HEADBANGERS OPEN AIR XXV / 29.07.2023 – Brande-Hörnerkirchen, Tag 3

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Wir haben im Vergleich zu anderen Festivals richtig Glück mit dem Wetter. Heute kommen ein paar Tropfen herunter, aber die heben die Laune eher noch, erzeugen sie doch im Zusammenspiel mit der unermüdlich weiter scheinenden Sonne einen doppelten Heavy Metal-Regenbogen der besonders schönen Sorte. Kaum ein Post vom HOA 2023 kommt ohne diesen Regenbogen, den wir hier natürlich auch gleich mehrfach eingebaut haben. Was noch stärker im Gedächtnis bleibt, sind die Auftritte von RIOT, JAG PANZER, HOLY MOTHER, TRESPASS, AIRFORCE, WHEEL, TYTAN, DEALER und METALL. Here we go:

 

HEADBANGERS OPEN AIR 2023RIOT V

Bilder von MJ, Hauke Jans und Max von Lobeck - Social Media Management 

 

METALL 

Auch heute punktet das HOA mit einem starken Opener: Bei METALL wird es bereits voll vor der Bühne. Ich sehe die Berliner Originale um HALFORD-Betreiber Sven Rappoldt (Bass) zum zweiten Mal, nachdem sie vor ein paar Jahren Kiel besuchten. Damals wie heute überzeugen METALL sowohl musikalisch als auch durch die sympathischen Ansagen ihres Sängers Joél Stieve-Dawe. Letzterer scheut sich nicht, eine andere Band öffentlich zu dissen, weil sie bei einer anderen Show seine Bühnen-Handschuhe geklaut hätten. Als Hit erweist sich das kultige „Easy Rider“, dessen „Easy“-Screams Joél nach kurzer Übungsphase vom Mob singen lässt. Einige unserer Bekannten singen den Refrain noch bis spät abends, da haben METALL also wirklich etwas angerichtet… 

 

DEALER 

DEALER, Alter! Diese Band überrascht mich vollständig und überzeugt auf ganzer Ebene. Es ist doch immer wieder überraschend, was für Perlen die NWOBHM hervorgebracht hat – und dass man einige Bands erst nach Jahrzehnten entdeckt! DEALER sind so ein Fall – noch nie vorher gehört, auf Anhieb schockverliebt. Die Band spielt Pubrock mit Punk- und NWOBHM-Einflüssen. Richtig starke Songs, die eigentlich auf jeden Genresampler gehören! Begeisterung erzeugen zum Beispiel „Choose Your Weapon“ und „Bring The Walls Down“. Ich ernte danach sofort die am Merch befindliche Platte ab, eine Compilation namens „Boogie, Booze & Birds: Demos & Rareties“ (Splattered Records), die vollständig zu empfehlen ist.   

 

TYTAN 

Endlich wird der ausgefallene Gig von 2022 nachgeholt. „You know the Elbtunnel? We don’t“ (Kevin „Skids“ Riddles). Die Leute rasten bei Hits wie “Blind Men And Fools”, „Far Side Of Destiny“ und “Women On The Frontline” aus, sodass Kev Riddles erneut die Tränen kommen (wir berichteten vom emotionalen Auftritt auf dem KIT Rising). Tony Coldham singt diesen extrem melodiösen, teils AOR-lastigen Stoff mit einer Ausdruckskraft, die unter die Haut geht. Sehr beeindruckend kommt zudem das tighte Bassspiel von Mr. Riddles. So frustig die Situation im letzten Jahr für die Musiker gewesen sein muss, der heutige Auftritt entschädigt als völliger Abräumer! 

