KEEP IT TRUE XIV / 30.04.2011 - Lauda-Königshofen, Tauberfrankenhalle, Tag 2

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Guten Morgen Hotel Deutschmeister. Während 2,5 Milliarden Menschen sich auf eine verschissene Prinzenhochzeit freuen, feiert die KIT-Gemeinde die Tatsache, dass heute mit METALUCIFER, SACRIFICE, SATAN, MALICE, LEATHER, ENFORCER, SARACEN, CRIMSON GLORY, DEATH DEALER und SIGN OF THE JACKAL allercremigste Heavy-Metal-Perlen zum Rübenschütteln aufspielen.

METALUCIFER

Fotos von Oliver "Bomber" Barth

 

 

Kollege Magnus (lassen wir den Lord mal weg) entdeckt beim morgendlichen Begutachten der Scheibenernte, dass er gestern das Debut von BROCAS HELM doch glatt ZWEIMAL erstanden hat, hehe. Ich hab mir zwar auch schon mal auf Börsen oder Flohmärkten aus Versehen ‘ne Platte gekauft, die ich schon hatte, aber an einem Tag doppelt zuzugreifen, ist schon ‘ne Leistung…

SIGN OF THE JACKAL

Erste Band sind heute SIGN OF THE JACKAL aus Italien, welche einen idealen Start in den Tag ermöglichen. Nicht übermäßig komplizierter, sondern vielmehr strikt nach vorne gezockter Metal mit Sängerin bläst die noch etwas weiche Birne wieder frei (Referenzen: frühe WARLOCK und ACID). Wirklich charmant und ungekünstelt agiert die Sängerin, die sich über die prallvolle Halle und die Tatsache, dass sich in den ersten Reihen die Mitglieder von DAMIEN THORNE tummeln, freut. Da wird letzteren doch gleich ihr eigener Song „Sign Of The Jackal“ gewidmet, den wir somit an diesem Wochenende zum zweiten Mal hören. Weitere Cover stammen von BLACK KNIGHT und MEGHAN („Head Over Heels“), womit die Band elegant zeigt, dass sie aus Underground-Gourmets besteht. Sehr schön auch der zweistimmige Gesang, wenn in den Refrains der Gitarrist dazustößt.

http://www.myspace.com/signofthejackalmetal

ENFORCER

Bei ENFORCER ist die Halle sogar noch voller und die Stimmung schießt von Null auf Hundert in Bereiche, die man nicht unbedingt um 13.00 Uhr erwartet. So einen energiegeladenen Auftritt hatte ich mir von den Schweden auch erhofft. Wie auf der Tour in Hamburg beobachtet, bedient Sänger Olof weiterhin zusätzlich die Gitarre. Hamburg war allerdings Tourstart und mittlerweile hat er die Sache deutlich besser im Griff. ENFORCER geben wie immer Vollgas und können bei „On The Loose“, „Katana“, „High Roller“, „Diamonds“, „Midnight Vice“ oder „Take Me To Hell“ auf Tausende gereckte Fäuste und flatternde Zäpfchen gucken (letzteres natürlich, weil die Banger ihre Mäuler beim Mitgrölen derart weit aufsperren). Wenn es eine Band gibt, vor der Väter ihre Töchter durch ein Besuchsverbot beschützen müssen, dann sind das wohl die gierigen ENFORCER!

http://www.myspace.com/enforcerswe

SARACEN

Ausgerechnet der Jüngste in unserer Reisegruppe hat uns auf das dreißigjährige Jubiläum der SARACEN-Platte „Heroes, Saints And Fools“ aufmerksam gemacht. Eine Platte, die ich noch nicht für mich entdeckt hatte und die mir bei der Anreise auf Anhieb gefallen hatte. Leider ist das Ding noch während des Auftritts ausverkauft, aber die entsprechende mentale Notiz, dass hier eine Lücke in meiner Sammlung klafft, meißele ich mir ins Hirn. Denn SARACEN sind im Gegensatz zu ihrem Fast-Namensvetter Sarrazin offen für interessante Einflüsse und Ideen... NWoBHM ist die Hauptzutat, dazu gesellen sich eine schwere Orgel, Siebziger-Prog-Wahnsinn, herrliche Melodien und ein angenehm tönender Sänger. Wie man immer wieder erlebt, sorgen alte NWoBHM-Recken live für besondere Begeisterung, ich sag nur JAMESON RAID. Es mag an der spürbaren Authentizität liegen, an gänzlich fehlender Affektiertheit. Die Band genießt ihre Zeit, das spürt man deutlich.

