KEEP IT TRUE VIII – „City’s Gonna Burn“ / 14.04.07 – Lauda-Königshofen, Tauber-Frankenhalle

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Wer das KEEP IT TRUE-Festival nicht kennt, dem sei kurz gesagt, dass es sich um eines der kultigsten (Metal-)Festivals Europas handelt. Vollkommen friedlich und entspannt feiern ca. 3000 Schüttelrüben Old School Metalbands ab, wobei das Billing jeweils wirklich von erlesener Güte ist. Dieses Jahr: LÄÄZ ROCKIT, DIAMOND HEAD, SABBAT, LETHAL, DESTRUCTOR (statt der ursprünglich geplanten ARTILLERY), PILEDRIVER, DEFENDER, BULLET, TWISTED TOWER DIRE sowie CAULDRON. Zusätzlich zum Festival im April gibt es im Winter immer noch eine kleinere Version, die in der Dittigheimer „Sporthalle“ stattfindet. Am heutigen Tag wurde das Billing für den November bekannt gegeben (u.a. TOXIK, PAGAN ALTAR, LEATHERWOLF…) und ALLE 500 Tickets gingen stracks über den Merchtresen – KEEP IT TRUE IX = soldout…

 

 

Cool an der ganzen Scheiße ist unter anderem, dass sich hier nicht alle zwei Jahre dieselben Bands die Klinke in die Hand geben. So verweisen die Veranstalter Tarek und Oli aktuell auf der Homepage darauf, dass beim Jubi-KIT lediglich EINE Band dabei sein wird, die schon auf einem der Vorläuferfestivals gezockt hat, ansonsten komplett neuer Stoff. Auch dafür werden bereits TOTALE Kultnamen angekündigt: JAG PANZER, MANILLA ROAD, PHARAOH, CRESCENT SHIELD und BATTLE RAM… 

Ebenfalls heiß begehrt war die erste Ausgabe einer Vinyl-Serie, welches die KIT-Leute in Kooperation mit dem Label New Iron Age Records gestartet haben. Im richtig fetten Gatefold-Sleeve bietet diese auf 500 Biester limitierte Single zwei Live-Aufnahmen von BROCAS HELM und MANILLA ROAD (natürlich aufgenommen auffem KIT).   

CAULDRON aus Kanada fingen um Punkt 12 Uhr an. Das Publikum war sofort auf Betriebstemperatur und verließ eilig die Stände des Metal Marktes, einige wohl erleichtert, dass sie so dem unwiderstehlichen Sog fieser Raritäten entkommen konnten und noch einige Penunsen übrig hatten… CAULDRON kamen recht lässig. Kein brutaler oder schneller Metal, aber atmosphärisch und mit Klasseriffs sowie charismatischem Gesang versehen. Der Sänger/Gitarrist war so’n Typ, dem die Metalposen wohl in die Wiege gelegt worden sind, bei dem keine Bewegung aufgesetzt oder gezwungen wirkte. 

Nun die Schweden BULLET, die mal RICHTIG Spaß machten und einfach auf breiter Front für grinsende Fratzen, hochgereckte Fäuste und fliegende Köppe sorgten. Ich würd den Sound der Nasen als Mische zwischen flotten AC/DC und ACCEPT (zu „Breaker“-Zeiten) bezeichnen. Sehr geil die kreischige Röhre des Frontklopses! Flankiert wurde der Typ von zwei dürren Gitarristen, die in Lederjacken und mit nackten Oberkörpern über die Bühne staksten. In Verbindung mit den SEHR einprägsamen Refrains KONNTE das nur gut gehen.   

