WACKEN XVIII / 02.08.2007 – Wacken, Tag 1

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Trotz der Vielzahl von Festivals, die ich mir diesen Sommer bereits gegeben hatte, hatte das Wacken-Wochenende etwas Besonderes mit z.T. unvergesslichen Momenten.

Die Größe des Festivals kann abschrecken, aber es gibt (immer noch) viel Abseitiges zu erleben und neben den großen Namen auch schicke Underground-Klamotten zu entdecken.


 

Dabei hätte das Festival – was man erst am Sonnabend erfuhr – fast gar nicht stattfinden können. Erst am Donnerstagnachmittag konnte die W.O.A.-Orga das „Go“ geben, denn vorher war ein derart krasser Niederschlag (350 Liter Regen pro Quadratmeter in sechs Tagen) niedergegangen, dass das Gelände im Schlamm versunken war. Hatte ich gar nicht mitbekommen. Die Berichte haben viele sicher schon in der Tagespresse/Glotze gelesen/gesehen, daher nur ganz kurz: Mittels Sattelzügen wurde kurzerhand die oberste Bodenschicht abgetragen und an der Stelle 5000 m² Vlies ausgelegt – quasi ein gigantischer Teppich vor der „Black Stage“. Darüber dann noch 150 Tonnen Häcksel, über die restlichen Festivalbereiche fett Stroh, und die Park- sowie Campingflächen wurden wohl mit einem Helikopter „trockengefönt“.

 

Dadurch hatten dieses Jahr die Leute, welche früh angereist waren, eher die Arschkarte gezogen. Statt sich entspannt die besten Plätze suchen zu können, mussten die Leute teilweise auf Notplätzen ausgelagert werden, um dann schließlich ab Mittwoch auf getrennte Park- und Campingplätze geschickt zu werden. Muss ätzend gewesen sein, denn so gab es für diese Leute natürlich noch ordentlich Geschleppe. Vom Stau VOR Wacken gar nicht zu reden! Der hat am Mittwoch wohl teilweise über 10 Stunden Warten verursacht…

 

Tja, ich weiß, es ist gemein, aber wir starteten um 8.00 Uhr morgens am Donnerstag, hatten NULL Wartezeiten, kamen überall durch UND konnten mit Autos UND Zelten auf unseren Campingplatz (mit dem Buchstaben „M“). Der war zwar nicht ganz nah am Gelände, bedeutete ca. 20 Minuten Gelatsche, aber es gab wesentlich weiter entfernte Plätze. Kein Wunder, hatten sich doch offiziell ca. 70.000 BesucherInnen eingefunden, inoffizielle Stimmen sprachen gar von 100.000 Leuten. Das war dann für das Gelände im Grunde zuviel, trotz erweitertem Platz gab es an diversen Ein- und Durchgängen, vor allem zur „Party-Stage“, nervige Engpässe. Die Wacken-Orga verspricht diese Probleme zu lösen und das Festival nicht noch weiter wachsen zu lassen, aber Letzteres wird seit Jahren versichert und es kommen ständig mehr Leute. Wie sangen noch SLIME: „Goldene Türme wachsen nicht endlos – sie stürzen ein“…

 

Erste Station war für mich heute BLITZKRIEG. Genau wie letztes Jahr auffem Headbangers Open Air überzeugten die NWOBHM-Veteranen mit einem knackigen Set. Immer wieder erfreulich zu sehen und vor allem zu hören, dass Brian Ross stimmlich weiterhin voll im Saft steht. Man wilderte amtlich in der Diskographie vom Debut „A Time Of Changes“ bis zur letzten Platte „Sins And Greed“ und zockte bereits ganz neue Dinger vom gerade erschienenen „Theatre Of The Damned“-Album. Auch die boten schön flotten 80er-Metal mit den typischen Gesangslinien von Brian Ross. Mein Favorit im Set: „Escape From The Village“.

 

ROSE TATTOO hatte ich irgendwie in den letzten Jahren derart oft gesehen, dass mir die heute mal klemmte und mich stattdessen für NARZISS und NEAERA entschied.

NARZISS waren aber schon mal besser, fand ich. Der heutige Gig wirkte irgendwie ein wenig zu statisch und zu zurückhaltend. Obwohl NARZISS prinzipiell ’ne originelle Band sind, die aus dem Metalcore-Wust heraussticht, kam das Flair der Jungs nicht rüber. Dennoch ging im Publikum mit Circle Pits, Crowdsurfing etc. ordentlich der Ratz ab und mit engagierten Ansagen gegen z.B. Sextourismus hob man sich auch angenehm vom üblichen „Let’s Drink Some Beer“-Gefasel ab.

