CLUTCH, PLANET OF ZEUS, HONG FAUX / 29.11.2015 – Hamburg, Große Freiheit

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Clutch ist vermutlich diejenige Band, die ich am häufigsten live gesehen habe. Acht bis zehn Mal dürften es mit dem Konzert in der Großen Freiheit 36 vor einigen Tagen nun gewesen sein. Seit meinem ersten Clutch-Konzert im Logo, das war vermutlich 1999, hat sich dabei einiges verändert. Die Band hat sich durch beständiges Touren und nahezu jährliche Veröffentlichungen zu Recht ein immer größeres Publikum erspielt. So warteten diesmal nicht – wie seinerzeit im Logo – gefühlte 50 Nasen darauf, dass Ihnen Neil Fallon vor der musikalischen Leinwand der am fettesten groovenden Rockband überhaupt seine manchmal absurden, manchmal poetischen, aber immer unterhaltsamen Geschichten auftischt, sondern eine prall gefüllte Große Freiheit.


CLUTCH





Bevor Clutch jedoch die Bühne enterten, hatten die Vorbands Hong Faux und Planet of Zeus ihren Auftritt. In die Veröffentlichungen von Hong Faux hatte ich vorab reingehört und war zu dem Ergebnis gekommen, dass ihr Stil nicht ganz mein Ding ist. Live bekam ich leider nur die letzten drei Songs mit, wobei sich mein Eindruck soweit bestätigte. Versucht man Dicke-Hose-Rock eine zu starke Alternative-Schlagseite zu verpassen, wird das meist nichts Halbes und nichts Ganzes. Soundgarden sind eine der wenigen Bands, denen ein entsprechender Spagat mitunter gelungen ist. Hong Faux erinnerten mich live irgendwie eher an die Foo Fighters, was aber auch dem singenden Dave-Grohl-Lookalike gelegen haben könnte. Kann bestimmt ganz groß werden die Band.


CLUTCHPlanet Of Zeus


Dann kamen Planet of Zeus. Allmächtiger! Schon auf Platte fand ich die Griechen super, aber live wurde alles plattgewalzt und -gegroovt. Das ist ganz feiner Stoner-Metal mit Blues-Einsprengseln, zu dem man beständig irgendwie zappeln will. Das wissen auch Planet of Zeus, so dass es dann vor einem besonderen Monster-Groove-Part auch nur lakonisch von der Bühne hieß: „When I say dance – you dance!“ Überhaupt kam die Band absolut sympathisch rüber und der Sänger im Old-School-Metallica-Shirt entpuppte sich in seiner Bühnenpräsenz als so eine Art Metal-Popeye, der sämtliche Schweinerock-Posen aus dem FF beherrscht – aber dabei immer 100 Prozent authentisch bleibt. Manches wird musikalisch zwar noch mit der groben Kelle aufgetischt, aber dennoch: Super Unterhaltung – hätte ich mir gut eineinhalb Stunden angucken könnten.


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Nach kurzer Ab- und Umbaupause ertönte dann die Clutch-Konzertbesuchern wohl bekannte Intro-Mucke: Chuck Browns „We Need Some Money“. Mal abgesehen davon, dass die Band damit einem musikalischen Einfluss huldigt (man denke an die D.C. Go-Go-Parts in „D. C. Sound Attack“ oder „A Quick Death In Texas“), geht’s ja wohl kaum cooler und ironischer. Wobei: Ich würde es eher als ein Augenzwinkern bezeichnen, denn eigentlich – und das meine ich absolut positiv – ist Clutch keine ironische Band. Tatsächlich bringen die Vier aus Maryland schon seit Jahren völlig authentisch das Kunststück fertig, den Rock’n‘Roll zu 100 Prozent zu verkörpern, ohne dabei einerseits knietief in Klischees zu warten oder andererseits einen hundertfach gebrochenen Post-Post-irgendwas-Ansatz mit auf sich selbst referierenden Metaebenen zu verfolgen. Sänger Neil Fallon erzählt, singt, brüllt und flüstert von Russell Hoban oder Philip K. Dick inspirierte Geschichten von paranoiden Wissenschaftlern in einsamen Hotelzimmern oder gestrandeten Großstädtern in texanischen Hinterwäldler-Saloons und findet dabei stets die passenden Worte und starke Bilder, um unterhaltsames Kopfkino beim Zuhörer ablaufen zu lassen. Doch findet hier kein nerdiges Frickel-Konzert statt, sondern eine der dicksten Rock-Shows überhaupt. Genau diese Mischung macht den Reiz eines Clutch-Konzerts aus. Mr. Fallon ging diesmal noch ein Stück mehr aus sich heraus als bei den letzten Konzerten, die ich erlebt habe, und das Publikum nahm dies dankbar hin. Der Rest der Band lieferte eine gewohnt starke und unprätentiöse Performance – ohne Fallon hätte man es hier allerdings mit einer reinen Shoegazer-Kombo zu tun.


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Was kann man zur Songauswahl sagen? Meckern kann man immer, deswegen mache ich das mal: Das neue Album alles in allem komplett zu spielen ist schon eine Hausnummer, da bleibt nicht mehr allzu viel Platz für Klassiker. Andererseits: Der verbleibende Platz wurde ziemlich gut gefüllt. „The Soapmakers“ und „Elephant Riders“ gab es vom gleichnamigen Album, die kommerziell erfolgreichste Platte „Earth Rocker“ wurde lediglich (aber wie!) mit „D. C. Sound Attack“, bei dem Fallon die Cowbell rausholte und man leicht ins Jammen geriet, gestreift. Meinem absoluten All-Time-Favorite „Blast Tyrant“ zollte man mit dem obligatorischen „The Mob Goes Wild“ (eine Hymne, für die andere Bands ihre Omas verkaufen würden) Tribut. Für alle, die Clutch bereits seit ihren (deutlich härteren) Anfängen huldigen, gab es mit „Escape From The Prison Planet“ und „Spacegrass“ noch zwei Uralt-Klassiker am Stück. Wirklich schade ist, dass man als ersten Zugabesong den letzten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gespielten Track („A Quick Death in Texas“) vom neuen Album „Psychic Warfare“ zockte. Hier sollte – wie man später nachlesen konnte – ursprünglich „Dragonfly“ von „Elephant Riders“ gespielt werden, was für mich persönlich absolut gigantisch gewesen wäre, hatte ich den Song doch seit oben erwähntem erstem Clutch-Konzert 1999 nicht mehr live gehört. Geil dafür wieder das Grande Finale mit „Gravel Road“, einem Song, der im Mittelteil das schickste Led-Zeppelin-Riff seit Led Zeppelin auffährt. Ach, was soll ich sagen… Jeder sollte einmal in seinem Leben auf ein Clutch-Konzert gehen.

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