http://www.myspace.com/saracenuk

METALUCIFER

Discowixer erzittern, wenn Neal „Metal Master“ Tanaka entweder die japanische oder die europäisch-japanische Besetzung von METALUCIFER über den Globus sendet (Ja, ZWEI Besetzungen, damit möglichst flächendeckend metallisiert werden kann, Unwürdiger)! Metaller hingegen bejubeln jedes Wort, welches Sänger Gezol ihnen entgegenschmettert. Auch wenn man nicht jedes davon verstehen kann… Los geht es mit „Heavy Metal Ironfists“, auf das „Heavy Metal Drill“ folgt, gesteigert durch „Heavy Metal Bulldozer“. Zwischendurch wird gern mal Tanaka auf die Bühne gebeten – der schwenkt grinsend Geräte, die sonst eher im Baumarkt vorzufinden sind – Drillbohrer, Kettensäge… Was für ein Highlight! Gezol fragt: „Do you know, which is radio channel No 1 in Japan?” - und klärt auf: “It’s Radio Activity!” An der Gitarre übrigens Blumi von METAL INQUISITOR, der sich mit dem Bassisten die gebölkten Refrains teilt – wie “Heavy Metal Revolution“, „Heavy Metal Samurai“, „Heavy Metal Chainsaw“ oder „Heavy Metal Hunter“. Plötzlich stürmt ein Typ mit Schweinemaske (Schlipsknoten-Style) und „I love NU METAL“-T-Shirt auf die Bühne, der Gezol zu Boden reißt! Doch da taucht wieder Tanaka auf und rettet nicht nur seinen Sänger, sondern läutert den armen Mainstream-Verseuchten durch ein bisschen Gerüttel und entlässt ihn im True-Metal-Outfit… Ohne Worte…

http://www.myspace.com/metaluciferfansite (Heavy Metal Myspace)

DEATH DEALER

Nach so einem Hammer fällt es einigen in unserem Camp schwer, der Versuchung zu widerstehen, am Auto zu bleiben und zu feiern. Doch eine Dosis Canadian Metal lockt mich in die Halle, zumal sich die „Keeper Of The Flame“-LP (damals hatte sich die Band umbenannt - in den etwas dämlichen Namen DEAF DEALER) recht häufig in meiner Hütte gedreht hat. DEATH DEALER sind den Besuch auch wert, können allerdings in der Tat als die Band betrachtet werden, bei der man am ehesten mal eine Pause einlegen kann. Die Band ist schlicht gut, aber auch nicht aufsehenerregend. Ein korrekter Sänger, traditionelles Riffing und ein paar Semi-Hits wie „Cross My Way“ oder „Coercion To Kill“ sind auf der Haben-Seite zu verbuchen. Man muss es dem Gesamtniveau des Festivals zuschreiben, dass dieser Auftritt als weniger spektakulär empfunden wird.

http://www.myspace.com/deafdealerqc

Slefge / Leather

Gespannt ist die Gemeinde natürlich, was die ehemalige CHASTAIN-Sängerin Leather Leone mit ihrer neuen Band SLEDGE/LEATHER bieten würde. Die Band besteht z.T. aus alten Weggefährtinnen, denn mit der Schlagzeugerin Sledge spielte Leather früher bei RUDE GIRL und MALIBU BARBI. Dazu gesellen sich Bassistin Betze (BITCHES BREW) und Gitarrist Brett (METAL PRIESTESS), was somit endlich mal wieder eine Band ist, die das ungleich besetzte Geschlechterverhältnis im Metal ETWAS ausgleicht. Die anderen Bandmitglieder wollen sich sicherlich nicht als Leather-Backingband verstanden wissen, daher kommen lediglich drei CHASTAIN-Songs („Ruler Of The Wasteland“, „Angel Of Mercy“, Voice Of The Cult“). Das ist zwar verständlich, aber auch etwas schade, denn ehrlich gesagt plätschert der Rest des Materials vor sich hin. Die Stimmung bei den erwähnten Songs spricht Bände, hätten die sich auf CHASTAIN-Kracher konzentriert, würden sie klar besser ankommen. Was soll’s, Leather ist hervorragend bei Stimme und so kann die Band dennoch punkten.

