KILLTOWN DEATHFEST AFTERBURNER mit TRESPASSER, SUPERSTITION, TAPHOS, IGNIVOMOUS, TCHORNOBOG / 15.09.2019 - Kiel, Alte Meierei

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INSIDE INFERNAL CRUST BRIGADE XIII

Torsten: Die INFERNAL CRUST BRIGADE lässt sich nicht lumpen: Kaum ist das KILLTOWN DEATHFEST in Kopenhagen verklungen, lädt die umtriebige Konzertgruppe zum Killtown Deathfest AFTERBURNER! Ein Nachbrenner, der es in sich hat: Gleich fünf Bands der heftigsten Sorte wollen die Alte Meierei in Schutt & Asche legen. Und das auf'm "heiligen" Sonntag.

Eine Woche zuvor sorgten mehr als 30 Bands beim KTDF in Dänemark für den totalen Abriss! Drei Tage Death- und Black Metal ... - und in Kiel folgt nun die Fortsetzung des Gemetzels. Man darf gespannt sein.

Philipp: Mit der Frequenz der ICB-Konzerte können wir kaum noch bei der Berichterstattung mithalten, weshalb dieses Review auch erst zwei Monate nach der Veranstaltung kommt. Zum Glück hat Aller Egon den BIBB reviewt und Kollege Sackers steuert wohl demnächst auch wieder etwas bei. Und nach dem GRAVEYARD-GHOUL-Konzert am 29.11. steht offenbar erst mal eine Pause an, in der die dreckige Presse sich der Aufarbeitung widmen kann…

 

Torsten: Mit TRESPASSER beginnt der musikalisch derbe Reigen. Eigentlich ein Duo aus Schweden; für die Live-Präsenz wurde aber personell aufgestockt, sodass jetzt vier Maniacs über die Bühne deibeln. Fleißige ICB-Konzertgänger kennen auch den einen oder anderen Musiker. Schlagzeuger Daniel war jüngst mit seiner wüsten Doomvernichtungsmaschine Medicine Noose hier zu Gast und auch die Gitarristin war schonmal mit Age of Woe in Kiel. TRESPASSER aber sind alles andere als langsam. Geiler, schneller Black Metal schallt aus den Boxen. Pure Schwärze verdunkelt die Bühne. Die Gitarrenriffs schneiden kalt in die dampfenden Gedärme. Und damit es wieder etwas wärmer ums Herz wird, erklingen, im Kontrast zum harschen Geknüppel, seligmachende Gitarrenharmonien. Obwohl ich die Band vorher nicht kannte und ich nicht wußte was mich erwartet, steht hier schon früh ein absolutes Highlight fest! Dazu bei trägt auch der anarchische, links verwurzelte Grundsatz der Band. TRESPASSER behandeln den russischen Partisanenkrieg der Grünen Armee. So verwundert auch der russischsprachige Titel der (obergeilen!) Platte nicht und auch nicht die Einspielung einen russischen Kampfliedes. Ich wiederhole nochmals: verdammt geile Band!!! TRESPASSER – ich bin gespannt, was noch kommt ...

Philipp: Kurz vorm Konzert postet die Band die beste Ankündigung überhaupt: „SUNDAY THE 15th. A day of rest just proves God loves leisure. He’s almighty so why would he need the rest? And why couldn’t he create the whole world the first day, or even the first second, like the flick of a switch? Because we created God in our image and we love to chill the fuck out. Smash wage slavery and smash capitalist work ideology!“ TRESPASSER röhren los, als wollten sie die letzte Forderung allein durch musikalische Gewalt umsetzen. Blast Beat Raw Punk oder Black Metal? Das weiß keiner. Aber durch das Getrümmer bohren sich bisweilen wunderbare Melodien, so wie eine Pflanze manchmal durch Betonplatten wächst. Geile Genoss*innen!

 

Torsten: Eigentlich kenne ich kaum eine Band heute. Aber da ich immer neugierig bin und Lust habe immer noch mehr Bands zu entdecken, hab ich permanent Bock, Bands anzuhören und live zu erleben. Zumal es sich bei den von Herb gebuchten Bands immer um Knaller handelt! So kann ich nur ALLEN musikalisch (metallisch) Interessierten ans Herz legen, die Shows zu besuchen, die die Infernal Crust Brigade auf die Beine stellt! Es lohnt sich IMMER!

So auch SUPERSTITION. Die Amis knüppeln ihren angethrashten Death Metal amtlich unters (leider nicht sehr zahlreiche) Publikum. Das hat ein bisschen was von Morbid Angel und (ich suche lange nach diesem Vergleich, da er nicht gleich offenbar wird) Sadus. Zwei Granatenbands, wie man weiß. SUPERSTITION müssen da alllerdings noch wachsen. Bei denen klingt es nach einiger Zeit ziemlich gleich. Da die Band recht lange spielt, erlahmt mein Interesse nach und nach etwas. Keine schlechte Bands, aber die Kracher fehlen (noch).

