MOUNT ATLAS, SILVERSHIPS / 02.05.2025 – Kiel, Schaubude im Hinterhof
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Sonntag, 11. Mai 2025 11:44
- Geschrieben von Torsten Matzat und Philipp Wolter
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Torsten: Es ist tatsächlich schon zwei Jahre her, dass MOUNT ATLAS ihren Release-Gig zur "Poseidon, erst CD, später auch Platte," in der Hamburger BAR227 feierten. Seitdem waren die Oldenburger live gut unterwegs, aber ein weiteres Konzert war mir bisher nicht vergönnt. Heute nun hält der Meeresgott mit der OPEN SEA TOUR Einzug an der Ostsee. Mit im Schleppnetz zappeln MOUNT ATLAS & SILVER SHIPS. Beifang? Johlende Matros:innen und Hafensänger:innen am Kai der Kieler Schaubude.
Philipp: Ist es nicht verrückt, wie lange es manchmal dauern kann, bis man eine Band live sieht? Im Falle von MOUNT ATLAS ist es so, dass ich die beiden Platten „Titan“ und „Mistress“ im Jahre 2020 in der Plattenkiste aberntete (ich ging übrigens seitdem fälschlicherweise davon aus, dass „Mistress“ zuerst schien, warum auch immer) und fest damit rechnete, die Band sehr bald live sehen zu können. Schließlich kommen MOUNT ATLAS aus Oldenburg, also von fast umme Ecke. Aber nichts da – zwar zockten die Hardrocker mehrfach in der Nähe (Torsten berichtete für DreMu aus der Bar 227), aber nie hatte ich Zeit. 2022 folgte die „Magic Potion“-Single, 2023 das neue Album „Poseidon“. Und nun kommt endlich meine Chance: MOUNT ATLAS in der Bude, dazu die ebenfalls sehenswerten SILVERSHIPS!
Fotos: MJ.
Philipp: Bei SILVERSHIPS ist es umgekehrt: 2023 sah ich einen ihrer ersten Auftritte im Bambi Galore, heute ernte ich ihr Vinyl-Debut ab, eine 10“ mit dem Titel „Kingdom Of Decay“. Hui, die Hamburger haben sich aber ordentlich weiterentwickelt! Bereits 2023 attestierte ich ihnen, dass sie ihren Psychedelic Rock mit einer gewissen Eigenständigkeit spielen, Stoner-Rock-Einflüsse besitzen und sich nicht auf 60er-/70er Sounds reduzieren lassen. Mittlerweile hat das Ganze einen selbstverständlichen Flow gewonnen, die Band hat ihren Stil gefunden. Was mir beim letzten Mal noch nicht aufgefallen ist: Der Sänger (und Gitarrist) erinnert angenehm an Chris Goss von MASTERS OF REALITY, der singt auch so klar, lässig und unaufgeregt. Gut gefallen mir auch das konzentrierte Spiel des Schlagzeugers und die herrlichen Soli des neuen Gitarristen. SILVERSHIPS haben nämlich personell aufgestockt, der Kollege war 2023 noch nicht dabei. Mit entrückter Miene zieht er geil vom Leder (oder wie eine Freundin danach sagt: „Der hatte doch mindestens zwei Orgasmen!“). Gitarrenliebe! Die Bude ist gut gefüllt, der Mob zeigt sich begeistert.
Torsten: Aus Hamburg die Elbe hochgeschippert sind SILVERSHIPS (aka Heringe?) - von denen hab ich mal in Chris' Plattenkiste 'ne Scheibe stehen sehen. Aber: ers'ma' reinhören; hat Chris schon, sacht, die sind geil! Stimmt, da hat der beste Drogen ... - ääähh, Plattendealer recht! Nicht nur ihn überzeugt diese Kapelle. Was SILVERSHIPS hier abliefern, kann sich wirklich hören lassen. Dabei mischen sich hier diverse musikalische Schubladen – "Psychedelic Desert Rock" nennt's die Band; ich höre Queens Of The Stone Age, Led Zeppelin, Country, Pink Floyd, Hard Rock, Stoner Rock ... - krieg das erstmal alles unter einen Hut ;-) Jeder Song bietet Überraschungen. Das Songwriting ist echt einfallsreich und die vier Musiker verstehen es, all die Ideen super umzusetzen. Guter Groove mit geilen Soli, z. Bsp. in "Beast" von der "Kingdom Of Decay“-EP. Zuhören, abfahren, mitschwoofen, orbiten, Desert-ieren – oder einfach in den SILVERSHIPS mitfliegen, wenn sie wieder irgendwo zur Landung ansetzen. Ich reserviere vorsorglich eine Mitfluggelegenheit. Denn: Die nächste Platte ist für 2026 terminiert. Heute kriegen wir schon Songs davon zu hören, u.a. "Hello Darkness" (sooo gut!), "Crimson Sky" (Burner!) und "Run Away" (Nö, bidde nich'). Also: wenn irgendwo SILVERSHIPS auftauchen – abheben, mitfliegen, abrocken!
