THRONEHAMMER, WILT / 19.09.2025 – Hamburg, Bambi Galore
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 29. September 2025 18:43
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Showabsage mitten während einer laufenden Tour! Begründung des Clubs: Zu schlechter Vorverkauf. Das Thema wurde schon vielfach diskutiert und es gibt sicherlich mehrere Perspektiven zu beachten. Es erscheint schwierig, von einem Veranstalter zu verlangen, dass er ein Konzert durchzieht, bei dem er/sie voraussichtlich Verlust machen wird. Auf der anderen Seite ist es für die betreffende Band richtig übel. Auf die Folgen – es brechen ja nicht nur Gage, Merchverkauf sondern auch noch Unterbringung und Verpflegung weg – muss ich hier wohl nicht näher eingehen. Und hat der Club nicht eine besondere Verantwortung, wenn es um eine Tour geht, bei der die Band auf Verbindlichkeit und Konsequenz hofft? Kommen auf solche Undergroundkonzerte nicht viele Leute über Abendkasse? Jetzt traf es jedenfalls THRONEHAMMER, die über ihre Kanäle um Unterstützung baten. In Kiel wurde einiges in Gang gesetzt, aber bevor jemand an- und zubeißen wollte/konnte, schnappte sich das Bambiteam den Termin. Wir waren eigentlich schon woanders verplant, aber THRONEHAMMER im Bambi? Dazu noch WILT? Da heißt es zuschlagen und Tickets abgreifen (abernten sogar?), zumal wir die Band bisher immer verpasst hatten, einmal sogar trotz Ticketbesitz. SLAY THE KING!
Bilder von MJ.
Und was soll man sagen! Trotz der kurzen Vorlaufzeit von lediglich sechs Tagen trifft sich eine amtliche Menschentraube (Bangertraube klingt zu sehr nach ‘ner Weinsorte). Die Loite vom Bambi hatten auch auf allen Rohren über die sozialen Netzwerke gefeuert. In letzter Zeit fällt das Bambi durch originelle Social-Media-Ideen und coole Kampagnen auf, wie z.B. Statements von Musiker:innen und Konzertbesucher:innen darüber, was ihnen das Bambi bedeutet, die Schülerermäßigung, den Bambi-Faktencheck (wie viele Leberhaken passen auf den Tresen?), den Online-360°-Rundgang, Gewinnspiele oder – am geilsten – diese herrlichen „Spielkarten“ zu den Bands, auf denen wie im Quartett diverse Infos stehen (Gründung, Land, Alben, Label, Anspieltipp). Zu letzteren meinte ein User erst vor Tagen, dass es die doch eigentlich gedruckt geben müsse. Und ich dreh durch: Diesen Vorschlag hat man doch direkt umgesetzt! Gegen Trinkgeld bei ‘ner Tresenbestellung bekommt der oder die Besucher:in die Karte der gewünschten Band. Ich ernte natürlich sowohl WILT als auch THRONEHAMMER ab. Da wird das Sammlerherz getriggert. Das könnte in Zukunft glatt ein Argument zur Entscheidungsfindung sein bei Terminüberschneidungen! „Kommste zu TRÖTHEIMGARD in den Bunker?“ – „Nee, Diggi, Bambi! Muss mein Quartett erweitern!“
Yeah, WILT wären ja allein schon ein Grund für den Konzertbesuch! Ich besitze bereits zwei Alben der Band und erhöhe heute auf Drei (ich bin übrigens nicht spielsüchtig), denn die Band hat heute eine Split mit MORTAL’S PATH dabei, auf der das 2014er Demo „The Welking Age“ enthalten ist. Von diesem Demo sind dann auch mehrere Songs in der Setlist. Die Sidedrops mit der Aufschrift „Old School Death Metal“ sehen schick aus, wären aber zum Verständnis wohl für keine:n Anwesende:n nötig gewesen. Ich werde da gleich an eine Kurzgeschichte erinnert, in der ein Mann in einem Park ein Schild mit der Aufschrift „Park“ sieht und darüber so in einen derartigen semantischen Furor gerät, dass er zu Hause alle Möbelstücke mit entsprechenden Schildern versieht. Später dann auch Frau und Kinder, bis man ihn abholt. Ein sehr zu empfehlender Text, aber ich schweife ab. WILT! Sie hämmern ihren Death Metal schön modrig in die Katakomben, Vergleiche zu BOLT THROWER, ASPXYX und ENTOMBED kommen auf und sind vertretbar. Mit jedem Song zieht der Vierer die Bangenden mehr in seinen Bann, bis das Haupthaar nur noch so flattert. Hervorzuheben ist vor allem der geil knatternde Kettensägensound der Gitarren, aber auch die Growls des Bassisten Matze wissen in ihrer Brutalität zu gefallen. INTO NOTHINGNESS!
Endlich THRONEHAMMER! Ich fühle schon eine gewisse Spannung, als die Musiker:innen ihre Positionen einnehmen. Das Intro ertönt und Kat hält einen Arm nach oben, den anderen nach unten, die Finger jeweils in der klassischen Baphomet-Geste gekreuzt. As above, so below – alles was im geistigen Bereich geschieht, möge auch im physischen Bereich passieren. Und genau so kommt es. Die Wucht der Riffs erzeugt einen hemmungslosen Drang, die Rübe zu schütteln, gleichzeitig fühle ich mich frei von allen Grenzen des Fleisches. Liegt letzteres vielleicht auch am Leberhaken? Nein, dafür reißen die Doom/Death-Machtdemonstrationen zu heftig in Hirn und Eingeweiden. So heavy wie CELTIC FROST, so beschwörend wie PROCESSION und drumherum noch eine gewisse Krustenlegierung a la WOLFPACK. „Kingslayer“, „Shieldbreaker“ und „Thronehammer“ sind darüber hinaus ja auch metaphorisch aufgeladen. Du kannst sie als typische Heavy-Metal-Sprache verstehen, gleichzeitig aber auch als emanzipatorische und empowernde Botschaft interpretieren: Der Rest der Gesellschaft will dich ausgrenzen, steht wie ein Schildwall vor dir, akzeptiert dich nicht, doch du erhebst dich über die Könige, Machthaber und CDU-Wähler:innen und zerschmetterst sie alle. Ja, in die mächtigen Sounds von THRONEHAMMER kannst du dich fallen lassen und beim Headbangen den inneren Film laufen lassen. Der Gänsehaut-Hammer schlechthin: Kats Stimme, die zwischen Growls und Klargesang changiert und dabei immer unter die Haut geht. Zum finalen Song „Thronehammer“ entlädt sich die Energie, wirklich alle Anwesenden geifern Fäuste schwenkend, die Textkundigen röhren mit: “Hammer of doom will crush your skull / My chalice of blood is now full / Break your skull with a deadly strike / Break it in two with my thunderous might / I am the Thronehammer / Fear the mighty Thronehammer / Die by the Thronehammer / Crushed by the Thronehammer”, dazu stürzt sich Gitarrist Stuart West in den Mob. Doom Eskalation!
Dieser Abend geht als Triumph in die Heavy-Metal-Geschichtsbücher ein. So und nicht anders!
