LUCIFER’S FRIEND / 31.05.2015 – Hamburg, Downtown Blues Club

0 Dislike0

Philipp: Was für eine Woche! Erst die Ur-Krusten von DOOM, dann die PENTAGRAM-Mumie(n) und nu auch noch LUCIFER’S FRIEND, deren Gründung immerhin auf das Jahr 1968 zurückgeht, wenn man die Vorgängerband ASTERIX mitzählt. 1968, da sind manche Leute gerade mal geboren worden! Und ich Vogel entdecke sie erst im Jahre 2015 für mich. Natürlich ist mir das Cover des Debuts schon in den Achtzigern immer mal durch die Vinylgriffel geflutscht. Es vermochte auch mein Interesse zu wecken, aber irgendwie war ich noch nicht bereit. Aber jetzt bin ich bereit. Oh, Mutter, und wie! In nur wenigen Monaten hab ich die Scheibe so oft gehört wie so manchen Klassiker, der seit Jahrzehnten in der Sammlung glänzt. Was für eine musikalische Klasse. Aus jeder Rille sprüht ein Funkenregen an Ideen. Es ist eben nie spät, um gute/zeitlose Musik zu entdecken. Zumal die alten Recken sich soeben reformiert haben, eine neue Platte veröffentlichen und in Hamburg spielen. HIN DA!

MetalSon: LUCIFER’S FRIEND sind wieder aktiv? Das sollte mensch sich ja nicht entgehen lassen. Angesichts der Qualität der Veröffentlichungen bin ich schon überrascht dass nur zwei Termine bestätigt wurden. Das Konzert im Downtown Blues Club und der Auftritt auf dem Sweden Rock Festival.



Auch ich habe mir das Debüt erst dieses Jahr zugelegt. LUCIFER’S FRIEND gehören für mich zu den besten deutschen Rockbands. 

Philipp: Ich bin überrascht, wie lütt der Downtown Blues Club ist. Passen vielleicht so 300 Leute rein. Ist ja geil, ich hätte gedacht, dass eine derart einflussreiche Band wie LUCIFER’S FRIEND bei ihrem ersten Auftritt seit wasweißich vor wie vielen Jahren in einem feisten Schuppen aufspielen. Es ist jedoch regelrecht intim hier, als spiele eine lokale Band vor alten Kumpels (zum Teil stimmt das wohl auch).

MetalSon: Wo befindet sich eigentlich der Downtown Blues Club? Bei der Verbindungssuche für die Reise mit Bus und Bahn befürchte ich eine nicht stressfreie Fahrt. Erstaunlicherweise verlief die An- und Abreise ruhig, ist der Veranstaltungsort (im Stadtpark) doch mit dem Bus gut erreichbar. Der Club war gut gefüllt aber nicht überfüllt.