Philipp: Was SILVERSHIPS und MOUNT ATLAS vereint, ist die Frische, mit der sie an eine Klangästhetik herangehen, die manche als „retro“ bezeichnen. Ich finde ja den Begriff „zeitlos“ passender, werden doch Platten von URIAH HEEP oder DEEP PURPLE gehört werden, solange es Menschen mit Ohren gibt. Und Musik für beide Ohren machen auch MOUNT ATLAS, jawoll! Das knackt rein, da knirscht es richtig im Hinterkopf, wenn der Orgeltyp (Christoph Ramke) die schweren Hammondsounds erzeugt. Ich kann ja kein Instrument spielen, erwische mich aber heute mehrfach dabei, die Luftorgel zu bedienen. Den 70er Hardrock reichern die Bergsteiger um Doomriffs, Rock’n’Roll-Arschritte, Doublebass-Gewämse und Stoner-Tupfer an. Und lehrreich ist der Auftritt auch noch, erfahre ich doch, dass tatsächlich „Titan“ das MOUNT-ATLAS-Debut ist, denn als Sänger/Gitarrist Jonas Willenbrink uns fragt, ob wir das Debut kennen („yeah!“) und uns dessen Titeltrack nennen können, rufe ich „Mistress“ und werde umgehend korrigiert. Sortierfehler, passiert mal. Die Band spielt mit viel Feuer und Bewegung, statt shoegazing werden hier ordentlich die Gitarren hochgerissen und das Haupthaar geschüttelt. Unermüdlich ackert Lars Rempe (g), den viele auch als Compagnon von Christian Kind vom CAUSE OF DEAF-Label und -Podcast kennen dürften. Jo, welche Songs stechen heraus? Ich würde „Prehistoric“, „Titan“, „Alien Sunrise“ und „Magic Potion“ nennen. Aber alle Songs der Setlist einen tolle Melodien und packende Arrangements. Starker Gig!
Torsten: Wie oben erwähnt, sah ich MOUNT ATLAS vor zwei Jahren anlässlich der Veröffentlichung ihres immer noch aktuellen Albums "Poseidon". Das war auch die Taufe für CAUSE OF DEAF RECORDS. Die erste Veröffentlichung war eben "Poseidon" von Mount Atlas. Da wurde bestens geliefert und kräftig gerockt! (DREMU war vor Ort und berichtete) Heute fehlen zumindest die Oldenburger Die Hard-Fans, die heftigst feierten und den Laden auseinandernahmen. Jetzt sind die Kieler dran. Und vom ersten Ton wird klar: Hier wird genauso HARD geROCKt! Und das nicht nur, weil das Tourmotto so gut passt... Ein wichtiges Element bei MOUNT ATLAS ist die Hammond-Orgel! Die gibt dem Mount Atlas-Sound das gewisse Etwas und lässt die Band aus der Masse der "Retro-Rock-Bands" herausragen. So, wie ein "Mount Atlas" das eben tut ... ;) Tastenmann Christoph hätte gerne lauter sein können. Zumindest ich empfand den Klang seines Instruments stellenweise als etwas zu dünn. Vielleicht braucht es deshalb einen kleinen Moment, bis der MOUNT ATLAS-Motor warmläuft, sich Band und Publikum aufeinander einspielen, aber danach wackelt nicht nur dieser eine Berg, sondern ganze Gebirge! Kein Wunder bei so fetten Stampfern wie "Titan", "Burning Witches" oder "The Hunt", dessen Mittelpart verdoomt langsam dröhnt. Im Gegensatz dazu klingt der Refrain von "Alien Sunrise" so dermaßen melodiös, dass es beinah zu poppig tönt. Bleibt aber hängen, der Scheiß, hehehe ... ;). Genauso wie der Gitarrenlick bei "Down To Earth", der hart gut nach AC/DC klingt. Geerdet sind Lars an der Gitarre, Hendrick am Schlagzeug, Thomas am Bass, Organist Christoph und Sänger & Gitarrist Jonas in jedem Fall; freuen sich, in Kiel spielen zu können und sind voll des Lobes für die Schaubude und alle Beteiligten. Da kann man das tolle Coverstück "Gimme some lovin'" gradezu wörtlich nehmen! MOUNT ATLAS haben und machen Spaß! Bester Hardrock mit treibendem Schlagzeug (mehr Doublebass bidde!) und umwerfendem Drive! Gelungener Fischzug bei der OPEN SEAS-Tour!
Philipp: Top-Abend. Morgen: TYSON-Record-Release-Gala, powered by VLAD!