SPIDERGAWD, ÅRABROT / 31.01.2024 – Hamburg, Fabrik

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Schon verrückt: Zum dritten Mal sehe ich SPIDERGAWD heute und jedes Konzert der Band ist ein gewaltiges Stück besser als das vorherige. Bei der ersten Gelegenheit 2022 traten SPIDERGAWD ohne Saxophonisten auf, auf der 2023er Tour zockte ein Ersatzmann, was schon mal deutlich geiler war. Aber erst heute erlebe ich die Norweger mit ihrem Gründungsmitglied und Baritonsaxspieler Rolf Martin Snustad. Der Unterschied ist frappierend, die Knochen schwingen einen Tag später noch nach!

 

SPIDERGAWD

Bilder von MJ.

 

Obwohl SPIDERGAWD natürlich einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben, kann man nicht davon reden, dass ihnen der Erfolg in den Schoß fällt. Langsam geht es voran, geht es in eine gute Richtung. In Kiel waren letztes Jahr ca. 300 Leute, heute sind offenbar 350 Tickets im VVK verkauft worden, sodass zwischen 400 und 500 Nasen anwesend sind (finde ich in der Fabrik schwer einzuschätzen). Aber die werden nächstes Mal ALLE wiederkommen!

 

ARABROTARABROT 

 

Mit ÅRABROT erwartet uns eine handfeste Überraschung. Es ist erstaunlich, dass religiöse Symbole immer noch so eine Wirkungskraft entfalten können: Ein großes erleuchtetes Kreuz hängt über der Band, die komplett in Weiß gekleidet ist (Brautkleid, Hut, Anzug). Die Elemente gab es schon, aber sie sind hier geschmackvoll kombiniert und ein echter Hingucker. Das norwegische Trio verzichtet auf einen Bass im klassischen Sinne, dafür steht Sängerin Karin Park zwischen vier Aufstellern mit Korg-Keyboards, Mischpult und Synthies und lässt es amtlich wummern. Teilweise bedient sie die Geräte parallel mit jeweils einer Hand, singt dazu und tanzt ekstatisch. Die Musik spricht mich sofort an, besitzt sie doch etwas Animalisches und gleichzeitig planvoll Gesteuertes. Aus verschiedenen Einflüssen, vielleicht gar Widersprüchen, entsteht eine unorthodoxe Mischung aus Noise Rock, Doom Metal, Post Punk und Rock’n’Roll. Gitarrist Kjetil Nernes und Karin Park teilen sich den Gesang, schreien, singen und flüstern von Wahnsinn, Liebe, Feuer und Blut. Letzteres fordern sie auch explizit im hymnischen „We Want Blood“, das das bereits überzeugte Publikum begeistert mitbrüllt. Bei der anschließenden Ernte bin ich überrascht: Auf dem Hype-Sticker der „Of Darkness And Light“-LP steht, dass es sich bereits um das zehnte (!) Studioalbum von ÅRABROT handele. Da muss ich mich mal weiter hineinarbeiten!

 

ARABROTARABROT

 

SPIDERGAWDSPIDERGAWD 

 

Auch SPIDERGAWD haben optisch einiges zu bieten und setzen auf eine effektive Bühnendeko: Das riesige Oktaeder-Spinnenlogo erstrahlt von Lämpchen umrahmt, die Band baut sich wieder auf drei Ebenen gestaffelt auf, wobei mit zunehmender Spieldauer natürlich die Positionen wild getauscht werden. Wir stehen (fast) ganz vorne und der Sound drückt uns die Nasen platt. Besonders die Saxophonpower ist unglaublich, es wirkt, als puste mir Rolf Martin Snustad die Töne direkt ins Ohr. Die Adern auf seinem Kopf treten besorgniserregend hervor, das Spiel dieses Freaks hebt die Musik auf eine noch höhere Ebene. Und die Qualität ist ja so schon abartig hoch, das Drumming nicht von dieser Welt (die Fills allein!), die Twin-Gitarren-Duelle mit Grandezza abgefeuert, und die (zum Teil mehrstimmigen) Gesänge erzeugen einen regelrechten Sog. Insgesamt entsteht ein unwahrscheinlich dichter Klangkörper, der aber immer Raum für Feinheiten lässt. Da verschwinden auch mal alle Mitglieder bis auf Drummer Kenneth Kapstad und Gitarrist/Sänger Per Borten von der Bühne, um den beiden Zeit für ein sabbatheskes Instrumental zu geben. Spannend ist ja auch, dass sich derart viele gute Stimmen in der Band befinden. Auf Platte merkt man kaum, dass sich drei, vier unterschiedliche Sänger abwechseln. Auch Snustad senkt wiederholt das Saxofon und singt aus voller Kehle, steuert Ansagen bei und entpuppt sich als eine der zentralen Figuren im Bandgefüge. Jetzt verstehe ich die Interviewaussagen, dass SPIDERGAWD immer traurig sind, wenn Snustad keine Zeit hat. Wie schon beim Kieler Konzert wird der Support miteinbezogen, zu „Is This Love?“ kommt Karin Park auf die Bühne und wirft sich mit Ganzkörpereinsatz in den Song. Weitere Höhepunkte stellen für mich „Anchor Song“, „Dinsosaur“, „The Tower“, „Yours Truly“ und „All And Everything“ dar. Dieses Konzert ist ein einziger Rausch! Ich hoffe, dass SPIDERGAWD noch weiter wachsen können, denn diese Band gehört im Grunde auf die ganz großen Bühnen. Wobei es natürlich als Hörer, Fan oder wie auch immer man sich definiert, schöner ist, dieses Erlebnis so hautnah und intensiv erfahren zu können.

 

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INTO TOMORROW!

 

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