MIHALI, SUN ATOMS, SOULS WORN THIN, LUKE BORCHELT / 23.08.2025 – South Sound Block Party, Port of Olympia, WA (Day 2 - Part 1)

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Der Bundesstaat Washington im Nordwesten der USA hat zusammen mit dem Nachbarstaat Oregon im Süden unverhältnismäßig viele geile Bands hervorgebracht. Aus Portland, OR stammen zum Beispiel Poison Idea, Tragedy, die Wipers und Dead Moon – aus Seattle die ganze Grunge Welle und viele andere mehr. Gerne übersehen wird dabei Olympia, WA. Hier ist eine eigene Subkultur entstanden, die sich bis ins kleinbürgerliche und beschauliche Kiel verbreitet hat. Außerdem ist die Liste der Bands aus der Hauptstadt des Bundestaates länger als das dortige, örtliche Telefonbuch: Sleater-Kinney, Bikini Kill, Bratmobile, Team Dresch, Excuse 17, Heavens to Betsy, etc. Ob manche dieser Bands nun eher aus Portland, OR oder Olympia, WA kommen, ist eigentlich egal – damit müssen sich in den kommenden Jahrzehnten Zivilgerichte beschäftigen.

 

Olympia, WA

Bilder von Dr. Zorba.

 

Gestern war bereits ein fulminanter Tag am South Puget Sund in Südwest Washington - und das fast ohne Alkohol! Jaaaa, das ging tatsächlich!!! Unglaublich, oder? Da musst tatsächlich einmal um die Welt fliegen, um diese Erfahrung zu machen. In Deutschland hältst es in den meisten Clubs ja keine 5 Minuten aus, wenn du dir nicht vorher ne Ladung Bier reingeschüttet hast. 

Aber einiges ist anders im Land of the Free und dem Home of the Brave. Derweil bei uns Awareness Teams hinter jeder Säule stehen und Bands und Plakate darauf hinweisen, fehlt dieser Aspekt hier völlig. Wenn unsere Kultur, ja unser Miteinander, dies inzwischen erfordert, ist es ja auch vollkommen richtig. Ich finde nur toll, dass dies in den USA scheinbar nicht der Fall zu sein scheint und Awareness – zumindest hier in Olympia, WA - ein Fremdwort ist. Der Veranstalter hat im Vorweg schon darum gebeten, dass alle etwas „Freundlichkeit“ in ihre Tasche packen und jeder hat sich daran gehalten. Wirklich alle supernett hier und bisher auch relativ wenig einkassierte Schusswaffen. Dafür gibt es aber – im Gegensatz zu Europa - eine Alkohol Detection Squad, welche die Anwesenden daraufhin kontrolliert, ob der eine oder andere womöglich nicht doch etwas zu viel gepichelt hat. Und ist dies der Fall, dann heißt es sogleich „Arrivederci Hans, das war der letzte Tanz“. Ok, wohl eher Bill oder Joe oder Bob oder Helen, aber dann geht´s raus und vermutlich ab nach Haus. Das ist dann aber wirklich ein absoluter Einzelfall. Gesoffen wird hier echt weniger. 

Nach 30 Stunden oder mehr ohne Schlaf, so ist zumindest meine Erfahrung, schläft man/frau stets wie ein Bär im Winter. Das Faszinierende dabei ist aber, dass der Schlaf selbst so tief sein muss, dass eigentlich gar nicht so viel davon gebraucht wird. Es ist jetzt irgendwas nach 5 Uhr morgens, ich bin wach und an ein weiteres Schlafen ist nicht zu denken. Da die Sonne schon aufgegangen ist, kann es nur heißen: Olympia anschauen! Hier einige Impressionen – man/frau beachte bitte, wie sauber es überall ist:

 

Olympia, WAOlympia, WA

 

Anschließend in die Sleater Kinney Road nach Lacey – einem Vorort von Olympia. Dies natürlich mit dem Stadtbus (umsonst!). Dort gibt es direkt nebeneinander einen Jack-in-the-Box, einen Mc Do und einen Wendy´s. Selbstverständlich werden die Burger in allen 3 Brutzelbuden getestet und Wendy´s gewinnt – aber das ist keine Überraschung. Die Receipts hebe ich natürlich als Souvenir auf, da jeweils Sleater Kinney (Road) als Anschrift aufgedruckt ist und sich die Band nach dieser Straße benannt hat. Die sprechenden(!) Ampeln dort sagen übrigens auch „Släter Kinni“ und nicht „Slieter Kinnei“ – nur zur Info. Die Sleater Kinney Road ist mehrere Meilen lang und bei einem Fred Meyers kaufe ich gleich noch einen Rahmen für die Receipts. Denke, ich hänge sie auf. Der Rahmen war übrigens im Angebot! Jetzt aber ab auf´s Festival!

 

Olympia, WALUKE BORCHELT

 

Ich komme an, als Luke Borchelt auf der Bühne steht. Vorher traten noch andere Musiker auf, darunter eine singende Familie, aber die habe ich zum Glück verpasst. Egal, der Sänger aus Anne Arundel County, Maryland liebt alles, was typisch amerikanisch ist. Fette Ford Pick-ups, American Football, Army Hosen, Budweiser Beer und vermutlich auch geile Pump Guns – letzteres vermute ich aber nur, da diese ja fast jeder da drüben geil findet. Er und seine Band spielen eine Mischung aus Country und dem angesagten Singer/Songwriter Geplänkel. Typisch amerikanisch und super Musik, wenn man auf dem Highway in der Nähe von Memphis, Tennessee wegen einer Reifenpanne liegen geblieben ist und jetzt die vorbeifahrenden Trucks bewundert. Irgendwie ist es das genaue Gegenteil von Team Dresch und Bratmobile, die beide später noch spielen werden.

 

Egal, ab zum Mercher. Die haben aber auch wieder Preise hier… Eine Baumwolltasche von Bratmobile 20 USD, nen Aufkleber 5 USD und so ein Cap vom Festival aus Polyester 25 USD…alles natürlich Netto ohne Tax. Dazu die Frage, ob ich für den Verkauf Trinkgeld (1, 2, 5, 10, 25 oder 50 USD) geben möchte? Am Mercher… O tempora, o mores!

Dafür gibt es aber Amerika typisch Wasser umsonst. Ich entscheide mich aber zuerst für ein einziges Bier am heutigen Tag, da es so einen Schaumstoff Kühler (Koozie) umsonst dazu gibt und der ist echt hübsch. Die Außentemperatur liegt heute übrigens bei knapp 32 Grad, es ist also etwas kühler als am Vortag.

 

SOULS WORN THINSOULS WORN THIN

 

Souls worn thin spielen Working Class Punk Rock. Die Band kommt aus Olympia, WA und hatte es demnach nicht weit bis zur Bühne, auf der sie jetzt stehen. So langsam füllt es sich auch auf dem Gelände und schwarze, von der Band beklebte Wasserbälle werden vom Publikum in der Luft hin und her gespielt. 

Das Trio spielt typischen, melodischen US Punk, wie man/frau ihn irgendwie auch nur von amerikanischen Bands hört. Eingängig, ganz gefällig, aber auch nicht aufregend, wild oder gar geil angepisst. Das ist schon ok, hat teilweise nen super Chorus, aber ist nicht MDC, T.S.O.L. oder Poison Idea – dafür klingt es auch zu modern und das Zielpublikum ist definitiv jünger als das der gerade genannten Bands. Für Working Class Punk finde ich es nicht schmutzig und durstig genug. Es ist - denke ich - eher College oder High School Punk. Aber egal, als Belohnung für´s Zuhören lasse ich aus einem der Wasserbälle noch die Luft raus und stecke ihn ein.

 

SOULS WORN THIN

 

 

SUN ATOMSSUN ATOMS

 

Da bauen die Sun Atoms auch schon ihre Instrumente auf. Das Drum Kit jeder Band ist stets auf so nem fahrbaren Untersatz und wird in einem Stück auf die und von der Bühne gerollt. Daher geht der Umbau immer ganz fix. Sun Atoms aus Portland, OR werden als Psych-Rock Supergroup beschrieben, die Einflüsse aus Leonard Cohen, The Cure und Nick Cave in einem Orkan aus Psychedelic, Dark Wave und Post-Punk vereinen. Das kann ja heiter werden… 

Immerhin ist der Basser Peter Holmström auch bei den Dandy Warhols und der Sänger Jsun Atoms war zuvor bei The Upsidedown und Daydream Machine aktiv. Alle mir unbekannt, aber das ist mal wieder egal. Den Rest der Mannschaft kennt man sicherlich auch irgendwo her – sei es auch nur durch Berichte in den lokalen Medien über Kneipenschlägereien oder Wettfahrten auf dem örtlichen Walmart Parkplatz. Ach neee, dafür wirken alle dann doch zu brav und bieder. 