Philipp: Wir sind auch kaum da, haben das neue Album abgeerntet und ein erstes Bier geholt, da geht‘s auch schon ohne weitere Mitband los. Erfreulicherweise sind drei Originalmitglieder mit von der Partie, nämlich John Lawton, der bekanntlich auch mal bei URIAH HEEP geschmettert hat, Gitarrist Peter Hesslein und Basser Dieter Horns. Ja, und wie klingen LUCIFER’S FRRIEND nach all den Jahren? Ich sag es euch: Sie klingen einfach nur beeindruckend! Zeitlos, als würde man eine Time-Tunnel-Reise zurück in die Siebziger machen. Was John Lawton an stimmlicher Power hat, das dürfte wohl manchen Mittzwanziger neidisch machen. Und überhaupt klingt alles frisch und knackig, dabei aber angenehm unaufgeregt. Leider ist ja Keyboarder Peter Hecht nicht dabei, aber die beiden neuen Mitglieder Jogi Wichmann (k) & Stephan Eggert (d) fügen sich hervorragend ein. Natürlich kommen mehrere Stücke vom legendären Debut, nämlich „In The Time Of Job“, „Keep Going“, „Toxic Shadows“ und der alles überragende Gute-Laune-Smasher „Ride The Sky“. Was die Band hier abzieht, darf man schon gern in DEEP-PURPLE-artigen Dimensionen verorten. Lawton klingt wie Gillan, Plant und Byron, die zu einer gigantischen Stimme verschmelzen, das Keyboard orgelt aufs Herrlichste, schiebt aber nie die zwischen Hardrock und Blues pendelnde Gitarre in den Hintergrund und der Schlagzeuger pumpt, groovt und kesselt so nah an den Originalversionen wie nur eben möglich, wobei er den rechten Stick lässig wie ein Jazz-Drummer spielt. Ich besitze bis jetzt außer dem Debut noch das ‘81er Album „Mean Machine“, von welchem „Fire And Rain“ sowie „Hey Driver“ gespielt werden. Diese Stücke klingen etwas polierter, weniger psychedelisch, aber dafür mit einem leichten NWoBHM-Touch mit herrlich eingängigen AOR-Gesangsmelodien. Die anderen Platten muss ich mir aber jetzt wohl auch besorgen, denn „Burning Ships“, „Moonshine Rider“ oder „Dirty Old Town“ begeistern ebenfalls mit cleveren Arrangements und furiosen Riffs. Mitten ins Set gequetscht werden mindestens zwei ganz neue Stücke, die mir gleich auf Anhieb zusagen. Die Stimmung im Downtown Blues Club ist bestens, wobei hier natürlich keine Circle Pits gestartet werden, dafür aber launige Zwischenkommentare hochgebrüllt werden, auf die Lawton mit trockenem britischen Humor reagiert.

MetalSon: Mir war das neue Album (20€ für eine 2CD) in dem Augenblick zu teuer. Auf die Frage, wie lange die Band wohl spielen wird, antwortet Jogi Wichmann: „ Wir fangen um 20:15 an und spielen eineinhalb Stunden. … Wenn wir so lange durchhalten.“

Schon nach wenigen Takten war klar: sie können es noch (oder wieder?)!

Neben den DEEP PURPLE Sound des ersten Albums, faszinierte mich der stets veränderte Sound ihrer Veröffentlichungen, welcher zwar immer auch klar zuordenbare Einflüsse wie FOREIGNER, BLACK SABBATH, LED ZEPPELIN, JANIS JOPLIN, QUEEN aufwies, dabei immer unverkennbar LUCIFER’S FRIEND ausstrahlte. Die Stimme von John Lawton war klar und kraftvoll und passte super ins Klangbild. Ich verwende den Begriff „professionell“ ja gern auch im negativen Sinn. Aber gerade in dieser Musikrichtung ist diese Professionalität ein gern gesehener Gast. Die Band wirkt erfreut ob des Interesse an der Reunion und den damit verbundenen Auftritten und Aufnahmen. Gleichzeitig strahlt sie eine Art Leichtigkeit und Gelassenheit aus, die mensch fühlen lässt, dass mensch in netter Runde bei einem Getränk gemeinsam Musik zelebrieren darf. Da stimmt die Atmosphäre einfach!

„Ein MetalSon’scher Beitrag ohne Kritik, ist das möglich?“ „ Nein, natürlich nicht!“ Und so ist es auch diesmal. Ich finde an recht viele Bands mit AOR-Einschlag gefallen, solange sie nicht zu poppig sind. Bei manchen Songs von LUCIFER’S FRIEND sind mir ein paar Passagen zu poppig oder aber, noch „schlimmer“, zu Swing-lastig. Sobald Blechbläser einsetzen, ist in der Regel alles vorbei für mich. Weiterhin wäre es natürlich netter gewesen, hätten sie statt eines bereits gespielten Titels einen weiteren gespielt. Anscheinend haben sie aber nicht mehr geprobt. Dies ändert aber nur herzlich wenig an der immer noch bestehenden Qualität der Band und dieses Auftritts. Auf eine Stufe mit den oben genannten Bands würde ich die Band nicht stellen, weit entfernt ist sie nicht! So hoffe ich natürlich, dass das neue Album auch noch den Weg auf Vinyl schafft und uns die Band häufiger zu einem Auftritt einlädt.

Philipp: Ich hoffe, dass man die Band möglichst bald wieder zu sehen bekommt, gern wieder in diesem Laden (im Oktober übrigens auch hier: Y & T).

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv