P.R.O.B.L.E.M.S., POSTFORD / 01.03.2016 – Lübeck, VeB

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Manchmal isses wie verhext – mensch liebt 'ne Band, die kommt sogar regelmäßig auf Tour, aber irgendetwas verhindert immer den Besuch und Genuss des Konzertes. Im Falle von PROBLEMS besonders kurios: Ich (und gar nicht wenig andere) standen vor einigen Jahren bereits vorm Klub, in diesem Fall der Hansasatr. 48 in Kiel, und warteten gierig auf die Portlandpunks – diese kamen und kamen jedoch einfach nicht an den Laden. Der Grund: Die Show sollte eine Matinee sein, was aber in der Kommunikation zwischen Tourbooker und Band untergegangen war, haha. Also trudelten PROBLEMS damals zu einem Zeitpunkt in Kiel ein, als das Publikum bereits wieder verschwunden war und der Auftritt fiel aus. Der Nachmittag (ein Abend war’s ja nicht) hat mich PROBLEMS dennoch wertschätzen lassen, denn sie hinterließen einfach Merch in der Hansastr., welches an den Folgetagen dort für wenig Kohle abgeerntet werden konnte. Beim nächsten Kiel-Termin weilte ich gerade nicht in der Stadt. Deshalb gilt es heute, die Gelegenheit des letzten deutschen Tourdates am Schopf zu packen!




Hach, wie gemütlich isses im Veb! Gerade wenn mensch leicht schockgefrostet und mit Schnee in den Haaren in die winzige Location stolpert, geht einem angesichts der pupsigen Wärme, den bekannten Gesichtern und dem leckeren Getränkeangebot doch gleich das Herz auf. Und wer sitzt da in verkrusteten und speckigen Lederklamotten hinterm Merchtisch? Der alte Roaddog Kelly! Vor 15 Jahren hat der Kerl mal bei Kiels berüchtigtstem Busfahrer Karl-Heinz S. Aus G. gecrasht und es gab den einen oder anderen Umtrunk im Café Stiezel. Kalle hat dann ganz Punk-Kiel mit Scheiben von Kellys Band infiziert und so ziemlich jeder gut sortierte Haushalt dürfte mindestens noch die DEFIANCE-LP „No Future No Hope“ vorweisen können, von DETESTATION usw. gar nicht zu sprechen. (Kalle, da ich weiß, dass du zu meinen Stammlesern gehörst, seien hiermit Grüße von Kelly übermittelt: „UP THE FUCKIN' PUNX!“)


POSTFORD sind 'ne relativ frische Band aus Bremen und Lübeck. Dankenswerterweise haben sie das Post gleich in den Namen gepackt, denn yep – Postpunk it is. Mir gefällt der dreistimmige Gesang von Nils (g & v), Robi (g & v) sowie Jacob (b & v) auf Anhieb. Leicht heiseres Schreien und wirkliche Melodien ergänzen sich da gut. Von der Melodieführung und den halbverzerrten Gitarren her kommen Assoziationen zu Klamotten wie OMA HANS oder TURBOSTAAT in den Sinn. Kollege Doom Fränk ist das „ganz klar zu wenig Straße und zu viel Abitur“, aber ich mag so was durchaus. Kann ja nicht jede Band aus Menschen bestehen, die wie Kelly zwei Wochen im Jahr zu Hause und den Rest on the road verbringen... Das treibt jedenfalls, hat immer wieder Momente, die aufhorchen lassen, z.B. der Text von „Kaltland“: „Denn es ist deutsch in Kaltland / Denn es ist kalt in Deutschland / Denn es ist deutsch in Kaltland / Kalt, Kalt, Kaltland / Das Aber ein Brandsatz / Die Fahne ein Speer / Das Kreuz ein Funkmast / Wir sind nicht das Volk.“ Gut.


Angenehm gefüllt isses, als dann die PROBLEMS loslegen! Das tun sie in einer Geschwindigkeit und mit einer Räudigkeit, wie ich es so konsequent seit ZEKE nicht mehr erlebt habe. Schmieriger Punk meets Rock'n'Roll meets Metal! Das hat was von POISON IDEA-artiger Dunkelheit, gepaart mit schmirgelpapiernem Gesang, der mich an einen leicht heftigeren Lee Hollis erinnert. Ganz prägnant sind auch die typischen Basslinien von Kelly – die rollen und wabern so geil, weiß auch nicht, wie ich das beschreiben soll. Bei so heftig ballernden Bands dauert ein Auftritt oft ja nur eine halbe Stunde. Nicht so bei PROBLEMS, die scheinen gar nicht mehr aufhören zu wollen. Besonders Kelly und der Drummer haben richtig Bock. Der Sänger hingegen will den Gig mehrfach gern schon beenden und rollt kopfschüttelnd mit den Augen, als ihm das Mikro wieder in die Pranken gedrückt wird, haha. Unter den Songs befinden sich richtig kleine Perlen, die sich auf Anhieb in mein Hirn bohren, z.B. „You Gonna Die“, „I Never Learn“, „Lucky“ oder „Assume The Worst“. Der Sound im VeB ist trotz der Tatsache, dass es nur Backline und ‘ne kleene, überforderte Gesangsanlage gibt, erstaunlich gut. Der Gesang tritt auf Platte deutlicher in den Vordergrund, aber ich mag das manchmal, wenn ein Sänger sich eher so von hinten durch den Mix tobt. Yeah, völlig mitreißendes und erbauliches Konzi, welches im Grunde durchdrehende Circle Pits verdient hätte. Aber issen Dienstag und so.


Wir erwischen locker den letzten Zug, genießen ein paar Absacker und diskutieren das Erlebte. Als einzige Fahrgäste während der gesamten Fahrt übrigens. Unser persönlicher Fahrdienst, mag ich. Im Kieler Nachtbus (703 oder so) penne ich danach so hart ein, dass ich erst an der Endstation aufwache. Geil, ich hab ja auch so viel Zeit, bis ich wieder aufstehen muss… Ich weiß nicht mal, wo zur Hölle ich mich befinde, die Stationen des Rückwegs muten eher nach Science-Fiction-Film an, „Vulkanweg“ und so. Aber das gehört dazu. Hört mehr PROBLEMS!

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