TWISTED TOWER DIRE sollten es nicht einfach haben: Erst hatte sie vor kurzem ihr bisheriger Sänger verlassen (Depressionen, Drogen…der übliche Scheiß), dann mussten sie mit einem anfänglich miesen Sound kämpfen. Den neuen Mann am Mikro empfand ich erstmal als etwas unlocker und gekünstelt, was jedoch auf eine gewisse Nervosität zurückgeführt werden könnte. Nach einigen Songs knallte der Scheiß zumindest etwas besser und der leicht kauzige US Metal konnte eher seinen Reiz entfalten. TTD haben dieses gewisse Etwas, welches ähnlich eigenständige Bands wie LIEGE LORD oder CIRITH UNGOL besaßen. Ob nun Tonys Weggang kompensiert werden kann, wird die Zukunft zeigen, rein stimmlich ist der neue Sänger auf keinen Fall schlecht. Unstrittig hingegen ist die Qualität von Songs wie „Starshine“ oder „Casualty Of Cruel Times“. 

In den Pausen konnte man sich – wenn man mal wirklich gerade keinen Gesprächspartner hatte – mit dem Beglotzen liebevoll gestalteter Kutten die Zeit vertreiben. Was da so an Motiven rumfleuchte! Mein Favorit war ein Macker mit dem MENTORS-Patch „Golden Shower Club“.  

DEFENDER aus Holland kannte ich noch nicht, sie begeisterten mich aber auf Anhieb und wurden von vielen im Nachhinein zusammen mit SABBAT und LAAZ ROCKIT als einer der Favoriten des diesjährigen KIT gehandelt. Ein extrem spielfreudiger Haufen präsentierte da jede Phase der Bandgeschichte, wobei ständig Ex-Mitglieder auf die Bühne gebeten wurden und so alle Nasen, die jemals in der Band gezockt hatten, an diesem Auftritt mitwirkten. Besonders mitreißend kam der Sänger rüber, der permanent irgendwo raufkletterte – Boxentürme, Lichttraversen, nix war vor ihm sicher. Zwei wirklich sehr gut gespielte Cover gab es auch – „Alison Hell“ von ANNIHILATOR und „Metal Church“ von nawemwohl.  

Aber dann erstmal! PILEDRIVER boten zum Tanze, und ich war gespannt, denn die beiden Platten „Metal Inquisition“ (’85) und „Stay Ugly“ (’86) stehen ganz hoch in meiner Gunst. Man firmiert heuer unter dem Zusatz THE EXALTED PILEDRIVER (was soviel wie „die erhabenen PILEDRIVER/Dampframmen“ heißt)... Der Sänger hatte doch glatt sein altes Outfit von den beiden Covers rausgekramt, die geile Ledermütze mit den Spikes, die Schulterspikes und die Lederstriemen übern Oberkörper. Nur dass der Kerl ca. 20 oder 30 Kilo zugenommen hat! Was für ein stattlicher Asi! Er räkelte sich dann auch lasziv und dehnte seinen Wanst, pulte mit seinen Fingern im Bauchnabel rum, um diese dann mit lüsternem Blick abzuschlecken. Die Wirkung war natürlich ähnlich erotisierend wie Grenouilles Superduft in der Bacchanal-Szene aus dem „Parfum“… He, das soll aber nicht heißen, dass die Mucke irgendwie sinnloser Scheiß war! Nee, PILEDRIVER spielten alle ihre zeitlosen Thrash/Heavy Metal-Granaten. Gnadenlose, zum Headbangen ZWINGENDE Riffs und völlig eingängige, aberwitzige Refrains sind ihre Markenzeichen. Neben „Sex With Satan“, „The Fire God“ und „Pile Driver“ waren vor allem „Metal Inquisition“ (mit dem unsterblichen Refrain „… If You Ain’t A Metal Head You Might As Well Be Dead / We’re The Metal Inquisition – We Sentence You To Death!“) und das abartig walzende „Witch Hunt“ die Highlights. Letzterer Song geht über 7 Minuten und besteht aus einem einzigen Doom-Schlürf-Riff – vollständig geil! 