 

WHEEL 

Witzigerweise werden die deutschen Doomer im Festivalheft als finnische Progband angekündigt. Da hat wohl der Praktikant schlecht recherchiert. Den Fehler nehmen WHEEL aber sportlich und bauen ihn als Running Gag in die Ansagen ein. Ich liebe ja die Stimme von Arkadius Kurek, denn die passt mit ihrem wehmütig-leidenden Charakter perfekt zum Trauerdoom der Dortmunder. Ihr 2021 erschienenes Album „Preserved In Time“ gehört zu den besten Doom-Platten der letzten Jahre und ist nach vielen Drehungen mittlerweile tief in meine DNA eingesickert. Melodisch und episch wämsen sich Zeilen wie  “And after all I wonder / What I have become / A shadow so relentless / Emotionless and numb“ („When The Shadow Takes You Over“) oder “My life an empty shell now, a soul without a cause / Each path leads to an endless pain / Whichever one I chose / Trapped in this endless nightmare” (“At Night They Came Upon Us”) in die Hirne der HOA-Doomheads. Fast so gut wie WARNING, ohne Scheiße jetzt. 

 

AIRFORCE 

Nach dem HOA 2021 kehren AIRFORCE heute aufs Festival zurück. Leider ohne ihren eigentlichen Sänger Lino, der aus unbekannten Gründen verhindert ist. Schade, der Typ hat mich eigentlich beim ersten Mal am dollsten fasziniert, klingt er doch wie ein junger Bruce Dickinson. Aber für ihn springt sein Vorgänger Ivan ein, der seine Sache ebenfalls super macht. Mit Doug Sampson haben AIRFORCE den Ex-MAIDEN-Drummer am Schlagzeug sitzen (ihn löste dann auch schon Clive Burr ab). Und natürlich erinnert die Mucke auch an IRON MAIDEN, daran gibt es nichts zu rütteln. Geschwindigkeitstechnisch bewegen sich AIRFORCE hauptsächlich im Midtempo, was mit der Zeit ja auch mal langweilig werden kann. Da die Songs aber durchweg gut komponiert sind, stellen die Briten eine Ausnahme dar. Gitarrist Chop Pitman überzeugt mit hervorragend gespielten Riffs, Licks und Soli, sodass am Ende alle Fäuste oben sind. 

 

TRESPASS 

 

HEADBANGERS OPEN AIR 2023HEADBANGERS OPEN AIR 2023

 

So langsam wird der NWOBHM-Hunger doch noch gestillt, denn als nächstes folgen die genialen TRESPASS. Für mich stellt ihr Auftritt ein absolutes Highlight dar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass TRESPASS mit ihrem aktuellen Album „Wolf At The Door“ einen Killer abgeliefert haben, der an die frühen Klassiker anschließen kann („Footprints In The Rock“ von 2018 ist auch richtig gut, das Ding ernte ich eine Woche später auf dem Metal Market in Wacken ab). Da ist es kein Wunder, dass nicht nur die alten Biester „Stormchild“, „Bright Lights“ oder „One Of These Days“ abgefeiert werden, sondern eben auch „Live Like A King“ (was für ein Refrain!) und „Ghost Pilot“. Und da ich gerade den Gitarristen von AIRFORCE gelobt habe, muss ich selbiges bei TRESPASS-Shredder Joe Fawcett anmerken. Der Kerl ist erst seit 2018 dabei uns setzt bereits mehr als nur Akzente. Mittelpunkt ist ansonsten Mark Sutcliffe, der das Schiff seit 1979 steuert und auch heute auf allen Ebenen überzeugt. Sehr geil! 

 

HOLY MOTHER

 

HOLY MOTHERHOLY MOTHER

 

Mike Tirelli ist mit HOLY MOTHER zurück! Und zwar seit einigen Jahren, was ich irgendwie nicht mitbekommen und das 2021er Album „Face This Burn“ auch verpasst habe. Die ersten fünf Scheiben und da vor allem den 1998er Semi-Klassiker „Toxic Rain“ von HOLY MOTHER habe ich aber geliebt und häufig gehört (das darauf enthaltene PRIEST-Cover ist eine der besten Versionen von „You’ve Got Another Thing Comin‘“ überhaupt). Mike Tirelli hat außerdem bekanntlich auch bei JACK STARR’S BURNING STARR und RIOT geglänzt, um nur ein paar seiner Stationen zu nennen. Seine Stimme erweist sich dann auch als nach wie vor super. Die New Yorker präsentieren zum Glück viel vom oben erwähnten Fave, u.a. „Live To Die“, „Toxic Rain“, „The River“ und „The Rats Keep Runnin‘“, ergänzt um das erhoffte PRIEST-Cover und eine weitere Fremdkomposition, nämlich DIOs „Holy Diver“. Das mag auf dem Papier nicht sensationell klingen, wird aber derart gut vorgetragen, dass der Garten ordentlich in Wallung kommt. Demnächst erscheint ein neues Album namens „Rise“, welches heute bereits mit drei Songs präsentiert wird, die mir gut gefallen. Da Tirellis neue Mitmusiker ebenfalls nichts anbrennen lassen (Gitarrist Mickey Lixx sieht original wie ein Heavy-Metal-Posterboy aus den 80ern aus, feuert dabei aus allen Rohren), ist die hohe Position im Billing gerechtfertigt. Die neue Scheibe werde ich dann auch abernten.

 

HOLY MOTHER

 

 

JAG PANZER

 

JAG PANZERJAG PANZER

 

Stellten HOLY MOTHER bereits eine gelungene US Metal Aufwärmung dar, werden nun ganz andere Kaliber aufgefahren: Der Jagdpanzer rollt! Zum ersten Mal auf dem HOA, was ja eigentlich unfasslich ist. Der Tyrant zeigt sich in Bestform und pulverisiert alles, der Sound ist super. Natürlich kommen diverse Songs von „The Hallowed“, was der Band erhöhte Konzentration abfordert, zumal diverse Samples eingebaut sind und dies den ersten Gig auf der Tour markiert. Da merkt man schon, dass der Motor erst noch einer gewissen Ölung bedarf. Aber Classics wie „Shadow Thief“ (der Tyrant in entsprechender Meuchelmörder-Kluft), „Chain Of Command“, „Generally Hostile“, „Black“ oder „Iron Eagle“ erzeugen ein Meer aus hochgereckten Fäusten. Mein Kumpel Andi hat JAG PANZER noch nie (!) gesehen und ist vollständig geflasht.

 

JAG PANZERJAG PANZER

 

 

RIOT V

 

RIOT VRIOT V

 

Nach JAG PANZER zu spielen, ist eigentlich keine dankbare Aufgabe. Nur ganz wenige Bands können die Hürde nehmen, auf diesem Level überhaupt gleichzuziehen. Aber glaubt es oder leckt mich am Arsch – RIOT schaffen es! Im Gegensatz zu ihren Vorgängern müssen sie kein aktuelles Album vorstellen, sondern können einfach aus dem Vollen schöpfen. Die hervorragend, ja perfekt eingespielte Band zieht somit aus fast 50 Jahren Bandgeschichte (gegründet 1975) alle Register. Alle Höhepunkte der Setlist zu nennen, sprengte hier tatsächlich den Rahmen. Also ganz subjektiv: “Fire Down Under”, „Flight Of The Warrior“, „Johnny’s Back“, „Bloodstreets“ sowie „Restless Breed“ (auch eine tolle Phase!) heißen meine Highlights aus den ersten zwei Dritteln. Dann steigern RIOT den Partyfaktor noch, indem sie Mike Tirelli mit auf die Bühne holen und es eine gemeinsam geschmetterte Version von „Swords And Tequila“ gibt. Herrlich! Für die Insider gibt’s einen kultigen Moment, als Todd Michael Hall HOA-Ricks Robbenkutte fängt und anzieht. Ich gehe vollständig in die Knie, als „Warrior“ und „Thundersteel“ den regulären Teil abschließen. Die Gitarren flitzen, Halls Gesang muss als überirdisch bezeichnet werden und Frank Gilchriest Doublebass-Gewitter massiert angenehm die Magenwände. Diese Band brennt und kommt gleich mehrfach auf die Bühne zurück, um uns mit „Sign Of The Crimson Storm“, „Road Racin‘“ (!) und „Outlaw“ endgültig den Rest zu geben. Kinners, besser geht’s einfach nicht, Punkt!

 

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Boah, was für ein tolles HOA! Die 2024er Edition verheißt auch einiges und steht bereits fett im Kalender markiert. DER GARTEN WIRD BRENNEN!

 

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