WOLF DOWN, BENCHPRESS, NO SECOND CHANCE, BITTER VERSES, GONE TO WASTE / 04.01.2014 – Hamburg, Hafenklang

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Auf dieses Konzert war ich im Vorfeld mal wirklich gespannt. Ich war nicht sicher, ob gleich fünf Bands dieser Hardcore-Spielart zu viel des Guten und einfach langweilig sein könnten. Eine gewisse Skepsis hegte ich auch hinsichtlich des potentiell nervigen Ausdruckstanzes, den einige Leute auf derartigen Veranstaltungen hinlegen. Würde es heute also ordentlich „Affentanz“ mit lauter Testosteron-Varianten von Don Quijote geben oder sich ganz im Gegenteil die Hütte mit positiv Verrückten füllen, die bestenfalls auch noch politisch reflektiert bzw. kämpferisch/engagiert drauf sind, wo wie es die Inhalte von WOLF DOWN durchaus nahelegen?

BITTER VERSES

Fotos von Olli Schröder-Meyer

 

Wahnsinnig groß ist schon mal das Interesse am Konzi. Wir sind zum Glück pünktlich vor Ort, wenig später entsteht eine über 100m lange Schlange und das Ding ist wie erwartet restlos ausverkauft. Das Besucherspektrum ist dabei völlig heterogen. Natürlich insgesamt sehr jung, aber vom biersaufenden Punk bis hin zum zuge-x-ten Edger im Sportdress ist wirklich alles vorhanden. Und das ist gut so – scheiß auf Dresscodes und Lookism etc. Es sei vorweggenommen, dass die wenigsten Besucher_innen Bock auf Gewalt im Pit haben. Zustände, wie man sie auf der Seite „Affenhardcore“ beobachten kann, kommen nicht zustande, die wenigen Spackos, die doch absichtlich beim Windmillen in den Mob schlagen oder mit Vorsatz in Leute springen, welche z.B. unbeteiligt hinter ihnen stehen, werden gleich bei der ersten Band mit ein paar Backpfeifen zur Räson gebracht. Erfreulich ist es in meinen Augen auch, dass sich immerhin drei der Bands zur aktuellen Situation in Hamburg (und anderen wichtigen Themen) äußern und dafür auch viel Zuspruch erhalten.

 

GONE TO WASTEGONE TO WASTE

 

GONE TO WASTE setzen gleich zu Beginn ein dickes Ausrufezeichen. Mit viel Elan wird schwer groovender Hardcore ins Hafenklang gewuchtet. Die Mucke und die Action auf der Bühne machen richtig Laune und so dreht der Mob gleich völlig durch. Ich bin erstaunt, dass die erste Band schon derart bekannt ist – zahlreiche Leute bölken die Texte mit – und ich frage mich, ob das tatsächlich bei allen Bands so abgehen wird. Tatsächlich ist das nicht der Fall, bei den drei folgenden Bands ist deutlich weniger los und erst WOLF DOWN werden noch größere Energien freisetzen. Der Sänger flitzt über die Bühne und stachelt den Mob an, belässt es aber nicht nur bei „Ihr seid gut drauf“-Phrasen, sondern punktet nicht nur bei mir mit „FLORA BLEIBT“-Solidarität. Larissa von WOLF DOWN hat 'nen Gastauftritt so wie überhaupt bei jeder Band heute Gäste mitwirken – gute Sache, denn Ellenbogendenken und Konkurrenzscheiße darf man gern den Spießer_innen da draußen üerlassen. Von GONE TO WASTE hole ich mir später noch eine 7“, die auch schön reinhaut.

 

BITTER VERSES

 

Mit BITTER VERSES aus Senftenberg zieht eine etwas höhere stilistische Vielfalt ein – die Band hat zwei Gitarristen, von denen einer gern mal melodische Leads einstreut. Obwohl das nicht zu Lasten der Brutalität geht und die Sängerin eine schön derbe Stimme hat, reagieren die Leute verhaltener. Ob die Ursache darin zu sehen ist, dass BITTER VERSES einfach noch nicht so bekannt sind oder darin, dass sie etwas abwechslungsreicher zocken und mehr Breaks einbauen, vermag ich nicht zu sagen. Ich find's ganz geil. „Mann, Frau – scheißegal“, brüllt uns die Sängerin entgegen und da hat sie verdammt noch mal Recht. Selbst die angebliche so tolerante Hardcore/Punk-Szene ist leider voller Macker/Tough Guy-Klischees. Mit „Rise Above“ von BLACK FLAG kommt 'ne gelungene Coverversion, ist auch der einzige Song, den ich bis zum Auftritt von WOLF DOWN heute Abend kenne.

