SODIUM, AND THEN THEY RUN, RELENTLESS, RARE FACTION / 22.07.2011 - Neumünster, AJZ

0 Dislike0

Die Tour von den Sodiummsen und Andthentheyrunsen steht wahrlich unter keinem guten Stern: Erst müssen beide Bands krankheitsbedingt Mitglieder durch befreundete Musiker ersetzen (http://www.dremufuestias.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3354:phlegmatix-sodium-16072011-kiel-schaubude&catid=15&Itemid=26), dann gibt Feuerwehrmann Bockys linke Hand einen Tag vor Tourstart den Geist auf! Hat der Gute zu viel an den Fingerverrenkriffs von ATTR rumgeübt! Doch wenigstens heute will Bocky trotzdem zocken und für den Rest der Tour will Henrik von SODIUM einspringen – da drücke nicht nur ich die Daumen!

SDM


Unsere Reisegruppe eilt per Bahn pünktlich zum Ort des Geschehens – der anvisierte frühe Anfangszeitpunkt wird bei weitem nicht eingehalten. Doch drauf geschissen, Langeweile ist konterrevolutionär und hier sind viel zu viel nette Menschen, als dass ebenjene aufkommen könnte. Sehr geil finde ich, dass das Konzert nicht auf der großen Bühne stattfindet, sondern eine Floorshow ist. Ist gerade im AJZ absolut sinnvoll und bringt dem ganzen Abend einen enormen Stimmungsschub. Am Merchstand fällt positiv auf, dass ATTR Bandsupport betreiben, indem sie den Kram von befreundeten Knalltütenbands verscherbeln. Da greif ich doch ins pralle Leben und ernte Tonträger von ALWAYS WANTED WAR, ANY PORT IN THE STORM und EARLY & OFTEN ab.

Irgendwann beginnen RARE FACTION. Eigentlich ‘ne ganz fitte Band, die nur leider eine Art Zeitgeistmetal macht, auf den ich persönlich nicht so stehe. Die Piepels von RF mögen halt offensichtlich sehr IN FLAMES und so. Da sind dann zwar schöne Knatterparts dabei, aber das Songwriting ist insgesamt doch recht vorhersehbar. Vor allem diesen typischen Wechsel von Schrei- zu Cleangesang kann ich nicht so haben. An sich macht der Sänger seine Sache aber gut und kommt mit quasseligen Ansagen und Ausflügen in den Besucherhaufen sympathisch rüber. Ein paar Songs weniger wären übrigens sozialer gewesen…

RELENTLESS… Oh Mann… Mir ist es ja wumpe, ob eine Band technisch brillieren kann. Viele meiner liebsten Tonträger sind schludrig eingespielt und überzeugen auf ganz anderen Ebenen. Wenn es aber rumpelt, keine Power hat UND auch ansonsten keine Überraschungen kommen, wird es eng. File under: Dorf Metal. Der Schlagzeuger stellt sich zwar sechs Toms (!) hin, zeigt sich aber eher überfordert und wird in jedem Stück langsamer. Schlimmer: Dem Sänger/Gitarristen von RELENTLESS ist die nötige Eigenironie fremd. Obwohl ihn lediglich die üblichen sieben Kumpels (in einer sich umarmenden Reihe direkt vor der Band stehend…) abfeiern, gibt es Rockstaransagen vom Fließband: „Seid ihr gut drauf?“, „Wollt ihr noch meeehr?“… Zum Glück bin ich gerade so gut drauf, dass meine Laune NICHTS verhageln kann.

Darauf kommt der Auftritt von ATTR einem reinigenden Sommerregen gleich! So gut hat mir die Band tatsächlich noch nie gefallen. Kann natürlich subjektiv sein und an meiner erwähnten guten Laune liegen oder daran, dass ich die Songs mittlerweile besser kenne („The Core And The Shell“ ist übrigens der Burner schlechthin). ATTR wirbeln übers Parkett, mittendrin wirbelt Bocky trotz Sehnenscheidendingsie und zockt die metallischsten Läufe, als hätte er nie was anderes getan. Da flutschen mir die Humpen doch gleich songweise in den Schlund. Pete widmet „A Mouthful Of Scorn“  allen, die keinen Bock auf „highbrow-talking“ oder „Neue-Schuhe-Talk“ haben (herrliche Textzeile!). Yeah – burn the virtues and stone the prophet! Selbst Czassi, der zwischendurch mit offizieller Erlaubnis einen miesen Witz erzählen darf, kann die Quali nicht mindern…

SDM

Eigentlich müsste man jetzt die Nerven beruhigen, ein kleines Schläfchen halten, wieder runterkommen. Doch dazu geben SODIUM uns keine Chance. Auch hier würde ich sagen, dass diese Band sich heute selbst übertrifft. Beim letzten Mal war Lucas richtig heftig heiser, aber die Stimme hat sich mittlerweile gut erholt. Das heisere Krächzen kam ja neulich auch ganz passend, aber heute ist eben deutlich mehr Dampf unterm Kessel, außerdem merkt man dem Schnurrbartträger an, dass er sich deutlich wohler fühlt. Die Ausnahmebesetzung mit Henrik an der Gitarre und PHLEGMATIX‘ Czassi am Bass klingt heute auch viel besser und eingespielter. Die neusten Songs (gibt übrigens vom Marcello-Tape jetzt auch eine CD-Version mit suizidaler Optik) haben eine perfekte Mischung aus Brachialgeknüppel und ruhigeren Düstermomenten, bei denen du dich einsam und frosterstarrt im Wald herumirrend wähnst.

Perfekter Tourstart, keine Frage. Wir haben noch genau ausreichend Zeit, um den letzten Zug zu erwischen und vorher allen Beteiligten zu wünschen, dass sie diese Tour überleben mögen. Wehe, es gibt kein Tourtagebuch!

{joomplucat:114 limit=4|columns=4|ordering=random}

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv