrik ein Massenpit aus, der wirklich den gesamten Innenraum erfasste. Das insgesamt sehr junge Publikum honorierte also den Einsatz statt enttäuscht von dannen zu ziehen. Und obwohl ich natürlich gerne die komplette Band gesehen hätte und gerade den charismatischen Gesang liebe, machten die reduzierten Flaggenficker ihre Sache verdammt gut. Die Stimme des Bassisten klang zwar rauer, klang den Justin Sane-Gesangslinien aber teilweise verblüffend ähnlich. Auch von den Ansagen her ließ sich der Macker nicht lumpen und machte klare Fronten. Besonders geil fand ich, dass er sich dabei nicht auf Amerika beschränkte, sondern z.B. gegen ALLE Flaggen und damit verbundenen patriotischen Gefühle wetterte. Bei Songs wie "Fuck The Flag", "Power To The Peaceful", "This Machine Kills Fascists" oder "Bring Out Your Dead" befanden sich locker immer zehn Stagediver gleichzeitig auf der Bühne, was die Band gelassen hinnahm. Wie Jan auch schon in seiner "Nachhilfestunde" geschrieben hatte, zog der Drummer pausenlos kultige Grimassen und kloppte dabei gekonnt und keineswegs stumpf auf sein Set ein. Viel zu schnell verging die Zeit. Denke auch, dass einige Titel aufgrund der Situation aus der Playlist gestrichen worden waren (so vermisste man "Rank –n – File", dessen mehrstimmiger Refrain wohl so nicht gekommen wär). Die letzten Tracks hatten es aber noch mal in sich, bei "Turncoat" war das Publikum bald lauter als die Band – „TURNCOAT! KILLER! LIAR! THIEF!“ (gewidmet... na, wem wohl?) - und bei "Die For Your Government" hob dann fast die Hallendecke ab. Tolles Konzert, nächstes Mal hoffe ich auf einen gesunden Sänger und drücke dem Justin Sane die Daumen für eine baldige Genesung.
- Beitrag von: Philipp

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