 

NO SECOND CHANCE

 

Die Engländer von NO SECOND CHANCE sind dann allerdings ziemlich stumpf. Am Anfang wirkt es noch so, als gibt es wat ordentlich Schnelles auf die Ohren, aber letztlich überwiegt einheitliches Midtempo. Auch der Gesang reißt nichts raus und besitzt wenig Wiedererkennungswert. Das Jogginghosen-Outfit der kompletten Band hat zwar was Charmantes, aber auch in Sachen Bewegung geht nicht viel. NO SECOND CHANCE werden bei mir wohl tatsächlich keine zweite Chance bekommen. Wenigstens geht alles ruckzuck heute – die Sets sind knackig kurz und zwischen den Combos wird nicht viel Gewese gemacht.

 

BENCHPRESSBENCHPRESS

 

BENCHPRESS sind aber tatsächlich NOCH langweiliger. Hatten die Vorgänger noch ab und zu Knüppel-Passagen in den Stücken, wird hier stur und wenig originell vor sich hingerödelt. Generell mag ich diesen Midtempo-Hardcore-Mosh mit Jammerbalken-Kreisch-Soli (SLAYER auf Valium) ja nicht so. Da ist es spannender, sich umzugucken und das Treiben im Hafenklang zu genießen. Wie gesagt hält der Mob sich allerdings ziemlich zurück. Erst gegen Ende springen plötzlich Dutzende von Freaks auf die Bühne und brüllen aufgeregt etwas ins Mikro. Ich kann zwar kein Wort verstehen, aber es scheint sich um 'ne wichtige Message der Amis zu handeln.

 

WOLF DOWNWOLF DOWN

 

WOLF DOWN hatte ich bis vor einem Jahr total unterschätzt! Ob es daran liegt, dass ich mittlerweile die LP und die 7“ von WOLF DOWN besitze, also mit den Stücken vertraut bin, oder ob mich die Stimmung mitreißt, kann ich nicht sagen, aber ich finde die Band heute wesentlich stärker als auf dem Kieler Auftritt im Juli 2012. Teilweise walzen WOLF DOWN wie BOLT THROWER, die Riffs reißen mit und der Gesang ist der pure Hass. Dazu kommen noch Ansagen wie „Nehmt ihr uns die Flora, verbrennen wir die Stadt!“ oder „Passt auf, dass ihr euch da unten nicht die Köppe einhaut“ und der Pit tobt mit Schaum vorm Mund. Dieses seltsame Herumwedeln mit den Armen, welches einige vor der Bühne abziehen, erinnert mich zwar unangenehm an Aerobic-Videos aus den Achtzigern, aber es muss ja jede_r selbst wissen, wie er seiner Begeisterung Ausdruck verleiht. Viele slammen, bangen und diven auch ganz klassisch. Im Gegensatz zu den beiden direkten Vorgängerbands sind WOLF DOWN (mittlerweile) für mich gute Songwriter, die bereits mit Knallern wie „Renegades“ oder „Stray From The Path“ ein paar richtige Hits am Start hat. Als Gast ist übrigens u.a. Nils von den Kielern REAPERS PATH dabei, der sich auch in der Konzertgruppe engagiert, die das Ding heute veranstaltet.

Das Fazit fällt somit erstaunlich positiv aus – drei von fünf Bands haben mir gefallen, guter Schnitt. Insgesamt ein kurzweiliger Abend, dessen unzählige Stagedive-Chaos-Details man gar nicht in Worten beschreiben kann.  

Kommentare   

+2 #2 Philipp 2014-01-07 21:16
Sorry, Herb! Tun wir beim nächsten Mal.

Genau, seh ich auch so.
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+3 #1 HeavyHerb 2014-01-07 21:11
1. Ihr hättet ja ruhig mal Bescheid sagen können, wie ihr fahrt (gut, ich hatte zwar eh keine Zeit, aber Prinzip und so!)

2. Also, ich finde Wolf Down ja auch cool (hab beide 7Inches und die LP),aber so Sachen wie beim Fluff, wo eine lange Ansage zum Thema Feminismus kommt und dann beim darauffolgenden Song 20 Typen die Bühne entern, sind dann eher Kopfschüttel(Nicht Headbanging!)-Momente. Hab halt das gefühl, Teile des Publikums haben das Reflektionsvermögen von Aktivkohle...

3. Aber immerhin: wenn mensch sich anguckt,was in dieser Bollo-Hardcore/Breakdown/Metalcore-Suppe sonst so am Start ist, sind WxD eine wohltuende Abwechslung.
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