Was jetzt kommt, finde ich größtenteils ganz schrecklich. Da ist kein Feuer, da ist keine Energie, da ist kein Drive. Die Band spielt so vor sich hin und ab und zu nimmt einer der Atome ein Blasinstrument – auch wenn es nur ein beblasbarer Gartenschlauch ist- und weckt mit einem kurzen, lauten Solo das Publikum wieder auf. Keine fetten Gitarren, keine dröhnenden Bässe, keine Wut, keine Verzweiflung – dafür Monotonie, wie sie wohl unter den 10 hoch 57 Atomen der Sonne herrscht. Der Gesang, eher gesprochen als gesungen oder gebrüllt, wirkt wie die Vorbereitung auf eine Vollnarkose kurz vor der unabwendbaren Gallensteinoperation und soll hier wohl auf Leonard Cohen verweisen.

Andererseits ist die Musik aber auch nicht alltäglich. Es klingt teilweise schon sehr spacig und auf dem Planeten Istban IV würden sie diese Klänge sicherlich lieben. Ich vermute, ich bin nicht intellektuell genug dafür. Oder einfach zu dumm.

Jetzt aber den Platz direkt vor die Bühne zu verlassen, wäre absoluter Wahnsinn. So dicht werde ich den bald spielenden Team Dresch und Bratmobile zu Lebzeiten nicht mehr kommen. Immerhin gibt es einen Fächer mit Bandlogo for free. Dafür Danke! Und irgendwann ist das Set auch durchgespielt. Im Nachhinein war es doch ganz ok, aber mir zu verkopft, zu verbohrt und gelinde gesagt zu anspruchsvoll. Ich mag es ja ansonsten gerne einfach und billig.

 

MIHALIMIHALI

 

Eine Band noch bis Team Dresch! Klingt easy! Aber das wird die Hölle! Mihali verbreiten als Nächstes Angst und Schrecken in mir. Jetzt wird´s echt gruselig! Der Sänger aus dem Bundesstaat Vermont – immerhin die Heimat von dem großartigen Bernie „Eat more Soup!“ Sanders hat seine Instrumente lustig beklebt und wirkt per se nicht unsympathisch. Vielleicht etwas verpeilt, aber egal. Der Ablauf ist jetzt aber immer der gleiche: Auf so einer Art DAT Recorder nimmt er einem Beatboxer gleich zuerst den Vocal erzeugten Schlagzeug Rhythmus auf. Also „Bumm“, „Schack“, „Bumm“. Diesen spielt er in Endlosschleife ab und bedient sich dann des aufgestellten Basses und nimmt ebenfalls mit diesem eine einfache Folge von hohem und tiefem Wummern auf. Auch diese Spur wird dann in Dauerrotation abgespielt. Zuletzt nudelt Mihali auf seiner Gitarre dazu und singt und jammert nasal intonierte Texte über keine-Ahnung-was. 

Wäre das aber nicht schon Strafe genug, spielt dazu ein weiterer Musiker auf einer Saxermapete, nimmt das auch auf und spielt es dann auch einfach wieder ab. In Endlosschleife! Furchtbar. Dazu ist der Bass viel, viel, viel zu fett abgemischt. Meine Haare sehen der Schallwellen wegen nach dem Auftritt aus, als hätte ich mir währenddessen eine Hochsteckfrisur verpassen lassen. Anderen gefällt´s, so ist es eben.

 

Egal…plötzlich ist es randvoll vor der Bühne! Und es wird immer noch(!) voller! Dann traue ich meinen Augen nicht mehr…um mich herum nur Dykes! Aber was passiert jetzt? Jetzt kommt der Obermegakracher! Jetzt sollte jeder/jede mal die Luft anhalten!!! 

Ups, das Ding hier ist schon viel zu lang geworden und da noch so viel zu berichten ist, muss es eine Fortsetzung geben! Eine Studie dieser willfährigen Punk und Metal Schmonzette ohne Selbstreflexion und jeglichem Gefühl für Peinlichkeiten hat ergeben, dass nach Zeile 72 ohnehin keiner mehr weiterliest. Und das wäre ja Schade... 

Daher: Bisher war die Musik am heutigen Tag ja eher so „mittel“ (andere fänden es bestimmt super…), aber das, was jetzt noch kommt, sprengt alle Vorstellungen und erfordert ein gesondertes Review! 

Mighty Team Dresch und fuckin´ Bratmobile! An einem Ort! An einem Abend! In einem Konzertbericht! Und das nüchtern! 

Unglaublich, oder?

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