KEEP IT TRUE XII / 2009 – Lauda-Königshofen, Tauberfrankenhalle, Tach 1

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In „Fleisch ist mein Gemüse“ schreibt Strunk sinngemäß, dass Hotels mit dem Namen „Deutscher Hof“ ziemlich so aussehen, wie der Name erahnen lässt. Unsere Absteige heißt „Deutsch Meister“, mehr müsst ihr nich wissen…

Also auf in ein Wochenende voller heißem Schwermetall, Spandexbuxen, betrunkener FinnInnen und fliegenden Haaren. Schwerter zu Heavy Metal-Deko!

Auf dem Menü: LIVING DEATH, EXUMER, ARMORED SAINT, TYRANT, RIGOR MORTIS, RUTHLESS, EXXPLORER, LIZZY BORDEN, CLOVEN HOOF, ABATTOIR, PICTURE und wat noch.

Während ich den Versuchungen des Metal Marktes noch halbwegs widerstehe, schlagen meine Mitreisenden gnadenlos zu und schleppen den Scheiß tütenweise raus. Aber ist wohl richtig so – die Inflation kommt, das Beste, was man machen kann, sind Schulden.

Mit IN SOLITUDE beginnt das Fest sehr gut, denn die Schweden kloppen Power Metal in der Güteklasse von PHARAOH oder JAG PANZER raus. Okay, ganz so gut nun auch nicht, aber gänzlich unpeinlich, zum Teil episch und doomy, aber nicht so sehr, wie es mich der Name erwarten ließ.

ATLANTEAN KODEX sind offenbar bereits vielen ein Begriff, denn die Texte werden sicher mitgeschmettert. Der Stil lehnt sich an frühen MANOWAR an, aber insgesamt steckt dann einfach zu wenig Druck dahinter, obwohl der Sound gut ist. Der Sänger könnte auch mit etwas mehr Power singen. Gut gefällt mir der letzte Song, den der etatmäßige Sänger im Duett mit einem Gastsänger absolviert und der gänsehautmäßige Melodien bietet.

Mit ordentlich Schmackes pfeffern die Amis von ASKA ihre Songs raus. Arschprofessionell, zum Teil schon etwas zu einstudiert, wieseln die Power-Metal-Halunken über die Bühne. Dem Sänger/Gitarristen muss man einiges an Können attestieren. Abzüglich einiger käsiger Melodien gefällt dat doch verflucht gut.

Nun zum ersten Mal die spannende Frage, ob sich eine alte Legende noch rüstig zeigt oder ob das Reanimieren alter glorreicher Zeiten peinlich in die Hose geht. CLOVEN HOOF überzeugen jedoch souverän auf ganzer Linie. Der Gesang kommt makellos, die Band hat offenbar Spaß dran. Aber kein Wunder, denn der Saal kocht nun und mittlerweile ist das gesamte KIT-Publikum anwesend und lässt langsam Plattenstände Plattenstände sein. „Crack The Whip“!

Mit RUTHLESS gleich die nächste 80er-Legende- Zum ersten Mal was schön Rohes, und das honorieren die vielen Thrasher. Von den beiden Platten „Discipline Of Steel“ (1985) und „Metal Without Mercy“ (1984) gibt es eigentlich alle Klassiker. So einige Fäuste recken sich zu den Mitgrölern „Discipline Of Steel“ und „Know No Evil“. Im Grunde schwerer, aggressiver Metal, der nicht zu technisch ist, sondern dieses rohe, primitive Flair ECHTEN Metals besitzt. Vom ROCK HARD damals verrissen, haben RUTHLESS den Test of time dennoch bestanden und können als zeitlos geil etikettiert werden.

Die Thrasher bleiben gleich vor Ort, schließlich gibbet nun EXUMER. Zunächst bleibt die Begeisterung jedoch gedämpft, denn gesanglich klingt das alles nicht exakt so wie früher. Überhaupt werden die Stücke etwas stumpfer runtergehackt, die alte Magie kommt nicht gänzlich auf. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber an die etwas ruppigere Interpretation und die schiere Energie und Brutalität reißt einen zu „Possessed By Fire“ oder „Fallen Saint“ dann doch in den mittlerweile wild kreiselnden Circle Pit. Dennoch – wenn man im Nachhinein an den Auftritt von RIGOR MORTIS (2. Tag) denkt und die Bands vergleicht, dann wird deutlich, dass EXUMER die Vibes ihrer Ursprünge nicht mehr so originalgetreu abzurufen vermögen.

Zwischendurch geht es immer wieder zur Karre, wo die leeren Bierbecher aufgefüllt werden. Ohne Karre, ohne Bierbecher, eigentlich ohne überhaupt wat sind die Kieler Nachwuchsthrasher von REZET da. Keine Knete, einfach den Daumen in den Wind und ab zum KIT. Zum Pennen schnorrt man sich in irgendwelche Zelte, die Grundnahrungsmittel werden vom Verkauf eigener CDs finanziert. Holt euch „Toxic Avenger“ und REZET können weitersaufen!

