CRYSTAL VIPER, SAVAGE MASTER, COBRA CULT / 11.10.2024 – Hamburg, Bambi Galore
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Samstag, 12. Oktober 2024 19:06
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Mensch, es sind doch bereits sechs Jahre vergangen, seit SAVAGE MASTER zuletzt in unseren Gefilden spielten! Oder habe ich etwa eine Tour der Kulttruppe verpasst? Fakt ist, dass die Band konstant aktiv war und ist, bei ihren Veröffentlichungen mittlerweile auf vier Longplayer und zwei EPs steht. Alle top, alle randvoll mit Hits. Da steht es für mich außer Frage, dass heutige Konzert mitzunehmen, zumal mit CRYSTAL VIPER eine mindestens gute weitere Band dabei ist und einen unbekannten Happen (hier in Form von COBRA CULT) nimmt man ja gern auch mit. ONWARD TO BAMBI – WITH WHIPS AND CHAINS!
Das Bambi füllt sich heftiger, als ich erwartet hatte. Als ich meinen Stempel bekomme, bin ich froh, reingekommen zu sein, hatte ich mir doch irgendwie kein Ticket im VVK geholt. Die Hitze ist bereits vorm ersten Ton infernalisch, aber es wird zum Glück auch nie unangenehm eng.
COBRA CULT, ein Name, den man förmlich schmecken kann. Obwohl ich streng genommen gar nicht weiß, ob der erste Teil des Bandnamens sich wirklich auf KOBRA = KORN BRAUSE bezieht, bekanntlich ein neues (?) Szenegetränk. Bei COBRA CULT handelt es sich um Heavy Metal aus Schweden, der nicht streng vom Hardrock zu trennen ist. Die Band legt mit Schwung und guter Laune los, was im Bambi natürlich offene Türen einrennt. Im Mittelpunkt steht Sängerin/Gitarristin Johanna Lindhult, welche die melodiösen Gesangslinien kraftvoll schmettert. Auch der Bassist Thomas Johnsson steuert Gesangseinsätze bei, übernimmt zudem einige der Ansagen. Der Kerl kommt mir bekannt vor, ich komme aber nicht darauf, in welcher anderen Band ich ihn gesehen haben könnte. Insgesamt bieten COBRA CULT einen soliden Einstieg in den Abend, wobei mir das Songmaterial streckenweise etwas zu vorhersehbar ausfällt.
SAVAGE MASTER bieten D.I.Y.-Entertainment auf höchstem Niveau! Die Band wirkt weiterhin wie eine eingeschworene Gang oder besser wie eine Familie. Entspannt gucken sich alle Bandmitglieder die anderen Gigs von der Seite an, schleppen ihr Gear noch ohne Masken auf die Bühne und ziehen so auch ihren kurzen Linecheck durch. Dann: Abgang, Kapuze über die Birne, Intro, zurück auf die Bühne und ab! Sofort fällt mir auf, dass man das Bühnenoutfit leicht modifiziert hat: Bisher trugen alle Lederwesten bzw. Nieten-BH über nackten Oberkörpern, dazu die schwarzen Stoffmasken und diverse SM-Nieten/Handschellen-Accessoires. Nun wurde der Anteil nackter Haut etwas reduziert, Lederjacken – und -wämse sind das neue Gesetz (schade: Dadurch sieht man das geil grobe Tattoo bei Adam Neal nicht mehr, ein fettes umgedrehtes Kreuz), die Kapuzenfarbe wurde in ein kräftig leuchtendes Flieder umgemodelt und entsprechende Umhänge sind dazugekommen. Sieht auch super aus! Die Band donnert mit „Ready To Sin“ und „With Whips And Chains“ los und sofort verwandelt sich das Bambi in ein Tollhaus. Die Riffs pumpen und schmatzen, Stacey setzt ihre Stimme äußerst gekonnt ein, sehr rhythmisch und timingsicher und die Gitarristen ergänzen dazu Gangshouts und melodischere Passagen und Chöre. Trotz der Showelemente kommen SAVAGE MASTER immer mit einen Augenzwinkern daher, stets mit einer Punk-Attitüde. Insgesamt habe ich sie noch nie so stark gesehen, die vielen Auftritte haben eine erhöhte Tightness gebracht, gleichzeitig regiert Spielfreude über Routine. Fast bei jedem Stück passiert etwas – etwa dass Stacey ihre knienden Knechte mit der Lederpeitsche bearbeitet, aus einem Kelch „Blut“ trinkt, einen Leuchter mit brennenden Kerzen gen Hallendecke streckt, mit einem Dolch hantiert oder mit kinskiesker Mimik die Maniacs in den ersten Reihen in Wallung bringt. Besonders würdevoll und gelassen wirken auf mich die heutigen Live-Versionen von „The Ripper In Black“ und „Hunt At Night“. Geil auch „Devil Rock“ (was für ein Text, was für ein Refrain!), bei dem ich nicht weiß, ob es ein neuer Song oder ein Cover ist. Sensationell!
Ist nun die Luft raus? Mitnichten. Dafür sorgt ein sehr energischer Gig von CRYSTAL VIPER aus Polen. Seit über 20 Jahren sind sie aktiv, ich persönlich sah die Band bisher ausschließlich auf Festivals. Eine Platte hatte ich bisher noch nicht abgeerntet, aber immerhin die MARTA-GABRIEL-Soloscheibe „Metal Queens“ von 2021 (sehr empfehlenswert). CRYSTAL VIPER spielen viele Uptempo-Songs, bei denen die Doublebass ordentlich knattert, aber auch ein paar getragene Walzen. Marta Gabriel überzeugt dabei mit einer recht hohen Gesangsbreite, da sie je nach Song oder Passage von einer kraftvollen mittleren Lage im Stile DIOs zu einer glockenhellen Kopfstimme zu wechseln vermag und auch dazwischen alle möglichen Schattierungen abruft. Dazu beackert sie den Bass, bangt wie besessen oder freut sich über die Leistung ihrer Mitmusiker. Die Gitarristen Andy Wave und Guiseppe Taormina lassen sich aber auch nicht lumpen und gönnen sich gleich mehrere Soloduelle, bei denen sie sich gegenseitig anstacheln und den Kollegen am Jammerhaken packen. CRYSTAL VIPER können aus einem großen Pool an Songs schöpfen, haben sie doch bereits neun Alben veröffentlicht. Besonders gut gefallen mir das neue „Fever Of The Gods“, „At The Edge Of Time” und der Klassiker “The Last Axeman“. Der nicht nachlassende Einsatz der Band und allen voran Marta Gabriels hat mich insgesamt überzeugt und ich supporte CRYSTAL VIPER danach am Merch, indem ich das neue Album „The Silver Key“ abernte.
Jo, herrlicher Abend im Bambi, morgen geht’s erst mal mit CORECASS weiter und übermorgen mit DOOL. RESPECT THE ROCK!