NO SUGAR, TRUE MOON / 02.10.2024 – Kiel, Hansa48
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Freitag, 04. Oktober 2024 19:09
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Für diesen Tag hatte ich eigentlich schon länger das Konzert von CANNIBAL CORPSE, MUNICIPAL WASTE, IMMOLATION und SCHIZOPHRENIA im Kalender stehen. Doch als plötzlich diese Veranstaltung – TRUE MOON und NO SUGAR in der Hansa48 – aufploppt, erfolgt die Umentscheidung innerhalb von Sekunden. Für mich stellen sich beide Möglichkeiten als verlockend dar, aber TRUE MOON habe ich erst ein Mal gesehen und fand es spektakulär. Dazu kommt natürlich die Tatsache, dass die Hansastraße ein ungleich gemütlicherer Ort ist als die Große Freiheit. Näher gelegen ist sie auch noch, da lohnt es sich nicht mal, ein Wegbier aufzureißen. Ursprünglich wären übrigens noch NIGHT TRAP dabei gewesen, die aber leider krankheitsbedingt ausfallen. Gute Besserung!
Bilder von MJ.
In der Hansa48 abzuhängen, ist auch ohne Konzert schon herrlich. Es ist ja toll, was hier so alles läuft. Neulich habe ich mir hier den SCHLEIM KEIM-Film gönnen dürfen, demnächst gibt’s wieder diesen Musikflohmarkt, und was verbirgt sich wohl hinter der Ankündigung „Wilde Reise durch die Nacht von Walter Moers“? Erfreulicherweise füllt sich der Schuppen schon früh, ich höre etwas von 150 Tickets, welche im VVK weggegangen seien.
TRUE MOON fangen an, was einige Besucher:innen kaum glauben mögen und heiß diskutieren. Ich finde: Ist doch wumpe, wer wann spielt. Zwei gute Bands, einfach schmecken lassen, fertig. TRUE MOON klingen so unfassbar „groß“, man kann die Musik fast anfassen. Weiß der Deibel, wie der Bocky das immer macht, aber das kommt besser als in so manchem für Konzerte konzipierten Profistadion (wo es ja verrückterweise auch häufig total scheiße klingt). Die Musiker:innen haben gerade ein selbstorganisiertes Festival namens „Shadowplay“ hinter sich, was anstrengend gewesen sein muss, sich aber nach außen hin nicht bemerkbar macht. Wie beim letzten Mal in der Hansa wirkt die Band dankbar, hier spielen zu dürfen. Karolina Engdahl lässt nahezu vollständig die Musik sprechen und verzichtet auf längere Ansagen. Was für eine Stimme! Ich habe es schon beim ersten TRUE-MOON-Auftritt 2023 so empfunden, dass eine intensive Melancholie und Verzweiflung transportiert wird, die sich auf die Hörer:innen jedoch positiv auswirkt. Viele lächeln, alle tanzen (mindestens innerlich). Der Dark Wave von TRUE MOON pumpt und schleicht sich in mein Herz, wir haben die Platten sehr oft aufgelegt und freuen uns über Stücke wie „Voodoo“, „Poison“ oder „True Moon“, die nicht nur von der Stimme, sondern auch von den ansprechend arrangierten Gitarren getragen werden. Und natürlich von diesem typischen Beat, der mich zurückversetzt ins völlig dichtgerauchte Error in den 80ern. Die in Reverb getauchten Gitarren besitzen die richtige Portion Schmutz, in Kombination mit den tanzbaren Basslinien wird ein hypnotischer Sog erzeugt, den man erlebt haben sollte. Ich bin jedenfalls erneut begeistert und empfinde den Auftritt mindestens so gut wie den 2023, wenn nicht noch besser.
Und da kommt mein mittlerweile siebtes Konzert der Kieler Garage/Rock’n’Roll-Combo NO SUGAR! Doch halt – Kiel? Nein, wie uns Flicke (v, g) mitteilt, komme die Band gar nicht mehr aus der S-H-Landeshauptstadt, sondern verteile sich mittlerweile auf mehrere Städte. Die Herkunft einer Band ist ja auch egal, aber es spricht für die Leidenschaft der Mitglieder, wenn sie das Ding trotz des gesteigerten organisatorischen Aufwandes weiter durchzieht. Das Beste: Platte Nr. 2 kommt demnächst, ist wohl sogar bereits aufgenommen und heute gibt’s also ein Sneak-Peek in Liveform. Auch die neuen Songs überzeugen mit tollen 80er Pop-Melodien und Neo/Retro-Rock’n’Roll-Einflüssen. Ich durfte ja neulich Cherie Currie live sehen und sehe meinen Eindruck bestärkt, dass (auch) ein gewisser RUNAWAYS-Einfluss vorliegt. Natürlich im Rahmen einer klaren Punk-Sozialisation. Es ist jedenfalls wieder erbaulich zu hören, wie sich Flicke, Nina und Willer mit ihren sich teilweise überschlagenden Gesangseinsätzen abwechseln. Auf den ersten Blick weisen TRUE MOON und NO SUGAR musikalisch eine sehr geringe Schnittmenge auf, aber es gibt durchaus Parallelen: So fällt mir auf, dass NO SUGAR ebenfalls melancholische oder gar traurige Akkorde einbringen, die aber in der Gesamtwirkung einen empowernden Effekt erzielen. Wie jeder NO-SUGAR-Auftritt, den ich bisher gesehen habe, empfinde ich auch diesen als energiegeladen, abwechslungsreich und höchst unterhaltsam. Bin gespannt auf die Platte!
Beim Gesabbel danach wirft jemand die Frage auf, wie eigentlich die Nachfolgekneipe vom Hanging Garden heiße und ob da schon wer gewesen sei. Gute Frage, also gleich mal längsgeschaut. Der neue Schuppen nennt sich „Zum frechen Dachs“. Zunächst will man uns den Eintritt verwehren, denn heute finde eine geschlossene Privatveranstaltung statt. Lustigerweise erweist sich der Gastgeber als alter Bekannter und schwupps sitzen wir drin. Mit der alten Räuberhöhle zu Gos Zeiten hat der Dachs nichts mehr zu tun. Keine Spinnweben mehr, nirgends! Überhaupt alles sehr hell, sauber und ohne Rauchschaden. Für sich gesehen hat das auch was, ist schon irgendwie auch gemütlich, aber auf andere Art als früher. Die Mucke ist heute gut, was aber auch am Gastgeber liegen kann. Ich werde bestimmt wieder reingucken.
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