 

Besser noch fand ich NEAERA, die im Vergleich zum Flensburger Gig mit KATAKLYSM ein paar Schoppen Blut, Schweiß und Mosh draufpackten. Der Sänger grunzte mal original Death Metal-like, um dann wieder aggressiv zu shouten. Spätestens jetzt konnte ein bestimmter Singsang im Mob nicht mehr überhört werden, der einen auch die nächsten Tage permanent begleiten sollte – das entging auch NEAERA nicht: „Was singt ihr da? Spider-Schwein? Joah, geiler Film, nech?“. Shit, ich fürchte, wenn ich NEAERA noch mal sehe, werde ich mir wohl ’ne Scheibe von denen kaufen müssen…

 

Nun aber schnell rüber zur Black Stage, denn dort hatten SODOM eine spezielle Show mit „Gästen“ angekündigt. Schließlich gebe es die Band bald 25 Jahre und demnächst erscheine mit „The Final Sign Of Evil“ eine Platte mit Neueinspielungen alter Klassiker. Letzteres ist ja mal ganz originell, das hat ja noch KEINER gemacht! Egal, der Gig war saulustig. Es war richtig voll – wer hätte mal gedacht, dass die Ruhrpott-Rödel-Asis vor 60.000 Leuten spielen? Was Tom Angelripper aber völlig kalt ließ – der erzählte ungerührt miese Musikerwitze, als stünde er gerade im Proberaum („Kommt ein Musiker zum Arzt: ‚Sie haben nur noch zwei Wochen zu leben!’ – ‚Wovon denn?’“). Ansonsten gab es aus jeder Schaffensphase auf die Glocke und passend dazu holte man alle Ex-SODOM-Musiker auf die Bühne, die noch nicht tot, verschollen oder im Knast sind. Ha, da krauteten doch glatt Gestalten wie Grave Violator, Frank Blackfire (beste SODOM-Songs ever!), Michael Hoffmann, Andy Brings oder Atomic Steif auf die Bühne, die Tom nach ihren Darbietungen mit Kommentaren wie „Klang doch gar nicht schlecht für nicht geprobt“ entließ… Am besten eingespielt war na klar die aktuelle Besetzung mit Bobby und Bernemann, die – schluck – auch schon seit zehn Jahren existiert. Jedenfalls ein riesiger Spaß, zumal die Playlist einfach geil war und nahezu jede Platte repräsentierte. SODOMY AND LUST!

 

Wie vorher bei ROSE TATTOO entschied ich mich auch diesmal gegen melodischere Klänge und für Geballer: HATESPHERE und OVERKILL statt SAXON.

 

Die Dänen waren super drauf und sorgten vor der Party Stage für Wirbel und Gedränge. Purer Thrash Metal, der mit rasenden Attacken und drückenden Walzparts für fliegende Schädel sorgte. Auch AUF der Bühne waren die Köppe am Rotieren und Sänger Jacob Bredahl ist ja eh ein aktives Kerlchen. Ich würde die Band qualitativ knapp hinter THE HAUNTED und knapp vor DEW-SCENTED einordnen, was die Bühnenaction angeht.

 

Es dauerte dann ein wenig, bis OVERKILL loslegen konnten, aber beim Bierholen traf ich haufenweise Leute (wieder), sodass dat Warten flugs verging. Und dann ging es mit einer Klassesetlist auch ab. Ich habe die Hoffnung schon lange aufgegeben, dass OVERKILL noch mal eine durchgehend überzeugende Platte raushauen, aber live waren sie wirklich noch nie auch nur mittelmäßig. Mit „Rotten To The Core“ und „Elimination“ ging es los – zwei Songs, für die 99% aller Thrashbands sterben würden. Weitere Höhepunkte waren „Necroshine“, „Thanx For Nothin’“ und „Old School“, während „In Union We Stand“ und „Wrecking Crew“ regelrecht für Gänsehaut sorgten. Blitz kreischte sich ordentlich einen ab und bekam zum Abschluss kollektiv den Stinkefinger gezeigt, aber nur, weil „Fuck You“ von den SUBHUMANS gespielt wurde. Leider wurde der Band bei den allerletzten Akkorden schnöde der Saft abgedreht, weshalb sie sich nicht mehr verabschieden konnten. Gut gelaunt ging es trotzdem hinaus in die Nacht für außermusikalische Schandtaten.

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