INTERNA, KNARF RELLÖM ARKESTRA / 10.02.2024 – Kiel, Schaubude

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Ich trauere ja immer noch der tollen Band KEINE ZÄHNE IM MAUL ABER LA PALOMA PFEIFEN hinterher. Lösen die sich einfach auf, obwohl ich die so doll liebhatte! Hätten die sich nicht einfach vertragen können?

Nee, so denkt natürlich nur ein Geisteskranker, der sich selbst im Zentrum des Universums sieht. Und dann die Musiker erschießt, weil es ihm eine höhere Macht befohlen habe. Immerhin darf man sich freuen, dass es nun „Folgebands“ gibt. Jochen Gäde hat LES EIERLIKÖR SIX und GAS WASSER INDIEPOP am Start, Steffen Frahm und Lars Stuhlmacher kommen mit INTERNA auf den Teller. Wobei man sowas ja nicht einfach gleichsetzen kann, schließlich sind jeweils auch andere Musiker beteiligt. Aber sowohl GAS WASSER INDIEPOP als auch INTERNA verwalten ihr Erbe und zocken Songs von KZIMALPP. Verrückt ist natürlich, dass heute sowohl Gäde als auch Frahm in Kiel spielen, jener in der Hansa48, dieser in der Bude. Wohin gehen? Ich persönlich hätte gern beide Konzerte gesehen, entscheide mich aber für INTERNA, da ich LES EIERLIKÖR SIX bereits erlebte.

 

INTERNA

Bilder von MJ. 

 

Die Bude ist gut gefüllt, als INTERNA loslegen. Überraschenderweise INTERNA, denn ich hatte damit gerechnet, dass KNARF RELLÖM beginnt. Ist ja egal, wir sind pünktlich und bekommen sogar noch den Ansager mit, der von legendären Bandankündigungen berichtet und irgendwie den Bogen von den GOLDENEN ZITRONEN auf einem Rockerfestival zu INTERNA hinbekommt. Und wie sie loslegen! Der Sound kristallklar, so klar, dass jedes Detail zu hören ist. Ein Spielfehler spränge dir förmlich ins Gesicht wie der Inhalt einer heimlich vom Kumpel geschüttelten Coladose. Gibt aber keine (Spielfehler…). Vielmehr weiß man gar nicht, wohin man gucken soll, obwohl es sich ja nur um drei Leute handelt. Zu Schlagzeuger Simon Falk, der mit Breaks und Grooves begeistert? Auf Lars „Stulle“ Stuhlmachers, der zwischen funky Discobasslinien und Post-Punk-Wucht seine Grimassen quetscht? Oder zieht es den Blick gen Steffen Frahm („Meine Nachbarn denken, ich heiße Steven Flash“) an Leadgesang und Gitarre? INTERNA schaffen es, den Spagat zwischen progressiver Vertracktheit und fast tanzbarer Eingängigkeit zu halten. Dazu kommen natürlich die Texte von Steffen, die ich so auf den ersten Hör als tendenziell ernster als bei KZIMALPP empfinde. „Autojugend Wolfsburg“ ist ein knallharter Diss in Richtung Autostadt, in vielen Texten wird aber auch mit sich selbst und allen anderen abgerechnet (sehr schön: „Halbgott im Freizeithemd (Schwingkreis)“ und „MGUS young“). Super finde ich auch, dass die Band Effekte über einen kleinen Kassettenrekorder abruft, bei dem Steffen einfach ab und zu auf die Playtaste drückt. Als Konsequenz wird die Band auf die Bühne zurückgebrüllt, nachdem alle Songs des Debuts und der Single gespielt worden sind. Es kommt tatsächlich noch ein KZIMALPP-Song und zwar „Dem Teufel Geld“. Gute Version! Insgesamt eine überzeugende bis begeisternde Darbietung, die bestimmt nicht nur mich mit dem Schlachtruf „Ernte24!“ zum Merchtresen zwingt.

 

INTERNAINTERNAINTERNA

 

 

KNARF RELLÖM: sympathisch, gute Texte (tatsächlich ein mit Frahm vergleichbares Sprachgefühl), musikalisch holt es mich allerdings nicht ab. „Kein Schlagzeuger = No Satisfaction“, schrieb ich mal. Das heißt nicht, dass ich Musik kategorisch ablehne, die bestimmte Kriterien nicht erfüllt. Es ist eher andersherum: Über die Jahrzehnte habe ich festgestellt, dass mich Konzerte emotional nicht berühren, wenn große Teile „vom Band“ kommen. Es ist möglicherweise vergleichbar mit TV-Glotzen. Kann unterhaltsam sein, aber zwischen Sender und Empfänger steht eine Distanz. Wenn direkt vor deiner Nase ein:e Schlagzeuger:in ihr/sein Kit verdrischt, dir der Schweiß ins Gesicht geschleudert wird, bist du dabei, wie etwas in dem Moment entsteht. Holt Knarf Rellöm die Beats und Basslinien aus seiner Apparatur, fehlt mir dieses Unmittelbare. Ist auch nur eine Theorie, um den Fakt für mich zu erklären, dass der Electro-Punk-Funke nicht überspringt. Ansonsten hat das ARKESTRA originelle Ideen, der Saxofonist wagt sich spielenderweise in den tanzenden Mob, Knarf diktiert Call-and-Response-Chöre und sein Nachbar bedient neben einer Art Standschlagzeug eine Mundharmonika. „Mein Nachbar ist ein Alien“ bleibt hängen. Ich gucke mir immerhin fast den ganzen Auftritt an, bevor ich zum Passivrauchen in den Raucherraum gehe.

 

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Morgen dann aber wieder Grindcore mit NAPALM DEATH, WORMROT und PRIMITIVE MEN.

 

SCHAUBUDEKEIN KUNDENSTOPPER

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