EARTHBONG, DEVILLE / 22.09.2023 – Kiel, Holzwerkstatt Alte Mu

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Endlich EARTHBONG! Obwohl ich die Band seit ihrer ersten Veröffentlichung mag, konnte ich sie bisher nicht live erwischen. Da war ich wohl zu langsam, haha. Mittlerweile haben die Dope Doom Bong Metaller in der Extrem Doom-Szene einen gewissen Kultstatus erreicht, die Republik mit ihren „Doom. Respekt, wer’s selber macht!“-Aufklebern überflutet und spielen auf Veranstaltungen wie Doom Over Vienna oder Monsters Of Psych.

Dabei war die Genese des heutigen Konzerts etwas seltsam. Ursprünglich sollten die Schweden DEVILLE heute in der Schaubude spielen, zusammen mit einem anderen Support. Die Show wurde jedoch abgesagt. Auf den Seiten der Bude findet sich keine Begründung, DEVILLE selbst posteten in der ursprünglichen Veranstaltungsankündigung auf Facebook: „Due to management problems at Schaubude the venue decided to cancel the show. We are very sorry for this and please contact venue or Tix for gigs for refunds. We hope to find a replacement show near by. Keep checking in for announcement at our sites!“ Tja, was da nun konkret dahinter steckt, weiß der Deibel, jedenfalls sprangen ähnlich wie bei BLACK MOON CIRCLE die Leute von SIEBENECK & TRIANGEL ein und organisierten als Ersatzort die Holzwerkstatt WERK STATT KONSUM in der Alten Mu. Hin da!

 

DEVILLE

Bilder von MJ und Torsten Matzat. 

 

Wie herrlich die Atmosphäre in der Alten Mu doch ist! Es dampft vor Kreativität, im Siebeneck läuft ein Open Jam, das Fahrradkombinat bietet eine DJ-Veranstaltung, in der Cocina zockt jemand Klavier und vor der mir bisher unbekannten Holzwerkstatt sammelt sich eine Menschentraube aus Bonglingen und Stonerfans. Hinno, Vattern des Lobeck-Clans, freut sich hingegen, an eine alte Wirkungsstätte zurückzukehren: „Hier hab ich vor 55 Jahren angefangen, damals hat für mich auch der Rock’n’Roll begonnen!“

 

Gleich zwei neue Veröffentlichungen haben EARTHBONG am Merch liegen. Einmal das neue Album „Church Of Bong“, welches Torsten bereits hier reviewt hat, und dann das erste Album „One Earth, One Bong“, das nach fünf Jahren endlich als Doppel-LP erschienen ist. Ernte23!

 

 EARTHBONGEARTHBONG

 

Als EARTHBONG loslegen, ist die Holzwerkstatt, die einen urigen Charme versprüht, wirklich derbe nach Holz riecht und vom Aufbau her mit dem Fahrradkombinat vergleichbar ist, proppevoll. Der Tresen besteht aus umfunktionierten Werkbänken, dahinter hängen Werkzeuge und hinter/neben der Bühne stapelt sich das Holz. Das Trio verzichtet auf jegliche (!) Ansagen, lässt ausschließlich die Musik sprechen: Eine brutal verzerrte Gitarre, kraftvoll gespielte Drums, der dröhnende Bass und Funeral Doom artige Vocals voller Abscheu und Verzweiflung. Anfänglich treten Störgeräusche aus der rechten Box auf, sodass vereinzelt gemutmaßt wird, ob da eine Membran gerissen oder sonstwat kaputt sei, aber die Ursache liegt offenbar in einer Übersteuerung. Beim zweiten Song ist das Phänomen eliminiert und man kann sich ganz dem Doomdancing hingeben. Was ja eher einem sanften Wiegen entspricht als einem tatsächlichen Tanz, eben so wie eine alte Eiche sich im Sturm nach vorn und zurück bewegt. Die Bonglinge vor der Bühne befinden sich nur noch körperlich in der Holzwerkstatt, im Geiste bangen sie längst im sagenumwoben riffgefüllten Land jenseits der Mauern aus Fleisch. Ultraschwere Riffs und Überlängesongs, die zum Teil die 20 Minuten überschreiten, laden dazu ein, in einen Zustand der Trance zu verfallen. Zwischendurch schalten EARTHBONG auch mal einen Gang runter, intensivieren die Dynamik durch ruhige Passagen.  „Goddamn High“, „Bong Aeterna“, „Dies Bongrae“ – das inhaltliche Konzept dürfte auch Uneingeweihten schnell klar sein. Ich habe übrigens schon mit Doomheads gesprochen, welche die EARTHBONG-Texte kritisieren. Sie seien für Doom nicht hinreichend ernst. Eine traurige Verirrung im Glauben schlug mir da entgegen, da hat die Church Of Bong also noch einiges an Missionsarbeit zu leisten. ARISE BAPTIZED!

 

EARTHBONGEARTHBONG

 

DEVILLEDEVILLE

 

DEVILLE bewegen sich im klassischen Stoner Rock, der in diesem Fall sehr heavy und drückend umgesetzt wird. Wie man es bei Schweden mittlerweile schon erwartet, agiert die Band professionell. Vom einheitlichen schwarzen Outfit übers Gear bis hin zur Performance ist alles durchdacht und perfektioniert. Der Vierer pumpt die Riffs mit Macht in die Holzwerkstatt, beugt sich rhythmisch und wellenartig auf und ab, was sich schnell aufs Publikum überträgt. Wenn ich jetzt sage, dass mich EARTHBONG stärker abgeholt haben, dann will ich DEVILLE keineswegs musikalische Qualität absprechen. Es ist eher eine Frage des Genres, fühle ich mich halt im Doom eher zu Hause als im Stoner. Dessen ungeachtet machen DEVILLE live amtlich Druck und Langeweile kommt nicht auf. Der Gitarrensound ist etwas fetter und brachialer als bei vielen anderen Stonerbands, die Gesangslinien eingängiger. Die Band gebe es tatsächlich bereits seit 2004, brüllt mir ein Freak in ELECTRIC-WIZARD-Kutte ins Ohr, das aktuelle Album sei bereits das sechste. Songtitel sind ja schwer zu nennen, wenn man eine Band zum ersten Mal hört, aber wenn ich den Blick durch den Nebel lenke und auf die am Boden klebende Setlist richte, dazu einige Ansagen kombiniere, komme ich auf Titel wie „Killing Time“,  „Deserter“, „Serpent Days“ oder „Burning Towers“. Wenn es nach dem Willen der zuckenden Menge ginge, hätte das Geknarze gern noch länger andauern dürfen, aber irgendwann heißt es Goodbye und man entlässt uns in die laue Sommernacht.

 

DEVILLEDEVILLE 

 

Danke an die Siebenecknasen für die Rettung dieses Konzerts! Hier dürften gern mehr geile Konzerte stattfinden.

Kommentare   

+2 #1 pusche 2023-09-26 23:06
Sehr schön geschrieben :lol:
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