TESTAMENT, VOIVOD / 13.06.2023 – Hamburg, Markthalle

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Erfreulich: Trotz der Absage von EXODUS wird die Markthalle knüppelvoll! Es hätte ja sein können, dass zumindest einige Besucher:innen ihre Karten zurückgeben, da EXODUS ziemlich beliebt und eine sichere Live-Bank sind. Bei TESTAMENT hingegen gab und gibt es immer wieder mal Kritik. Auf der letzten Tour setzten sie in der Setlist auf zu viele Deep Cuts und konnten mit der Energie von DEATH ANGEL und EXODUS nicht mithalten. Auf dem ROCK HARD FESTIVAL vor wenigen Wochen (Bericht ist in der Mache) setzten die Old School Thrasher zwar auf eine Killersetlist, erwischten aber in Sachen Sound und vor allem Lautstärke einen üblen Tag. Dabei hatten TESTAMENT bereits vor Jahren beteuert, dass die Tage ihrer Soundprobleme gezählt seien und man neues Personal am Start habe. Fakt ist, dass der RHF-Gig erst viel zu leise geriet und das gesamte Stadion „LAUTER! LAUTER“ skandierte, worauf zwar reagiert wurde, aber gerade die Gitarren weiterhin untergingen, bis erst im letzten Drittel Besserung eintrat. Die Frage, wie TESTAMENT heute wohl klingen werden, wird somit bis Showbeginn eifrig diskutiert. Und ist Alex Skolnick wieder dabei, der auf dem RHF spontan von Phil Demmel vertreten wurde?

 

TESTAMENT

Bilder von MJ und Evelyn Steinweg (https://www.facebook.com/evelyn.steinweg.photographie)

 

Zunächst werden aber VOIVOD begrüßt, die ebenfalls kürzlich auf dem ROCK HARD FESTIVAL gastierten, und dort auf ganzer Linie überzeugt hatten. Auch heute zeigt sich wieder, dass die Songs live wie aus einem Guss klingen, obwohl sie ja eigentlich eine enorme stilistische Bandbreite abdecken. Beim heutigen Publikum kommen besonders die alten Klassiker gut an, die Thrash Metal mit Punkeinfluss vermischten. Mir schraubt sich auch fast der Kopf von den Schultern, als „Killing Technology“ oder „Thrashing Rage“ ertönen. Aber die Band ist so gut eingespielt, das Songwriting zudem derart stark, dass wirklich alle Songs zünden. Angesichts ihres Bandjubiläums von 40 Jahren haben VOIVOD gerade einige alte Stücke neu aufgenommen und wildern auch heute hemmungslos in der eigenen Discographie. Besonders bemerkenswert finde ich es, dass sogar ein Titel aus der Phase mit Eric Forrest dabei ist, nämlich „Rise“ von „Phobos“ (1997). Denis „Snake“ Bélanger sagt dazu, dass er sich freue, diesen Song singen zu dürfen, ja, dass es eine Ehre für ihn sei. Was für eine schöne Geste! Das wäre, als wenn BLACK SABBATH mit Ozzy ein Stück von „Heaven And Hell“ gespielt hätten und der Madman DIO seine Ehre erwiesen hätte. Was bekanntlich nie passiert ist, sowas gibt’s offenbar nur bei Undergroundbands. Snake ist auch ansonsten bester Laune, wirft sich in kuriose Posen und zieht Grimassen bis Meppen. Ein weiterer selten gespielter Song kommt mit „Rebel Robot“ von der selbstbetitelten 2003er Scheibe, auf der Jason Newsted Bass spielte. Jasonic und der gute alte Piggy (R.I.P.!) werden natürlich auch gefeiert, bevor „Fiy My Heart“ und „Voivod“ dem Mob den Rest geben. Insgesamt eine erstklassige Performance aller Musiker, wobei ich besonders Chewy hervorheben möchte, dessen Soli sich teilweise tief in mein Hirn bohrten und mir mehrfach eine Gänsehaut bis in die Kniekehlen bescherten.

 

VOIVODVOIVOD 

 

TESTAMENT machen heute verlorenen Boden wett, aber so richtig! Ja, Alex Skolnick ist dabei und ja, verdammt, der Sound ist gut! Und nicht zuletzt haben TESTAMENT von der letzten Tour gelernt: Mit „The New Order“, „The Preacher“, „The Haunting“ (was für eine irre Gitarrenarbeit!), „Over The Wall“, „Into The Pit“ und „Alone In The Dark“ kommen schön viele Klassiker der ersten beiden Alben zum Zuge. Auch wirken TESTAMENT agiler als im Docks, wo mir die Show etwas statisch vorkam. Das mag bereits an der Architektur der Markthalle liegen, denn hier sind Band und Publikum dicht beieinander und man genießt einen herrlichen Blick auf das Bühnengeschehen. (Hoffentlich bleibt das so nach der geplanten Renovierung!) Chuck Billy röhrt alles in Grund und Boden, wirkt in den Ansagen gelöster und spontaner und feuert den ausrastenden Mob an, bis wirklich alle Arme oben sind.

 

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Diese Thrashattacke erinnert an beste Zeiten des Genres, wobei TESTAMENT ja bis heute relevant geblieben sind, was neuere Stücke wie „Children Of The Next Level“, „Night Of The Witch“ (mit fiesen Extravocals von Eric Petersen), „The Pale King“ oder „Rise Up“ unterstreichen. Hier treffen peitschende Riffs auf melodische Soli, flottes und häufig grooviges Drumming (new guy: Chris Dovas) sowie natürlich der charismatische Gesang Chuck Billys auf die sinnverwirrenden Bassläufe Steve DiGiorgios. Offenbar verlängern TESTAMENT ihren Auftritt wegen der Tourabsage von EXODUS, denn „Electric Crown“ habe man Chuck Billy zufolge nicht mal proben können. Auch geil: „Practice What You Preach“, „D.N.R.“, „More Than Meets The Eye“ und „The Formation Of Damnation”. Teilweise bilden sich amtliche Pits im Innenraum, becher fliegen durch die Luft – heute bleibt kein Auge trocken. Sie können es also doch noch! Als Fan der ersten Stunde (Dynamo 1987…) bin ich begeistert!

 

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OVER THE WALL!

 

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