TOGETHERFEST (mit GORILLA BISCUITS, MLIW, TOUCHÉ AMORÉ u.a.) / 29.02.2016 - Markthalle, Hamburg

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Eigentlich, aber, jedoch, dann wiederum, wieso nicht, obwohl, auf der anderen Seite. Hmm, gar nicht sooo einfach, eine passende Einleitung für das Togetherfest, bei dem mit GORILLA BISCUITS, MODERN LIFE IS WAR und TOUCHÉ AMORÉ drei für ihre Zeit (Endachtziger, 2000er, heute) wichtige Hardcorebands spielen, zu finden.


Fangen wir mal mit den Rahmenbedingungen an: also, die Markthalle ist, wie ein Bekannter es so gut umschrieb, ja nicht gerade der Hamburger Konzertort, wo man hingeht. Oftmals mieser Sound, teueres Bier und ein Blick auf das Programm der nächsten Wochen und Monate offenbart Grauzonendreck, Coverbandschrott und andere musikalische Tiefpunkte. Einzig und allein der Einlass funktioniert. Merchpreise sind im Rahmen (15 Euro für ein Shirt) und der Stand, an dem Antifashirts und -sticker verkauft werden, ist ebenfalls cool.


Als wir um kurz nach halb sieben ankommen, stehen GWALT bereits vor einer leeren Halle auf der Bühne. Und was soll ich sagen? SUCH A SURGE treffen auf die sozialkritische Variante von SILBERMOND, alles unterlegt von modernem Hardcore. Die Arrangements sind professionell, ebenso die Liveshow und die Band hat auch was zu sagen, auch wenn die Antirassismus-Ansage sich in Metaphern verliert. Gut ist das natürlich nicht, aber ums zu hassen, ist es einfach zu egal. Musik, die auf Durchbruch getrimmt ist, keine Ecken, keine Kanten und schnell vergessen.


Bei MILES AWAY ist es dann schon um einiges voller, was die Band auch verdient hat. Hier treffen knackige Old-School-HC-Passagen auf eine gute Dosis Melodien, Geschmacksrichtung: bittersüß, aber mit Schmackes, dazu Midtempo und immer für eine überraschende Wendung gut. Erinnert mich ein bißchen an COMEBACK KID, deren Songwriting ja typische HC-Klischees weitgehend vermieden hat. Dazu kommt ein angenehm rauer Sänger und eine punkige Arschtrittattitude. Geht halt gut nach vorne, ohne dabei melodische Momente außer acht zu lassen. Und diese Balance kriegen nicht viele Bands hin. Richtig gute Show. Interessant dabei: MILES AWAY haben ihre erste HH-Show in der Roten Flora gespielt, dürfte nicht allzu viele Bands geben, die sowohl in der Roten Flora als auch in der Markthalle gespielt haben.


Tja, TOUCHÉ AMORÉ. Jetzt ist es voll (würde so auf ca. 800 Zuschauer*innen tippen), die ersten Reihen sind kollektiv am Kopf nicken und es wird die eine oder andere Passage eifrig mitgesungen bzw. -gebrüllt. Trotzdem bleibe ich dabei: Ich kann mit diesem Post-HC-Screamo nichts anfangen. Alles klingt zu aufgesetzt, die Message kommt eklig-penetrant rüber, die Melodien sind entweder nichtssagend oder kitschig, die Blastparts sind ein einziger Witz und bei den ruhigen Momenten... naja, lassen wir das. Die Fans finden es geil und ich bin wohl einfach zu alt dafür.


Ganz andere Ausgangslage bei MODERN LIFE IS WAR. Die ersten drei Alben sind super, „Witness“ ein Meilenstein des modernen Hardcores und die Auflösung fand ich konsequent, die Reunion dann eher so überflüssig. Meine Skepsis hält aber gerade mal zwei Songs, dann hat mich die Band. Auch wenn manche Leute mit diesem Stil („Ein einziges Intro“) nichts anfangen können, kaum eine Band klingt so intensiv und mitreißend. Sänger Jeffrey Eatons Stimme geht durch Mark und Bein, die Melodien fressen sich tief ins Gehirn und die Power, die MODERN LIFE IS WAR von der ersten Sekunde an entwickeln und dann auch konsequent durchhalten, ohne dabei auf schnödes Geballer oder dicke Moshparts zurückzugreifen, ist einfach nur beeindruckend. Wenn moderner Hardcore, dann doch bitte so. 'Marshalltown' setzt den Schlusspunkt unter eine großartige Show.


Und dann GORILLA BISCUITS. Mit 'New Direction' gelingt ein Start nach Maß. Sowohl Band als auch Publikum sind da und gehen steil. Erstaunlich, wie fit die Musiker immer noch sind, Straight Edge ist da definitiv ein Vorteil. Musikalisch muss man da echt nichts mehr zu sagen. Astreiner Youth-Crew-HC, „Start Today“ ist nicht umsonst ein Klassiker. Gerne mal schön schnell, coole Moshparts und dazu die markante Stimmte von Anthony 'Civ' Civarelli, der in seinen Ansagen auch was zu sagen hat und sich deutlich gegen Rassismus und Homophobie ausspricht. Hier stehen halt keine alten Männer auf der Bühne, auf der Suche nach schneller Kohle und einem Ausweg aus ihrem langweiligen Leben, sondern Musiker, die auch knapp dreißig Jahre später immer noch über die gleichen Dinge genervt und immer noch wütend und angepisst sind. Konsequenterweise wird dann auch auf Zugaben verzichtet und das vor dem letzten Song ('das grandiose 'Start Today') auch so kommuniziert, da man keinen Bock auf Rockstarallüren habe. Ist aber auch nicht nötig, GORILLA BISCUITS haben nochmal einen drauf gesetzt und gezeigt, dass sie immer noch eine richtig, richtig, richtig gute Band sind.


Fazit: Ein schöner Konzertabend, trotz der 30 Euro Eintritt. War cool, MILES AWAY zu entdecken, zu erkennen, dass MODERN LIFE IS WAR es noch drauf haben und mal GORILLA BISCUITS live zu sehen. Das reicht dann aber auch, ein neues Album oder noch eine Tour brauche ich nicht...







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