GRAVPEL, TRESPASSER, FROST PISSE (&) ELEND / 22.02.2023 - Kiel, bei Meiers

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Die Infernal Crust Brigade veranstaltet Konzerte, die man immer wieder besuchen will. Für mich eine der besten Konzertgruppen zurzeit. Aber was heißt „zurzeit“? Commander Herb und seine Chaos-Briganten Truppe terrorisieren schon seit geschätzten 25 Jahren den Kieler Süd-Osten mit teils infernalem Lärm. Früh machte sich dabei ein eigenständiger Stil bemerkbar: Günstiger Eintritt sowie billiges aber dennoch nie abgestandenes Bier. Dazu ein unverwechselbarer Musikgeschmack, der an der breiten - dem bürgerlichen Salon entstammenden - Masse vorbei geht und stocknüchterne Feuilletonisten zürnen lässt. All dies macht einen Teil der Faszination aus und nicht ohne Grund brüllen immer noch Punks und Metal Maniacs „Meierei bleibt!“ im Stadtbus in Höhe der Hummelwiese, wiewohl der Bums schon lange nicht mehr vom Abriss bedroht ist.

 

TRESPASSER

 

Heute fährt die ICB schweres Geschütz (ich versuche solche Worte in der jetzigen Zeit zu vermeiden) auf! Gleich drei Black Metal Bands stehen auf dem – zum Glück wieder ausliegenden – Flyer, der vielen Konzertbesuchern als Sammelobjekt dient. Manch einer – und das ist gewiss - schreibt auch sein Leben auf dessen reine, blütenweiße Rückseite. Welche Band knallt, welcher Konzertbesucher lallt? Alles weitere folgt hier!

Frost, Pisse & Elend aus Kiel sind zuerst auf dem Holzgerüst, welches die Bühne bedeutet!

2 kurze Beobachtungen oder Erklärungen vorweg: (1) Der Bums ist heute super gefüllt und (2) ich bin es auch. Daher kann ich mich an vieles gar nicht erinnern, aber das ist nicht schlimm und lasse zum Unmut des Editors dieser Kieler Punk Rock Schmonzette lieber Bilder sprechen, deren Dateigröße ich aus technischen Gründen vorweg nicht verkleinern konnte. Diese sind dafür aber auch umso besser gelungen als sonst, da es heute bei Meiers ausnahmsweise mal nicht so dunkel wie in einem Bärenarsch ist. Weiterhin ersetzen sie das Geschwafel, das ich mir sonst mühevoll aus den Fingern saugen müsste und von „Breaks“ berichte, die es angeblich gar nicht gab.

 

FROST, PISSE, ELEND

 

Zurück zu FP&E: Der Name ist schon sehr geil und mal mit und mal ohne „&“ geschrieben. Hier hat der Wahnsinn von Anfang an Methode. Musikalisch wird geschreddert, es gibt Blastbeats und es entsteht eine aggressive Melange aus Black Metal und Punk – oder ist das Crust? Ich weiß es nicht, aber das zahlenmäßig große und bereits jetzt schon vor der Bühne versammelte Publikum ist begeistert. Geiler Auftritt, daran erinnere ich mich noch. So… ich schaue mir noch mal die hier angehängten Bilder an. Hm…da war es ja doch noch recht dunkel…ich glaube, der Schlagzeuger hat unter seinem Hocker ein Feuer gelegt – womöglich hat er deswegen auch so schnell gespielt. Egal, heute gibt´s hier halt keinen Qualitätsjournalismus; der ist leider aus.  4,5 von 5 Pentagramme. Oder Pentagrams?

 

FROST, PISSE, ELEND

 

So…nächste Bilder. Die sind aber gut geworden! Trespasser sind für mich das Highlight des Abends oder die Überraschung der letzten Monate. Abwechslungsreicher Black Metal, der auch mal schwer, bedrohlich, finster und düster daherkommt. Statt heiserem Geschrei gibt es Gebrüll oder auch mal ruhigere Passagen. Strukturen lassen sich trotz des fortgeschrittenen Deliriums erkennen und wie Geheimschrift auf einem alten Pergament zeichnet sich ein Chorus ab. Erfrischend! Die ganze Chose erreicht im Black Metal Qualitäten wie Bolt Thrower im Death Metal (und das soll wirklich mal was heißen…). Dazu ebenfalls sozialkritische und antikapitalistische Texte, eine verwegene Blumen Deko von Pflanzen Meyer und Gyða Hrund Þorvaldsdóttir (ein Name, der auch dem Hamlet entsprungen sein könnte) als Verstärkung an der E-Gitarre. Und das macht sie großartig! Aber nicht nur sie - überall sägt, dröhnt, schleift, bumst, brüllt und scheppert es gewaltig! Dazu eine dem Abgrund entsprungene Light Show und wabernder, sich zu grotesken Figuren verformender Nebel! Dann wird mir von hinten auch noch ein volles Bier gereicht!! Forward into the Light!!! Noch mehr geht nicht!!!!!!! Also wirklich nicht!!!! Und….plötzlich tonnenschwere Riffs wie bei fuckin´ almighty Bolt Thrower!!!!! Dachte, so ein Moment kommt seit dem Bremer Schlachthof „Overtunes of War“ Konzert 2014 nie zurück!!!!!! Was für ein Auftritt!!!!!! 