DESTRUCTUR konnten nun ein zweites Mal ran, da ARTILLERY leider kurzfristig absagen mussten. Schade, hätte die Dänen gerne mal wieder gesehen. Da viele der Anwesenden den Gig auf der Warm-Up-Show gesehen hatten, nutzten große Teile des Publikums zumindest die erste Hälfte des Auftritts für eine Auszeit. Nun, die verpassten einen weiteren gelungenen Gig der Amis, zumal der Sound besser als am Tag zuvor war und nun auch die neuen Songs vertraut wirkten, „Storm Of Steel“ kann man eigentlich getrost zwischen die Classics der Band packen.  

Es blieb jedoch LETHAL vorbehalten, die erste Band des heutigen Tages zu sein, die nicht nur alle BesucherInnen vor die Bühne zog, sondern auch geradezu Euphorie entfachte. Offenbar kannte jede/r Anwesende die „Programmed“-Scheibe auswendig. So könnten QUEENSRYCHE heute klingen, wenn sie den Stil der ersten beiden Platten beibehalten hätten. Zwar wirkte die Band auf mich zunächst etwas steif, wurde jedoch angesichts des frenetischen Jubels nach JEDEM Song zusehends selbstsicherer und lockerer. Sänger Tom Mallicoat sah in kurzer Sportbuxe und mit Coybothut auf der Rübe zwar ziemlich spackig aus, das war aber bei DIESER Stimme so was von scheißegal. „Obscure The Sky“ und „Killing Machine“ geisterten noch tagelang nach diesem Konz in meinen Ohren herum! 

Und dann kamen SABBAT. Ich zitiere mal aus Hendriks Klassiker-Rezi hier auffer Seite: „Sabbat aus England sind eine der besten Thrash-Metal-Bands aller Zeiten, Punkt. (…) Für mich ist die Kombination von Musik, Text und Sound, bei Sabbat immer alles etwas anders als beim Rest (…) Härtemäßig waren sie eher am oberen Ende der Thrash-Skala zu finden, wobei die Songs anspruchsvoll, aber nicht verfrickelt und von allen Beteiligten sehr gut gespielt waren. Instrumentalmelodien (sprich: Schwedenscheiße) gab´s zum Glück damals noch nicht, (…) dieses Album hat Härte und Energie, Hirn und Anspruch, einen fetten Sound und (als LP) sogar noch ne coole Aufmachung: das muss dann wohl ein Klassiker sein, der im Übrigen in jede halbwegs ernst gemeinte Sammlung gehört. Gerüchten zufolge soll es die Band sogar wieder geben. Schön wär's, die mal live zu sehen.“ Tja, genau so war es auch live – es war übrigens wirklich das Line-Up eben jener „Dreamweaver“-Platte auf derBühne. Ähnlich wie CELTIC FROSTs Martin Ain ist Bassist Frazer Craske zum totalen Tier mutiert und über die Ausstrahlung von Martin Walkyier brauche ich hier wohl nicht näher einzugehen – als der kleine Brite die Bühne betrat, erhob sich begeisterter Applaus. Respekt für einen Mann, der für sein jahrzehntelanges Wirken im totalen Metalunderground nie viel Anerkennung bekommen hat. So schien es zumindest bisher, doch das KIT-Publikum und erfreulicherweise auch diverse neue junge Bands halten angesichts der Ignoranz seitens des Mainstreams die ersten beiden SABBAT-Scheiben offenbar umso glühender in Ehren. Zusätzlich zu dem Thrash-Geschredder aus allen Rohren gab es kämpferische Ansagen von Walkyier, sei es über vom Christentum zerstörte heidnische Werte oder gegen Fascho-Scum. Die einzige Band auf diesem Festival, die einen inhaltlichen Unterbau zu bieten hatte, der über „Making Noise And Drinking Beer“-Texte hinausgeht. "Do Dark Horses Dream Of Nightmares", "The Clerical Conspiracy", "For Those Who Died", "I For An Eye", "Behind The Crooked Cross" und "The Best Of Enemies" erzeugten eine Gänsehaut nach der anderen. 