Das fröhliche Miteinander muss aber unterbrochen werden, denn wegen EXXPLORER habe ich schon zittrige Knie. Deren „Symphonies Of Steel“ (1985) dürfte zu meinen meistgehörtesten Platten überhaupt gehören. Essen, Schlafen oder Sex traten damals als menschliche Grundbedürfnisse deutlich zurück – die mindestens tägliche Einfuhr dieses makellosen Meisterwerks ging vor. Wird der Sänger Lennie Rizzo noch diese stimmliche Qualität aufweisen? Wird die Band die Magie von Songs wie „Run For Tomorrow“, „City Streets“ oder „World War III“ jetzt noch live reproduzieren können? Die Antwort: ein fettes Ja! Was für eine Abfahrt! Nie hätte ich gedacht, diese Songs mal live zu hören (ein Satz, der sicher jedes Jahr in mehreren Sprachen auf dem KIT formuliert wird). Die Band wirkt sehr berührt, dass sich so viele Menschen an ihre Songs erinnern und so emotional auf die Darbietung reagieren. Gestandene Schüttelrüben wischen sich verstohlen Tränen aus den Augen, als Zeilen wie „This is the story of World War III / A harder war there will never be / People dying and children crying / It’s a fate that’s soon to be“ intoniert werden. Vom ‘94er Album gibt es „Beg, Borrow And Steel“, ansonsten konzentriert sich die Band zum Glück auf ihr Debut. Ganz groß!

Tja, und wenn ich nicht gerade „Symphonies Of Steel“ gehört hab, war an obige Grundbedürfnisse immer noch lange nicht zu denken: Es galt schließlich noch „Legions Of The Dead“ (1985) und „Too Late To Pray“ (1987) zu inhalieren. Die US-Metaller TYRANT gehören sicherlich zu den allerkultigsten und kauzigsten Bands, die der Metal hervorgebracht hat. Oder wie Matthias Herr es – den Nagel auf den Kopf treffend – formuliert: „…gelingt eine aberwitzig-geniale musikalische Umsetzung mittels düster-schwerer, gleichwohl agil-dynamischer klanglicher Heavy Metal-Untermalung (…) Diese Mischung war bis dato unbekannt, hatten wir seitdem auch nicht wieder“ (HM Lexikon Vol. 1) Aber zumindest heute gibt es diese Mischung wieder: Schon als die Band auf die Bühne kommt, atme ich auf: Leder, Nieten, Nieten, Leder und in Würde gealtert. Und: DIESE STIMME! Es ist alles da, was auf den Platten zu hören ist. Puh, ich bekomm jetzt noch beim Tippen Gänsehaut, wenn ich an die enthusiastisch dargebotenen Versionen (der Sänger verpasst vor lauter Bangen gleich den ersten Einsatz) von „Legions Of The Damned“, „Warriors Of Metal“ oder „The Battle Of Armageddon“ denke. Auch das (gute!) Comeback-Album „King Of Kings“ (1996) wird mit dem Titelsong bedacht.

Eigentlich MUSS nach zwei derartigen Höhepunkten nun die Qualität der Darbietung doch auch mal absinken. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ABATTOIR dieses Niveau halten, denk ich noch kurz vor der Show, schließlich konnten sie an die Thrash-Eruption „Vicious Attack“ (1985) nie wirklich anschließen („The Only Safe Place“ ist mir zu poliert). Und wie soll der Sänger heute noch so räudig und wild klingen? Aber Pustekuchen! ABATTOIR wirken wie aus dem Jahre 1985 auf die Bühne gebeamt, als hätten sie nie etwas Anderes gemacht. Perfekt eingespielt und rotzig zugleich werden „Screams From The Grave“, „Don’t Walk Alone“ (was für ein Refrain!), „The Enemy“, „Hammer Of The Gods“ oder die schlicht beste Coverversion von „Ace Of Spades“ EVER dargeboten – der Pit kocht über! Man muss den Scheiß eigentlich gesehen haben, um meine Begeisterung zu verstehen. Dass diese Songs derart professionell und zugleich derart wild präsentiert werden können, ist die Überraschung des Abends.

Okay, auch LIZZY BORDEN sind natürlich noch voll im Saft, man wundert sich mittlerweile über gar nichts mehr. Mir ist es nur ein wenig zu viel Theatralik, zu viel „Musical“-Flair mit enthaupteten Jungfrauen, Kostümwechseln usw. Stimmlich aber macht der olle LIZZY fast schon Dickinson Konkurrenz, die Playlist konzentriert sich auf die besten Songs und der Sound ist – wie das gesamte Festival über- 1A. Bereitet also definitiv auch Freude, allerdings war der Tag intensiv und LIZZY BORDEN spielen zu lange, um meine Aufmerksamkeit die ganze Zeit über zu fesseln.

Daher zurück ins „Deutsch Meister“, zwei, drei Absacker und auffen nächsten Tag freuen. Metal!

Kommentare   

0 #2 Philipp 2023-03-10 21:20
Rest easy, Jim Durkin!
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+1 #1 siggi sick 2009-05-18 20:35
geil ,screams from the grave,schnell die alte pllaate rausgekramt,und aufgedreht,super ,hoffe die kommen noch mal auf tour,heavy metal will never die!!!!
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