 

TRESPASSER

 

Aber es geht immer weiter….Jetzt gibt außerdem auch noch Gyða Hrund eine aber mal wirklich tolle Figur vor der Fahne mit dem Totenschädel ab - also im Sinne von Pose. Ich werd bekloppt!

 

TRESPASSER

 

"Death to all who stand in the way of freedom for the working people" – eine vermeintliche Fahne der Anarchisten der Makhnovshchina aus dem Unabhängigkeitskrieg der Ukraine in den Jahren 1917 – 1921. Momentan leider aktueller denn je. Black Metal mit kritischem, dem jetzigen Zeitgeschehen verpflichtetem Inhalt, erscheint mir auch dringlicher als Fantasy Rhetorik oder vertonte Pfaffen Witze.

 

TRESPASSERTRESPASSER

 

Das aktuelle Album der Schweden mit dem bedeutungsschweren Titel „Αποκάλυψισ“ geht für mich eindeutig als bestes Black Metal Album der letzten Jahre (seit ALDAs Passage) durch – wobei ich da aber auch kein wirklicher Kenner dieser Ecke bin. Eigentlich müssten aber auch diese meiner Meinung sein. Warum sind´s sonst Kenner? Übersetzt heißt der Titel übrigens „Apokalypse“. Hätte ich sofort(!) als CD „abgeerntet“ – aber die waren zu der Zeit leider noch nicht gebrannt. Platten gab´s aber.

Bisher waren die unfassbar guten ALDA mein Highlight in dem bunt schwarzen Potpourrie veranstalteter Konzerte der ICB, aber Trespasser schließen da gaaaaaanz dicht auf. 4,98 von 5 Pentagramme. (oder Pentagrammen?) Glatte 5 gibt´s nebenbei nur für Herrn Jesus.

 

Gravpel (und nicht Gravepal – das wäre der, der in der Kiste neben einem selbst liegt und die eine oder andere Unterhaltung unter tage anstößt) aus Basel brechen nun einen Geschwindigkeitsrekord nach dem anderen. Hier müssen wir wieder Bilder sprechen lassen und die haben es in sich:

 

GRAVPEL

 

Best Corpsepaint ever!

 

Corpsepaint, Stacheln, Totenköpfe, blutbeschmierte Lumpen – die Erinnerung kommt wieder! Klassischer Black Metal in Reinform! Das Schlagzeug operiert jenseits der Schallgeschwindigkeit. Dazu flirren die Akkorde auf und ab. Technisch kannst das nicht besser machen. Der heisere Kreischgesang verschwindet etwas in dem gewollt kakophonischem Malstrom, aber auch das mag beabsichtigt sein. Die Stimme ist hier nur ein weiteres Instrument, dass sich zur Anklage erhebt. Derweil Trespasser abwechslungsreicher zu Werke gehen, beschreiten Gravpel orthodoxe Pfade. Leider kann ich mich nicht an mehr erinnern, aber 4,5 von 5 was-auch-immer sind das locker. Echte BM-Maniacs geben sogar noch mehr.

 

GRAVPELGRAVPEL

 

Zum Abschluss muss noch ein kurze Geschichte erlaubt sein, die sich so vor einigen Jahren zugetragen und mein Verhältnis zu Black Metal geprägt hat:

Ich erinnere mich immer noch gut an den 75ten Geburtstag von meiner Tante Frieda. Sie wollte in diesen hineinfeiern, hatte in Fröhse`s Gasthof (sic) geladen und die ganze buckelige Verwandtschaft war erschienen. Zur Begrüßung aller lief – auf ihren besonderen Wunsch hin - das Album „Die Auferstehung“ der Leverkusener Punk Band OHL. So weit, so gut, aber selbst Stunden später noch drehte sich dieses an sich grandiose Werk gnadenlos und in voller Lautstärke Runde um Runde bzw. Rille um Rille auf dem Plattenteller. Irgendwann merkte sie selbst, die Stimmung droht zu kippen und verkündete: „Wir hören jetzt alle geilen Black Metal!“ Daraufhin holte sie das Album „Under the Sign of the Black Mark“ (87er Auflage) der Musikgruppe Bathory hervor. „Das ist mir nicht ´true´ genug“, erklärte meine Cousine Herrfried bereits während des Openers Nocternal Obeisance. „Nur Cradle of Filth spielen richtigen Black Metal!“. Daraufhin kam, was kommen musste: Es entbrannte sofort(!) eine hitzige Diskussion, was denn nun wahrer Black Metal sei und die ganze zahnlose Verwandtschaft beteiligte sich daran. Wie bei der Mischpoke üblich, wurden sämtliche Formen moderner Kommunikation ignoriert und als letzter verließ mein Schwager Gerland unter lauten „Marduk! Marduk!“ Rufen den Saal. So feierte ich mit Tante Frieda allein in ihren Geburtstag hinein und wir legten wieder „Die Auferstehung“ von OHL auf.

 

GRAVPEL

 

 

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