http://www.facebook.com/SledgeLeatherProject

SACRIFICE

Nun bloß nicht zu lange vor der Halle rumhängen, denn vom ersten Euro-Auftritt von SACRIFICE will ich keine Scheißsekunde verpassen. So stehen wir dann auch in der noch lange nicht vollen Halle, als SACRIFICE völlig unprätentiös (kein Intro, kein Backdrop) loslegen. Lediglich die knappen Worte „We’re SACRIFICE from Toronto“ warnen den Mob vor der sonischen Keule, die nun auf ihn herniedersaust. Ich muss an den Text von PROPAGANDHIs „The Banger’s Embrace“ denken, in welchem die kanadischen Kumpels von SACRIFICE deren erste Reunion-Show abfeiern (sollte übrigens JEDER Mensch kennen). „We were fucking stoked unlike we’d been since we were pimpled, pubeless teens. From every corner of the world our fellow maniacs arrived to prove the meaning of the tunes had not been lost through time’s antiquity, but have survived to leave this monumental sign”. Schnell füllt sich die Halle und bereits ab dem zweiten Song gibt es einen anständigen Circle Pit. Der Sound ist glashart und ermöglicht, dass man jede Nuance des messerscharfen Riffings und des unnachahmlichen Raubtiergesangs von Rob genießen kann. Gänsehaut bei Killern wie „Forward To Termination“ (“They stormed the stage a thrashing rage, we all screamed, ‘Terminate!!!’”), „The Ones I Condemn“, „In Defiance“, „Cyanide“, „Hiroshima“, „Soldiers Of Misfortune“, „Infernal Visions“, “Afterlife”, “Burned At The Stake”, “Pyrokinesis” oder dem finalen Rübenabschrauber “Re-Animation”. Warum ich die Playlist noch recht genau weiß? Ich quäle einen guten Kumpel und riesigen SACRIFICE-Addict, der nicht vor Ort ist, durch SMS in Echtzeit mit den gerade gespielten Songtiteln… („When the music died, two ends of time had been neatly tied.“) Okay, ihr fragt mich, warum SACRIFICE besser als fast ALLE anderen THRASH-Metal-Combos sind? Weil sie die fiesesten Rifforgien zocken, rasend schnell, nicht zu technisch, hier und da gezielteste Brutalo-Breaks einstreuen und Refrains, an denen sich heutzutage selbst SLAYER die Zähne ausbeißen. UND sie sind 2011 keinen Deut schlechter als zu „Torment In Fire“-Zeiten. („We stormed into streets a pack of raging troglodytes!“)

SACRIFICE - Circle Pit

http://www.myspace.com/sacrificecanada

SATAN

Nach 28 Jahren treten SATAN wieder im Line-Up ihres Debut-Klassikers an. Und versetzen das KIT-Publikum nahezu in einen Rauschzustand! Mit Schaum vorm Mund werden die in die Gene der Schüttelrüben eingedrungenen Songs mitgebrüllt. Brian Ross fragt sich, uns und seine Mitstreiter nicht ohne Grund, warum sie so lange mit dieser Reunion gewartet haben. Die Songs des „Court In The Act“-Klassikers werden in der Originalreihenfolge gespielt (Höhepunkt für mich das atmosphärisch dichte „Alone In The Dock“) – es gibt ganz offensichtlich weder auf noch vor der Bühne jemanden, den das kalt lässt. Die Bandmitglieder grinsen sich jedenfalls häufig an und zelebrieren dieses besondere Konzert. Diese Spielfreude mochte ich auch immer bei SKYCLAD, wo Steve Ramsey und Greame English bekanntlich weiterhin spielen. Obendrauf gibt es zusätzlich die von Livescheiben, der ersten 7“ und BLITZKRIEG bekannten Songs „Oppression“, „Kiss Of Death“ und „Pull The Trigger“. Jetzt würde ich mich freuen, wenn jemand den späteren Sänger der Band, Michael Jackson, irgendwo ausgräbt und die Band Songs von „Into The Future“, „Suspended Sentence“ und der Folgeband PARIAH präsentierte!