Philipp: Death Metal aus Santa Fe wird als nächstes geboten. Das Album der Band sieht derart vielversprechend aus („The Anatomy Of Unholy Transformation“), dass ich einer Aberntung nur schwer widerstehen kann. Der Vergleich mit MORBID ANGEL und SADUS passt, allerdings komponieren SUPERSTITION noch etwas sperriger. Was mir gut an der Band gefällt, ist der thrashige Einfluss, der sich in diversen hektisch gespielten Riffs manifestiert. Auch die düster-modrige Atmosphäre überzeugt, aber letztlich muss man sagen, dass echt nicht viel hängenbleibt.  

 

Torsten: Mit der nächsten Band kommt aber so ein Kracher! TAPHOS aus Dänemark sehen ziemlich müde aus, als sie aus dem Tourvan krabbeln. Doch als sie dann auf der Bühne stehen, geben die Jungspunde richtig Gas! Von Müdigkeit keine Spur! Was für ein Abriss! Was für Nackenbrecher! Ich hatte diese Band in diesem Sommer schon auf dem Part.San Open Air gesehen. Da spielten TAPHOS auf der Zeltbühne und verzückten die Meute davor mit ihrem oberamtlichen old-school-Sound. Wiederum kannte ich die Band nicht und wunderte mich am Merch-Stand in Thüringen wie deren Shirts weggingen ... Nun legen die Jungs in Kiel nach und bestätigen den guten Eindruck, den sie wenige Wochen zuvor machten. Mit einer unbändigen Energie und Spielfreude ballern TAPHOS über die Bühnenbretter. Ihr Sound ist ein Konglomerat aus Old-School-Death-Metal (schwedisch), etwas schwarzmetall aber auch Crust-Core lässt sich erahnen. Wild und ungestüm! Vor der Meierei-Bühne ist jetzt am meisten los. Die Maniacs davor drehen zusammen mit der Band komplett durch. Es geht aber auch nichts über solchen tiefergestimmten Sound. Grade, wenn er so fulminant dargeboten wird. Hammer! Nächstes Highlight!

Philipp: Ist das nicht der NIGHT-FEVER-Gitarrist da auf der Bühne? In der Tat – eine der beiden Klampfen wird von der blonden Schüttelrübe Mathias Friborg bedient. Wie NIGHT FEVER besitzen auch TAPHOS so ein pulsierendes Element; die Songs werden den Zuschauer*innen mit unfasslicher Brutalität ins Gesicht gewatscht. AT THE GATES, MORBID ANGEL oder IMMOLATION kommen mir als vage Vergleichsmöglichkeiten in den Sinn, also durchaus old-schooliger Death Metal, welchem die Dänen eine schwarze Lackierung verpassen. Das Erfreuliche ist, dass TAPHOS nicht zu technisch rangehen, superaggressiv ballern und dabei roh, rotzig und dreckig klingen. Häufig kann ich mich bei Konzerten der INFERNAL CRUST BRIGADE nicht entscheiden, welche Band letztendlich die beste ist – heute ist die Sache völlig klar und so ernte ich mit „Come Ethereal Somberness“ heute nur ein Album ab.

 

Torsten: Jetzt, wo's grade gemütlich wird, gehen viele schon. Dabei stehen noch zwei Bands aus. Ob's an der "Sonntags – Stimmung" liegt? Am Beginn der nächsten Arbeitswoche? Am harten Samstag vorher? Schwer zu sagen ... Die Australier IGNIVOMOUS sehen sich einer recht kleinen Crowd gegenüber; was die Band aber nur anzustacheln scheint. Alle Verstärker sind bis zum Anschlag aufgedreht und die Jungs starten ihren Frontalangriff. Was für ein Geprügel! Old School Death Metal der derbsten Sorte, fast immer am Anschlag. Wer Bands wie Incantation, alte Morbid Angel oder Cruciamentum mag, kommt hier voll auf seine Kosten. IGNIVOMOUS klingen einer anderen australischen Band ähnlich, die wor ein paar Wochen hier war: ESHKATON. Der Bassist ist sogar derselbe. Quasi wieder Morbid Angel/old-school-DM auf Stereoiden. IGNIVOMOUS klingen ne Weile gut, doch dann beginnt es gleich zu wirken. Liegt vielleicht auch an der enormen Lautstärke, mit der gespielt wird (die wirkt in der leeren Meierei noch lauter). Bei mir ist der Sättigungspegel recht schnell erreicht. Das hält die Band aber nicht davon ab immer noch einen Song rauszufeuern. Am Ende spielen sie den Saal sogar noch ein bisschen leerer ...

