TURBOSTAAT, GRÜNER STAR / 01.06.2023 – Hamburg, Grünspan

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Dieses Konzert hätte ich wohl nicht noch zwischen ROCK HARD FESTIVAL, WILWARIN und eigene Bandproben gequetscht, hätten TURBOSTAAT sich nicht wieder so was Geiles ausgedacht. Denn für den Eintrittspreis bekam man nicht nur ein Konzert, sondern auch eine 7“ mit zwei neuen Stücken! Dazu dann noch ein Hardticket, einen Jutebeutel und einen Pin. Als ich das mit der Single las, waren zwei Tickets so schnell eingetütet, dass meine Finger zu fleischfarbenen Blitzen über der Tastatur verschwammen!

 

TURBOSTAAT

 Bilder von MJ

 

Hui, so eine Schlange hab ich vorm Grünspan noch nie erlebt! Wir kommen etwas spät am Ort des Geschehens an, müssen dennoch ca. 300 Meter um die Kreuzung herum anstehen. Geht aber schnell voran. Nachdem wir die oben erwähnten Goodies eingetütet und die ersten Getränke organisiert haben, sind GRÜNER STAR auch schon weit drin in ihrem Set. Ich mag es, wie sich der Sänger bewegt, die musikalische Darbietung lässt sich zwischen Post Punk und Indie Rock einordnen. Während ich an den charmanten Ansagen Gefallen finde, versetzt mich die recht glatt klingende Musik jetzt nicht in Ekstase. Ein Nachbar auffem Balkon, auf den wir uns mittlerweile gezeckt haben, verrät mir, dass die Mitglieder der Band bereits u.a. bei GRAF ZAHL, DIE CHARTS, ABBAU WEST, DER FREMDE, VENUS VEGAS und SCHNELLER AUTOS ORGANISATION tätig waren oder sind. Das sind wirklich allesamt Bandnamen, die ich immer mal in Zines gelesen habe, deren Musik aber noch nie bewusst an mein Ohr gedrungen ist. Grober Vergleich: Etwas TURBOSTAAT und OMA HANS hier, etwas WIPERS dort. Aber so viel haben wir ja auch nicht von GRÜNER STAR mitbekommen, daher verbleibt nur ein flüchtiger Eindruck. Vielleicht sehe ich die Band mal woanders und sie haut mich um?

 

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In der Pause kann ich von oben beobachten, wie es im Innenraum sekündlich voller wird. Bis man schließlich das Gefühl hat, dass wirklich kein zusätzlicher Körper mehr reinpassen könnte. Es bleibt aber trotzdem entspannt, auch als TURBOSTAAT beginnen und die Meute loshüpft. Ich bin trotzdem froh, oben zu stehen, haha! Dennoch: Das Konzert wird ein regelrechter Genuss. Der Klang ist herrlich transparent, sodass alle Facetten des TURBOSTAAT-Kosmos sich entfalten. Dieses Schwermütige, gleichzeitig Euphorisierende packt mich an der Gurgel. Erst nach drei oder vier Songs („Fraukes Ende“, „Haubentaucherwelpen“, „Meisengeige“, „Ja, roducheln!!!“) begrüßt Jan das Publikum: „Wir sind’s.“ „Sabbel nich, spiel!“, brüllt einer hinter mir. Hamburg, verdammt! Waren wohl schon zu viele Worte. Aber gerade die sind es, die einen der Schlüsselreize bei dieser Band ausmachen. Wo sonst wird so hammertextsicher mitgesungen? Ich hab jetzt echt einige TURBOSTAAT-Konzerte gesehen und bin dennoch immer wieder überrascht. Das sind nicht nur die „bekannten“ Zeilen wie „Hört sich traurig an, ist es auch“, „„Und dann im Februar / Auf dem Weg nach Kandahar / Liegst du zitternd auf dem Boden / Während andere ins Kino gehen“ oder „Husum, verdammt noch mal!“, sondern teilweise einzelne Wörter, regelrecht eingeprobt aus dem Besuch zahlreicher TURBOSTAAT-Auftritte.

 

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Im Vergleich zum Konzert im Januar in der Pumpe gibt es natürlich keine erdrutschartigen Veränderungen in der Setlist. „Otto muss fallen“ fehlt heute, dafür kommt der andere Song der Single zum Zuge. Es handelt sich um ein Cover der Band GRAVENHURST, das TURBOSTAAT offenbar mit einem eigenen Text versehen haben. „Der weiche Kern“ heißt das Ding und klingt von der Atmosphäre her absolut nach dem eigenen Material. Ich war natürlich neugierig und hab mir das Original mittlerweile angehört, welches „The Velvet Cell“ heißt und tatsächlich auch schon diese hämmernd-pumpenden Riffs aufweist, verbunden mit einer verletzlich klingenden Stimme (-> https://www.youtube.com/watch?v=AUPqwWG8Zes) – die Wahl leuchtet also ein.

 

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Ansonsten ist es gar nicht einfach, Highlights zu benennen, da das Konzert keinen einzigen Hänger hat. Es hagelt Volltreffer, und ich finde, dass auch Songs der letzten beiden Platten sich wie „Klassiker“ anfühlen. Klar, „Harm Rochel“ und „Vormann Leiss“ sorgen für Extra-Gerangel, aber stehen für mich neben „Rattenlinie Nord“ neben „Schwan“ neben „Ruperts Grün“ neben „Alles bleibt konfus“ neben „Wolter“ (huch!). Jan weist gegen Schluss darauf hin, wie sehr es die Band freue, wieder unterwegs zu sein – und das dürfte keine Phrase sein angesichts des Herzinfarkts, den ein Bandmitglied erlitten hatte. Schön!

 

TURBOSTAAT

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