http://www.myspace.com/satanscourt

MALICE

Witzigerweise erzählen mittlerweile viele Menschen, wie gut MALICE damals als Support auf der „Reign In Blood“-Tour von SLAYER gewesen seien. Komisch, denn mir kam es im Hamburger Docks so vor, als sei ich der EINZIGE, der den klassischen Metal der Band geliebt hat, während andere buhten, mit Bierbechern oder Klorollen warfen. Heute sieht es auf jeden Fall anders aus, MALICE werden gebührend abgefeiert. Keine andere Band hat sich so genial im Stilbereich von JUDAS PRIEST bewegt und dabei dennoch derart eigenständige Songs geschrieben. Nur leider ohne Originalsänger James Neal, dafür mit James Rivera von HELSTAR. Der ist natürlich ein brillanter Metalsänger, nur ist seine Stimme schon wieder dermaßen speziell und eigenständig, dass es sich eben nicht 100%ig nach MALICE anhört. Ändert natürlich nichts daran, dass es einen Riesenspaß macht, Songs wie „Against The Empire“, „Air Attack“, „No Haven For The Raven“, „Sinister Double“, „Chain Gang Woman“ oder „Godz Of Thunder“ endlich mal wieder live zu hören. Irre ist der Größenunterschied zwischen dem lütten Rivera und den Zwei-Meter-Gitarristen, an denen Profi-Basketballspieler verloren gegangen sind (oder, wie Magnus sagt: „Was das denn? Giants and Midgets?“)…

http://www.myspace.com/maliceamericanmetal

CRIMSON GLORY

Buhu, schon geht es zur letzten Band. Der Auftritt von CRIMSON GLORY lässt mich allerdings vollständig vergessen, dass das KIT sich bereits wieder dem Ende nähert, und kann als sensationell bezeichnet werden. Nach dem Tod von Midnight (v) hatte ich NIE damit gerechnet, dass sich ein Sänger finden lässt, der den charismatischen Gesangsstil des Originalsängers hinbekommen könnte. Doch Todd LaTorre, mir bisher unbekannt, schafft das Unfassliche: CRIMSON GLORY liefern pure Magie, spielen einen Auftritt, der unter die Haut geht. Respektvoll weist die Band auf das Gedenken an Midnight hin und zollt dem Verstorbenen somit Tribut. Fast alle Stücke der beiden Meisterwerke (das Debut und „Transcendence“) kommen zum Zug, besonders in Wallung bringen mich „Queen Of The Masquerade“, „Lady Of Winter“, „Burning Bridges“ und „Red Sharks“, wobei es eigentlich nicht einen schwachen Moment gibt. Es soll aber noch besser kommen: Die Band geht von der Bühne, nach einer kurzen Pause kommt LaTorre zurück – mit einer silbernen Maske, wie sie die Bandmitglieder in den Anfangstagen getragen hatten und kündigt „Lost Reflection“ an. Was soll ich sagen. Ergreifend! Veranstalter Oliver Weinsheimer schreibt wenig später auf seiner Facebookseite: „this is maybe the best performance EVER at KIT“ zu diesem Song – ich kann mich nur ähnlich euphorisch äußern, wirklich PERFEKT gesungen, nein, GELEBT.

http://www.myspace.com/crimsonglory

Bleibt nur noch, den Tag ausklingen zu lassen und sich aufs nächste Jahr zu freuen, für das bereits SWORD (yeah!), TENSION, PORTRAIT, ADRAMELCH, MYSTIK, VOLTURE, OZ, OSTROGOTH, eine Fortsetzung des NWOBHM-Tributs und weitere Klamotten angekündigt sind.

Wer beim Lesen mitgezählt hat, wird gemerkt haben: Ich habe alle Bands gesehen. Von daher ist unser gemeinschaftliches Fazit umso erstaunlicher: Nicht ein einziger fauler Fisch schwamm im truen Teich!

Abermals: Respekt und Dank für dieses Festival an Oliver & Crew – ONWARD TO KIT XV!

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