Philipp: Ja, es sind heute eh wenig Leute gekommen und für die scheint nach TAPHOS die Luft ein wenig raus zu sein. Diejenigen, die früh gehen, verpassen eine australische Band, die immerhin bereits drei Alben veröffentlicht hat. IGNIVOMOUS braten extrem brutalen Death Metal, machen ihrem Namen, den ich ganz frei mit FEUERKOTZER übersetzen möchte, alle Ehre. Es steht hier weniger das Riff an sich im Vordergrund, als vielmehr die alles verschlingende Lavamasse. Das ist gewollt monotone Musik, die viele heute offenbar als zu fordernd empfinden, gerade nachdem man schon drei Keulenhiebe zwischen die Augen bekommen hat. Tiefe Growls, fast schon schmerzvoll klingende Dissonanzen und ein Trommelfeuerwerk ohne Unterlass hinterlassen ein Gefühl der Betäubung.

 

Torsten: ... ist eigentlich noch jemand da um TCHORNOBOG zu erleben? Die Band, auf die nicht nur ich warte? Mittlerweile ist es schon sehr spät und man muss dem Trio hoch anrechnen, dass sie trotz der paar Nasen vor der Bühne und der fortgeschrittenen Stunde überhaupt noch spielen. Aber TCHORNOBOG liefern richtig ab, Alter! Die Bühne wird komplett eingenebelt, das diffuse Licht sorgt für Endzeitstimmung und als das Trio mit schwarzen Augenbinden auftritt, wähne ich mich irgendwie in einem Conan – Film. Die Atmosphäre stimmt schon mal und passt seeehr zum Namen der Band. TCHORNOBOG bedeutet im ukrainischen "Schwarzer Gott" (auch da wieder ne Conan – Remineszens).

Musikalisch bleibt es deathmetallisch, aber es wird wahrlich episch. Die Songs sind wirklich lang und offenbaren neben derben Geprügel auch sphärische (doomige) Teile und sludgige Avancen. Dabei klingt die Gitarre eher nach Jazz denn Metal (auf Platte ertönt selbst ein Saxophone). Überbordend. Das dieses Ein-Mann-Projekt überhaupt live zu erleben ist, mag schon verwundern. Ist ja doch eher selten, dass sich so'n Studiotüftler (schon mit 14 Jahren startet der Protagonist die Arbeit an/mit Tchornobog) auf die Bühnen wagt. Auch grade deswegen, weil der Studiosound mit all seinen Facetten kaum live zu übertragen ist. Doch dieses Konzert zeigt eindrucksvoll, dass es funtioniert. Schlagzeuger, Bassistin, Gitarrist & Sänger reichen hier aus um mir eine meterdicke Gänsehaut zu verpassen. Wenn man's nicht erlebt hat, ist es schwer zu beschreiben. Und auch wenn man es erlebt hat, ist es schwer in Worte zu fassen. Überbordend, ja; man muss sich damit beschäftigen. Aber schlussendlich ist es umso geiler! Deswegen MUSS ich jedem ernsthaft musikverliebtem Metaller oder überhaupt jedem Musikfreund diese Band an's Herz legen! Anhören, abtauchen, abfeierrn! Oder, besser noch: Auf Konzerte gehen, wo eben auch unbekannte Bands auftreten. Man kann nur gewinnen. Man trifft Leute, die ähnlich ticken, kann entspannt was trinken, kann sogar mit den Bands palavern. Die freuen sich dann, wenn man deren Merch ersteht, man hat was Gutes für zuhause, nebst der Erinnerung an ein tolles Konzert! So haben alle was davon. Auch der Veranstalter, denn der kann die Bands entlohnen und neue Konzerte organisieren.

Dass gerade letzteres nicht immer klappt, zeigt diese Veranstaltung. Leider waren es nicht genug Besucher, um ein finanzielles Desaster zu verhindern. Die Infernal Crust Brigade hängt seitdem am seidenen Faden. Der Verlust war hoch. Wenn diese Konzertgruppe überleben soll, brauchen wir eure Unterstützung! Kommt auf Konzerte, trinkt ein gepflegtes Bier (oder auch drei), verbreitet unsere Nachrichten, spendet bei Patreon! Cheers!

Philipp: TCHORNOBOG – was für ein Name! Da ahnt man schon, dass jetzt wohl eher kein Easy Listening folgt… Der doomige Black/Death Metal des Trios muss dann auch als avantgardistisch bezeichnet werden. Die überlangen Tracks triefen vor negativer Ausstrahlung, erzeugen geradezu unangenehme Gefühle. Das hat etwas Klaustrophobisches, eine Verlorenheit ergreift die wenigen Hörer*innen, die noch geblieben sind und trauernd in ihre Bierpullen heulen. Selten prozessierte eine so schweigsame Besucherschaft aus der Meierei wie heute, die meisten sparen sich die üblichen Abschiedsworte und entschwinden lautlos in die Nacht.

 

Torsten: Gedankt werden soll an dieser Stelle all denen, die immer wieder in die Alte Meierei kommen und der ICB die nötige Unterstützung zukommen lassen! Wie sacht olle Ozzy immer so schön: "We love you aaaaaaall!"

Philipp: Aber er sacht auch „I Don’t Know“ – und genau so wenig wissen wir momentan, wie es mit der Infernal Crust Brigade weitergeht.

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