SEEDS IN BARREN FIELDS, IRON, NO FEALTY, CORONER MD / 23.03.2016 – Kiel, Alte Meierei

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Bei Konzis der INFERNAL CRUST BRIGADE weiß mensch in der Regel, was sie, ihn oder es erwartet: Gepflegte Dunkelheit, sieben weitere Zuschauer_innen und menschenverachtendes Geballer. Doch das war gestern! Heute sind gleich zehn mal so viele Leute gekommen! Ich wittere einen Hype. Kommt als nächstes etwa die INFERNAL CRUST CRUISE, eine Kreuzfahrt mit einem servil lächelnden Herb als Kapitän?

IRON




CORONER MD hatte ich gar nicht auf der Reihe. Die Hamburger sind wohl auch relativ kurzfristig mit ins Billing gerutscht. Das Konzi findet als Floorshow statt, aufgebaut ist der Kram heute direkt vor der Bühne. Mosh-Parts und Midtempo bestimmen den Stil der Leichenbeschauer. Dazu kommt brutales Gebrüll. Ist jetzt nicht besonders spektakulär, aber auch nicht kacke. Ich denke über das T-Shirt-Motiv des Sängers nach - „Nazi Hunter“ steht da. Hm, irgendwie etwas prollig. Selbst Simon Wiesenthal mochte es nicht, so bezeichnet zu werden und bevorzugte den Begriff Rechercheur... Sollte man dem CMD-Sänger vielleicht empfehlen: Nazi Rechercheur statt Nazijäger. Klingt doch gleich stilvoller. Anyway, die Band ist wahnsinnig schnell durch mit ihrem Set, länger als 20 Minuten waren das nicht. Mit dem abschließenden LOIKAEMIE-Cover „Good Night White Pride“ ist alles gesagt.


NO FEALTY boten ziemlich genau vor einem Jahr ein begeisterndes Konzert am selben Ort. Damals waren echt nur sieben Leute gekommen, trotzdem hat die Band alles weggetrümmert. Aber nicht nur die zehnfache Zuschauermenge dürfte die Motivation erhöhen – beim Auftritt 2015 war der Gitarrist total krank und musste abbrechen, heute isser gesund. Der Fünfer legt mit beeindruckender Energie los. Es verschlägt einem schier den Atem, wie heftig NO FEALTY klingen: Hardcore, Punk, Crust, Grind und Wut hatte ich in meinem damaligen Review als Eckpunkte angeführt, dazu kommen geschickt eingestreute Gitarrenschweinereien und unheilvolle Melodieansätze. Schon musikalisch ein Hammer und was mich endgültig begeistert, ist die Präsenz des Sängers, der die ganze Zeit abgeht, herumspringt, sich auf den Boden wirft und den Menschen direkt ins Gesicht brüllt. „It doesn't matter what gender you are or if this is your first Hardcore show ever – you are welcome here“, diese Worte erzeugen einfach ein gutes Gefühl in mir. Kopenhagen-Killers strike again!


Auch mein letztes IRON-Konzi ist ziemlich genau ein Jahr her, in der T-Stube Rendsburg war's. Damals hatten mich IRON vollständig begeistert – heute setzen sie gar noch einen drauf. Sänger Thomas Rosén vermittelt schon in der Umbaupause den Eindruck, dass er heute was vor hat. Dehnübungen und Geräusche, die sonst vielleicht ein eingesperrter Löwe von sich gibt, deuten auf eine gewisse Rastlosigkeit hin... Und in der Tat! Rosén explodiert förmlich und befindet sich häufiger in der Luft als auf dem Boden. Pausenlos wetzt der Sänger wie ein Getriebener hin und her, springt uns auf die Köpfe (!) und schreit, schreit, schreit. Dazu kommt, dass die ganze Band noch tighter zusammenspielt. IRON-Intimus Henrik erklärt: „Dadurch dass der Bassist jetzt fest drin ist und die Shows seit dem Sommer an Fahrt aufgenommen haben, sind sie besser geworden. Zudem war es der erste Auftritt seit ca. Oktober, sie hatten neue Songs mit und NO FEALTY haben sie dann noch mal mit ihrem Auftritt gepusht.“ Leuchtet ein. Die neue 7“ ist übrigens ein Muss und fügt der Disografie mit Songs wie „Will To Power“ oder „Perv Pride“ neue Kracher hinzu. Zu letzterem haut Mr. Rosén ein markantes Statement raus: „I like to get tied up. I like being fucked in the ass. By a man, by a woman. This is about being perverted and proud!“ Hab ich so auch noch nie jemanden sagen hören, jedenfalls nicht öffentlich auf „der Bühne“. Find ich aber gut, wobei es ja die Gesellschaft ist, die uns bestimmte sexuelle Orientierungen als „pervers“ einreden möchte. Der Auftritt war eine ideale Hardcore-Show: Eine Band, die etwas zu sagen hat, tolle Songs schreibt und eine vor Adrenalin sprühende Action bietet. Im Grunde hätten alle in einem derben Pit durchdrehen müssen, aber das passiert halt nicht immer.


Mit noch einer vierten Band haben offenbar einige gar nicht gerechnet und verlassen die Meierei. SEEDS IN BARREN FIELDS haben es nach zwei derartigen Killershows nicht leicht. Die Band arbeitet sich an ihren Songs ab, aber die Luft ist verbraucht. Die Stücke der Band haben dazu generell eine Überlänge, welche nach den komprimierten Songs der beiden Vorgängerbands weniger packend wirkt. Stilistisch sind SIBF durchaus interessant – Black Metal trifft auf Doom trifft aus Hardcore trifft auf Crust. Der Drummer spielt bei allem Geprügel abwechslungsreich und ideenreich. Von den Melodien im Gitarrenbereich her muss ich ab und zu an THRÄNENKIND denken. Dazu ein Schreihals, der sich ordentlich reinhängt. Hätte mich unter anderen Umständen sicher mehr berührt, jetzt bin ich aber gerade noch zu sehr von IRON und NO FEALTY geflasht, um mich ganz auf diesen Stilwechsel einzustellen.


Tolles Konzert!

Kommentare   

+4 #3 socialrealist 2016-03-25 20:21
ich fand die ganzen modefans auch meganervig. das ist nicht mehr meine infernal crust brigade. außerdem war es viel zu warm.
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+3 #2 bockfred 2016-03-25 17:18
Die infernal crust brigade ist im mainstream angekommen, ich hab da kein bock mehr drauf.
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+2 #1 Philipp 2016-03-24 19:55
Ach ja, Foto von der NO-FEALTY-Fb-Seite hergebeamt.
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