SLIME / 07.05.2011 - Hamburg, Jolly-Roger-Bühne @Hafengeburtstag
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 09. Mai 2011 16:02
- Geschrieben von toffi
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[Folgender Artikel ist lediglich eine unvollständige Schilderung von Grenzerfahrungen unter Alkoholeinfluss in menschenfeindlicher Umgebung. Der Autor.]
Prolog: Reunion, oh folgenschwere Tat! Gebärst Legenden aus wiederauferstandenen Heldengestalten und sähst zugleich Spott und Hohn über allzu wagemutige Narren bis in alle Ewigkeit. Welches Schicksal du wohl bereit hälst für diese einst aufmüpfige Gemeinschaft junger Männer, welche sich Anno 1979 daran machte Millionen und Abermillionen von Menschenkindern auf ewig zu verderben und sich nun zusammenfindet, um auf ein Neues ihr Glück zu suchen?
Hamburger Hafen, Tatort Jolly-Roger-Bühne. Im Deckmantel der 822. Jährung des Tores zur kapitalistischen Welt, betreten mehrere angegraute Männer in skurrilen Outfits die noch warm gespielten Planken. Eine comichaft überzeichnete Mischung aus wasserstoffblondem Billy Idol und wohlstandswanstigem Howard Carpendale grabscht nach dem Mikrofon und stimmt zum A.C.A.B. an. Kein Zweifel, das müssen SLIME sein. Gefühlte 1000 Menschen, darunter auch der Autor, wissen das Gesehene und Gehörte auf die Schnelle nicht logisch zu verarbeiten und verfallen augenblicklich in willenloses Mitschreien und das nicht zu knapp.
Ein Hit jagt den Nächsten: "Legal-Illegal-Scheißegal", "Bullenscheine", "Alle Gegen Alle", "Störtebecker", "Streetfight", "Schweineherbst", "Karlsquell", "Polizei SA/SS"... Songs die über Generationen Sommer für Sommer auf leiernden Tapes aus plärrenden Kassettentoastern die Bahnhofsvorplätze, Parks und Kinderzimmer der Republik beschallten. Das abgestandene Astra aus der Flasche schmeckt plötzlich nach einer frisch aufgerupften Dose Karsquell, alle Stricke reißen und der Autor fühlt sich wieder wie 16 und sturzbetrunken. Nach und nach muss er leider realisieren, dass nur letzterer Zustand ansatzweise der Realität entspricht. Was da auf der Bühne vor ihm abgeht, sollte Jugenderinnerung und Kult sein, ist es irgendwie auch, aber irgendwie dann auch wieder nicht. Der Sound zu dünn, die Stimme auf Musikantenstadl-Niveau, sämtliche Protagonisten viel zu affektiert am Werk, am Ende vielleicht doch einfach zu alt?!
MOLOTOW SODA gaben eine halbe Stunde vorher rein optisch und in Sachen Bewegung auch nicht das frischeste Bild ab aber bei denen kam das ehrlicher rüber. Weniger Gelaber, mehr Spaß und einfach stumpf nach vorne wie man das schon immer gemacht hat. Bei SLIME ist dagegen irgendwas auf der Strecke geblieben und vermutlich ist es in der Tat die Ehrlichkeit, die hier fehlt. Sich auf die Bühne stellen und Klassiker von damals zocken ist eine Sache, aber das, was man spielt auch noch so zu meinen und im Idealfall zu leben ein ganz anderes Paar Schuhe.
So beschleicht den Hörer spätestens bei "Linke Spiesser" das Gefühl, man gäbe hier eine Persiflage auf sich selbst zum besten oder versucht sich als Deutschpunk-Tribute-Band. Da retten auch Ansagen über Hafenstraße, Sankt Pauli und prügelnden Polizeiapparat nix mehr, sondern erwecken vielmehr das Bild, als wolle man krampfhaft noch den Zug erwischen, der auf dem Nachbargleis schon längst in Gegenrichtung wieder einläuft. "Deutschland muss sterben!" wird zwar noch mal mitgegröhlt doch siegt hier Pflichtgefühl über Begeisterung und am Ende ist das allgemeine Gesprächsthema der im Publikum entdeckte ebenfalls mitschmetternde RTL2-Promikoch und nicht die zum ersten und wohl letzten Mal live gesehene Legende.
Schade aber nach den grandiosen Klogriffen von RUBBERSLIME oder gar WIZO auch irgendwie absehbar. Wenn BONEHOUSE in 10 Jahren auf der Kieler Woche re-unieren, dann lös ich persönlich die Bremse an Philipps Rolli und kipp ihn in die Förde! Goldene Türme wachsen nunmal nicht endlos.
Kommentare
Up to the front - clutches in the air, right!
...Rooohoooooll - roll bastards!!
Es war zwar net, aber eben echt nur nett. Abnehmen kann man den Jungens (und der Dame) das irgendwie nicht mehr.
Schon gar nicht nach Gerichtsverhandlungen und dem Rubberslime Klogriff. Mahler wird schon wissen, wieso er da nicht im Boot sitzt.
Ohne den Kultfaktor wäre das einfach nur belanglos und belächelt worden.
YEEEAH, Bonehouse Reunion... WHEELCHAIRROLLER
Schreib gerade meine Sicht auf den Kieler Auftritt und es gibt hier mehrere Parallelen, zum Teil ähnliche Zitate. Naja, manches liegt in der Natur der Sache...
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