Nach dieser Darbietung KONNTE das Qualitätslevel einfach nicht mehr weiter nach oben gesteigert werden, und so waren DIAMOND HEAD für mich dann auch am ehesten der Schwachpunkt des Festivals. Bei einigen der neueren Songs habe ich mich echt ein wenig gelangweilt. Aber man muss schon sagen, dass die Band ultraprofessionell agierte – da fallen bei „The Prince“ BEIDE Gitarren UND der Bass aus… und Sänger sowie Schlagzeuger spielen doch glatt ohne einen Schnitzer mehrere Minuten alleine weiter, bis der Saft wieder da ist! Das war schon beeindruckend, und natürlich sind die Klassiker zeitlos. „Electric“, „Helpless“, „Livin’ On Borrowed Time“ und „Am I Evil“ kamen dann schon überzeugend und wurden auch verdient abgefeiert. 

Yeah, LÄÄZ ROCKIT waren ganz klar früher mal eine der besten Livebands im Thrashsektor schlechthin. Ob sie nach all den Jahren noch so viel Energie haben? Und wie! Bassist Willie Lange ist immer noch einer der verrücktesten Bühnenhunde EVER! Der Typ ging so crazy ab, dass es sogar seinen eigenen Bandmates unheimlich wurde… Deckung! Aber überhaupt herrschte ein wildes Treiben auf der Bühne… purer Spaß, der vor der Bühne wildes Gerangel und Circle Pits auslöste. LÄÄZ ROCKIT pumpen dir Adrenalin in die Venen, zaubern dir ein hysterisches Grinsen in die Fresse und lassen dich ausrasten. Gespielt wurden vor allem Songs der „Know Your Enemy“/“Annihilation Principle“-Phase, aber vom Debut waren immerhin „Forced To Fight“ (Opener), „City’s Gonna Burn“ und „Take No Prisoners“ dabei. Völlig sick war ein Typ im Publikum, der in jeder Pause ultrahohe Metalscreams abließ. Das Gekreisch fiel irgendwann Sänger Michael Coons auf, und er ließ sich den Spaß nicht nehmen, den Kerl auf die Bühne zu zerren, wo er dann mal richtig vom Leder ziehen durfte. Oh Mann, der Mob lag echt mit Tränen in den Augen unisono am Boden, das kann man nicht beschreiben. Leider wollte der Typ bei soviel Aufmerksamkeit gar nicht mehr aufhören und war auch beim nächsten Song nur noch mit Gewalt vom Mikro weg zu bewegen… Egal, LÄÄZ ROCKIT waren mit SABBAT mein Highlight. Ganz großer Auftritt , einfach wild und hemmungslos. 

Tscha, Ende und aus. Aber natürlich nur in Sachen Musik.. Vor allem die spanische Reisegruppe feierte weiter, dass es krachte… Ein jüngerer Metalhead erzählte mir noch, dass er mit polnischen Freaks Absinth gesoffen hatte, bis er leider plötzlich umkippte und bei vollem Bewusstsein gelähmt am Boden lag. Im Dorfkrankenhaus hätten sie ihm dann mehrere Liter Blut abgezapft und frisches dafür reingepumpt… Naja, so hatte jeder auf seine Weise seinen Spaß…

Kommentare   

0 #2 Philipp 2022-09-23 09:41
REST IN POWER, GORD!
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+1 #1 Marco 2007-04-26 21:23
AAaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhh, hätte ich bloß gewußt, dass du dahin gefahren ist. Ich war da grad in HH im Studio und keiner wollte hin.
Sabbat waren und sind genial, vor Allem die Dreamweaver.
Martin ist ein wahrer Metalgeschichtenerzähler.
Alter, du hast sie gesehen-hut ab!
Marco
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